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Immer größere Anwendungen, beispielsweise Elektrofahrzeuge (EV), benötigen größere Speichersysteme, die einerseits einen enormen Energieinhalt haben und andererseits auch in der Lage sind, große Leistungen abzugeben. In allen Unternehmen, die Lithium-Ionen-Batterien testen, hat die Sicherheit im Labor höchste Priorität, vor allem der Personenschutz. Zudem steigt mit zunehmender Speichergröße die potenzielle Gefahr beim Betrieb und beim Testen von Lithium-Ionen-Akkus. Darüber hinaus soll der Schutz des Gebäudes und der Laboreinrichtungen sichergestellt sein. Zur Erprobung ihrer Zuverlässigkeit durchlaufen die Lithium-Ionen-Akkus Tests zur thermischen und elektrischen Charakterisierung sowie Tests im Bereich der Umweltsimulation. Diese Tests werden in der Regel in Temperaturwechselprüfschränken durchgeführt.

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Vötsch/Weiss

Erhöhte Temperaturen sowie Überlastzustände oder Beschädigungen bedeuten für die Akkus eine außergewöhnliche Belastung und können, wenn alle internen und externen Sicherheitseinrichtungen an der Batterie versagen, zu einem Thermal Runaway der Lithium-Ionen-Batterie führen. Der Begriff „Thermal Runaway“, oder auch „thermisches Durchgehen“, bezeichnet die Überhitzung eines Energiespeichers aufgrund eines sich selbst verstärkenden Erhitzungsprozesses. Ein „Durchgehen“ bewirkt in der Regel die Zerstörung des Akkus. Um die Laborsicherheit während eines Thermal Runaways in einem Prüfschrankmodul zu untersuchen, wurde ein solches Ereignis durch einen externen Kurzschluss an der Batterie erzwungen.

Ziel und Aufbau des Tests

Mit dem Test sollte überprüft werden, ob sich das aktuelle Prüfschrankmodul eines 1000 l umfassenden Temperaturwechselprüfschrankes mit seinen vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen für den Personen- und Objektschutz eignet. Ziel waren Erkenntnisse über das Batterieverhalten und die Auswirkung auf das Prüfschrankmodul, dessen Sicherheitseinrichtungen und das Gebäude.

Bild 2: Seitenansicht mit Rauchgasabsaugung.

Bild 2: Seitenansicht mit Rauchgasabsaugung.Vötsch/Weiss

Außerdem war zu klären, welche Temperaturen und Druckverhältnisse sich während des Versuchs im Prüfraummodul erreichen ließen und ob diese das Prüfraummodul beschädigen und somit Gase oder ein Brand in das Gebäude dringen könnten. Der Test wurde in einem Brandhaus mit dementsprechenden Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt (Bild 1 bis 3).

Gegenstand der Untersuchung war ein 1000 l großes Prüfschrankmodul eines „VT³ 7100″ von Vötsch Industrietechnik. Im Prüfschrankmodul wurden zwei EV-Lithium-Ionen-Batterien mit einer Gesamtenergie von insgesamt 29 kWh platziert. Alle Sicherheitseinrichtungen an den Batterien wurden für diesen Test außer Kraft gesetzt, außerdem waren sie voll aufgeladen. Der Gehäusedeckel der Batterien wurde bewusst entfernt, da davon auszugehen war, dass eine direkte Freisetzung der Gase eine größere Reaktion hervorrufen würde, als ein geschlossenes Gehäuse mit Druckausgleichsöffnung. Dies sollte ein möglichst großes Gefahrenspektrum aufzeigen.

Mit Sicherheit bis zum Thermal Runaway

Das Prüfschrankmodul war mit folgenden Sicherheitseinrichtungen ausgestattet: Eine Druckausgleichsklappe im Deckenbereich, eine spezielle Türzuhaltung, CO-Messgerät und eine CO2-Flutungseinrichtung (Bild 1). Durch ein Messdatensystem wurden während des Tests die Spannungen und Ströme der Batterien erfasst. Ebenso wurden die Temperaturen und Druckverhältnisse im Prüfschrankmodul aufgezeichnet. Der Test wurde mit einer Videokamera dokumentiert (Bild 3).

Bild 3: Frontansicht des Brandraums.

Bild 3: Frontansicht des Brandraums.Vötsch/Weiss

Über eine externe Kurzschlusseinrichtung war es möglich, die Batterien außerhalb des Prüfschrankmoduls und des gemauerten Bereichs kurzzuschließen. Der gemauerte Bereich war mit einer Rauchgasabsaugung mit Filtereinrichtung (Bild 2) versehen.

Die Temperatur im Prüfschrankmodul wurde so lange auf +65 °C erhitzt, bis auch die Li-Ionen-Batterien diese Temperatur erreicht hatten. Um den gewünschten Thermal Runaway durch einen externen Kurzschluss zu erzeugen, waren jedoch einige Versuche notwendig. Bei einem Versuch schmolz das externe Kurzschlusskabel, bei einem anderen schmolzen die internen Verbindungen zwischen den Zellen durch die hohen Kurzschlussströme. In beiden Fällen kam es zu keinem Thermal Runaway. Als alle Rahmenbedingungen erfüllt waren, wurde der gewollte Thermal Runaway durch einen externen Kurzschluss an einer der beiden Batterien ausgelöst.

