Der Wandel hin zur Elektromobilität vollzieht sich in rasender Geschwindigkeit. Während sich im PKW-Bereich abzeichnet, dass das batterieelektrische Fahrzeug (BEV) die 100-jährige Dominanz der Verbrenner brechen und zumindest in der mittelfristigen Zukunft die Vorherrschaft übernehmen wird, ist das Bild im Nutzfahrzeugbereich noch nicht so eindeutig.
Hier ist das Spektrum an Einsatzszenarien nochmals deutlich vielfältiger und gleichzeitig kostengetriebener als beim PKW. Gesamtkosten und Kosten je Kilometer bzw. Maschinenstundensätze sind dabei die üblichen Kalkulationswerte. Ergebnisseitig werden diese stark durch Anschaffungs- und Betriebskosten, Stillstandzeiten und Zuladungswerte bei Gewicht und Volumen beeinflusst.
Waren Zuladungswerte bei Dieselantrieben quasi fix, variieren sie bei den neuen Antriebssystemen deutlich. So ist zum Beispiel der batterieelektrische Nikola TRE um 2.270 kg schwerer als sein brennstoffzellengetriebenes Zwillingsmodell, was sich auf die Nutzlast auswirkt. Weitere Vorteile der Brennstoffzelle liegen aktuell in der höheren Reichweite und der kürzeren Lade- bzw. Tankzeit.
Schwerpunktthema: E-Mobility
In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.
Die Nachteile sind gegenwärtig die höheren Energiekosten, die geringe Verfügbarkeit von Wasserstoff, ein geringerer Energie-Wirkungsgrad, höhere Systemkosten sowie der geringere Reifegrad und damit einhergehend die schwankende Zuverlässigkeit des Systems.
Aus technischer Sicht sind die Unterschiede zwischen BEV und FCEV (Fuel Cell Electric Vehicle, Fahrzeug mit Brennstoffzelle) überschaubarer. Das liegt daran, dass auch ein Brennstoffzellenfahrzeug in erster Linie ein Elektrofahrzeug ist. Große Teile des Antriebssystems sind nahezu identisch mit dem BEV: von den Elektromaschinen über die Umrichter, das Reduktionsgetriebe etc. bis zur Hochvolt-Batterie. Lediglich das Tanksystem und ein Hochvolt-Gleichspannungswandler machen das Brennstoffzellensystem etwas komplexer. Unterschiede beim Packaging, also bei der Unterbringung der Komponenten in den Fahrzeugbauräumen, sind im direkten Vergleich kaum vorhanden.
5 Fragen und Antworten zur Frage: Batterie (BEV) oder Brennstoffzelle (FCEV) im Fahrzeug – Wo liegen die Vor- und Nachteile? Und gibt es die bessere Lösung?
Welche Vor- und Nachteile haben batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) und Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (FCEVs)?
BEVs haben den Vorteil einer höheren Reichweite und schnelleren Ladezeiten, während FCEVs aufgrund der Wasserstofftechnologie eine höhere Reichweite und kürzere Tankzeiten bieten. Nachteile von BEVs sind höhere Energiekosten, begrenzte Verfügbarkeit von Wasserstoff und geringere Systemreife. FCEVs haben höhere Systemkosten und eine schwankende Zuverlässigkeit.
Wann werden batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) lukrativ?
Die wirtschaftliche Rentabilität von BEVs hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise den Fortschritten bei der Batterietechnologie, der Infrastruktur für das Laden von Elektrofahrzeugen und den Strompreisen. Eine genaue Zeitangabe kann nicht gemacht werden, da dies von der Marktentwicklung und den individuellen Bedingungen abhängt.
Wie unterscheiden sich Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEVs) und batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) technisch?
Technisch gesehen sind die Unterschiede zwischen FCEVs und BEVs gering. Beide sind Elektrofahrzeuge, bei denen große Teile des Antriebssystems ähnlich sind, wie Elektromaschinen, Umrichter, Reduktionsgetriebe und Hochvolt-Batterie. Der Hauptunterschied liegt im Tanksystem und im Hochvolt-Gleichspannungswandler, die das Brennstoffzellensystem etwas komplexer machen.
