Die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE), die Vereinten Nationen (UN) und die Underwriters Laboratories (UL) legen Normen für den Martktzugang von Lithium-Ionen-Batterien fest.

Die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE), die Vereinten Nationen (UN) und die Underwriters Laboratories (UL) legen Normen für Lithium-Ionen-Batterien fest, deren Einhaltung in Messystemen überprüft werden. (Bild: imc)

Aufgrund ihrer Größe, ihres Gewichts aber auch der HV-Spannung (Hochvolt) können von HV-Traktionsbatterien zahlreiche Gefahren ausgehen. Denn die Li-Ion-Batteriezellen, aus denen ein Batteriepack besteht, sind empfindlich gegenüber starken mechanischen Belastungen, Beschädigung und Vibration. Außerdem sinkt die Leistung von Li-Ion-Batteriezellen bei sehr hohen oder extrem niedrigen Temperaturen, bis hin zur Entladung. Um den sicheren Betrieb einer E-Fahrzeugbatterie zu gewährleisten, sind daher verschiedene Tests nach internationalen Regularien oder nach Norm von hoher Bedeutung sowohl für Hersteller als auch für Anwender.

Regularien und Normen für die Sicherheit von HV-Batterien

International wie national gelten eine Vielzahl von unterschiedlichen Normen und Regularien, um die Sicherheit von Traktionsbatterien zu gewährleisten. Urheber sind einerseits überstaatliche (Wirtschafts-)Gremien, wie die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (United Nations Economic Commission for Europe, UNECE), die diese im Rahmen von internationalen Vereinbarungen erarbeiten und veröffentlichen. Sicherheitsprüfungen als Teil von Normen, die durch Norminstitute formuliert wurden, darunter das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN), die Society for Automotive Engineers (SAE) oder Underwriters Laboratories (UL), besitzen einen nationalen Geltungsbereich. Ein wesentlicher Unterschied zwischen internationalen Sicherheitsregularien und nationalen Normen liegt in dem Marktzugang, der damit verbunden ist. Während internationale Sicherheitsregularien für Hersteller bindend sind, weil das Produkt beispielsweise ohne ein entsprechendes ECE-Prüfzeichen nicht am europäischen Markt verkauft werden darf, sind Normen als technische Richtlinien und Qualitätskriterien anzusehen. Sie zu befolgen kommt für Hersteller einer Selbstverpflichtung gegenüber diesen gleich. In der Praxis lässt sich jedoch die Bedeutung vor allem von Sicherheitsnormen für Fahrzeuge mit (über-)staatlichen Regularien vergleichen.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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Bis auf wenige Ausnahmen kommen in Nordamerika, Europa und Asien unterschiedliche Normen und Regularien zur Anwendung. Zudem sind Normen und Regularien stets in Bezug auf die Risiken zu sehen, die durch die Tests minimiert oder ausgeschlossen werden sollen. Die dahinterliegenden unterschiedlichen Szenarien – vom Transport im Flugzeug, über Umwelteinflüsse wie Feuchtigkeit, Hitze und Kälte, bis hin zu Unfallszenarien – führen dazu, dass die Prüfung einer Traktionsbatterie trotz ähnlicher Vorgaben im Detail unterschiedlich ausgelegt ist. In der Verantwortung von Entwicklern und Herstellern von Traktionsbatterien sowie von Batterie-Testlabors liegt es, diese Anforderungen zu kennen und im Test mit den dafür notwendigen Prüfmitteln umzusetzen.

Neben UN 38.3 gehören die Prüfungen nach UN ECE R.100, die vor allem für Europa relevant sind und die Norm UL 2580 für den amerikanischen Markt zu den weltweit wichtigsten Normen und Regularien für HV-Traktionsbatterien. Dabei fassen diese jeweils mehrere Testszenarien zusammen.

UN 38.3: Prüfung für den sicheren Transport

Das Regularium UN 38.3 wurde von den Vereinten Nationen (UN) verabschiedet und ist international gültig. Es ist von außerordentlicher Bedeutung, da es den sicheren Transport der Batteriezellen belegt. Batterien, die von den Vereinten Nationen als Gefahrgut der Klasse 9 eingestuft werden, müssen die Anforderungen nach UN 38.3 erfüllen. Entsprechend ist dieses Regularium von Regulierungs- und Zollbehörden weltweit anerkannt und als Handels- und Zugangskriterium für globale Märkte bedeutsam. Die Prüfung nach UN 38.3 umfasst acht Tests, die an Zellen, Modulen oder am gesamten Batterie-Pack durchgeführt und miteinander kombiniert werden. Unter anderem werden Tests mit veränderbarem Umgebungsdruck und -Temperatur, wie eine Höhen-Simulation und eine thermische Prüfung durchgeführt. Weiter umfasst UN 38.3 elektrische Tests, darunter externer Kurzschluss und Überladung sowie mechanische Tests, wie Aufprall-, Vibration und Quetschtest.

