Flaggen IG Metall

Die erste Halbleiterkonferenz der IG Metall in Dresden will die Arbeitsbedingungen in der Chipindustrie. Dabei hat die Gewerkschaft einige Forderungen an die Unternehmen der boomenden Chipindustrie gestellt. (Bild: IG Metall)

Einladung zur Halbleiterkonferenz der IG Metall
Einladung zur Halbleiterkonferenz der IG Metall (Bild: IG Metall)

Allein in Dresden sollen bis 2030 20.000 neue Arbeitsplätze in der Halbleiterproduktion entstehen. Die IG Metall hat daher auf der ersten Halbleiterkonferenz in Dresden ein wichtiges Signal gesetzt: Mit der Gründung eines Branchennetzwerkes sollen die Interessen der Beschäftigten in der Halbleiterindustrie besser vertreten und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die Initiative fällt in eine Zeit, in der die deutsche Chipindustrie einen beispiellosen Aufschwung erlebt, unterstützt durch milliardenschwere Subventionen der Bundesregierung. Hier wollen die Arbeitnehmervertreter die Arbeitsbedingungen der boomenden Branche mitbestimmen.

Was bedeutet das neue Netzwerk für die Halbleiterbranche?

Das von der IG Metall ins Leben gerufene Branchennetzwerk vereint bundesweit Betriebsräte aus 16 Halbleiterunternehmen. Dieser Zusammenschluss hat das Potenzial, die Verhandlungsposition der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deutlich zu stärken. Mit den Worten von Stefan Ehly, erster Bevollmächtigter der IG Metall für Dresden und Riesa: „Aus Milliarden dürfen keine Milliardäre werden“. Damit wird der Anspruch der Gewerkschaft deutlich, dass die massiven Investitionen in die Chipindustrie nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Beschäftigten zugute kommen.

Welche Forderungen stellt die IG Metall?

Im Rahmen des Treffens formulierte die IG Metall mehrere Forderungen an die Unternehmen innerhalb der Halbleiterindustrie, insbesondere an die, die in Sachsen (Silicon Saxony) tätig sind. Dazu gehören alteingesessene wie Globalfoundries oder Bosch genauso wie "Neuankömmlinge" wie TSMC, zudem Intel, Siltronic oder X-Fab. „Wir begrüßen die Milliarden-Subventionen. Wir sagen aber, wenn da Steuergelder reingehen, müssen das tarifgebundene Arbeitsplätze sein und sichere Beschäftigung. Zudem brauchen wir gute Arbeitsbedingungen, damit wir Fachkräfte anlocken können", erklärte Nadine Boguslawski, IG-Metall-Vorstand gegenüber dem MDR. Dabei sind die Forderungen sind nicht nur für die unmittelbar Beschäftigten von großer Bedeutung, sondern auch im Kontext der staatlichen Förderung und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Hier eine Auflistung der zentralen Forderungen:

  • Tarifbindung und Tarifverträge: Die IG Metall besteht darauf, dass alle Unternehmen der Halbleiterindustrie Tarifverträge abschließen, die die Arbeitsbedingungen und Entgelte der Beschäftigten regeln. Damit sollen Entgelte und Arbeitsbedingungen branchenweit auf einem fairen und wettbewerbsfähigen Niveau gehalten werden. Vorbild könnte Infineon in Regensburg sein, wo die IG Metall vor 25 Jahren einen Tarifvertrag durchgesetzt hat. Allerdings am Produktionsstandort, der 1994 gegründet (damals noch als Teil von Siemens) arbeiten rund 3.300 Beschäftigte – ohne Tarifvertrag.
  • Mitbestimmung durch Betriebsräte: Die Gewerkschaft fordert eine stärkere Einbeziehung und Mitbestimmung der Betriebsräte bei wichtigen Unternehmensentscheidungen. Dies betrifft insbesondere Entscheidungen, die die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit der Arbeitsplätze betreffen.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle: Um den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, werden flexible Arbeitszeitmodelle gefordert. Die IG Metall betont, dass nicht nur die Höhe des Entgelts, sondern zunehmend auch flexible Arbeitszeiten ein entscheidendes Kriterium für die Attraktivität eines Arbeitsplatzes sind.
  • Entgeltsystem: Gefordert wird ein transparentes und faires Entgeltsystem, das eine gerechte Entlohnung aller Beschäftigten entsprechend ihrer Qualifikation und Arbeitsleistung sicherstellt.
  • Absicherung gegen Fluktuation und demografischen Wandel: Die IG Metall betont die Notwendigkeit, Strategien zu entwickeln, um den Herausforderungen der Fluktuation und des demografischen Wandels zu begegnen. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften.

Was sagt die Politik?

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betont die Bedeutung der Tarifpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Unternehmen. Sie trage zum Ausgleich bei und helfe, Konflikte durch Kompromisse zu lösen. Die jüngsten Investitionen in die Mikroelektronik schaffen laut Kretschmer neue Perspektiven für die Region und ihre Menschen.

Mein Kommentar

Kein Chip ohne Menschen

Keine Frage, die Halbleiterindustrie nimmt auch in Deutschland am weltweiten Aufschwung teil. Getrieben durch die zunehmende Elektrifizierung des Lebens gewinnen Chips immer mehr an Bedeutung. Doch die technologischen Wunder (die sie für mich immer noch sind) produzieren sich nicht von allein. Zugegeben, wenn es um das Thema Vollautomatisierung geht, sind Halbleiterfabs ganz vorne mit dabei. Wo früher in den Reinräumen noch viele Menschen unterwegs waren, übernehmen heute Maschinen einen Großteil der Arbeit – im Idealfall. Denn auch die mechanischen Helfer müssen gewartet und instand gehalten werden, von Menschen. Und das ist nur ein Beispiel dafür, wie wichtig der Faktor Mensch in der Halbleiterherstellung ist und auch bleiben wird. Daher ist es aus meiner Sicht nur logisch, dass die IG Metall auf ihrer Halbleiterkonferenz ein Netzwerk für die Branche gegründet hat. Auch die Forderungen der Gewerkschaft sind nicht aus der Luft gegriffen – gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.

Natürlich steht die Entwicklung erst am Anfang, aber ich bin davon überzeugt, dass wir aus dieser Ecke in den nächsten Jahren noch viele Nachrichten hören werden.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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