Gerade bei E-Nutzfahrzeugen sind herkömmliche EMV-Kabelverschraubungen ungeeigent und bieten nicht die genügende Sicherheit über den gesamten Lebenszyklus.

Gerade bei E-Nutzfahrzeugen sind herkömmliche EMV-Kabelverschraubungen ungeeigent und bieten nicht die genügende Sicherheit über den gesamten Lebenszyklus. (Bild: AGRO)

Egal ob Hybrid, vollelektrisch oder Brennstoffzelle: Für die Verkabelung von Hochvolt-Komponenten wie Inverter, Motoren, Stromverteilereinheiten oder andere Aggregate in Nutzfahrzeugen reicht es nicht aus, handelsübliche EMV-Kabelverschraubungen (KV) einzuplanen.

Eine Vorkonfektionierung von HV-Kabeln mit üblichen industriellen EMV-KV ist in der E-Mobilität nicht prozesssicher genug, um eine wirklich gesicherte Funktion der Kabelverschraubungen in Nutzfahrzeugen oder Baumaschinen dauerhaft zu gewährleisten. Konventionelle EMV-Kabelverschraubungen erfüllen immer nur einzelne Anforderungen, nie aber das ganze Anforderungsspektrum der Elektrofahrzeuge. Entwicklungsunternehmen, Fahrzeughersteller und Komponentenhersteller verlangen nach dauerhaft funktionierenden Lösungen, um höchstmögliche Sicherheit zu erreichen.

Zugleich sind die Ansprüche an die Dichtheit, Schirmstromtragfähigkeit, Montagefreundlichkeit und die Prozesssicherheit der eingesetzten Produkte hoch. Gerade im Nutzfahrzeugbereich stellen widerholt hohe Leistungsabrufe den Normalzustand dar. Daher kommt es zu hohen Ströme in den Motorzuleitungen, welche durch die hohen Schaltfrequenzen der DC/AC-Wandler sowie den DC/DC-Wandler das HV-Bordnetz zusätzlich mit hochfrequenten Signalen belasten.

EMV-Kabelverschraubung

Daher hat AGRO mit EVolution EMC eine neuartige Verschraubung entwickelt, die auf diese Anforderungen zugeschnitten ist. Mit ihren Bauteilen gibt sie die Schirmkontaktierung und die einzelnen Arbeitsschritte genau vor. So wird sichergestellt, dass der Kabelschirm nach der Konfektionierung weder verletzt noch verschoben werden kann. Da der Kabelschirm in dieser Lösung komplett zwischen Stütz- und Kontakthülse gecrimpt ist, können auch keine Schirmlitzen mehr ausbrechen. So wird eine potenzielle Kurzschlussgefahr in den Komponentengehäusen vollständig verhindert. Darüber hinaus entfällt nun auch das Anbringen eines Schrumpfschlauches oder Tapes zum Fixieren des Schirmendes.

Fünf Schritte sind für die Konfektionierung notwendig: Schirm ablängen, Stützhülse aufsetzen, Schirmgeflecht umfalten, Kontakthülse aufsetzen, Kontakthülse mit Axi-Press Tools verpressen (Bild 1).

Bild 1: Fünf Schritte sind für die Konfektionierung der HV-Kabel notwendig. Das Anbringen eines Schrumpfschlauches oder Tapes zum Fixieren des Schirms sind nicht notwendig.
Bild 1: Fünf Schritte sind für die Konfektionierung der HV-Kabel notwendig. Das Anbringen eines Schrumpfschlauches oder Tapes zum Fixieren des Schirms sind nicht notwendig. (Bild: EGRO)

Sicherheit auf Lebensdauer

Der EMV-Schirmkontaktierung von Hochvoltkabeln in Elektrofahrzeugen wird aktuell beim Thema Sicherheit und Lebensdauer häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Neben der Schirmstromtragfähigkeit hat die Summe aller Belastungen im Betrieb wesentlichen Einfluss auf die Produktlebensdauer und damit auf dessen Funktion (Bild 2).

