Lithium-Ionen-Batterien altern kalendarisch und mit jedem Lade- und Entladezyklus. Ursachen dafür sind z.B., dass die SEI-Schicht (solid electrolyte interphase) immer mehr Lithiumionen aufnimmt, die dann nicht mehr für die Zyklen zur Verfügung stehen und dass ständiges Schrumpfen und Anschwellen der Zellen zu mechanischen Beschädigungen führt. Ab einem bestimmten State of Health (SOH) ist die Batterie nicht mehr für den Einsatz in einem E-Auto geeignet. Egal ob sie noch einmal „aufgefrischt“ wird, für einen gewissen Zeitraum ein zweites Leben instationären Energiespeichern verbringt oder nicht, sie muss recycelt werden – das ist gesetzlich vorgeschrieben (Bild 1).
So entwickelt sich der Batterierecycling-Markt
Das heißt, dass letztlich jede Hochvolt-Batterie, die heute oder in Zukunft in einem Elektrofahrzeug auf die Straße kommt, im Recycling landet. Entsprechend hoch sind die Prognosen für das zukünftige Recycling-Marktvolumen: 11,07 Milliarden US-Dollar schwer soll der Markt in 2027 sein (Bild 2).
Noch weiter nach vorn reichende Prognosen schätzen, dass bis 2042 ein Äquivalent von etwa 3000 GWh recycelt werden. Beinahe zwei Drittel davon kommen aus dem Pkw-Bereich, gefolgt vom Herstellungs-Schrott während der Batterieproduktion und dem Lkw-Sektor (Bild 3).
E-Mobility: Batterie und Sicherheit
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Die beim Batterie-Recycling zurückgewonnenen Rohstoffe sind hauptsächlich Aluminium, Kupfer, Mangan, Lithium, Nickel und Kobalt. Entsprechend unterschiedlich fällt der sogenannte Bergungswert bei verschiedenen Batterie-Typen aus (Bild 4). Am niedrigsten ist der Wert bei Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) mit etwa 15 US-Dollar je kWh. NCA (Nickel-Cobalt-Aluminium) und NCM811 (Nickel-Cobalt-Manganese) liegen in etwa gleich auf bei ca. 25 US-Dollar je kWh. Mit steigendem Kobalt-Gehalt steigt auch der Bergungswert der Batterie und liegt für NCM622 etwas über 30 US-Dollar je kWh und für NCM111 bei etwas über 40 US-Dollar je kWh.
Der Trend in der Batterie geht zu weniger Kobalt, dafür mehr Nickel
Aktuelle Prognosen zeigen, dass Batterietypen wie LFP, NCA und NCM111 bis 2040 komplett vom Markt verschwinden werden. Auch der Anteil der NMC622-, NMC433- und NMC532-Typen geht bis 2050 stark zurück. Nickelreiche Batterie-Typen wie NCM811 und NMC955 sollen schon ab etwa 2040 den Markt beherrschen (Bild 5).
Schwerpunktthema: E-Mobility
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Nicht aus den Augen verlieren darf man dabei Graphit, zumal Prognosen einen Bedarf von beinahe 4,6 Millionen Tonnen für 2050 vorhersagen, während z.B. in 2018 die jährliche Produktion nur bei 930.000 Tonnen lag.
Warum es sich für Unternehmen lohnt, Li-Ionen-Batterien zu recyclen
Batterierecycling wird neben den gesetzlichen Vorschriften auch für viele Unternehmen zunehmend interessant, da die Nachfrage nach Rohmaterialien für die Batterieherstellung sehr groß ist. Recycling trägt zur Sicherheit der Versorgung mit Rohmaterialien bei, zumal die Materialpreise sehr volatil sind und sich gerade beim Bergbau ökologische und beim Kobalt-Bergbau auch ethische Fragen stellen. Immerhin bezieht die Batterieindustrie den überwiegenden Anteil an Kobalt aus der DR Kongo, einer Region, in der Kinderarbeit keine Seltenheit ist. In 2019 wurden 100.000 Tonnen Kobalt in der DR Kongo produziert, gefolgt von Russland und Australien mit etwas weniger als 10.000 Tonnen. Aber allem voran lohnt sich mittlerweile der Ausbau der Recycling-Industrie wirtschaftlich immer mehr, da mit immer mehr elektrifizierten Fahrzeugen auch genug recycling-fähige Altbatterien zur Verfügung stehen.
Mit immer weiter sinkenden Batteriekosten und immer weniger Kobaltgehalt gibt es allerdings auch Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Batterierecyclings. Hinzu kommt der sehr hohe Aufwand für Logistik bei der Rücknahme der Batterien und die sehr zeitintensive Zerlegung der Batteriespeicher. Bild 6 zeigt, in welchen Regionen Recycling-Unternehmen für Lithium-Ionen-Batterien angesiedelt sind und in Bild 7 gibt einen Überblick, um welche Firmen es sich dabei handelt. Auch OEMs wie BMW, Renault, Volkswagen und Tesla sind hier mit vertreten. Wie schon in Bild 6 zu sehen, ist Europa sehr aktiv beim Ausbau der Batterierecycling-Aktivitäten. Mindestens sechs neue Recycling-Fabriken sind in Planung (Niederlande, Finnland, Serbien, Polen und zwei in Schweden), siehe Bild 8.
Welche Recycling-Verfahren für Li-Ionen-Batterien gibt es?