UN ECE R100 Rev. 2: Elektrische Sicherheit von HV-Batterien

Innerhalb der EU ist weiterhin die Regelung UN ECE R100 Rev.2 zur elektrischen Sicherheit von HV-Batterien relevant. Diese Regel wurde in dem Genfer Übereinkommen vom 20. März 1958 festgeschrieben, einem seitdem ständig aktualisierten Regelwerk der UNECE. In diesem Regelwerk sind technische Vorschriften, Prüfverfahren, und Bedingungen für eine internationale Zulassung von Kraftfahrzeug-Komponenten festgelegt. Die Sicherheitskriterien nach UN ECE R100 sind für alle Unterzeichnerstaaten des Genfer Übereinkommens gültig. Dazu zählen neben den EU-Staaten auch weitere Nationen, darunter Japan. Die Tests nach UN ECE R100 umfassen eine Typprüfung; getestet werden die Festigkeit gegenüber Vibrationen und plötzliche Hitze (Hitzeschock), Zyklustest, Vibration und mechanische Integrität, Feuerbeständigkeit, der Schutz vor externem Kurzschluss, der Schutz vor Überladung, gegen übermäßige Entladung sowie vor Überhitzung.

Batterieprüfung nach Norm UL 2580 für den US-amerikanischen Markt

Für den amerikanischen Markt ist die US-Norm UL 2580, herausgegeben von UL Standards, eine von mehreren Industrienormen, die sich auf den Test von Elektrofahrzeugen und der HV-Batterie bezieht. Die Prüfvorschriften für die Norm UL 2580 konzentrieren sich auf den sicheren Betrieb und setzen einen Schwerpunkt auf umfangreiche und vielfältige Tests zur Temperatur- und Spannungsempfindlichkeit von Traktionsbatterien. Alle Tests nach Norm UL 2580 werden mit einer vollständig geladenen Li-Ion-Batterie durchgeführt. Die Prüfung nach Norm gilt dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn nach dem Testereignis – Kurzschluss, Aufprall oder Quetschung – per Funkenzündung nachgewiesen werden kann, dass keine entzündlichen Flüssigkeiten oder Gase ausgetreten sind, auch darf kein thermisches Durchgehen, ein Brand oder eine Explosion auftreten. Dämpfe dürfen nur durch die dafür vorgesehenen Lüftungsöffnungen oder -systeme ins Freie entweichen. Das Batteriegehäuse muss intakt bleiben.

Testszenarien an HV-Traktionsbatterien

Sicherheitsprüfungen an E-Fahrzeug-Batterien, zu denen Tests nach Norm und nach internationalen Regularien gehören, sind anspruchsvoll, da sie unter hoher elektrischer Spannung stattfinden und nur in feuerfesten und explosionssicheren Laboren durchgeführt werden können. Denn die gezielte elektrische oder mechanische Belastung kann zum gefürchteten thermischen Durchgehen von Batteriezellen führen: Dabei schmelzen die Separatoren in den Zellen und es kommt zu einer unkontrollierten Explosion oder zum Brand.

Eine gezielte elektrische oder mechanische Belastung kann zur Explosion oder zum Brand der Batteriezellen führen.
Eine gezielte elektrische oder mechanische Belastung kann zur Explosion oder zum Brand der Batteriezellen führen. (Bild: Yrabota - stock.adobe.com)

Auch können schädliche Dämpfe und Flüssigkeiten aus den Batteriezellen entweichen. Die verschiedenen Tests lassen sich abhängig von der Art der Belastung in unterschiedliche Kategorien unterteilen. Bei elektrischen Tests, wie dem Zyklus- oder einem Lebensdauer-Test, der auch mit Temperaturtests kombinierbar ist, wird der Prüfling mit Lade- und Entladezyklen, teils über einen Zeitraum von mehreren Wochen, belastet, um die Leistungsfähigkeit einer Batterie zu testen. Beim Batteriekurzschluss-Test gemäß Norm UL 2580 wird der Prüfling mit einem Gesamtstromkreiswiderstand ≤ 20 mΩ kurzgeschlossen. Bleibt die Batterie nach der Kurzschlussprüfung funktionsfähig, erfolgt ein Lade- und Entladezyklus nach den Angaben des Herstellers. Kurzschlusstests können auch an Unterbaugruppen anstelle einer ganzen elektrischen Energiespeicherbaugruppe durchgeführt werden.

Bei mechanischen Belastungstests wird der Energiespeicher des E-Fahrzeugs gezielt durch Crash, Stauchung, oder Biegung belastet, um beispielsweise ein Unfallgeschehen zu simulieren. Die in den Tests eingesetzten Kräfte sind dabei genau festgelegt: In der Norm UL 2580 sind die Kräfte, die auf das Batteriepack wirken, auf das 1000-fache des Batteriegewichts begrenzt. Zu den mechanischen Belastungstests zählt weiter die Vibrationsprüfung. Hier werden die Batterien mit Schwingungen, die im Fahrbetrieb auftreten, beaufschlagt, um Materialbelastungen am System zu analysieren, während dieses Lade- und Entladezyklen unterzogen wird.