Kiloampere beherrschen

Unmittelbar nach dem externen Kurzschluss entstand ein sehr hoher Kurzschlussstrom im Kiloamperebereich. Dieser stand nur kurze Zeit an (Bild 4, oben). Im gleichen Zeitraum wurde eine große Gasmenge schlagartig freigesetzt. Danach wurden viele kleinere Gasmengen über einen langen Zeitraum in die Umgebung abgegeben (Bild 4, Mitte). Es kam zu einem Brand an den Akkus und in der Folge zu einem sehr schnellen Temperaturanstieg im Prüfschrankmodul.

Bild 4: Graphik zum Kurzschlussstrom: Freigesetzte Gasmenge und Temperaturverlauf im Prüfschrankmodul über die Zeit dargestellt.

Bild 4: Graphik zum Kurzschlussstrom: Freigesetzte Gasmenge und Temperaturverlauf im Prüfschrankmodul über die Zeit dargestellt.Vötsch/Weiss

Als die CO-Messeinrichtung eine Gaskonzentration von 1000 ppm im Prüfschrankmodul gemessen hatte, wurde eine CO2-Flutung eingeleitet. Diese hat nicht zur dauerhaften Löschung des Brandes geführt, sondern nur zu einem kurzen Einbruch des Temperaturanstiegs. Anschließend stieg die Lufttemperatur im Prüfschrankmodul auf bis zu +600 °C und es kam zu einem lang anhaltenden Ausbrennen der Batterie (Bild 4, unten).

Ergebnisse und Erkenntnisse

Das Prüfschrankmodul hielt den Belastungen durch den Druck und der Temperatur stand. Durch die heftige Startreaktion in mehreren Zellen wurden anschließend weitere Zellen als Folgereaktionen nacheinander aktiviert, obwohl kein Stromfluss mehr gegeben war. Die weiteren Reaktionen erfolgten alleine durch den hohen Temperaturübertrag von Zelle zu Zelle. Die durch den Batterie­brand entstandenen Rauchgase leitete das System durch die Druckentlastungsklappe, die Rauchgasabsaugung und die Filtereinrichtung gezielt ins Freie. Da der Versuch in einem abgeschlossenen Prüfschrankmodul stattfand, gelangte kein Sauerstoff von außen in den Schrank, so dass ein lang anhaltender Schwelbrand entstand.

Bild 5: Kontaminiertes Prüfraum-Modul nach dem Test.

Bild 5: Kontaminiertes Prüfraum-Modul nach dem Test.Vötsch/Weiss

Die hohen Temperaturen und der Druck beschädigten das Prüfschrankmodul nur gering. Flammen konnten das Prüfschrankmodul nicht verlassen, während die Druckausgleichsklappe und die Rauchgasabsaugung gezielt die Gase ins Freie leiteten, in geringen Mengen konnten sie allerdings im Bereich der Prüfraumtür entweichen. Das Prüfschrankmodul selbst wurde durch die hohen Temperaturen nur an der inneren Türdichtung angegriffen, welche ihre Flexibilität verlor und hart wurde. Die äußere Türdichtung wurde hingegen nicht angegriffen, und auch die Befürchtung, dass der Prüfraumboden schmelzen könnte, bewahrheitete sich nicht. Für die Gebäudetechnik hat sich gezeigt, dass über einen längeren Zeitraum die korrosiven und giftigen Gase, die aus dem Prüfraum abgeleitet werden, auch aus dem Gebäude abgeführt werden müssen. Bild 5 zeigt das Prüfraummodul mit Brandrückstandsablagerungen. Auf der Druckausgleichsklappe kam es zur Ablagerung von Brandrückständen, was allerdings die Funktion nicht einschränkte.

Weitere Sicherheitseinrichtungen

Da Möglichkeiten vorhanden sind, durch Sicherheitseinrichtungen im Batteriemanagement und Batterietestsystem sowie durch Temperaturfühler oder Gasmessgeräte die Gefahr eines Thermal Runaways bereits im Vorfeld zu erkennen, kann auch früher in den Prozess eingegriffen werden. Durch die Benutzung von Grenzwerten des Batterietestsystems wie obere und untere Spannungsgrenzen, Maximal- und Minimaltemperaturen sowie Maximal- und Minimalstrom lassen sich Informationen aus der Batterie für einen sicheren Betrieb nutzen.

Über eine Gasmessung ist es möglich, langsam austretendes Gas im Prüfraum frühzeitig zu detektieren. Weiterhin kann eine Inertisierung und Kühlung des Prüfraums durch CO2 oder LN2 erfolgen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dem Prüfraum durch eine ständige N2-Flutung Sauerstoff zu entziehen, um so die Zündung durch elektrische Funken zu verhindern oder eine heftige Startreaktion beim Thermal Runaway zu mindern.

Auf einen Blick

Batteriecheck nur mit angepassten Prüfschränken

Der Test hat deutlich gezeigt, dass Temperaturprüfschränke ab der Einstufung Hazard Level 4 nach der European Council for Automotive R&D (EUCAR), mit einem angemessen dimensionierten Druckausgleich und einer sicheren Türzuhaltung ausgestattet sein müssen.

Erik Frank

ist als Branchenmanager für den Bereich Battery Testing and Fuel Cell sowie Renewable Energies innerhalb der Weiss Group verantwortlich.

(mrc/av)

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