Thermische Grenzen elektronischer Systeme

Hochleistungskühlkörper sichern Systemstabilität

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The aluminum heat sink parts in the light blue scene.
Wie schützen Hochleistungskühlkörper empfindliche Bauteile vor Überhitzung? Effiziente Entwärmung bei hoher Leistungsdichte.

Die steigende Leistungsdichte heutiger Elektronik erfordert präzise Temperaturkontrolle. Hochleistungskühlkörper leisten dabei einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität, Effizienz und Lebensdauer elektronischer Systeme in anspruchsvollen Anwendungen.

Die Wärmeentwicklung und der auf die Bauteile ausgeübte Temperaturstress, beeinflusst im Betrieb maßgeblich deren Lebensdauer. Auftretende Verluste werden bekanntermaßen hauptsächlich in Wärme umgewandelt bzw. abgestrahlt. Effiziente Methoden für die Entwärmung von Leistungshalbleitern sind mehr denn je gefragt und gefordert, um den vom Hersteller vorgegebenen Bauteiltemperaturen gerecht zu werden. Die hohe Integration der heutigen Leistungshalbleiter und die damit steigende thermische Leistungsdichte und Belastung, macht die Verwendung von zusätzlichen Entwärmungskonzepten unumgänglich. Fehlfunktionen oder gar eine Zerstörung des Bauteils, sind die hieraus resultierende Konsequenz.

Geeignete, effiziente Entwärmungskonzepte, per Luft oder Wasserkühlung, sind speziell in der Leistungselektronik bei großen Wärmemengen und zeitabhängigen Temperaturbelastungen angeraten. Anwendungen die im Wesentlichen mit der Steuerung, Umformung oder dem Schalten von elektrischer Energie zu tun haben, werden dem Begriff Leistungselektronik zugeordnet. Die heutige Leistungselektronik ist ein Teilgebiet der Elektrotechnik und findet ihren Ursprung im Jahre 1902 mit der Entwicklung des ersten Gleichrichters. Leistungselektronik beginnt bereits mit einigen Milliampere und wenigen Volt, kann aber auch bis zu einigen Kiloampere und -volt reichen. Letztendlich steht bei der Umformung der Ströme und Spannungen immer der Wirkungsgrad der elektronischen Komponenten im Vordergrund. Vielzählige Anwendungsfälle finden sich z. B. in dem Bereich der elektrischen Antriebstechnik als Umrichter oder Frequenzumrichter, Wechselrichter und Umrichter für Windkraftanlagen sowie Solarmodulen, aber auch in Schaltnetzteilen und Leistungstransformatoren, wieder. Effektive Entwärmungskomponenten, für unterschiedliche Bauteilgrößen und Leistungsklassen, in Form von passiven, aktiven oder flüssigkeitsgekühlten Lösungen aus dem Hause Fischer Elektronik, schaffen Abhilfe und sind in puncto Lebensdauerverlängerung sinnvoll einzusetzen.

Leistungsstark und leise

Strangkühlkörper aus Aluminium (Bild 1) werden im Extrusionsverfahren hergestellt und sind eine der meist verwendeten Entwärmungsmethoden überhaupt. „Klassische“ Strangkühlkörper funktionieren für etliche Entwärmungsaufgaben sehr gut und effizient, sind allerdings aufgrund ihrer Wärmekapazität in puncto Wärmeableitung begrenzt. Besonders für die Wärmeaufnahme und -abfuhr größerer Wärmemengen, welche u.a. bei Leistungshalbleitern entstehen, ist die Oberfläche des Kühlköpers nicht ausreichend, um die Wärmemenge in der Gesamtheit aufzunehmen und an die Umgebung abzugeben.

Bild 1: Perfekt auf die Applikation angepasste Strangkühlkörper für die freie Konvektion resultieren oftmals aus umfangreichen mechanischen Anpassungen.
Bild 1: Perfekt auf die Applikation angepasste Strangkühlkörper für die freie Konvektion resultieren oftmals aus umfangreichen mechanischen Anpassungen.

Die sogenannten Hochleistungskühlkörper sind speziell für die freie, aber auch erzwungene Konvektion, entwickelt und ausgelegt worden (Bild 2). Aus dem Hause Fischer Elektronik stehen den Anwendern 650 verschiedenartige Strangpressprofile zur Verfügung, wobei die Produktgruppe der Hochleistungskühlkörper die leistungsfähigsten Ausführungen darstellen. Hochleistungskühlkörper können ähnlich wie bei einem Baukastensystem, wahlweise mit einer Voll- oder Hohlrippe ausgestattet werden und funktionieren deshalb bei beiden Konvektionsarten. Der eigentliche Aufbau dieser Kühlkörperausführungen ist recht komplex, die Herstellung aufgrund der geometrischen Abmessungen nicht einfach, dafür sind aber die verschiedenartigen Typen äußerst effizient einzusetzen. Hochleistungskühlkörper werden sehr gerne zur Entwärmung von Leistungshalbleitern verwendet, sind aber nicht nur im Bereich der Leistungselektronik vorzufinden.