Welche Energiequelle ist optimal für Elektrofahrzeuge: Wasserstoff-Brennstoffzelle oder Batterie?
Die optimale Energiequelle für Elektrofahrzeuge hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Einsatzzweck, der Reichweite, den Lade- bzw. Tankzeiten und den Kosten. Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) sind derzeit besser geeignet für kürzere Strecken und eine etablierte Ladeinfrastruktur, während Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEVs) für längere Strecken und schnelles Betanken vorteilhaft sind.
Gibt es eine bessere Lösung zwischen Batterie und Brennstoffzelle im Fahrzeug?
Es gibt keine eindeutig bessere Lösung zwischen Batterie und Brennstoffzelle im Fahrzeug. Beide Technologien haben ihre Vor- und Nachteile und sind für unterschiedliche Anwendungsfälle optimal. In Zukunft werden wir eine Koexistenz verschiedener Systeme sehen, einschließlich Batterie-, Brennstoffzellen- und Hybridfahrzeuge, je nach den individuellen Anforderungen und Bedingungen.
Wie unterscheiden sich die Systeme FCEV (Brennstoffzelle) und BEV (Batterie)
Im Brennstoffzellensystem wird Wasserstoff unter Zuführung von Umgebungsluft oxidiert. Als Ergebnis entstehen elektrische Energie, Wärme und Wasser. Der Wirkungsgrad dieser „kalten Verbrennung“ liegt im Maximum bei zirka 60 Prozent und im Nennlastbereich bei ungefähr 45 Prozent. Damit übertrifft die Brennstoffzelle den Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors deutlich.
Ein Brennstoffzellensystem besteht aus einer Vielzahl von Komponenten. Da die einzelne Wasserstoff-Sauerstoff-Brennstoffzelle in der Theorie eine Spannung von 1,23 V und in der Praxis deutlich unter 1,0 Volt erzeugt, werden für ein Hochspannungssystem mehrere hundert einzelne Zellen zu einem Stack in Serie verschaltet, um den gewünschten Spannungsbereich zu erreichen. Der Stack muss mit hohen Mengen Luft und H2-Gas bei gleichen Drücken versorgt werden. Auf der Wasserstoff- oder Anodenseite sind dafür Druckminderer und Dosierventile sowie ein Rezirkulationsgebläse erforderlich, mit dem überschüssiges Wasserstoffgas rückgewonnen wird. Auf der Kathoden- oder Luftseite kommt zur Ansaugung und Verdichtung der Umgebungsluft ein hochdrehender elektrischer Kompressor mit Maximaldrehzahlen bis zu 200.000 U/min zum Einsatz. Ein Befeuchter dient dazu, die Feuchtigkeit der Brennstoffzellenmembran im optimalen Fenster zu halten. Der Wasserstoff wird aktuell in der Regel in komprimiertem gasförmigem Zustand (CGH2) in einem Drucktanksystem mit 350 bar oder 700 bar mitgeführt.
Verhalten der Brennstoffzelle
Aufgrund der großen Latenz der Brennstoffzelle bei Lastwechseln wird diese in der Regel über einen leistungsfähigen Gleichstrom-Umrichter an den Hochvolt-Zwischenkreis angebunden. Dieser DC/DC-Wandler ist an die Leistungsklasse des Brennstoffzellensystems angepasst und stellt über eine sehr hohe Regelgeschwindigkeit die dynamische Anpassung an den Hochspannungs-DC-Zwischenkreis sicher.
