Förderung von Mikroelektronik durch IPCEI, Elektronik-Ingenieur bei der Arbeit

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Mit rund 8,1 Milliarden Euro will die Europäische Kommission die Bereiche Mikroelektronik-, Halbleiter und Kommunikationstechnologie in Europa unterstützen. Zusätzliche sollen durch die Fördergelder noch zusätzliche private Investitionen im Umfang von 13,7 Milliarden Euro mobilisiert werden. Im Rahmen dieses Important Project of Common European Interest (IPCEI) werden 56 Unternehmen, darunter kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Start-up-Unternehmen, 68 Vorhaben durchführen. Das Projekt mit der Bezeichnung „IPCEI ME/CT“ wurde von vierzehn Mitgliedstaaten gemeinsam vorbereitet und angemeldet: Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Slowakei, Spanien und Tschechische Republik. In unserer Übersichtskarte finden Sie alle geförderten Unternehmen.

Die Förderung von 8,1 Milliarden Euro geht an 68 Projekte von insgesamt 56 Unternehmen.
Die Förderung von 8,1 Milliarden Euro geht an 68 Projekte von insgesamt 56 Unternehmen. (Bild: Europäische Kommission)

Aktuelle Meldungen zu IPCEI ME/CT

Update September/Oktober 2023: Im Juni 2023 beschloss die EU das Investitionsprogramm IPCEI ME/CT zur Förderung  der Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie in Europa. Nach und nach geben die geförderten Unternehmen Preis, in welche Projekte die Gelder fließen.

Mithilfe einer IPCEI-ME/CT-Förderung weitet NXP Forschung und Entwicklung in Deutschland aus. Diverse Teams arbeiten an unter anderem an Automotivetechnologien, Post-Quanten-Kryptografie, Radarsystemen und 6G-Innovationen.Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit bei NXP erstreckt sich über drei der vier IPCEI-ME/CT-Arbeitsfelder: Think, Sense und Communicate. Im Bereich Think konzentriert sich das Unternehmen auf die Entwicklung zentraler Automotivetechnologien in 5 nm, Mikroprozessoren für den Automobilbereich, Fahrzeugarchitekturen für softwaredefinierte Fahrzeuge sowie Post-Quanten-Kryptografie. Zusätzlich soll noch ein KI-Kompetenzzentrum entstehen. Im Rahmen des Sense-Arbeitsfeldes wird ein Team zukünftige Radarsysteme mit neuartigen Modulationsverfahren und Signalverarbeitungsketten erforschen und entwickeln. Für den Bereich Communicate baut NXP in Hamburg ein Labor zum Testen, Messen und Charakterisieren künftiger 6G-Produkte auf.

Optoelektronik-Spezialist amsOsram erhält über die nächsten fünf Jahre eine Förderung von 300 Millionen Euro im Rahmen des IPCEI-Programms. Damit sollen vor allem optoelektronischer Halbleitertechnologien in Regensburg gefördert werden. amsOsram will die Förderung in erster Linie für die Forschung und Entwicklung neuartiger optoelektronische Halbleiter und deren Fertigungsprozesse einsetzen, wodurch etwa 400 neue Hightech-Arbeitsplätze entstehen. Zudem will der Tech-Konzern in neue Reinraum- und Laborgebäude für die Forschung, Entwicklung und Pilotproduktion investieren. In diesen wird künftig an verschiedenen Anwendungen, wie UV-C-LEDs zur Desinfektion oder Nahinfrarot-Emittern für LiDAR zum autonomen Fahren sowie Einsatzfeldern in der Industrie 4.0 gearbeitet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auch auf dem Bereich der microLEDs, welche in neuartigen Displays eingesetzt werden.

Ebenso gab Swissbit Germany bekannt eine Förderung für das True-MEM-Projekt zu erhalten. Ziel von „True-MEM“ ist die Entwicklung eines AIoT/IIoT-Edge-Komponenten-Baukastens. Das modulare und skalierbare System setzt sich aus Hardware- und Software-Services zusammen, die mittels der so genannten „System-on-Package“-Technologie miteinander kombiniert werden können. Die Basis für die Entwicklung dieser Lösung bilden die hochintegrierten Speicherkomponenten von Swissbit, die im Rahmen des Förderprojekts auf die nächste Stufe der Mikro- und Funktionsintegration weiterentwickelt werden.

