Conrad Marketplace Kunden Elektronikhersteller Elektronik B2B

Aus Wernberg in die Welt: Im Durchschnitt verlassen pro Tag 50.000 Pakete das Conrad Logistikzentrum. (Bild: Conrad)

Ende April hat Conrad angekündigt, einen Großteil seiner B2C-Filialen zu schließen. Können Sie konkretisieren, warum sich Conrad für diesen Schritt entschieden hat?

Bereits seit geraumer Zeit ist zu beobachten, dass gerade Privatkund*innen ihren Bedarf weniger im stationären Handel decken und stattdessen vermehrt online einkaufen. Dieser Trend hat sich durch Corona in den vergangenen zwei Jahren noch einmal deutlich beschleunigt. Ein Teil des Erfolgs von Conrad Electronic besteht seit Generationen darin, das Ohr nah bei den Kund*innen zu haben und ihren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend zu handeln. Bis auf die Filiale in Wernberg-Köblitz werden wir deshalb unsere B2C-Filialen nicht weiter betreiben und im Lauf des Jahres schließen. Privat*kundinnen haben jedoch nach wie vor die Möglichkeit, online auf conrad.de zu bestellen. Die aktuelle Entwicklung im Privatkundenbereich bestätigt uns in unserer bereits vor Jahren erfolgten Strategieänderung und der damit verbundenen Entwicklung zu einer der führenden B2B-Beschaffungsplattformen für technischen Bedarf.

Inwiefern unterscheidet sich das B2B-Filialkonzept?

Trotz aller Möglichkeiten, die uns Digitalisierung und Automatisierung bietet, sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass gerade im B2B-Bereich der stationäre Handel als Verlängerung des Online-Modells sinnvoll und wichtig ist. Ich denke dabei zum Beispiel an die sofortige Verfügbarkeit des Produkts oder die Möglichkeit, neue Technologien und kostenintensive Technik vor Ort auszuprobieren. Im Frühsommer 2020 haben wir deshalb in Hürth bei Köln unseren ersten Conrad Profistore eröffnet und sind derzeit auf der Suche nach weiteren Standorten.

Wodurch zeichnet sich das Angebot im Conrad Profistore aus?

In diesem speziell auf die Bedürfnisse von Geschäftskunden ausgerichteten Shop bieten wir beispielsweise eine kleine Teststation für Industriedrohnen. Denn Fakt ist: Wer 10.000 Euro für ein technisches Produkt bezahlt, möchte verständlicherweise vorher einen Testflug absolvieren und sich von Qualität und Funktionalität des Geräts überzeugen. Insbesondere Geschäftskunden aus den Bereichen MRO und Handwerk nutzen das Angebot unserer B2B-Filiale.

Dementsprechend bieten wir unseren Geschäftskunden dort nicht nur ein speziell auf sie zugeschnittenes Spektrum an Qualitätsprodukten, sondern auch flexible 24/7-Abholung und gleichermaßen schnelle wie flexible Lieferoptionen inklusive Lieferservice dringend benötigter Teile auf die Baustelle, wenn die Zeit knapp oder Not am Mann ist. Auch das Team unserer Geschäftskunden-Betreuung kommt auf Wunsch für eine individuelle Fachberatung direkt in den Betrieb unserer Kund*innen. Mit dem neuen Conrad Profistore erweitern wir also die Möglichkeiten unserer Sourcing Platform um ein passgenaues Offline-Angebot für unsere Geschäftskunden.

Im Mai konnte fünf Jahre Conrad Marketplace gefeiert werden, der heute integraler Bestandteil der Conrad Sourcing Platform ist. Wie entwickelt sich die Plattform?

Bereits 1998 hat Conrad Electronic das Geschäftsfeld Conrad Business Supplies offiziell gegründet, um verstärkt Geschäftskunden anzusprechen. Wir haben den B2B-Markt also schon seit geraumer Zeit im Blick – begleitet von einer dynamisch fortschreitenden Digitalisierung unseres Geschäftsmodells. Der Start des Conrad Marketplace für Geschäftskunden im Jahr 2017 war ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg. Vor der Einführung hatten wir auf conrad.de rund 800.000 Artikel online. Fünf Jahre später sind wir bereits bei über 7 Millionen Produktangeboten von mehr als 650 Herstellern und Distributoren, die ihre Ware über unseren Marktplatz vertreiben. Der offizielle Launch der Conrad Sourcing Platform ist im Jahr 2020 erfolgt und mittlerweile profitieren über 2,3 Millionen B2B-Kunden in ganz Deutschland von unserem umfassenden Angebot, das wir dynamisch ausbauen.

Ralf Bühler Conrad Distribution
(Bild: Conrad)

Ralf Bühler leitet seit 1. Januar 2021 als CEO die Geschicke von Conrad Electronic. Vorrangiges Ziel des ausgewiesenen B2B-Experten ist der konsequente Ausbau der Conrad Sourcing Platform zu Europas führender Beschaffungsplattform für technischen Bedarf. Seit 1923 steht das Familienunternehmen für Technik und Elektronik, bietet heute bequemes One-Stop-Shopping mit klarem Fokus auf Geschäftskunden und ist in 17 Ländern Europas am Markt vertreten.

Es geht also in erster Linie um ein möglichst breit gefächertes Sortiment?