Eine Hochvoltbatterie puffert die Lastwechsel. Dabei nimmt die Hochvoltbatterie entweder die überschüssige elektrische Energie der Brennstoffzelle auf oder sie schließt die notwendige Lücke zur Leistungsanforderung des Fahrzeugs, indem sie Energie abgibt. Erst mit Hilfe der Batterie kann das Fahrzeug Energie beim Bremsen über Rekuperation zurückgewinnen, was den Gesamtwirkungsgrad des Fahrzeugs deutlich erhöht; dies geschieht durch Einstellen eines Bremsmoments an der Elektromaschine und Umschalten in den generatorischen Betrieb. Dazu stellt die Batterie Energie für viele andere Situationen zur Verfügung, in denen die Brennstoffzelle nicht aktiv ist, etwa für systemkritische Funktionen. Letztere beinhalten das Starten des Gesamtsystems oder die zyklische Trocknung des Brennstoffzellensystems, um ein Einfrieren des Wassers auf den Membranen und im Wasserpfad zu verhindern.
Ab der Einspeisung der durch die Brennstoffzelle erzeugten elektrischen Energie durch den DC/DC-Wandler sind die Systeme von FCEV und BEW weitestgehend identisch. Der substanzielle Unterschied liegt in der Kapazität der Batterie, da die Batterie in einem BEV die gesamte Energie für den Antrieb speichert, während beim FCEV der Großteil der Energie im Wasserstoff gebunden ist.
Energiedichte als das Maß aller Dinge?
Wie stellt sich das in Zahlen, speziell bei Gewicht und Volumen dar? Ausgehend vom “ACEA Paper: CO2 emissions from heavy-duty vehicles – Preliminary CO2 baseline (Q3–Q4 2019)“ vom März 2020 sind 4x2-Zugfahrzeuge mit mehr als 16 t zulässigem Gesamtgewicht (5-LH) für 62,8% der CO2-Emissionen im LKW-Verkehr verantwortlich, also klassische Sattelschlepper im Fernverkehr. Vollbeladen mit 40 t Gesamtgewicht benötigen diese in der Ebene bei 85 km/h eine Antriebsleistung von zirka 100 kW. Um auch bei anderen Topografien die Geschwindigkeit weitestgehend halten zu können, sind zwischen 300 und 400 kW erforderlich. Dies entspricht auch der Motorisierung der überwiegenden Mehrzahl heutiger Diesel-LKW mit diesem Einsatzziel. Verbrauchsseitig sind für 100 km im Mittel 120 kWh oder unter Berücksichtigung der Wirkungsgradverluste der Brennstoffzelle 7,7 kg Wasserstoff erforderlich.
Wie unterscheiden sich FCEV und BEV aus volumetrischer Sicht
Eine in den Rahmendaten nicht unübliche Auslegung für FCEVs verwendet ein Brennstoffzellensystem mit ungefähr 200 kW Maximalleistung sowie eine Batterie mit zirka 120 kWh. So kann die Brennstoffzelle genug Leistung für den Großteil des Einsatzprofils bereitstellen – und zwar ganz ohne Überdimensionierung der Brennstoffzelle. Gleichzeitig lässt sich die Maximalanforderung des Antriebs auch für längere Anstiege aus der Batterie puffern. Beim Tanksystem liegt bereits ein CGH2-Tanksystem mit 700 bar zugrunde, auch wenn die wenigen aktuell verfügbaren Fahrzeuge noch schwerere und größere 350-bar-Systeme nutzen
Unter solchen normierten Rahmenbedingungen zeigt sich über einen Volumen- und Gewichtsvergleich (Abbildung 2 und 3) der größeren unterscheidenden Kernelemente der einzelnen Systeme, dass der Vorteil des FCEV klar im Gewicht liegt.
Beim Volumen der Komponenten bewegen sich die Systeme auf Augenhöhe (Bild 4 und 5). Allerdings unterliegen Bewertungen dieser Art aktuell einem sehr starken technologiegetriebenen Wandel.
Auf einen Blick: Vor- und Nachteile von Brennstoffzelle vs Batterie im Fahrzeug
- Vorteile der Brennstoffzelle liegen aktuell in der höheren Reichweite und schnelleren Lade- bzw. Tankzeit.