Bild 2: Hochleistungskühlkörper unterstützen je nach Applikation die freie oder erzwungene Konvektion durch das Verpressen unterschiedlicher Rippengeometrien.
Bild 2: Hochleistungskühlkörper unterstützen je nach Applikation die freie oder erzwungene Konvektion durch das Verpressen unterschiedlicher Rippengeometrien.

Leider sind Hochleistungskühlkörper mit einer Vollrippe nur bis zu einer Breits von 500mm in einem Stück als Strangpressprofil herzustellen, hingegen Hochleistungskühlkörper mit einer Hohlrippe (Bild 3) gar nicht im Strangpressverfahren umzusetzen sind. Daher bedarf es zur Realisierung unterschiedliche Herstellungsverfahren. Hochleistungskühlkörper mit einer Vollrippe können auf zwei unterschiedliche Weisen hergestellt werden. Wie bereits erwähnt liegt die max. Kühlkörperbreite als Strangpressprofil in einem Stück bei 500mm. Die Herstellung größerer Kühlkörperbreiten wird mit Hilfe eines Reibrührschweißverfahrens, dem sogenannten FSW (Friction-Stir-Welding) erreicht. Hierzu werden die jeweiligen Kühlkörper in kleineren Breiten komplett aus einem Stück im Strangpressverfahren hergestellt und im Anschluss nach der Abkühlung miteinander verschweißt.

Beim FSW werden die zu verschweißenden Kühlkörper nur mit deren Eigenmasse plastisch unverlierbar und homogen miteinander verbunden. Eine weitere Umsetzung von Hochleistungskühlkörpern, ausgestattet mit einer Voll- oder Hohlrippe, ist durch eine 2-teilige Lösung gegeben. Hierzu wird ein U-förmiges Grundprofil, ohne jegliche Rippen, im Strangpressverfahren hergestellt, welches als Besonderheit in der Innenseite des Basisprofils eine speziell entwickelte Einpressgeometrie besitzt. Je nach gewünschtem Aufbau, werden in einem zweiten Arbeitsgang verschiedenartige Voll- oder Hohlrippen, welche auf der Rippenunterseite das Gegenstück zur Einpressgeometrie enthalten, unverlierbar und formschlüssig in dem Basisprofil verpresst. Die unterschiedlichen zu verpressenden Rippenkonturen werden gleichfalls im Strangpressverfahren hergestellt und bestehen, wie das Basisprofil, aus einer hochwärmeleitfähigen Aluminiumlegierung.

Bild 3: Hochleistungskühlkörper mit eingepressten Hohlrippen unterstützen die forcierte Konvektion und liefern vielzählige Entwärmungsmöglichkeiten zur Bauteilentwärmung.
Bild 3: Hochleistungskühlkörper mit eingepressten Hohlrippen unterstützen die forcierte Konvektion und liefern vielzählige Entwärmungsmöglichkeiten zur Bauteilentwärmung.

Die Montage der zu entwärmenden Bauteile auf einem Hochleistungskühlkörper, erfolgt auf deren materialstarken Bodenplatte. Die Halbleitermontageflächen des jeweiligen Kühlkörpers sind je nach Ausführung 15 bis 20mm dick, bieten dem Anwender genügend Spielraum für eine sichere und feste Bauteilmontage mit vernünftigen, nach der Bauteilspezifikation vorgegebenen Drehmomenten. Zusätzlich führt der massive Kühlkörperboden zu einer deutlich besseren Wärmeverteilung innerhalb des gesamten Kühlkörpers. Darüber hinaus und ebenfalls wärmetechnisch wertvoll, besitzen die eingepressten Kühlrippen eine gewellte Oberflächenkannelierung, wodurch zum einen die Oberfläche vergrößert wird, zum anderen ein deutlich besserer Wärmeübergangswiderstand bei der Wärmeabstrahlung von den Rippen an die Umgebungsluft erzielt wird.

Herstellungstoleranzen sind auszugleichen

Die auf einem Hochleistungskühlkörper geplante Montage der Halbleiterbauelemente, erfordert im Vorfeld eine genaue Analyse der Oberflächenbeschaffenheit sowie eine genaue Betrachtung der herstellungsbedingten Toleranzen. Herstellungsbedingte Toleranzen sind unvermeidbar und obliegen gewissen DIN-Normen in denen die zulässigen Abweichungen, je nach Kühlkörpergröße, beschrieben werden. Als Grundsatz gilt es festzuhalten, dass je größer ein Kühlkörper von den Abmessungen herausfällt, desto schwieriger ist dieser in der Herstellung und desto größer fallen die zu erwartenden Abweichungen zur SOLL-Geometrie aus. Bei der Montage von Hochleistungsmodulen, wie z.B. IGBT oder SSR, auf einem Hochleistungskühlkörper, erschweren besonders die Durchbiegungen der Kühlkörperprofile in Querrichtung sowie deren Torsion in Längsrichtung, eine wärmetechnisch optimale Kontaktierung.