Natürlich wollen wir unseren Geschäftskunden eine große Auswahl für die Deckung des technischen Bedarfs und reibungsloses One-Stop-Shopping bieten – aber eben nicht nur. Wir wollen auch als Problemlöser fungieren und mit dem Faktor Mensch punkten. Persönliche Betreuung unserer Geschäftskunden im Key Account Management und Inside Sales sowie technische Kundenberatung gehören ebenso dazu wie ein umfassendes Service-Angebote im Bereich Beschaffung (Termin- und Abrufaufträge, Beschaffungsservice, Angebotsservice, Mietservice, etc.) sowie auf Produktebene. Außerdem setzen wir auf maßgeschneiderte E-Procurement-Lösungen, um Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle im Bereich der elektronischen Beschaffung zu unterstützen und ihnen so Zeit und Geld im Einkaufsprozess zu sparen. Aktuell ist E-Procurement definitiv ein großes Thema.

Wo sehen Sie weitere wichtige Zukunftsthemen im Beschaffungsbereich?

Sowohl auf Kunden- als auch auf Verkäuferseite sehen wir zunehmend den Wunsch nach flexibler Cross-Border-Beschaffung. Conrad Electronic ist derzeit bereits mit einem eigenen Marketplace in Österreich und seit Juni 2022 auch in den Niederlanden aktiv. Diese Internationalisierung treiben wir weiter voran, um Anbietern und Geschäftskunden Kauf und Verkauf von Waren europaweit und über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.

Wie will Conrad sich auf dem (Online-)Markt behaupten?

Dank unserer jahrelangen Erfahrung, Expertise und Spezialisierung im Bereich Technik und Elektronik können wir unser Sortiment im Bereich des technischen Bedarfs nicht nur breit aufstellen, sondern in viele Sortimente auch tiefer einsteigen. Außerdem setzen wir auf ein kuratiertes Marktplatz-Modell, das Verlässlichkeit und Qualität garantiert. Zum einen muss das Sortiment der Seller zum von uns definierten Bereich des technischen Bedarfs passen. Gleichzeitig lassen wir ausschließlich geprüfte Hersteller und Distributoren zu, um auch in diesem Punkt den professionellen Anforderungen unserer Geschäftskunden nachzukommen.

Welche Rolle spielen Konkurrenten wie etwa Mouser, Digi-Key oder Rutronik? Ist Amazon ein Konkurrent?

Natürlich gibt es in Bezug auf das Sortiment eine gewisse Deckungsgleichheit zu den genannten Wettbewerbern. Unser Anspruch ist es jedoch, nicht nur einen Bedarfsbereich abzudecken – etwa den Bereich der Bauelemente – sondern möglichst alle technischen Bedarfe unserer Geschäftskunden zu bedienen. Wir liefern also on top auch noch IT-Equipment und Gebäudetechnik, um nur zwei Beispiele zu nennen. Auch Global Player wie Amazon sind in bestimmten Produktbereichen sicher eine Alternative zur Conrad Sourcing Platform.

Ein derart kuratiertes Angebot kommt auch den Sellern auf dem Conrad Marketplace zugute?

Auf jeden Fall. Zum einen erreichen sie mit ihrem Angebot im Bereich des technischen Bedarfs die exakt richtige Zielgruppe und können sich mit uns einfach und schnell neue Absatzkanäle erschließen. Gleichzeitig erhalten auch sie individuelle Unterstützung und es stehen ihnen bereits beim Onboarding persönliche Ansprechpersonen zur Verfügung. Außerdem bieten wir unseren Marktplatz-Partnern umfassende Services wie etwa ein detailliertes Reporting mit den wichtigsten Leistungskennzahlen zur Performance ihrer Produkte – darunter der Traffic auf den Produktseiten, Produkte der Mitbewerber, Preisvergleiche mit anderen Anbietern und die Anzahl der Kund*innen, die sich für bestimmte Produkte interessieren.

Conrad bietet auf seiner Plattform auch verschiedene Dienstleistungen an?

In der Tat bietet Conrad verschiedene Services an, um zum einen Beschaffung transparenter und effektiver zu machen. Dazu zählen E-Procurement-Lösungen für Unternehmen aller Größen, unser Angebotsservice oder die Möglichkeit, Terminaufträge zu realisieren. Darüber hinaus bieten wir für spezielle Kundengruppen, etwa MRO oder Entwicklung, maßgeschneiderte Dienstleistungen an, wie z.B. Kalibrierservice, PCB-Platinen-Service, 3D-Online-Druckservice oder Kabelmeterservice für metergenaue Kabelbestellungen, genau für den individuellen Bedarf. Und in unserem Archiv für Datenblätter & Anleitungen ermöglichen wir langfristig eine Bereitstellung sämtlicher Produktdokumente.

Sind noch andere Angebote wie etwa Entwicklungsdienste oder ähnliches geplant? Wo sind Trends erkennbar?

Ganz neu ist unser Mietservice für Drucker, den wir gemeinsam mit unserem Partner Miete24 realisieren, und damit innerhalb des Mietzeitraumes ein Rundum-Sorglospaket rund ums Drucken anbieten. Von Geschäftskunden gut angenommen wird auch unser Direktimport-Modell. Dieses bietet nicht nur die einfache Umsetzung von Großvolumengeschäften direkt aus Asien. Es können - koordiniert durch eine zentrale Conrad Ansprechperson - auch kundenspezifische Produktanpassungen oder Produktentwicklungen in größeren Stückzahlen realisiert werden.

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