Auch X-Fab enthält im Rahmen des IPCEI-ME/CT-Programms eine Förderung von 80 Millionen Euro über fünf Jahre. Von der Förderung profitieren die drei X-Fab-Standorte in Corbeil-Essonnes, Erfurt und Itzehoe. Der Standort Corbeil-Essonnes in Frankreich ist auf intelligente Sensoren und Treiber, neue Architekturen, Photonik und HF-Technologien spezialisiert. Dort wurde kürzlich mit der Serienfertigung auf 200-mm-Wafern in 110-nm-BCD-on-SOI-Technologie begonnen. Der Standort Erfurt in Deutschland erforscht und entwickelt eine neuartige Fertigungsplattform für smarte integrierte sensorische Systeme. Am Standort Itzehoe in Deutschland wird sich X-FAB auf die Entwicklung und Umsetzung neuer Verfahren zur Bearbeitung von Glaswafern konzentrieren.

Was ist IPCEI ME/CT?

Das IPCEI ME/CT (Microelectronics and Communication Technology) betrifft Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu Mikroelektronik und Kommunikationstechnologie in der gesamten Wertschöpfungskette, von Materialien und Werkzeugen bis hin zu Chipdesign und Herstellungsprozessen. Diese Vorhaben zielen darauf ab, den digitalen und ökologischen Wandel zu ermöglichen, indem innovative Mikroelektronik- und Kommunikationslösungen und energieeffiziente und ressourcensparende Elektroniksysteme und Herstellungsmethoden konzipiert werden. Sie werden zum technologischen Fortschritt in vielen Branchen beitragen, darunter Kommunikation (5G und 6G), autonomes Fahren, künstliche Intelligenz und Quanteninformatik. Diese Vorhaben werden auch Unternehmen, die in den Bereichen Energieerzeugung, -verteilung und -nutzung tätig sind, die Umstellung auf eine grüne Wirtschaft erleichtern. Erste neuartige Produkte können bereits 2025 auf den Markt gebracht werden, und der Abschluss des Gesamtvorhabens ist für 2032 geplant, wobei die Fristen je nach Projekt und beteiligten Unternehmen variieren. Es wird erwartet, dass rund 8700 direkte Arbeitsplätze und viele weitere indirekte Arbeitsplätze geschaffen werden. Das IPCEI ME/CT schließt sich an das erste IPCEI zur Unterstützung von Forschung und Innovation auf dem Gebiet der Mikroelektronik an, das von der Kommission im Dezember 2018 genehmigt wurde, und ergänzt es.

Wo die IPCEI-ME/TC-Fördergelder hingehen

Die Förderung durch IPCEI ME/CT ist in die vier Bereiche Sense S (Neue Sensoren zur Datenerhebung), Think T (Chips zur Verarbeitung und Speicherung von Daten), Act A (Mikroelektronische Systeme für Verarbeitungsprozesse) und Communicate C ( Kommunikationssyste für eine schnelle, sichere und zuverlässige Informationsübermittlung).

Die EU erklärt IPCEI

Finanzierung, Teilnehmer und Struktur des IPCEI ME/CT

Das IPCEI umfasst 68 Vorhaben von 56 Unternehmen. Die direkten Teilnehmer werden untereinander und in über 180 geplanten länderübergreifenden Vorhaben eng zusammenarbeiten. Die 68 Vorhaben sind Teil des umfassenderen IPCEI ME/CT-Ökosystems mit über 30 Teilnehmern, darunter Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus weiteren EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Lettland, Portugal, Slowenien und Ungarn) sowie aus Norwegen. Hinzu kommen noch 30 weitere assoziierte Partner sowie 600 indirekte Europa in ganz Europa.

