Für anspruchsvolle HF-Designs

Digitale Filter schnell und einfach umsetzen

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Frequency Domain Filtering Diagram of Signal Processing in D Render
Wie lassen sich digitale Filter für HF-Designs einfach umsetzen? Effiziente Methoden verbessern Genauigkeit, Latenz und Datenqualität.

Digitale Filter ermöglichen eine effiziente Kontrolle von Eingangsspektren, ohne die Nachteile analoger Technik. Darum eignen sie sich unter anderem ideal für Mixed-Signal-Systeme. Der Beitrag zeigt eine einfache Methode zur schnellen Umsetzung.

Digitale und analoge Filter verfolgen prinzipiell das gleiche Ziel: Im Idealfall sollen sie bestimmte Frequenzen unverzerrt passieren lassen, während sie alle übrigen Frequenzen vollständig unterdrücken. Bei digitalen Filtern geschieht das durch das Summieren und Gewichten diskreter Signalsamples und das Ausführen der Operation über die gesamte Länge des Eingangs-Arrays. Die in Gleichung 1 wiedergegebene diskrete Implementierung wird als Finite Impulse Response (FIR)-Filter (Filter mit endlicher Impulsantwort) bezeichnet und wie folgt berechnet:

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Gleichung 1: Finite Impulse Response, FIR-Filter

Je mehr Taps (N) ein FIR-Filter besitzt, umso trennschärfer ist er, umso flacher sind seine Durchlassbereiche und umso steiler sind die Flanken seiner Kennlinie. Mit der Zahl der Taps steigt jedoch ebenfalls der Ressourcenaufwand. Jeder Tap bedeutet ein Plus an Verzögerung und Ressourcenbedarf, sodass bei hohen N-Werten mehr Zeitverzögerung und eine höhere Leistungsaufnahme entstehen. Weil es keinerlei Rückkopplung gibt, sind FIR-Filter prinzipbedingt stabil. Es besteht also nicht das Risiko, dass ein Eingangssignal ein unendlich anwachsendes Ausgangssignal erzeugt. FIR-Filter können außerdem einen linearen Phasengang haben, wodurch sie sich besonders für Hochfrequenz (HF)-Applikationen anbieten, in denen es auf das Timing und die Gruppenlaufzeit ankommt.

Um dies zu veranschaulichen, wird das Implementieren eines digitalen Filters auf einer schnellen Datenerfassungs-Plattform erklärt. Nach dem Beschreiben des Aufbaus wird auf die Verifikation der Ergebnisse eingegangen, um danach einen Blick auf die Spezifikationen des verwendeten Systems zu werfen. Hierbei wird deutlich, welche Resultate ein realer Filter nicht nur beim Filtern einzelner Töne und ihrer Oberschwingungen liefert, sondern ebenfalls beim Filtern von Mehrton-Testvektoren, die das Filterprofil über ein größeres Frequenzband verdeutlichen. Anwendungen von Infinite Impulse Response (IIR)-Filtern (Filter mit unendlicher Impulsantwort) sind dagegen nicht Thema des Artikels. Außerdem beschränkt sich der Beitrag auf Filter mit 192 Taps und einer Abtastrate von 1500 MSPS.

Embedded-Plattform als Basis

Als Plattform zur Demonstration eines realen digitalen Filters dient das Mixed-Signal Front End (MxFE) des Typs AD9082 von Analog Devices (ADI, Bild 1). Hierbei erfolgen die Verifikation der Daten und Resultate der Filterimplementierungen im Loopback-Modus der Plattform und mit einem angeschlossenen Spektrumanalysator. Für die Tests wurde das Front End mit der ADI-Entwicklungsplattform ADS9 verbunden, die zum Steuern der Analog-Digital-Konverter (ADC) und Digital-Analog-Konverter (DAC) und zum Verarbeiten der ausgegebenen Daten dient.

Bild 1: Als Plattform zur Demonstration eines realen digitalen Filters dient das Mixed-Signal Front End (MxFE) des Typs AD9082.
Bild 1: Als Plattform zur Demonstration eines realen digitalen Filters dient das Mixed-Signal Front End (MxFE) des Typs AD9082.

