Dr. Christof Horn

(Bild: Ferdinand Horn)

Manchmal ist das, was gar nicht stattfindet, am interessantesten – und das war auf der diesjährigen CES in Las Vegas, der neuen Leitmesse der Automobil-Industrie, das Thema „Autonomes Fahren“. Der Weg von der Fahrassistenz zum „autonomen“ Fahren bleibt ein steiniger, und aus der Ankündigungseuphorie der letzten Jahre wurde ein Hangover. Statt der für 2020 angekündigten Robotaxis fahren die Fahrzeuge im „Tesla Loop“-Tunnel von Las Vegas weiterhin mit menschlichen Chauffeuren, und Mercedes und BMW tasten sich auf der Autobahn unter strikten Einsatzbedingungen an Level 3 heran.

Aber Las Vegas ist eben ein Ort für die ganz großen Geschichten – und in denen spielt die KI eine immer größere Rolle. Mercedes-Benz legt die Messlatte mit seinen „hyperpersonalisierten“ und KI-geboosterten Services hoch: immersiver Sound, auf den Fahrstil reagierende Musik und Retro-Spiele bis zum Wackeldackel (auch der türkische Branchen-Neuling TOGG setzt ähnliche Schwerpunkte, nur ohne Dackel). Volkswagen legt mit der Integration von Chat GPT ins Fahrzeug nach, und BMW geht erneut einen vorsichtigeren Weg und zeigt, wie Amazons Sprachintelligenz mit einem Datenbank-basierten Wissen das Fahrzeug dem Kunden näherbringen kann. Gaming & App-Shop kann das BMW-System ja bereits.

Wer zahlt die Party?

Die OEMs stehen sichtbar unter Druck: Die Kunden wollen das, was sie von ihrem Handy oder Tablet kennen, auch im Fahrzeug haben. Doch werden sie dafür auch bezahlen? Die Monetarisierungsmodelle sind noch experimentell: Alle Hersteller haben inzwischen Abo-Modelle im Angebot, doch die Unsicherheit ist spürbar, wofür und wie genau denn nun Geld verlangt werden kann. Eine Accenture-Umfrage unter 305 internationalen OEM-Führungskräften bestätigte dies im Jahr 2023: 40 Prozent aller Befragten sehen einen Mix aus kostenlosen Basisumfängen, an die Techplayer abgetretenen Geschäfts-feldern und eigens monetarisierten Services als wahrscheinlichstes Szenario an.

Getting digital done: Die Kolumne von Dr. Christof Horn, Accenture

Dr. Christof Horn
(Bild: Ferdinand Horn)

Software-defined ist kein Wettlauf um Technologien, sondern um Vorgehensweisen, Geschwindigkeit und Mindset. Was dazu gehört beschreibt Dr. Christof Horn in seiner Kolumne, die auf all-electronics und in der AUTOMOBIL-ELEKTRONIK erscheint. Die Beiträge zum Nachlesen

Der Kunde als Produkt

Einen ersten Preis haben die Kunden jedoch bereits gezahlt, wenn auch oft unbemerkt: Seitdem die Fahrzeuge „always on“ und vernetzt sind, kennen die Automobilhersteller nun erstmals ihre Kunden beim Namen, mit all ihren Gewohnheiten und Bedürfnissen. Doch der Datenschatz muss erst noch gehoben werden. Was bringt die beste Kundeneinsicht, wenn die Umsetzung von neuen Features drei Jahre dauert? Der Umbau der klassisch-sequentiellen Organisationsformen – vom Konzept zur Entwicklung, von der Produktion ins Marketing, und dann ab in den After Sales – ist grundlegend. Aus „one time right“ wird ein kontinuierlicher Prozess.  Das fordert das bisherige Selbstverständnis der Bereiche heraus. Welche Rolle haben Marketing und Vertrieb bei einem Online-Service im Fahrzeug? Kann ein smartes Fahrzeug nicht auch bereits in der Produktion mithelfen? Und könnte ein Entwickler nicht viel in der Werkstatt lernen – oder direkt im Kundenchat?

Save the date: 28. Automobil-Elektronik Kongress

Am 18. und 19. Juni 2024 findet zum 28. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.

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Im Channel zum Automobil-Elektronik Kongress finden Sie Rück- und Vorberichterstattungen sowie relevanten Themen rund um die Veranstaltung.

Schließt KI die Schere?

Die gute Nachricht: Die großen (und teuren) Bemühungen der Hersteller in Richtung des „SW defined Vehicles“ beginnen sich auszuzahlen. Bessere Architekturen, kontinuierliche Entwicklungsprozesse, durchgängige Toolketten und agilere Organisationen beginnen zu wirken. So erzählte mir auf der CES ein Manager eines süddeutschen OEMs begeistert: „Das neue Feature konnten wir innerhalb von zwei Sprints ins Fahrzeug bringen – früher undenkbar!“ Dennoch: Die Schere zwischen Komplexität und Effizienz ist weiter groß. Und hier könnte KI ihre größte Stärke ausspielen: In der Befähigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wie sagte Wirtschaftsprofessor Richard Baldwin auf dem letztjährigen World Economy Forum: „Nicht die KI wird deinen Job übernehmen – sondern jemand, der weiß, wie man KI nutzt!“

Dr. Christof Horn
(Bild: Ferdinand Horn)

Dr. Christof Horn

IX Automotive Europe, Accenture

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