Messtechnik für HV-Batterie-Tests

Bedingt durch unterschiedliche Fahrzeugplattformen verfolgen Fahrzeughersteller (OEM) bei den Sicherheitskriterien für Traktionsbatterien von Elektrofahrzeugen jeweils eigene technologische Ansätze. Die in Tests nach Norm und anderen Sicherheitsprüfungen eingesetzten Messlösungen spiegeln dies wider, dabei bedingen die geforderten Messgrößen und Anzahl der Kanäle, welche Mess-Hardware sinnvoll ist und wie robust diese gegenüber hohen elektrischen Spannungen ausgelegt sein muss.

Typischerweise werden in Sicherheitstests an E-Fahrzeug-Batterien die Batteriezellen-Spannung und die Batteriezellen- Temperaturen erfasst. Bei mechanischen Belastungstests kommen zudem häufig Wärmebild- oder Hochgeschwindigkeitskameras zum Einsatz, um den Grad der Zellreaktion zu beobachten. Unabhängig davon, welches Equipment eingesetzt wird – entscheidend ist vor allem die zeitsynchrone Speicherung der verschiedenen Messkanäle.

Da die Tests im HV-Bereich durchgeführt werden ist die eingesetzte Messtechnik üblicherweise hochisoliert.

Schematische Darstellung eines Battrie-Prüfstands.
Schematische Darstellung eines Battrie-Prüfstands zum Testen von Kurzschluss sowie Laden und Entladen. (Bild: imc)

Emobility tec – die Zeitschrift rund um Systeme, Komponenten und Technologien für Hybrid- und Elektrofahrzeuge

Transparentes E-Auto mit Blick auf die Batterie über dem Logo der Fachzeitschrift E-Mobility-tec
(Bild: Hüthig)

Alles was Entwickler wissen müssen: Von Halbleiter bis E-Achse, von Batterie bis Laden, von Materialien über Leichtbau bis Test. Für Newcomer in der E-Mobilität und Unternehmen der klassischen Automobilbranche. Das alles finden Sie in der Emobility tec kurz emt. Hier geht es zum E-Paper-Archiv der emt oder abonnieren Sie die eine Ausgabe kostenlos.

Dies gewährleistet die Sicherheit des Personals und schützt die verwendete Messtechnik. Aktuelle Messsysteme sind für eine Spannung von bis zu 1500 V ausgelegt. Vorteilhaft sind dabei kompakte, HV-sichere Messlösungen mit einer modularen Systemarchitektur, die verteilbar sind und sich auch in räumlich begrenzten Testumgebungen installieren lassen. Beim Erfassen von Temperaturen und Zellspannungen an Traktionsbatterien sind über 100 Messstellen keine Seltenheit; ein modulares Messsystem, das sich an unterschiedliche Tests anpassen und gegebenenfalls durch zusätzliche Module (und Kanäle) erweitern lässt, ist auch hier von Vorteil.

Eine Messlösung, die von SK On, einem E-Fahrzeug-Batterie-Hersteller und Tochterunternehmen des koreanischen Unternehmens SK Innovation, wird an verschiedenen Standorten weltweit eingesetzt und bringt die oben beschriebene Flexibilität in der Anwendung mit.

SKI führt verschiedene Prüfungen durch, bei denen die Li-Ion-Batteriezellen auf Zell-, Modul- oder Packebene verschiedenen Belastungen ausgesetzt sind. Dafür setzt das Unternehmen eine Messlösung ein, die auf dem Messsystem imc CRONOSflex basiert und mit Messmodulen auf einem Spannungsniveau von bis zu 1000 V ausgestattet ist.

Die Messlösung, die auf dem CRONOSflex basiert, ist mit Messmodulen auf einem Spannungsniveau von bis zu 1000 V ausgestattet.
Messlösung für Tests an HV-Batteriepacks mit einem CRONOSflex Messsystem und HISO-CANSAS-Messmodulen für Spannungen von bis zu 1000V. Über das Messsystem wird eine Stromquelle für das Laden und Entladen der E-Fahrzeug-Batterie gesteuert. (Bild: imc)

Diese erfassen die Spannung des Batteriemoduls sowie synchron Zellspannungen und Temperaturen (PT100/Thermoelemente). Die Messlösung ist skalierbar und lässt sich in Bezug auf die Anzahl der Kanäle durch weitere Messmodule erweitern. Darüber hinaus haben die integrierte Echtzeit-Datenverarbeitung sowie eine software-seitige Messsystem-Steuerung mit einem Post-Processing und automatisierten Reporting der Messdaten weitere Vorteile. Unterschiedliche Tests lassen sich hier in der Messsystem-Software vorgeben und so zeitsparend im Labor am Prüfstand durchführen. (bs)

Rolf Spellmeyer

Business Development E-Mobility bei imc

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