Dr. Christof Horn

Getting digital done: Die Kolumne von Dr. Christof Horn, Accenture (Bild: Ferdinand Horn)

Für den Kunden wird der Automobilmarkt immer spannender: neue Marken, schnellere Produktzyklen und viele Innovationen. Der verschärfte Wettbewerb muss auch für die OEMs nicht schlecht sein; statt gemächlicher Innovationsschrittchen im Gleichtakt der „Marktbegleiter“ stoßen die new kids on the block massive Erneuerungsprozesse an. Und so sehen die Fahrzeugkonzepte schon jetzt viel emotionaler und durchgängiger digital aus.

Transformationsprozesse sind kein Vergnügen

Doch der weitere Weg ist durchaus steinig. Er schreitet in drei Etappen voran. Ausgangspunkt sind Fahrzeug-Architekturen, in denen Konnektivität vor allem eine Anbindung des Infotainment-Systems an die Außenwelt bedeutete und eine Vielzahl von Komponenten die Hauptrolle spielte. Doch je mehr sich die Funktionen des Fahrzeugs untereinander verschränken, desto schwieriger wird Koordination der Einzelkomponenten – und der Fürstentümer, die sie entwickeln.

Die Antwort in Etappe zwei: Lasst uns in Systemen denken. Hier stecken die meisten OEMs, und manchmal stecken sie auch fest: Sie haben Steuergeräte zu großen Domain Controllern zusammengepackt, das Bordnetz in geometrischen Zonen neu sortiert und viel Zeit in die Implementierung von Systems-Engineering-Methoden gesteckt. Viele richtige Elemente, doch der Mix aus „weiter so“ und „neu gedacht“ riskiert die Beherrschbarkeit und auch Bezahlbarkeit.

Getting digital done: Die Kolumne von Dr. Christof Horn, Accenture

Dr. Christof Horn
(Bild: Ferdinand Horn)

Software-defined ist kein Wettlauf um Technologien, sondern um Vorgehensweisen, Geschwindigkeit und Mindset. Was dazu gehört beschreibt Dr. Christof Horn in seiner Kolumne, die auf all-electronics und in der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK erscheint. Die Beiträge zum Nachlesen

Denn eigentlich greift das visionäre Zielbild noch viel weiter. In Etappe drei gibt Software den Takt vor, wird die Hardware nur noch zur Exekutiven. Kundenfunktionen können in einer stark entkoppelten Architektur viel schneller im Fahrzeug oder remote realisiert werden, und auch der Entwicklungsprozess übernimmt wesentliche Elemente aus der Software-Welt. Und: Die Fahrzeug-spezifischen Aspekte von funktionaler Sicherheit bis Homologation werden nun endlich in einer durchgängigen Methoden- und Toolkette umgesetzt.

Aber noch stecken die meisten OEMs in Phase zwei – und die bedeutet: höchste Komplexität, viele Baustellen, noch mehr Lösungsansätze, überforderte Organisationen, orientierungssuchende Manager und allerorten viel Frust.  

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen…

… meinte einmal Helmut Schmidt. Und was würde der Arzt hier verschreiben? Aufräumen, Disziplin und mehr Bewegung. In unseren aktuellen Beratungsprojekten kommen fünf Kernaufgaben auf den Tisch.

  • Erstens – die Strategie aufräumen. Viele OEMs müssen hinterfragen, ob ihre neuen Architekturen noch ausreichend aggressiv und innovativ sind – oder ob sie vom Markt und den neuen Spielern gerade rechts überholt werden. Häufig fehlt zudem die notwendige Klarheit in der Mannschaft, womit zukünftig Geld verdient werden soll, und wie genau der Masterplan dafür aussieht.
  • Zweitens – das Produktportfolio aufräumen. Was wird das Produkt der Zukunft überhaupt sein – weiterhin ein Auto, oder ein Mobilitätsservice, oder ein Plattform-Geschäft von digitalen Services? Viele OEMs restrukturieren ihr Produktportfolio grundlegend und setzen genauere Schwerpunkte zur Differenzierung – und öffnen sich für Kollaborationen und Standards, wie kein Kunde hinschaut.
  • Drittens – den Entwicklungsprozess aufräumen. Fahrzeugentwicklung dauert, und immer noch viel zu lange. Manche OEMs zählen mehr als 1000 Tools in ihrem Entwicklungsbereich – ein Zoo von teils sinnvollen Spezialisierungen, aber auch einer ganzen Menge persönlicher Hobbies. Hier bietet eine digitale, nahtlose Methoden- und Prozesskette größte Chancen.
  • Viertens – die Fähigkeiten und Partner aufräumen. Waren die letzten Jahre noch von FOMO geprägt („die anderen kaufen Startups, wir müssen dringend nachziehen!“), so schauen wir mit den OEMs sehr viel genauer hin, welche Kompetenzen wirklich im eigenen Haus benötigt werden, und was vielleicht in bessere Hände gehört. Kleinteilige Ansammlungen von Dienstleistern, Beteiligungen und Spin-Offs erzeugen oft mehr Komplexität als Lösungen, skalierbare Partnerschaften liefern mehr.
  • Fünftens – die Ausrichtungen prüfen. Was ist das Wichtigste an den vier obigen Punkten? Dass sie zusammenpassen. Und mehr Realismus in strategische Entscheidungen einfließt: Ein neutraler Blick auf den Status Quo ist der Ausgangspunkt für mehr Traktion und Geschwindigkeit.

Denn leider wird nicht der im Rennen um das Software Defined Vehicle vorne mitspielen, der die beste Strategie hat – sondern derjenige, der seine auch schnell genug umsetzt.

Dr. Christof Horn
(Bild: Ferdinand Horn)

Dr. Christof Horn

IX Automotive Europe, Accenture

Save the date: 28. Automobil-Elektronik Kongress

Am 18. und 19. Juni 2024 findet zum 28. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.

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