Update, 16.09.2024: Intel stoppt Bau von Halbleiterfabrik in Magdeburg
Intel hat den Bau seiner Chipfabrik in Magdeburg aufgrund finanzieller Probleme und eines Sparprogramms auf Eis gelegt. Das gab Intel-CEO Pat Gelsinger in einer Nachricht an die Mitarbeiter bekannt. Die Verzögerung soll voraussichtlich zwei Jahre betragen. Geplant waren ursprünglich zwei Fabriken mit einer Investition von 30 Milliarden Euro und 3000 Arbeitsplätzen. Trotz zugesagter staatlicher Unterstützung in Höhe von 9,9 Milliarden Euro hat Intel den Produktionsbeginn, der ursprünglich für 2027 oder 2028 vorgesehen war, verschoben. Intel kämpft mit Milliardenverlusten und plant, 15.000 Stellen abzubauen, während Investitionen in den USA fortgesetzt werden.
Neben den gestoppten Plänen für Magdeburg sind auch Projekte in Polen ausgesetzt. Intel setzt derweil auf Investitionen in den USA und eine stärkere Zusammenarbeit mit Amazon Web Services zur Entwicklung neuer Chips
Finanzminister Chrisitan Lindner sagte auf X dazu, dass die von Intel nicht benötigten Mittel für den Bundeshaushalt reserviert werden sollten.
Kommentar von Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Silicon Saxony, zur Entscheidung von Intel
Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Silicon Saxony kommentiert die Entscheidung, die Pläne in Magdeburg vorerst für zwei Jahre zu stoppen wie folgt:
"Ohne Intel in Magdeburg fehlt vorerst das europäische Leuchtturmprojekt in Europa. Die Ziele des Hashtag#EUChipsAct werden verfehlt. Weder ein europäischer Marktanteil von 20 Prozent noch die angestrebte technologische Souveränität durch eine Halbleiterproduktion unter 10 Nanometern erscheinen aus heutiger Sicht bis 2030 realistisch erreichbar“.
Bösenberg ergänzt „Solide Staatsfinanzen sind wichtig. Aber die Mittel zum Abbau offener Finanzfragen im Bundeshaushalt zu verwenden, ist keine zukunftsorientierte und verantwortungsvolle Politik. Vielmehr gibt Intel der Politik jetzt Zeit, ihre Hausaufgaben zu machen und eine nationale Halbleiterstrategie mit industriepolitischer Wirkung zu entwickeln“.
Was der Branchenverband Bitkom zum Baustopp in Magdeburg sagt
Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder:
„Deutschland muss zum Zentrum der europäischen Chip-Industrie werden und sich auch weltweit in der Spitzengruppe positionieren. Dieses Ziel dürfen wir trotz der aktuellen Entscheidung Intels zum Bau einer Chipfabrik in Magdeburg nicht aus den Augen verlieren. Halbleiter sind die Basistechnologie der deutschen Wirtschaft, das gilt für die Anbieter von Telekommunikationsleistungen, Cloud Computing und Künstlicher Intelligenz ebenso wie für klassische Industriezweige wie den Automobil- oder Maschinenbau. Für 83 Prozent der Unternehmen, die Halbleiter-Bauteile und -Komponenten verwenden, sind sie unverzichtbar. Deutschland und Europa müssen einseitige Abhängigkeiten bei Halbleitern beenden und eigene Kapazitäten aufbauen – für mehr technologische Unabhängigkeit und digitale Souveränität. Die nun freiwerdenden 10 Milliarden Euro an staatlicher Förderung dürfen nicht in irgendwelchen Haushaltspositionen verschwinden. Die Fördermittel müssen gezielt in digitale Schlüsseltechnologien investiert werden.“
Update: Neue Intel-Werke in Madeburg, Investment in Europa
Bis zu 80 Milliarden US-Dollar wird Intel über die nächsten zehn Jahre in die Halbleiterindustrie Europas investieren, und das über die gesamte Halbleiter-Wertschöpfungskette hinweg, von R&D, Design, über Fertigung und Foundry Services bis hin zu Packaging. Intel tätigt die Investitionen in Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Polen und Spanien.
In Deutschland entstehen am Standort Magdeburg zwei Halbleiter-Fabriken, deren Bau in der zweiten Jahreshälfte 2023 beginnen soll und die 2027 ihre Produktion starten sollen. Hier will der Halbleiterhersteller seine fortschrittlichsten Transistor-Technologien fertigen. Dabei entstehen während der Bauphase der Fabriken etwa 7000 Jobs im Baugewerbe. Bei Intel selbst entstehen an diesem Standort 3000 High-Tech-Jobs. Intel bezeichnet den Standort „Silicon Junction“, in Anlehnung an Silicon Valley in Kalifornien oder Silicon Desert in Texas.
Die Magdeburger Werke sollen so viel Stahl wie fünf Eifeltürme und Beton im Volumen von 240 Swimmingpools verbrauchen. Letztlich werden sie eine Fläche von zwei World-Cup-Fußballfeldern umfassen.
„Dies ist die größe Investition in der Geschichte Sachsen-Anhalts“, freut sich Ministerpräsident Reiner Haseloff.