Bild 2: Die Anforderungen an die EMV-Kabelverschraubungen bei E-Nutzfahrzeugen sind hoch – von der zuverlässigen Abschirmung bis hin zur Chemikalienbeständigkeit.
Bild 2: Die Anforderungen an die EMV-Kabelverschraubungen bei E-Nutzfahrzeugen sind hoch – von der zuverlässigen Abschirmung bis hin zur Chemikalienbeständigkeit. (Bild: AGRO)

Dabei wird zu oft davon ausgegangen, dass die Erfüllung der EMV-Aufgabenstellungen eines Neufahrzeuges insbesondere bei den Bauteilen der EMV-Schirmkontaktierung die Funktion über alle Betriebsjahre und Betriebsbedingungen erhalten bleibt. Es liegt auf der Hand: EMV-Tests sind nur bei Neufahrzeugen vorgeschrieben. Wie sich die EMV-Werte des HV-Bordnetzes über die Lebensdauer verändern, bleibt ungewiss.

Bei Ausfall einer Leistungskomponente im Antriebsstrang macht sich dies im System unmittelbar mit einer Fehlfunktion bemerkbar. Bei der EMV-Schirmkontaktierung verhält sich das komplett anders.

Die Betriebssicherheit eines Fahrzeuges hat sich in solchen Fällen drastisch verändert. EMV-Störaussendungen an verletzten oder zerstörten Schirmkontaktierungen sind die Folgen. Diese Störquellen können an anderen Orten bei Störsenken, wie z.B. an Steuerleitungen oder Elektronikkomponenten EMV-Einkopplungen bewirken. Der Einfluss auf Steuersignale kann vielseitig sein und stellt ein latentes Sicherheitsrisiko dar. Neben der Sicherheitslücke verursacht die Fehlersuche bzw. das Auffinden der Störquelle sowie der Störsenke meist enorme Aufwände und Kosten. Nicht selten müssen zur Behebung weitreichende Änderungen im EMV-Schutzkonzept vorgenommen werden. Damit ist aber nicht nur das eine Fahrzeug mit den Störsymptomen betroffen, sondern meist die gesamte Flotte.

Mit der EVolution EMC lassen sich diese undefinierbaren Risiken minimieren. Es ist wirtschaftlicher, schon zu Beginn der Entwicklung hochwertige EMV-Kabeldurchführungen einzuplanen, statt aufwendige Fehlersuche zu betreiben und/oder nachträglich teure Überwachungsgeräte einzusetzen

Prozesssicherheit

Diese Arbeitsschritte werden mit dem Akku-Presswerkzeug AXI-Press Tool, einer entsprechenden Verarbeitungsspezifikation und den passenden Werkzeugeinsätzen genau in der richtigen Position ausgeführt. Die Presskraft lässt sich über eine eingebaute Kraft- bzw. Druckmesstechnik, die mit Schnittstelle und Aufzeichnungsprotokoll ausgestattet ist, überwachen und so für jede einzelne Pressung sicherstellen sowie dokumentieren.

Die EMV-Schirmkontakthülse der EVolution EMC findet am Kabelschirm und Kabelmantel einen unveränderlichen, formschlüssigen und sicheren Rundum-Halt (Bild 3). Damit wird das von außen nicht erkennbare Verrutschen einer Federkontaktierung auf dem Kabelschirm in der Kabelverschraubung zuverlässig verhindert. Die EMV-Funktion ist mit allen Leistungsmerkmalen durch das einfache Einstecken der EMV-Kontakthülse in das Unterteil der Kabelverschraubung sichergestellt. Durch diese wenigen und einfachen Arbeitsschritte ist eine wirklich prozesssichere Vorkonfektionierung von HV-Leitungen möglich.

Bild 3: Die EMV-Schirmkontakthülse der EVolution EMC findet am Kabelschirm und Kabelmantel einen unveränderlichen, formschlüssigen und sicheren Rundum-Halt.
Bild 3: Die EMV-Schirmkontakthülse der EVolution EMC findet am Kabelschirm und Kabelmantel einen unveränderlichen, formschlüssigen und sicheren Rundum-Halt. (Bild: AGRO)

Schnellere Endmontage

Auch die Endmontage am Fahrzeug stand im Fokus der Entwickler: Weil die konfektionierte EMV-Kontaktlösung einfach nur auf die exakte Position im Unterteil der EMV-KV gesteckt und die Druckmutter nach Einlegen des Dichteinsatzes auf Anschlag festgezogen wird, sind jetzt auch diese Arbeitsschritte prozesssicher. Das spart bei der Montage erheblich Zeit und damit auch Kosten. (na)

Markus Häfliger

Innovation Driver eMobility bei AGRO

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