
Im Katek-Werk in Memmingen fertigt man fortschrittliche Solarelektronik für die Energiewende. (Bild: Katek/Condair)
Der Betriebstechniker Marcus Haug ist auf dem Weg in die Fertigung. Seit 38 Jahren arbeitet er bei Katek, einem namhaften Elektronikfertiger am Rande Memmingens. In dieser Zeit sind die Elektronik-Bauteile immer kleiner geworden, von 6 x 4 mm verkleinerten sich die Gehäusegrößen auf das winzige Format von 0,2 x 0,4 mm. „Kaum sichtbar, nicht mehr als ein Mückenschiss“, sagt der erfahrene Leiter Betriebstechnik. Er verantwortet in dem Allgäuer Werk alle baulichen Maßnahmen und prüftechnischen Einrichtungen, die für die Qualität und Sicherheit der Fertigungsprozesse notwendig sind. Parallel zum Schrumpfen der Bauteile wurde dieser Bereich im Unternehmen immer wichtiger, da die Risiken, die filigranen Bauteile im Laufe des Fertigungsprozesses zu beschädigen, stark gestiegen sind. „Die Empfindlichkeit der Bauteile ist gestiegen und unbemerkte elektrostatische Entladungen können die feinen Strukturen beschädigen oder gar zerstören, wobei das Beschädigen noch schlimmer ist“, sagt Haug. Denn ein beschädigtes Produkt führt womöglich erst im eingebauten Zustand beim Endkunden zu Problemen. „Die Qualitätsanforderungen unserer Kunden sind hoch, Ausfälle können wir uns definitiv nicht leisten“, betont Haug energisch.

Wieso ESD-Schutz so wichtig ist
Katek ist EMS-Partner großer OEMs aus ganz Europa, hat aber auch mit der Produktlinie Steca eine eigene Marke. Um für eine gleichbleibend hohe Qualität aller Produkte zu sorgen, werden die Bauteile im Wareneingang, vor dem Bestücken und am Ende des Fertigungsprozesses umfangreichen Kontrollen und Tests unterzogen. Außerdem tragen alle Mitarbeiter Schutzkittel, ESD-Armbänder und ESD-Schuhe. Jeder, der die Fertigung betritt, erdet sich erst einmal an einer ESD-Zutrittsanlage. Auch Haug, in Jeans und ESD-Kittel, tritt erst auf ein Fußblech am Boden und drückt den Daumen auf das Terminal, bevor ihn die Zutrittsschleuse hineinlässt. Er will zur Wasseraufbereitungsanlage in Halle D. Die Wasseraufbereitung ist Teil einer Luftbefeuchtungsanlage. Eine geregelte Luftfeuchte ist nötig, denn Luftfeuchte ist einer der größten Einflussfaktoren auf die gefürchteten Spannungsdurchschläge. „Die Gefahr steigt exponentiell mit der Trockenheit der Luft“, sagt Haug. Im Winter läuft die Anlage durchgängig, im Sommer eher selten. „Wir sorgen für eine gleichbleibende Luftfeuchte das ganze Jahr über von 30 bis 38 Prozent“, berichtet Haug.
Einmal im Jahr die Membran tauschen
An der Hallenlängsseite führt eine unauffällige Tür in den Waschraum. Dort wird das Wasser für die Luftbefeuchtungsanlage entkalkt, anschließend durchläuft es eine Umkehrosmose, um entmineralisiert und damit hygienisch rein zu werden. „An totem Wasser haftet nichts“, sagt Haug. Die Mitarbeitenden werden so wirkungsvoll vor Keimen, Bakterien und Mikroorganismen geschützt. Haug überprüft kurz die Anzeige für Filter und Membran „Die Anlage von Condair läuft stabil“, meint er. Einmal im Jahr tauscht er die Membran der Umkehrosmose aus, mehr ist nicht zu tun. Zurück in der Halle, hin zur eigentlichen Befeuchtungsanlage, die unauffällig zwischen Stahlregalen mit Boxen fertiger Aufträge steht. Er deutet auf den Kasten an der Wand: „Der Mercedes unter den Luftbefeuchtern“, sagt er nicht ohne Stolz. Es handelt sich um einen adiabatischen Befeuchter mit besonders energieeffizienten Niederdruck-Zerstäuberdüsen. „Ohne die Anlage gäbe es definitiv mehr Ausfälle“, so Haug. Der Befeuchter und die Umkehrosmoseanlage von Condair wurden 2017 in die vorhandene Belüftungsanlage von Al-KO integriert.
Bevor man sich für den Anbieter Condair entschied, überprüften Haug und seine Kollegen aus der Abteilung Industrialisierung verschiedene Verfahren, die Luftfeuchte zu regulieren. „Unser Ziel war, eine konstante Luftfeuchte von mindestens 30% zu erreichen“, so Haug. Neben adiabatischen Systemen gibt es sogenannte Tröpfchen-Zerstäuber. „Die sind günstig, kamen aber nicht in Frage“, sagt Haug. Die Tröpfchen dieser Anlage sind so groß, dass sie den Staub aus der Luft aufnehmen, der beim Niederschlag auf den Platinen lästige Rückstände hinterlässt. „Das ist ein No-go in der Elektronikfertigung“, meint der Ingenieur. Eine weitere Technologie nutzt Wasserstoffperoxid zur Entkeimung. „Zuviel Chemie“, findet Haug. Die Entscheidung für Condair war schnell gefallen. Die Vorteile zählt Haug auf: „Die Anlage ist sehr hygienisch“ - zusätzlich zur Umkehrosmose sorgt eine Silberionisierung für dauerhaft keimfreies Wasser. „Die Anlage ist energieeffizient“ - Condair kombiniert die Befeuchtungsarten Zerstäubung mit Verdunstung, die findet auf Keramikplatten statt und benötigt keinen Strom. Außerdem arbeiten die adiabatischen Befeuchter mit Niederdruck-Düsen, das bedeutet die sonst anfallende energieintensive Verdichtungsarbeit einer Pumpe entfällt.

