Batteriepack eines E-Autos

China setzt auf die E-Mobilität und dabei auf Qualität. Das wird nun belohnt. (Bild: Adobe Stock – Sergii)

Berylls Studie zum Markt China zeigt, dass neue chinesische BEV-Premiummarken (New Premiums) den etablierten Anbietern von BEV-Premiumfahrzeugen in der Kundenwahrnehmung zunehmend voraus sind.

Lange galten die Modelle der deutschen Premium-Hersteller als das Nonplusultra bei chinesischen Kunden. Was in Ingolstadt, München, Sindelfingen und Zuffenhausen erdacht und entwickelt wurde, war über Jahrzehnte der weltweit gültige Standard für Oberklassefahrzeuge. Audi, BMW, Mercedes und Porsche galten als Statussymbole für die aufstrebende Mittel- und Oberschicht in China. Einheimische Marken dagegen standen vielfach im Ruf, rückständige und qualitative wenig überzeugende Autos zu bauen.

Junge Käufer bevorzugen chinesische Marken

Aber das Bild hat sich mit der Transformation der Mobilität hin zum E-Auto komplett gewandelt, wie die aktuelle Berylls Studie zeigt. Vor allem junge BEV-Erstkäufer zeigen eine klare Präferenz für chinesische Oberklasse-Marken. Die Studie analysiert, wie Kunden in China chinesische Elektrofahrzeug-Premiummarken wahrnehmen im Vergleich zu den arrivierten Playern. Teilnehmer der Studie waren sowohl Besitzer eines Premiumfahrzeugs wie auch Kunden, die den Kauf eines BEV einer Oberklasse-Marke beabsichtigen.

„Für die deutschen Hersteller sind die Ergebnisse alarmierend“, erläutert Willy Wang, Managing Director, Berylls Strategy Advisors China. „Denn die chinesischen Wettbewerber liegen in der Kundenwahrnehmung in vielen Punkten klar vorn.“ Nicht zuletzt bei Attributen mit technischem Hintergrund sehen Kunden chinesische Autobauer in Führung. Ein harter Schlag für die technikverliebten deutschen Autobauer.

BEV-Neuwagen Markt in China 2022
In China gibt China den Ton an. Das zeigt der Markt von Neuwagen deutlich. Einzige Ausnahme: Tesla (Bild: Berylls Strategy Advisors)

Das Auto verliert Bedeutung als Statussymbol

Etwa zwei Drittel der Kunden entscheiden sich für ein BEV aus chinesischer Produktion, weil sie diesem Modell starke und verlässliche Produkteigenschaften zubilligen; bei den Käufern oder Besitzern eines BEV deutschen Hersteller ist es nur etwas mehr als die Hälfte. Kunden, die ein Auto aus deutscher Produktion wählen, entscheiden sich zu etwa 45 Prozent dafür, weil sie damit ihren persönlichen Status zur Schau stellen wollen. Kunden chinesischer BEVs ist das weit weniger wichtig. Hier geben nur knapp über 30 Prozent an, ihren persönlichen Status mit dem Autokauf untermauern zu wollen.

Chinesischen Kunden sind beim Kauf eines chinesischen Premium-BEV guter Service, ansprechendes Marketing und ein modisches Produkt besonders wichtig, dicht gefolgt von einem guten Preis-Leistungsverhältnis. Käufer deutscher Autos legen in China dagegen Wert auf gutes Markenimage und einen vertrauenswürdigen Hersteller. Außerdem schätzen sie den hohen Wiederverkaufswert, der den Kunden chinesischer Premium-Marken dagegen nahezu egal ist.

New Premiums als qualitativ besser wahrgenommen

Die Kernkaufkriterien zeigen, dass die chinesischen Hersteller bei den traditionellen Werten enorm aufgeholt haben. Bei Sicherheit und Zuverlässigkeit und sogar beim Komfort sind praktisch keine Unterschiede mehr zwischen den traditionellen und den neuen Premium-Herstellern auszumachen, gaben die Studien-Teilnehmer an. Erschreckend für die deutschen OEMs dürfte sein, dass chinesische Kunden die New Premium Fahrzeuge qualitativ klar besser einschätzen als die der deutschen Hersteller. Weit vorn sind die New Premiums auch beim Thema Laden, beim Smart Cockpit, den Assistenzsystemen und dem zum Fahrzeug gehörenden Ökosystem. Die deutschen Modelle punkten lediglich bei der Leistung, bei den vielfältigen Konfigurationsmöglichkeiten, beim Platzangebot und beim Design.

Käufern chinesischer BEVs ist allerdings digitale Hightech wichtig, weniger Fahrvergnügen. Keine überraschende Erkenntnis, wenn man die Verkehrssituation in den chinesischen Metropolen kennt. Dort sind gut funktionierende Assistenzsysteme, kurzweiliges Infotainment und autonome Fahrfunktionen weit wichtiger als präzise und rückmeldungsfreudige Lenkungen und neutral bis leicht übersteuernd ausgelegte Fahrwerke. Hier haben die deutschen Hersteller zwar zweifellos die Nase vorn, nur schwindet die Bedeutung dieser Tugenden in China schnell.

Autos für China brauchen eigene Produktsubstanz

Berylls Studie zeigt deutlich, wie sehr sich die chinesischen Kunden von Käufergruppen in anderen Regionen der Welt unterscheiden. Darum müssten die Chinesen anders behandelt werden und Produkte, die in China erfolgreich sein sollen, eine andere Produktsubstanz aufweisen als Fahrzeuge für Europa oder die USA. Hersteller seien gut beraten, große Anstrengungen auf autonome Fahrfunktionen zu legen und umfangreiche Assistenz- sowie Smart-Cockpit-Systeme für ihr chinesisches Modellportfolio anzubieten.

Technik allein ist aber kein Garant für den Erfolg. Denn die Hersteller müssen außerdem ihr Marketing auf die chinesischen Kunden zuschneiden, die Fans ihrer Marken aktivieren und zu Botschaftern machen. Das haben die New Premiums längst verstanden und dominieren den BEV-Markt mit einem Anteil von 80 Prozent. Allein Tesla ist als ausländischer Hersteller unter den zehn erfolgreichsten E-Auto-Anbietern in China zu finden, die deutschen Marken spielen hier keine Rolle. Das Zeitfenster für Gegenmaßnahmen ist klein. Wollen die Entscheider in Ingolstadt, München, Sindelfingen und Zuffenhausen den alten Erfolg zurück, müssen sie laut Studie jetzt handeln.

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