Zudem wurde der Vektorsignalgenerator SMW200A von Rohde & Schwarz zum Erzeugen von 5G New Radio (NR)-Testvektoren sowie von Ein- und Mehrtonvektoren benutzt, während der Rohde & Schwarz FSW zum Messen des Ausgangsspektrums des DAC herangezogen wurde (Bild 2).

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Bild 2: Schematische Darstellung des Testaufbaus: Für die Tests wurde das AD9082 mit der Entwicklungsplattform ADS9 verbunden. Der Vektorsignalgenerator SMW200A von Rohde & Schwarz dient dem Erzeugen von 5G-NR-Testvektoren, der FSW zum Messen des Ausgangsspektrums des DAC.

Der FIR-Digitalfilter-Block (PFILT) mit 192 Taps schließt sich unmittelbar an die ADC-Kerne an. Aus Gründen der Einfachheit wurden sämtliche im Artikel beschriebenen Tests mit einem durch ein massebezogenes Signal angesteuerten ADC-Kanal und allen 192 Taps durchgeführt. Die Abtastrate des Systems war sende- und empfangsseitig auf 1500 MSPS eingestellt, sodass alle aufgezeichneten Plots bis zur Nyquist-Frequenz reichen (1500 MHz/2 = 750 MHz).

Ein Vergleich zwischen den ADC-Daten und einem Spektrumanalysator-Plot der DAC-Ausgänge bei Verwenden einer internen Rückschleife zeigt, dass die Spektraldarstellung beider Signale nahezu identisch ist, wenn man von einem geringfügig abweichenden Grundrauschen absieht, das auf die Auflösungsbandbreite des Analysators zurückzuführen ist. Dieser Arbeitsschritt wurde durchgeführt, um zu bestätigen, dass die ADC-Daten im Anschluss an die PFILT-Stufe dem Ausgangssignal der Rückschleife entsprechen. Ebenfalls wurde ein 5G-NR-Testvektor verwendet, um die Genauigkeit der indirekten Rückschleife anhand eines Signals mit komplexerem Spektrum zu prüfen.

Ausgangssignal digital filtern

Die Filterkoeffizienten für die in den Ergebnissen gezeigten Profile wurden mit dem Tool Matlab Filter Designer generiert und mit einem Python-Skript ausgelesen, das die Trace-Daten aus dem Spektrumanalysator erfasst.

Aus jeder Ausgabe des Tools wurden zwei Schaubilder erstellt. Beim ersten handelt es sich um das ideale Filterprofil, das die Kennlinie des digitalen Filters erkennen lässt, wie sie mit einem FIR-Filter mit 192 Taps und Gleitkommawerten in doppelter Genauigkeit möglich ist. Weil der FIR-Filter vier Hexadezimal-Codewörter als Registereingaben entgegennimmt, entsteht beim Umwandeln in dieses Format aus den Double-Werten in Matlab eine gewisse Genauigkeitseinbuße. Die erwarteten Auswirkungen der Datentyp-Umwandlung auf die Filterkennlinie werden mit einem PFILT-Modell veranschaulicht und mit der Ausgabe von Matlab Filter Designer verglichen.

Aus Bild 3 gehen die Ergebnisse mit einem 100-MHz-Prüfton hervor, der gefiltert und an den DAC des MxFE zurückgeschleift wird. Die durch Nichtlinearitäten der ADC-Puffer hervorgerufenen Oberschwingungen wurden durch die PFILT-Stufe ausgefiltert, wodurch der störungsfreie Dynamikbereich von 55,9 dB auf 81,9 dB anwuchs, das Roll-off-Verhalten des implementierten Filters auf 60 dB ist weniger steil als beim simulierten Filter. Hierbei erwies sich die Gruppenlaufzeit im Durchlassbereich als flach mit (N-1)/2 = 95,5 Signalproben bei 192 Taps.

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Bild 3: Vergleich zwischen gefiltertem und nicht gefiltertem DAC-Ausgang.

Mit dem SMW200A wurde ein Mehrton-Testvektor erzeugt, wobei die Tonabfolge dem Profil eines Filters über einen breiten Frequenzbereich entspricht. Hierbei wurde der Leistungspegel aller Töne auf etwa -40 dBm begrenzt, um Intermodulations-Verzerrungen zu unterbinden. Dementsprechend wurde das Ausgangsspektrum des DAC mit und ohne Filter mit einem Referenzpegel von -40 dBm erstellt.