Doch wie läuft das Batterierecycling ab (Bild 9)? Beim mechanischen Recycling werden die Batterien zunächst demontiert. Da es viele unterschiedliche Pack-Designs gibt, läuft dieser Prozess meist manuell ab und ist entsprechend zeitintensiv. Danach erfolgt die Trennung der wertvollen Rohstoffe von Folien und Gehäusen. Die Materialien werden geschreddert, zermahlen und weiter zerkleinert, was meist in einer inerten Atmosphäre erfolgt.
Mittels Pyrolyse brennt schließlich der Elektrolyt ab und die Bindemittel zersetzen sich. Eine Auflösung in Lösemittel entfernt die Elektroden und behält die Folien zurück. Dies lässt sich mit einer Ultraschallreinigung und Rühren kombinieren, um die Rückgewinnung der Elektrodenmaterialien noch zu verbessern. Da die Elektrodenmaterialien aus Pulvern im Nanometer- und Mikrometer-Bereich bestehen, lassen sie sich auch durch Sieben von größeren Fragmenten von Stromabnehmern, Gehäusen und Separatoren trennen. Weitere Trennungsverfahren sind die Schaumflotation, die hydrophobes und hydrophiles Material trennen kann, sowie die Separation mittels Schwerkraft durch Zentrifugen, die Materialien abhängig von ihrem Gewicht trennt.
Das pyrometallurgische Recycling nutzt hohe Temperaturen zur Rückgewinnung der Rohstoffe. Typischerweise geschieht dies mit einem Lichtbogen oder in einem Schachtofen. Dabei entstehen Metalllegierungen und ein Schlackestrom, wobei die Schlacke Lithium, Mangan und Aluminium enthält.
Hydrometallurgie zur Rückgewinnung der Metalle
Beide Verfahren erfordern eine hydrometallurgische Weiterverarbeitung um die einzelnen Metalle zurückzugewinnen. Dieser Prozess beginnt mit dem Auslaugen, das aktive Materialien unter Verwendung anorganischer Säuren wie HCl oder H2SO4 auflöst. Höhere Temperaturen erhöhen dabei die Löslichkeit und verkürzen die Reaktionszeiten, während der Einsatz von Reduktionsmitteln die Effizienz des Prozesses verbessern.
Bei der folgenden Lösungsmittel-Extraktion wird eine organische Säure verwendet, um Metalle über eine Kationen-Austauschreaktion selektiv zu extrahieren. Diese Methode nutzt die unterschiedlichen Löslichkeiten der Metalle und ist besonders wichtig für Nickel und Kobalt. Eine anschließende Niederschlags-Reaktion erzeugt schließlich einen Feststoff in Lösung. Dieser entsteht durch Zugabe einer Reagenz (z.B. –OH), durch Verdampfung oder pH-Wert- bzw. Temperaturänderung.
Der letzte Schritt der Rückgewinnung der Metalle ist die Elektrolyse. Dabei scheiden sich die Metalle auf einer Kathode ab, indem durch Stromfluss eine Redoxreaktion erzwungen wird.
Warum direktes Batterie-Recycling als besonders nachhaltig gilt
Das sogenannte direkte Recycling ist ein noch recht junger Recycling-Ansatz, an dem derzeit intensiv geforscht und entwickelt wird. Der Prozess gilt als besonders nachhaltig. Dabei wird die Batterie demontiert, teilweise geschreddert, der Elektrolyt wird zurückgewonnen, die Kathoden- und Anoden-Materialien werden separiert. Dabei entstehen „Carbon Black“ und PVDF (Polyvinylidenfluorid), die schließlich entfernt werden. Danach wird die Kathode wieder mit Lithium versetzt und geht direkt zurück in die Batterieherstellung.
Preisgünstiges und umweltverträgliches mechanochemisches Wiederverwertungsverfahren gewinnt 70 % des Lithiums zurück
Aus Batterieabfällen bis zu 70 Prozent des Lithiums zurückgewinnen, ohne dass korrosive Chemikalien, hohe Temperaturen oder eine vorherige Sortierung der Materialien erforderlich sind? Dies ermöglicht ein am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickeltes Recyclingverfahren, das mechanische Prozesse und chemische Reaktionen verbindet. Die Methode erlaubt ein kostengünstiges, energieeffizientes und umweltverträgliches Recycling unterschiedlicher Lithium-Ionen-Batterien. Die Methode nutzt mechanische Prozesse und chemische Reaktionen, um metallische Verbundwerkstoffe mit wasserlöslichen Lithiumverbindungen zu erzeugen. Das Verfahren läuft bei Zimmertemperatur und -druck ab und kann leicht im industriellen Maßstab genutzt werden. „Das Verfahren eignet sich zur Rückgewinnung von Lithium aus Kathodenmaterialien unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und damit für viele verschiedene marktübliche Lithium-Ionen-Batterien“, erklärt Dr. Oleksandr Dolotko vom IAM-ESS des KIT und vom HIU, Hauptautor der Publikation.
Die Autorin: Dr.-Ing. Nicole Ahner
Ihre Begeisterung für Physik und Materialentwicklung sorgte dafür, dass sie im Rahmen ihres Elektrotechnik-Studiums ihre wahre Berufung fand, die sie dann auch ins Zentrum ihres beruflichen Schaffens stellte: die Mikroelektronik und die Halbleiterfertigung. Nach Jahren in der Halbleiterforschung recherchiert und schreibt sie mittlerweile mit tiefem Fachwissen über elektronische Bauelemente. Ihre speziellen Interessen gelten Wide-Bandgap-Halbleitern, Batterien, den Technologien hinter der Elektromobilität, Themen aus der Materialforschung und Elektronik im Weltraum.