Über 1000 Teilnehmer, mehr als 300 Poster und über 60 Fachfirmen als Aussteller: Die Advanced Battery Power, in 2023 im Eurogress in Aachen, war stark aufgestellt. Die Konferenz bietet die aktuellsten Forschungsergebnisse aus erster Hand: von Zelltechnologien über Batteriefertigung bis hin zu Recycling, Integration und politischen Themen. Mit großen Zahlen ging es auch sofort in den Eröffnungsreden weiter: Der Bedarf an Batterien liegt aktuell bei 600 GWh/Jahr, sagt Prof. Dirk Uwe Sauer vom ISEA der RWTH Aachen. Er ist gemeinsam mit Prof. Martin Winter vom MEET Batterieforschungszentrum und der WWU Münster Hauptorganisator der Konferenz, die jährlich zwischen den beiden Standorten wechselt.
Aber nicht nur fehlende Produktionskapazitäten zur Erreichung des wachsenden Bedarfs an Batterien machen der Branche Kopfzerbrechen, sondern vor allem der Mangel an Fachkräften: 200.000 Batterieexperten werden allein in Deutschland gebraucht laut Ingo Höllein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Da ist es um so erfreulicher, dass sich die Advanced Battery Power ganz klar dem Nachwuchs verschrieben hat mit einem starken Fokus auf junge Wissenschaftler und Start-Up-Unternehmen. Der von der Veranstaltung ausgelobte Poster-Award stellt daher ein wichtiges Sprungbrett für junge Forschende z. B. auf dem Weg zur Promotion dar.
E-Mobility: Batterie und Sicherheit
Wie entstehen bessere E-Auto-Batterien und sind sie sicher? Bewährte und neue Batterietechnologien von Entwicklung bis Recycling, Brandschutz von Simulation über Materialien bis Batteriemanagement und Safety-Konzepten, sowie Testverfahren von EMV bis Sicherheit. Die Technologien dahinter finden Sie hier.
Brücke zwischen Forschung und Industrie
Die Weiterentwicklung bekannter Zellchemien und die Analyse von Alterungserscheinungen bis hin zur Untersuchung neu aufkommender Materialsysteme für Energiespeicher waren wieder ein zentrales Thema der Konferenz. War der NMC-Akku bei den Lithium-Ionen-Batterien über viel Jahre vorherrschend, drängen nun neue Zellchemien auf den Markt, beflügelt vor allem durch den hohen Bedarf an Batterien für die Elektromobilität. Hier liegt nun aber der Fokus eben auch auf kostenoptimierten Designs. Lithium-Mangan-reiche und Natriumbatterien befinden sich genauso in Diskussion wie Spinellstrukturen.
Doch alle Forschungsaktivitäten in Ehren – sehr oft gelingt es nicht, die vielversprechenden Ergebnisse der Grundlagen- und auch angewandten Forschung in die industrielle Produktion zu überführen. Dieses schon lange bestehende Problem hat die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) in Münster erkannt und will mit dem Bau der Forschungsfertigung eben genau diese Lücke schließen. In der FFB PreFab wird eine Musterlinie für die komplette Batteriezellproduktion im kleineren Maßstab aufgebaut, die einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zum Industriemaßstab darstellt. Aber nicht nur Forscher, sondern auch etablierte Hersteller können hier tätig werden und Prozesse in der Batterieherstellung hinsichtlich Effizienz optimieren.
Integrationstrend Cell-to-Pack
In aller Munde war auch der Batterieintegrationsansatz Cell-to-Pack, der die Cell-to-Module-Technologie perspektivisch ablösen soll. Alexander Epp von Volkswagen ging in seinem Vortrag der Frage nach was passiert, wenn eine E-Auto-Batterie im Cell-to-Pack-Design einen Crash erleidet – stellt sich doch die Frage, welche Strukturen bei nicht mehr vorhandenen Modulen die mechanische Energie aufnehmen sollen. Mittels eines Simulationsansatzes lässt sich ermitteln, wie der äußere Rahmen eines Cell-Stacks rein mechanisch aussehen sollte, damit die Batterie auch bei einem Unfall geschützt ist. Das Simulationstool hilft bei der Optimierung des Aufbaus und Entwickler können gleichzeitig dabei auch Kosten und Gewicht im Auge behalten.
Elektrische Nutzfahrzeuge im Aufwind
Ein wahre Revolution findet im Moment bei der Elektrifizierung im Nutzfahrzeugbereich, vor allem bei Long-Haul-Fahrzeugen statt. Die Nachfrage wird perspektivisch das Angebot bei weitem übersteigen. Doch wie unterscheiden sich die Anforderungen bei Nutzfahrzeugen von denen, die aus dem Pkw-Bereich bekannt sind? Dr. Thomas Soczka-Guth von Daimler gab einen umfassenden Überblick dazu in seiner Keynote. So kommt ein Lkw in seinem Lebenszyklus auf mehr als 4000 Ladezyklen, während es ein Pkw gerade einmal auf 1500 bringt. Das liegt natürlich daran, dass ein Lkw viel länger in Bewegung ist, als ein Pkw, der ca. 95 Prozent der Zeit parkt. Für den sehr viel größeren Akku des Lkw, der gut und gerne auf 4 bis 5 t kommt, ist dies aber von großem Vorteil, denn er bleibt sehr viel länger in seinem thermischen „Wohlfühlbereich“ als die Batterie eines Pkw. Bei der Zellchemie liebäugelt die Branche derzeit vor allem mit LFP, die mit dem Zusatz von Mangan als aktives Kathodenmaterial noch einmal eine Optimierung erfahren. Ein besonderes Augenmerk wirft Daimler aber auch auf prismatische Olivin-haltige Zellen, die vor allem in puncto Sicherheit viele Vorteile bieten.
Vecicle2Grid
Parallel zur Advanced Battery Power fand die Konferenz Vehicle2Grid statt, eine Veranstaltung bei der Experten aus Wirtschaft, Öffentlichkeit und Wissenschaftler das Potenzial der Batterien von Elektrofahrzeugen für die Netzstabilisierung diskutieren. Immerhin könnte laut Analysen bis 2030 bereits ein steuerbares Potenzial von biszu 100 GW entstehen, was weit mehr als der Leistung aller heutigen Speicherarten zusammen entspricht. Zu den Themen der Tagung gehörten die Netzanbindung des E-Autos und die dafür nötige Ladeinfrastruktur mit CCS oder CHAdeMO, bidirektionales Laden sowie das Open Charge Point Protocol OCPP in Version 2. Auf Seiten der Netzbetreiber besteht großes Interesse, den Regelleistungsmarkt für EVs zu öffnen, doch um diese Konzepte zur Marktreife zu bringen, sind noch viele Fragen offen: Batteriealterung bei 2nd Life, Regulatorik, digitale Resilienz sowie (offene) Protokolle.
Die Autorin: Dr.-Ing. Nicole Ahner
Ihre Begeisterung für Physik und Materialentwicklung sorgte dafür, dass sie im Rahmen ihres Elektrotechnik-Studiums ihre wahre Berufung fand, die sie dann auch ins Zentrum ihres beruflichen Schaffens stellte: die Mikroelektronik und die Halbleiterfertigung. Nach Jahren in der Halbleiterforschung recherchiert und schreibt sie mittlerweile mit tiefem Fachwissen über elektronische Bauelemente. Ihre speziellen Interessen gelten Wide-Bandgap-Halbleitern, Batterien, den Technologien hinter der Elektromobilität, Themen aus der Materialforschung und Elektronik im Weltraum.