Das IPCEI-MT/CT-Ökosystem umfasst rund 50 direkt geförderte Unternhemen, rund 30 assoziierte Unternehmen sowie 600 indirekte Partner. Zu den 8,1 Milliarden Euro aus dem Förderprogramm kommen noch rund 13,7 Milliarden Euro aus Investitionen privater Unternehmen.
Das IPCEI-MT/CT-Ökosystem umfasst rund 50 direkt geförderte Unternhemen, rund 30 assoziierte Unternehmen sowie 600 indirekte Partner. Zu den 8,1 Milliarden Euro aus dem Förderprogramm kommen noch rund 13,7 Milliarden Euro aus Investitionen privater Unternehmen. (Bild: Europäische Kommission)

Keine IPCEI-Förderung für Nexperia

Neben verschiedenen wirtschaftlichen und technologischen Aspekten will sich die EU mit den Fördermaßnahmen auch unabhängiger von China machen. Der Chipmangel der vergangenen Jahre ist teilweise auch auf eine starke Abhängigkeit von chinesischen Halbleitern bzw. die chinesischen Halbleiterfertigung zurückzuführen. Infolgedessen wurde Firmen auch von der Förderliste gestrichen. So war etwa Nexperia zunächst für eine Förderung im Rahmen von IPCEI ME/CT vorgesehen, das Bundeswirtschaftsministerium nahm den Halbleiterhersteller mit einer Fertigung in Hamburg wieder von der Förderliste. Nexperia wurde 2019 vom chinesischen halbstaatlichen Technologiekonzern Wingtech übernommen.

Der Chiphersteller hat mit Unverständnis auf die Absage reagiert. „Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen und sind enttäuscht, dass unser Projekt nicht in die Förderliste aufgenommen wurde, obwohl es alle Voraussetzungen erfüllt und die bisherigen Prüfungen erfolgreich durchlaufen hat“, sagte ein Sprecher laut Handelsblatt. Ein offizieller Ablehnungsbescheid sei noch nicht eingegangen.

Was erhofft sich die Europäische Kommission von ICPEI?

  • Das IPCEI ME/CT trägt unmittelbar zur Verwirklichung mehrerer EU-Ziele im Hinblick auf eine grünere, digitale, sicherere, krisenfestere und souveräne Wirtschaft bei, die in wichtigen politischen Initiativen der EU, wie Europas digitaler Dekade und dem europäischen Grünen Deal, verankert sind.
  • Alle 68 Vorhaben, die Teil des IPCEI sind, sind sehr ambitioniert, da sie auf die Entwicklung von Technik abzielen, die über das hinausgeht, was der Markt derzeit bietet, und wesentliche Verbesserungen ermöglichen, insbesondere in den Bereichen Sensoren, Hochleistungsprozessoren, Mikroprozessoren einschließlich künstlicher Intelligenz, Aktuatoren und Kommunikationsmitteln für einen sicheren Datenaustausch.
  • Das IPCEI birgt auch erhebliche technologische und finanzielle Risiken. Die öffentliche Unterstützung ist daher erforderlich, um den Unternehmen Investitionsanreize zu bieten. Beihilfen für einzelne Unternehmen sind auf das erforderliche und angemessene Maß beschränkt und bewirken daher keine übermäßige Verfälschung des Wettbewerbs. Die Kommission hat sich insbesondere vergewissert, dass die geplanten Beihilfehöchstbeträge mit den beihilfefähigen Kosten der Vorhaben und den Finanzierungslücken übereinstimmen. Außerdem gibt es einen Rückforderungsmechanismus, da die Unternehmen einen Teil der erhaltenen Beihilfen an die betreffenden Mitgliedstaaten zurückzahlen werden, wenn große Vorhaben im Rahmen des IPCEI sehr erfolgreich sind und zusätzliche Nettoerträge abwerfen.
  • Die Ergebnisse des Vorhabens werden von den beteiligten Unternehmen, die die öffentliche Förderung erhalten, an die europäische Wissenschaftsgemeinschaft und die Industrie über die Unternehmen und Länder hinaus, die Teil des IPCEI sind, umfassend geteilt, weitergegeben. Das geschieht u. a. durch Konferenzen, Veröffentlichungen, den Zugang zu Pilot- und Produktionsanlagen oder die Lizenzierung von Rechten des geistigen Eigentums.

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