OSM markiert zugleich einen neuen Meilenstein bei der Miniaturisierung modularer COM-Carrier-Designs: Zum Einsatz kommen nicht mehr scheckkarten-große Module, sondern eher briefmarken-große Module. Das Ziel der neuen Spezifikation ist es, Low-Power- und Ultra-Low-Power-Prozessoren auf Basis von MCU32-, ARM- und x86-Architekturen über Sockel-, Hersteller- und Architekturgrenzen hinweg in einem standardisierten Footprint und mit einem standardisierten Satz an Interfaces verfügbar zu machen. Zielapplikationen des neuen Modulstandards sind IoT-angebundene Embedded-, IoT- und Edge-Systeme mit offenem Betriebssystem, die im rauen industriellen Umfeld zum Einsatz kommen.
OSM-Module softwareseitig bereits applikationsfertig
„OSM-Module bieten ODMs und OEMs einen extrem miniaturisierten Formfaktor mit attraktivem Pricing und hoher Skalierbarkeit“, erklärte Martin Unverdorben, Chairman des SGET-Standard Development Teams STD.05, das die Arbeit am OSM im Oktober 2019 begann. SGET ist ein technisches Konsortium mit Sitz in München, das Spezifikationen für eingebettete Computertechnologie entwickelt und pflegt. Unverdorben sagte weiter: „Weil die Module softwareseitig bereits applikationsfertig mit allen erforderlichen Treibern und BSPs bereitgestellt werden und die Spezifikation zudem sowohl in Bezug auf die Hardware als auch Software Open Source ist, sollte sie einen besonderen Anreiz für die weltweit agierende Entwicklungscommunity von Embedded- und IoT-Systemen darstellen.“
Wie alle Computer-on-Module-Standards erleichtern und beschleunigen OSM-Module das Design-In von Prozessoren. Applikationen werden zugleich prozessor-agnostisch und dadurch beliebig skalierbar sowie zukunftssicher. Zudem sichern sie NRE-Aufwendungen und erhöhen die Langzeitverfügbarkeit und damit auch das Return-on-Investment und die Nachhaltigkeit von Embedded Systemen. Neben diesen Vorteilen – die OSM-Module mit allen bisherigen Computer-on-Modules Spezifikationen gemein haben – überzeugt die OSM-Spezifikation dank BGA-Design zusätzlich durch nochmals gesteigerte Robustheit und maschinelle Bestückbarkeit (SMT), was die Produktionskosten in der Serie weiter senken kann.
Offenes Lizenzmodell
Alle OSM-Module werden zudem unter Creative Commons Plus (CC+) Dual Lizenz veröffentlicht und lizenziert. Dies erlaubt ein offenes Lizenzmodell, wie die Creative Commons Attribution – ShareAlike License (CC BY-SA 4.0) für einen definierten Satz von Materialien, Komponenten und Software sowie eine kommerzielle Lizenz für alles, was nicht in diesem Set enthalten ist. So sollen Entwicklungsdaten wie zum Beispiel Blockdiagramme, Bibliotheken und BOM, die bei der Entwicklung von OSM Modulen entstehen, öffentlich einsehbar sein. Dennoch ist es möglich, die Intellectual Properties (IP) eines Carrierboard-Designs kommerziell zu lizenzieren, ohne den Open-Source-Gedanken zu verletzen.
Die Open-Standard-Module-Spezifikation erweitert das Portfolio der SGET-Module Spezifikationen um auflötbare BGA Mini-Module, die deutlich kleiner sind als bisher verfügbare Module: Schon das größte OSM-Modul ist mit einer Größe von 45 mm x 45 mm 28 % kleiner als der ebenfalls von der SGET gehostete Standard µQseven (40 x 70) beziehungsweise 51 % kleiner als SMARC (82 x 50). Weitere Modulgrößen der neuen OSM-Spezifikation sind sogar noch kleiner: OSM Size-0 (Zero) ist mit 30 mm x 15 mm der kleinste Formfaktor mit 188 BGA-Kontakten. OSM Size-S (Small) misst bei 332 Kontakten 30 mm x 30 mm, OSM Size-M (Medium) bietet 476 Kontakte auf 30 mm x 45 mm und Size-L (Large) ist – wie bereits beschrieben – 45 mm x 45 mm groß und besticht durch 662 BGA-Kontakte. Im Vergleich dazu spezifiziert SMARC 314 Pins und Qseven 230. Auf kleinerem Footprint lassen sich dank BGA-Design demnach also deutlich mehr Interfaces ausführen, was im Rahmen der Miniaturisierung bei gleichzeitig steigender Komplexität der Anforderungen wegweisend und ein weiterer einzigartiger Vorteil des neuen OSM-Standards ist.
Das OSM-Featureset im Detail
Je nach Größe der OSM-Module variiert die Art und Auslegung der Interfaces. In Maximalauslegung bieten OSM-Module alle Funktionen, die ein offenes programmierbares Embedded-, IoT- oder Edge-System inklusive GUI ausmachen. An Videoschnittstellen bieten Module ab Size-S jeweils bis zu 1x RGB und 4-Channel DSI. Size-M Module können zusätzlich 2x eDP/eDP++ ausführen und Size-L erweitert die Grafikinterfaces um 1x LVDS. Damit können in der Maximalausstattung bis zu 5 Videoausgänge parallel zur Verfügung gestellt werden. An Kameraeingängen bieten alle Module ab Size-S zudem ein 4 Channel unterstützendes Camera Serial Interface (CSI). Für die schnelle Peripherieanbindung sind bei Size-L in der Summe bis zu 10 PCIe Lanes möglich, bei Size-M sind es 2x PCIe x1 und bei Size-S 1x PCIe x1. Entsprechend ihres extrem miniaturisierten Footprints verzichten Size-0 Module auf die bis hierhin genannten I/Os, bieten aber alle nachfolgend aufgeführten Interfaces. Für die Intersystemkommunikation sieht die OSM-Spezifikation bis zu 5x Ethernet vor. Zusätzlich ist auf allen Modulen eine sogenannte Communication-Area vorgesehen, die 18 Kontakte bietet für Antennensignale bei drahtloser Kommunikation oder die Einbindung von Feldbussen ermöglicht. Zudem gibt es bis zu 4x USB 2.0 oder 2x USB 3.0 (nur bei Size-L), bis zu 2x CAN und 4x UART. Über UFS lassen sich darüber hinaus Flash-Speichermedien einbinden. Zudem stehen noch bis zu 19 Kontakte für herstellerspezifische Signale zur Verfügung. Bis zu 39 GPIOs, SPI, I2C, I2S, SDIO und 2x analoge Eingänge runden das Featureset ab. Für eine hohe Zukunftsfähigkeit werden zudem bis zu 58 Kontakte für zukünftige Erweiterungen vorgehalten, so dass zukünftige Erweiterungen auch immer abwärtskompatibel bleiben.
(dw)