Frische Luft in der SMD-Fertigung
Zurück in Halle D, in der drei SMD-Produktionslinien 10 bis 12 Mio. Bauteile pro Woche verarbeiten, zeigt Haug auf einen grauen breiten Schlauch, der an der Hallendecke zwischen vielen weiteren Versorgungsleitungen verläuft. „Das ist ein Luftsack. Durch die feinen Perforierungen strömt permanent Luft aus“, erklärt Haug. Auf dem Hallenboden darunter brummen die Bestückautomaten. Die Luft in der Halle ist angenehm frisch. Die SMD-Maschinen sind mit 24 Bestückköpfen üppig ausgestattet und setzen die elektronischen Bauelemente in kaum vorstellbarem Tempo auf die Platinen. 1000 aktive Produkte werden hier mit unzähligen Bausteinen bestückt, gelötet, getrocknet, getestet und verschickt. In den 38 Jahren, die Haug bei Katek arbeitet, sind zwar die Bauteile geschrumpft, das Werk aber ist gewachsen. Neben der ursprünglichen flachgeschossigen Halle kam erst ein 4-stöckiges Gebäude, dann ein weiteres hinzu, schließlich noch ein Hochregallager und ein Casino. Die Katek-Gruppe ist inzwischen zweitgrößtes Elektronikunternehmen Deutschlands. Neben zahlreichen Kundenprojekten entsteht hier die Statec-Leistungselektronik für Solaranlagen. An der Kopfseite der Halle durchlaufen die bestückten Platinen erneut einer Qualitätskontrolle. „In der AOI wird die Platine mit einer Aufnahme einer Referenz-Platine verglichen. Verdrehte oder fehlende Bauteile werden so entdeckt“, erklärtet der Katek-Manager. Das Lüftungssystem verläuft durch alle vier Stockwerke des Gebäudes. In den oberen Stockwerken befinden sich Handarbeitsplätze und das MAV – Ergebnis eines größeren Umstrukturierungsprozesses, an dem Haug beteiligt war: „Wir haben die Fertigung entlang des Wertstroms organisiert. Im MAV (Material-Auftrag-Vorbereitung) arbeiten Auftragseingang und Auftragsvorbereitung eng zusammen.“ Die Bauteile werden dort dem jeweiligen Auftrag zugeordnet und an die Linien oder Handarbeitsplätze gebracht. Im östlichen Teil des Gebäudes befindet sich der Wareneingang, dort findet die erste Kontrolle statt. Mehrere Katek-Mitarbeitende in dunkelblauen Poloshirts mit Firmenlogo packen die angelieferte Ware aus und sichten sie. An einem Stehtisch blickt eine Frau mit hochgestecktem Haar streng durch ihre knallig rote Brille auf das Röntgenbild einer Bauteil-Rolle. Hier lässt sich erkennen, ob einzelne Bauteile in den Rollen fehlen.

Marcus Haug verlässt die Halle, um in der benachbarten Halle B in die Endmontage zu schauen. Auf dem Weg dorthin wirft er einen Blick auf die Lufttechnik an der Hallenaußenwand. Die Anlage von Al-KO nimmt einen Großteil der Wand ein. 27.300 Kubikmeter Luft werden hier stündlich angesaugt, gereinigt und in die Halle geleitet. Damit nicht nur frische, sondern auch gleichbleibend feuchte Luft in alle vier Stockwerke fließen kann, musste an dieser Stelle Steuerungstechnik von Condair in die Al-KO Anlage integriert werden. Zu Planungsbeginn lud Haug, die Planer von Al-KO und das Condair-Team ein. „Da Condair nur Wasser verwendet, passte das gut zu der Al-KO-Anlage“, sagt Haug. Nach intensiven Vorbereitungsgesprächen konnten die baulichen Maßnahmen in wenigen Monaten über die Bühne gehen und die Anlage in Betrieb genommen werden. „Das war ein schönes Projekt“, meint Haug rückblickend. Und ein notwendiges. Das Gesamtpaket an Kontroll- und Schutzmaßnahmen hat das Risiko von ESD-Schäden stark reduziert. „Es ist heute nahezu ausgeschlossen, dass schadhafte Produkte das Werk verlassen“, sagt Haug. Er schüttelt den Kopf, wenn er an die Folgen denkt, die heute ein defektes Bauteil in einem Automobil bedeuten würde. „Vor 10 Jahren kam es hin und wieder zu Beanstandungen“, so Haug. Doch die Ursache jedes einzelnen Fehlers wurde akribisch verfolgt. Haug erinnert sich, wie einzelne Bauteile im Labor in Epoxydharz vergossen und anschließend Schicht für Schicht abgeschliffen wurden, um ESD-Schäden im Inneren zu finden. „Wir wussten genau, dass die Condair-Anlage die richtige Maßnahme ist“, betont der Betriebstechnik-Leiter und macht sich auf den Rückweg in sein Büro.