Weiterer Invest in Europa
Insgesamt 12 Milliarden zusätzliche US-Dollar investiert Intel in seine Werke in Irland und setzt hier vor allem auf Foundry Services. In Italien wird Intel eine Fabrik für die Back-End-Fertigung (Packaging) bauen und hier bis zu 4,5 Milliarden US-Dollar investieren. Dies stehe laut Pat Gelsinger in direktem Zusammenhang mit der Übernahme von Tower Semiconductor (Foundry). Tower arbeitet eng mit STMicroelectronics zusammen, die eine Fab in Italien betreiben. Intel hofft so auf eine Erweiterung der Zusammenarbeit mit ST.
In Frankreich wird Intel seinen R&D-Hub bauen und in ein Foundry-Design-Center investieren. In Pleateau de Saclay sollen so 1000 High-Tech-Jobs entstehen. Im polnischen Gdansk erhöht Intel seine Laborflächen um 50 Prozent und in Spanien erweitert das Unternehmen seine Aktivitäten im Barcelona Supercomputing Centre.
Intel und das Silizium: Silicon X auf der Welt
„Wir haben das Silicon ins Silicon Valley gebracht“, so Pat Gelsinger, CEO von Intel bei der Vorstellung der Pläne des Konzerns für Magdeburg. Dort entsteht nun das neuste Mitglied der „Silicon-Familie“, an deren Entstehung Intel maßgeblich beteiligt ist. Neben dem Silicon Valley, dem neuen Silicon Junction, gibt es noch das Silicon Desert in Arizona, wo Intel mehrere Milliarden Doller in drei Fabs gesteckt hat. Bis 2024 sollen es sogar fünf werden. Zudem gibt es das Silicon Heartland in Ohio, in das Intel bis zu 100 Milliarden Dollar investieren könnte, um bis zu acht Chipfabriken zu errichten, und weitere 100 Milliarden Dollar zusätzlich in Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen.
Übrigens: mit dem Silicon Glen, dem Spitznamen für die Hi-Tech Sparte in Schottland, hat Intel (zumindest bisher) außer dem Namen nichts zu tun.
Maßgeblich für die Entscheidung des Investments in Europa war der European Chips Act und das damit verbundene Engagement Europas. Gelsinger lobte vor allem, dass dieses Engagement sowohl Regierungen, private Firmen und auch ganze Communities mobilisiert. Intel möchte mit seiner Investition auch die schon bestehenden engen Kooperationen mit der europäischen Forschungslandschaft, also mit Fraunhofer, dem Imec, der TU Delft und dem Leti, ausbauen.
Alle Fertigungsstandorte in Europa von Intel sollen in Übereinstimmung mit dem European Green Deal zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden.
Intel CEO Pat Gelsinger zu den Investitionen in Europa und Sachsen-Anhalt
Stand zum neuen Intel-Werk 15. März 2022, 14 Uhr:
Intel wird seine milliardenschwere Investition in eine neue Chipherstellung im Industriegebiet Eulenberg, südlich von Magdeburg gelegen, durchführen. Dort soll ein etwa 300 Hektar (3 km²) großes Gelände für den Bau zur Verfügung stehen. Zusätzlich wird Intel auch in Frankreich und Italien investieren. Insgesamt will der Halbleiterhersteller in Europa nicht nur die Fertigungskapazitäten, sondern auch in den Ausbau von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten vorantreiben.
Die Ankündigung kommt nach der Verabschiedung des European Chip Act der Europäischen Kommission. Dieser sieht vor, dass bis 2030 die Halbleiterproduktion in Europa 20 Prozent der weltweiten Produktion ausmachen soll. Dies entspricht in etwa einer Vervierfachung des aktuellen Fertigungsvolumens.
Statement des Branchenverbands Silicon Saxony e.V.
Der Halbleiter-Branchenverband Silicon Saxony begrüßt die Entscheidung von Intel und kommentiert:
„Das ist ein grandioser Gewinn für Europas führenden Hightech-Cluster Silicon Saxony sowie alle Mitglieder unseres Branchenverbandes. Im Städtedreieck Magdeburg, Erfurt, Jena und Dresden produzieren GlobalFoundries, Infineon, Bosch, X-Fab, Siltronic, ZEISS, Jenoptik und demnächst Intel. Die Akteure ergänzen sich in ihren Fähigkeiten und Kompetenzen. Dies festigt substanziell den technologischen Führungsanspruch von Silicon Saxony in Europa aber auch im internationalen Wettbewerb. Über das Investment von Intel werden die Unternehmen der Region „Silicon Saxony“ noch stärker zusammenwachsen. Vor allem die Mittelständler, die als Zulieferer, direkt vor ihrer Haustür, Intel beim Aufbau der Produktion unterstützen werden, sind die großen Gewinner. Zusätzlich eröffnet unser Mitglied Intel neue Perspektiven für eine Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung. Auch hinsichtlich internationaler Fachkräfte wird die Region Silicon Saxony profitieren und weiter wachsen“, sagt Dirk Röhrborn, Vorstandsvorsitzender Silicon Saxony e. V.