- Nachteile sind höhere Energiekosten, die geringe Verfügbarkeit von Wasserstoff und die geringere Zuverlässigkeit des Systems.
- Brennstoffzellen sind für den Fernlastverkehr frühestens 2035 lukrativ.
- Wir werden eine Koexistenz verschiedener Systeme sehen.
Bei der Chemie der Batteriezellen wird weiterhin mit Hochdruck an einer Erhöhung der volumetrischen und gravimetrischen Energiedichte gearbeitet. Hier gehen Experten aktuell von einer Verbesserung um etwa 50 Prozent bis 2030 aus, also von einer Reduktion des Volumens und der Masse (ergo auch des Gewichts) um zirka ein Drittel.
Bei Brennstoffzellensystemen liegt das größte Potential beim Wechsel der Tanktechnologie auf flüssigen Wasserstoff (sLH2, Subcooled Liquid Hydrogen) oder auf kryokomprimierten Wasserstoff (CcH2). Beide versprechen eine deutliche Steigerung der volumetrischen Energiedichte, befinden sich aber noch im Prototypenstatus.
Was kostet ein FCEV-Antrieb?
Ein solider Vergleich der Investitionskosten je Fahrzeug ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zuverlässig möglich. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen Reifegraden der Systeme. Während in verschiedenen Segmenten wie beispielsweise bei Stadtbussen bereits seit mehreren Jahren BEVs auf dem Markt im Einsatz sind und die Technologie sich kontinuierlich weiterentwickelt, klärt sich auch die Frage des Schnelladens über das MCS (Megawatt Charging System) langsam. Gleichzeitig herrscht jedoch beim FCEV noch ein Wettbewerb um die besten Technologien, z. B. bei den Tanksystemen. Daher sind die Kosten für das FCEV weniger generalisierbar und schlechter prognostizierbar. Diverse Hersteller und Studien gehen aber davon aus, dass FCEV für den Fernlastverkehr in puncto TCO frühestens 2035 Kostenparität mit vergleichbaren BEVs erreichen werden.
Fazit: Batterie oder Brennstoffzelle? Was ist besser?
Eine leistungsfähige Hochvoltbatterie ist für Brennstoffzellenfahrzeuge wie auch für alle anderen elektrifizierten Antriebe unerlässlich. Ihre richtige Dimensionierung und Auslegung hängt vom Einsatzszenario ab. Ist die Brennstoffzelle in der Lage, die Maximalleistung zu bedienen? Ist der Fahrzeugbetrieb geringen Lastschwankungen unterworfen? Ist ausreichend Tankvolumen verfügbar? Dann genügt eine Batterie mit geringem Energiegehalt und Maximalleistung. Im Gegenzug muss das Volumen der Tanks entsprechend groß dimensioniert sein.
Kommt die Brennstoffzelle hingegen als Reichweitenverlängerer (REX: Range Extender) im Quasi-Stationärbetrieb zum Einsatz und verfügt das Fahrzeug über Schnellladefähigkeit, wird die Hauptlast auf dem Batteriesystem liegen und hier sowohl eine hohe Kapazität als auch eine entsprechend adäquate Maximalleistung erforderlich sein. Bei noch größeren Batteriesystemen ist der Übergang zum BEV fließend, da dem hohen finanziellen Aufwand für das zusätzlich erforderliche Brennstoffzellensystem plus Peripherie zunehmend weniger Nutzen gegenübersteht. Folglich ist eine sehr spitze Auslegung des Gesamtsystems unter Berücksichtigung des Einsatzszenarios notwendig, um ein wirtschaftliches Fahrzeug anbieten zu können.
In den kommenden Jahren werden wir im Nutzfahrzeugsektor daher verschiedene Systeme – vom Plug-In-Hybriden über BEV und FCEV bis hin zu Oberleitungsfahrzeugen – sehen. Dabei wird der Elektroantrieb der gemeinsame Nenner sein. Ein über alle Segmente dominantes System – den nächsten Dieselmotor – wird es nicht geben. (av)