Fungiert der Kühlkörper gleichzeitig als Einbauelement in Verbindung mit anderen mechanischen Komponenten, so müssen ebenso die Maßabweichungen der Kühlkörpergeometrie hinsichtlich der Winkelabweichung und Planparallelität eine Beachtung finden. Die genaue Betrachtung und Berücksichtigung der entstehenden Toleranzfelder ist enorm wichtig für eine fachgerechte Bauteilmontage auf dem Hochleistungskühlkörper. Ein Vergleich der Kühlkörperabmessungen zu den in der DIN-Norm genannten zulässigen Toleranzen für die SOLL-Geometrie sowie den in den Datenblättern der Bauteile spezifizierten Montagebereiche, verdeutlich relativ verständlich, dass ohne eine mechanische Nacharbeit die empfohlenen Parameter nicht zu erreichen sind. Halbleitermontageflächen mit besonderer Güte sowie Qualität in Hinblick auf Eben- und Rauheit für eine fachgerechte Bauteilmontage, sind mit einem innovativen Maschinenpark und angepasster Fräswerkzeuge gut zu erreichen und umzusetzen.

Luft für mehr Leistung

Hochleistungskühlkörper in Verbindung mit der freien Konvektion, gelangen ab einem gewissen Leistungs- bzw. Wärmebereich ebenfalls an ihre thermischen Grenzen, weshalb für die Wärmeabfuhr größerer Verlustleistungen zwingend eine Performancesteigerung notwendig ist. Luftunterstützte Systeme, wie die sogenannten Lüfteraggregate (Bild 4), liefern eine deutliche Steigerung in puncto Wärmeabfuhr. Der Aufbau der verschiedenartigen Lüfteraggregate setzt sich aus angepassten Aluminiumbasisprofilen und zusätzlich adaptierten Lüftermotoren zusammen. Die sehr effektiven Lüfteraggregate basieren auf dem Wirkprinzip der forcierten Konvektion, d. h. durch die davor gestalteten Lüftermotoren wird eine starke Luftbewegung in gerichteter Form durch die innenliegende Wärmetauschstruktur geleitet. Die innenliegende Wärmetauschstruktur der Lüfteraggregate besteht meistens aus Hohlrippen, die in ihrem Aufbau und ihrer Geometrie, jeweils auf die entsprechenden Lüftermotoren und deren Leistungsdaten, wie Luftgeschwindigkeit und -volumen, abgestimmt sind.

Bild 4: Hohe Verlustleistungen sicher abführen mittels verschiedenartiger Lüfteraggregate bestehend aus einem Aluminiumbasisprofil in Verbindung mit leistungsstarken Lüftermotoren.
Bild 4: Hohe Verlustleistungen sicher abführen mittels verschiedenartiger Lüfteraggregate bestehend aus einem Aluminiumbasisprofil in Verbindung mit leistungsstarken Lüftermotoren.

Die oftmals in der Wärmetauschstruktur verwendeten Hohlrippen, sind ähnlich wie bei den Hochleistungskühlkörpern oberflächenkanneliert. In Vergleich zu einer normalen glatten Oberflächenstruktur in Verbindung mit einer Luftströmung, wird hierdurch eine vergrößerte Oberfläche zur Wärmeaufnahme erreicht, gleichzeitig aber auch eine mehr turbulente Luftströmung verursacht. Die bei einfachen Glattrippen zu erzielenden Wärmeübergänge zur durchströmenden Luft sind relativ gering und die sich einstellende laminare Luftströmung ist zur Wärmeabfuhr nicht ausreichend. Eine stärkere Luftturbulenz im inneren der Wärmetauschstruktur verbessert deutlich den Wärmeübergang von den Rippen zur vorbeiströmenden Luft, was in Summe zu einer besseren Wärmeabfuhr führt. Einseitige oder doppelseitige Halbleitermontageflächen für die zu entwärmenden elektronischen Komponenten, ermöglichen eine solide Befestigung und sorgen darüber hinaus für eine gute Wärmespreizung im Gesamtkonstrukt Lüfteraggregat. Die unterschiedlichen Ausführungen der Lüfteraggregate sind in der Praxis vielfach erprobt und etabliert, liefern insofern nicht nur in der Leistungselektronik äußerst effiziente Möglichkeiten der Bauteilentwärmung. (na)

Jürgen Harpain

Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik