Fahrplan für KI-Gigafactories

KI-Gigafactories: Europas Industrie präsentiert Konzept

Ein Zusammenschluss führender Technologieunternehmen hat in Brüssel ein Konzept zur Entwicklung europäischer KI-Gigafactories vorgestellt. Ziel ist der Aufbau einer energieeffizienten, souveränen Infrastruktur auf Basis vorhandener Kompetenzen.

Teilnehmende des ersten „EU AI Chips Breakfast“ am 17. November 2025 in Brüssel: Vertreter führender Unternehmen aus Halbleiter-, Cloud- und KI-Branche sowie politische Entscheidungsträger diskutierten industriepolitische Weichenstellungen für europäische KI-Gigafactories.

Europa verfügt bereits heute über alle nötigen technologischen Bausteine, um eigene KI-Gigafactories aufzubauen. Das machte ein breites Industriekonsortium am 17. November 2025 bei einem Treffen mit der EU-Kommission und Mitgliedern des Europäischen Parlaments deutlich. Vertreter führender Halbleiter-, Cloud- und KI-Unternehmen legten ein gemeinsames industriepolitisches Konzept vor, das europäische Technologien, Lieferketten und Energieeffizienz stärker in künftigen EU-Ausschreibungen verankern soll.

Leistungsorientierte Kriterien und europäische Wertschöpfung

Im Zentrum der Vorschläge steht der Ruf nach Ausschreibungen, die sich stärker an messbarer Energieeffizienz, offener Systemarchitektur und europäischer Wertschöpfung orientieren. Die Unternehmen argumentieren, dass Europa nur dann eine souveräne und nachhaltige KI-Infrastruktur aufbauen kann, wenn technologisch offene Lösungen ohne Vendor-Lock-in bevorzugt werden. Die vorgestellten Maßnahmen stehen im Einklang mit der Apply-AI-Strategie, dem Chips Act 2.0 und dem Green Deal Industrial Plan.

SpiNNcloud-CEO Hector Gonzalez betonte, Europa müsse seine vorhandenen Kompetenzen aktiv in Ausschreibungen widerspiegeln. Sein Unternehmen liefere schon heute leistungsstarke und energieeffiziente Server-Systeme für anspruchsvolle KI-Workloads, die den Bedarf kommender Gigafactories demonstrieren.

Europäische Technologie ist weiter als gedacht

Auch wenn Europa Chips unterhalb von fünf Nanometern derzeit nicht fertigen kann, verfügt die Industrie über zentrale Fähigkeiten, die sich in den kommenden drei bis fünf Jahren gezielt skalieren lassen. Dazu gehören fortgeschrittene Packaging- und Integrationsverfahren, energieeffiziente Prozessor- und Beschleunigerarchitekturen, neuromorphe Konzepte sowie moderne Leistungselektronik. Zusammen mit sicheren Cloud- und Edge-Infrastrukturen entsteht bereits heute ein technologisches Fundament, das sich für den Aufbau einer europäischen KI-Industriebasis nutzen lässt.

Mehrere Unternehmen untermauerten die europäische Stärke mit marktreifen Produkten. VSORA verweist auf hocheffiziente Inference-Siliziumlösungen, Novarion auf seine Systeme für eine souveräne europäische KI-Stack. Q.ANT präsentierte einen photonischen KI-Beschleuniger, der bis zu 50-fach höhere Leistung bei deutlich reduziertem Energiebedarf liefert und bereits in Supercomputing-Umgebungen im Einsatz ist. Semidynamics arbeitet an vollständigen Rack-Systemen für KI-Inferenzen, während Vertical Compute seine vertikal integrierte Speichertechnologie über EU-Pilotlinien industrialisiert. Openchip bereitet zudem eine Software vor, die ab 2026 den Betrieb von KI-Gigafactories und Rechenzentren steuern soll.

Zeitfenster eröffnet industriepolitische Chance

Da Planung und Bau der KI-Gigafactories mindestens drei bis sechs Jahre in Anspruch nehmen dürften, sehen die Unternehmen ein strategisches Zeitfenster. Europäische Anbieter könnten ihre Technologien in diesem Zeitraum in industriellen Maßstab überführen, sodass die entstehende Infrastruktur sowohl energieeffizient als auch souverän ausgelegt wird. Gleichzeitig würde Europa seine Position in der globalen Wertschöpfungskette stärken.

Breite Unterstützung aus Politik und Industrie

Das Treffen endete mit einer klaren Signalwirkung: Brüssel bewertet die industriellen Vorschläge positiv, und sowohl Kommission als auch Parlament wollen den Dialog fortsetzen. Alle beteiligten Unternehmen betonten, dass Europas Fähigkeiten oft unterschätzt werden und dass ein koordinierter Ansatz entscheidend ist, um diese Stärken in der kommenden KI-Gigafactory-Initiative wirksam einzubringen.