Zudem wurde im Versuch ein Vergleich für ein 200-MHz-Dauerstrichsignal bei -15 dBm erstellt. Hierbei wurde das Signal durch den digitalen Datenpfad geschickt und indirekt an die DAC-Kerne zurückgeschleift. Waren die programmierten Filter deaktiviert, wurde die Oberschwingung mit -73,88 dBm gemessen. Bei aktiver PFILT-Stufe wird dagegen nicht nur die Oberschwingung ausgefiltert, sondern ebenfalls das Grundrauschen des Datenpfads reduziert, und es zeigt sich die typische Out-of-Band-Welligkeit eines Tschebyscheff-Filters. Beim Bandpass hatte auch die Gruppenlaufzeit im Durchlassbereich einen flachen Verlauf (Tabelle 1).

Tabelle 1: Kenndaten des mit Matlab generierten Bandpass-FIR-Filters.
Tabelle 1: Kenndaten des mit Matlab generierten Bandpass-FIR-Filters.

Bild 4 schließlich gibt die Resultate mit einem Bandpassfilter an den DAC-Ausgängen bei Verwenden desselben Mehrton-Testvektors wieder. Im Durchlassbereich erhöht sich das Grundrauschen um 4,2 dB, während sich das Grundrauschen im Sperrbereich um 2 bis 3 dB reduziert – im Anschluss an die für einen Tschebyscheff-Filter typische Out-of-Band-Welligkeit.

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Bild 4: Mehrton-Testvektor am DAC-Ausgang des MxFE mit und ohne Filterung im Vergleich mit einer Matlab-generierten Filtermaske. Der Referenzpegel beträgt -40 dBm.

Nachweislich geringe Latenz

Die Latenz durch die Loopback-Konfiguration wurde mit einem Hardware-Setup unter Verwenden zweier Koaxialkabel identischer Länge gemessen, hierbei betrug die gemessene Gesamtlatenz 500 ns.

Tabelle 2: Berechnung der DAC-Latenz für die gegebene Testkonfiguration.
Tabelle 2: Berechnung der DAC-Latenz für die gegebene Testkonfiguration.

Aus den Tabellen 2 und 3 geht die erwartete Latenz für die Konfiguration hervor, in der der AD9082 eingesetzt wurde. Die Summe der ADC- und der DAC-Werte ergibt die Spanne zwischen Minimal- und Maximalwert, der Wert von 500 ns fällt in diesen Bereich.

Tabelle 3: Berechnung der ADC-Latenz für die gegebene Testkonfiguration.
Tabelle 3: Berechnung der ADC-Latenz für die gegebene Testkonfiguration.

Wenn es gelingt, die Signallaufzeit in drahtlosen Systemen unter 1 µs zu halten, reicht das aus, um für vernachlässigbar geringe Auswirkungen auf die gesamte Netzwerklatenz zu sorgen und die Kohärenz zwischen den Kommunikationspartnern zu wahren. Unternehmen können das für die Synchronisation von 802.11 b/g, 4G LTE und sogar für 5G-NR-Mobiltelefonie nutzen. Somit stellt der Nachweis einer Latenz von 500 ns sicher, dass sich das System selbst mit der aus einem digitalen Filter resultierenden Verzögerung als Funkempfänger-Plattform eignet.

HF-Signalketten übernehmen die nötige analoge Verarbeitung zum Umwandeln des ursprünglichen Signals in Bits. Hardwarebedingte Eigenheiten wie parasitäre Effekte und Nichtlinearitäten der Leistungsverstärker sowie Auswirkungen der drahtlosen Übertragung, zum Beispiel Mehrwegempfang und Schwund, beeinträchtigen jedoch die Signalqualität und bewirken, dass die Signalkette eine nicht-ideale Übertragungsfunktion aufweist. Somit ist die Kompensation von Dämpfungen und Spektralverlusten wichtig, um Daten möglichst genau und zuverlässig auszugeben. Das MxFE AD9082 von Analog Devices mit seinen programmierbaren Filterfunktionen erlaubt ein einfaches Entwerfen und Implementieren sinnvoller Filterprofile mit hoher Trennschärfe und für weite Frequenzbereiche. (ts)

Mitchell Sternberg

System Applications Engineer bei Analog Devices

Mitchell Sternberg, Analog Devices