Jan Rodif ist CEO von Tresmo

(Bild: Tresmo)

Internet of Things-Grafik

Das ‘Internet of Things‘ stellt immer mehr Unternehmen vor die Herausforderung, die richtigen funktionalen Bausteine, etwa IoT-Plattformen, für die ‘Vernetzung der Dinge‘ auszuwählen. Tresmo

Von einer Nischen-Technologie kann keine Rede mehr sein: Viele Unternehmen experimentieren nicht mehr nur mit IoT-Lösungen, sondern bringen diese zur Marktreife. An diesem Punkt stehen die Unternehmen vor grundsätzlichen und in Bezug auf die geplante IoT-Lösung geschäftskritischen Entscheidungen: Welche Plattform soll der Lösung zugrunde liegen, damit sie hinsichtlich der Anzahl der Devices und der verschiedenen Datenformate flexibel bleibt? Welche Rolle können und sollen Edge-Technologien spielen und was leisten vorgefertigte IoT-Services?

Kurzprofil Tresmo

Tresmo ist ein unabhängiger deutscher IoT-Dienstleister mit Hauptsitz in Augsburg. Gegründet 2012, entwickelt das Unternehmen digitale Individuallösungen für mittelständische und international agierende Unternehmen wie BMW, Vorwerk, Wilo, Viessmann, Trumpf Werkzeugmaschinen und Velux. Mit einem ganzheitlichen Ansatz, der die strategische Beratung sowie die technische Umsetzung umfasst, schafft der IoT-Dienstleister maßgeschneiderte Lösungen und neue Geschäftsmodelle für seine Kunden.

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Die acht zentralen Module einer modernen IoT-Plattform Tresmo

Cloud-Anbieter erweitern ihre Plattformen

„In vielen IoT-Projekten geht es längst nicht mehr nur um die Erweiterung eines Produktes um einen datenbasierten Service“, sagt Jan Rodig, CEO des unabhängigen IoT-Dienstleisters Tresmo. „Das physische Produkt ist oft nur noch Mittel zum Zweck. Vielmehr entwickeln sich derzeit ganze IoT-Ökosysteme, die mehrere Services verschiedener Anbieter integrieren.“ Umso wichtiger sei es, die zugrundeliegenden Technologien flexibel genug zu gestalten.

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Elemente einer typischen IoT-Lösung Tresmo

„Der Markt bietet leistungsfähige Plattformen und Edge-Technologien, die allerdings schwer miteinander vergleichbar sind“, so Rodig. Die Anbieter würden sich aus den unterschiedlichsten Spezialgebieten dem Thema IoT nähern, entsprechend differenziert seien ihre Angebote. So haben sich beispielsweise zahlreiche Cloud-Anbieter IoT-spezifischer aufgestellt und bieten nun integrierte Dienste, die die Datenakkumulation und -analyse erleichtern. Besonders das Engagement von Amazon AWS, Microsoft und ­Google kann als nachhaltiges Signal für die Branche verstanden werden: Alle drei Hyperscaler haben ihr IoT-Angebot basierend auf ihrem Cloud-Geschäft in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Das schafft eine starke Konkurrenzsituation zu Dienstleistern, die aus dem Software as a Service (Saas)-Umfeld kommen und die Infrastruktur der Global Player als Backend nutzen.

Edge-Technologien werden leistungsfähiger

Darüber hinaus verschwimmen ­zunehmend die Grenzen zu Anbietern von Edge-Technologien. Hardware-Device-Hersteller liefern zu ihren ­Produkten teilweise ganze Software-Suiten mit, die die Integration mit einem Cloud-Backend ermöglicht und Analyse-Tools ­beinhalten. Anbieter, die hingegen von der Software-Seite kommen, öffnen ihre Lösungen für immer mehr Devices und zertifizieren diese. Durch Kooperationen oder eigene Präferenzen schon bei der Entwicklung der Lösungen, liegen auch den Edge-Angeboten häufig bereits bestimmte Cloud-Backends zugrunde.

Es hängt vom konkreten Anwendungsfall ab, wie leistungsfähig die Controller der datenerfassenden Hardware-Devices sein müssen. Tendenziell erweist es sich als sinnvoll, bereits hier am Übergang ­zwischen Hard- und Software erste ­Analyse- und Steueraufgaben zu realisieren. Die anfallenden Datenmengen sind andernfalls schlicht kaum mehr zu bewältigen oder belasten die Transfer­verbindungen und Cloud-Ressourcen so stark, dass die Kosten hierfür das Projekt gefährden.

Der IoT-Markt ist unübersichtlich

Was bedeutet dieser ausdifferenzierte Markt für die Unternehmen, die mitten in der Planung oder Umsetzung von IoT-Projekten stecken? „Natürlich hat ein großer Wettbewerb Vorteile für die Kunden“, fasst Rodig zusammen. „Aber es ergeben sich auch Stolpersteine.“ Der Markt sei noch verhältnismäßig jung und es werde in den nächster Zeit mit Sicherheit zu Konsolidierungen kommen, insbesondere bei den IoT-Plattformen. Allerdings können sich Anwender mit Hilfe einer gut durchdachten IT-Architektur auch relativ unabhängig von IoT-Plattformen machen. Wichtig ist es in jedem Fall, zum Projektstart die Anforderungen sorgfältig zu erfassen und ein Datenmodell zu entwickeln, welches auch zukünftige neue Anforderungen und Geräte flexibel ermöglicht. Eine solche Datenstandardisierung ist auch essenziell, um die IoT-Lösung möglichst effizient und skalierbar zu realisieren.

Jan Rodig, CEO von Tresmo, nennt fünf Erfolgsfaktoren von IoT-Projekten

1. Augen auf bei der Plattformwahl
IoT-Plattformen sind das zentrale Herzstück einer jeden IoT-Lösung. Es gibt allerdings über 500 verschiedene am Markt, Preise und Funktionalitäten variieren enorm. Wer sich nicht richtig informiert, läuft Gefahr, keine lang­fristig belastbare Plattform für sein Vorhaben zu wählen. Dabei können Probleme auftreten wie Implementierungsschwierigkeiten oder explodierende Plattformkosten, die Verwendung einer zu schwachen Technologie oder das unbewusste Teilen wettbewerbskritischer Daten mit dem Plattformanbieter.

2. Smart Products & Services maßgeschneidert statt “von der Stange”
Wählen Unternehmen eine Lösung “von der Stange” und modifizieren sie für ihre Zwecke, laufen sie Gefahr, sich von der Konkurrenz nur durch unerhebliche Faktoren zu unterscheiden und sich ersetzbar zu machen. Das ­bedeutet nicht, dass es immer einer von Grund auf neu entwickelten Individuallösung bedarf. Es gilt die richtigen Technologie­bausteine intelligent zusammenzufügen und so zu gestalten, dass wettbewerbskritische ­Aspekte geschützt werden.

3. Customer First
90 % aller IoT-Projekte werden aus Unternehmenssicht geplant – so entstehen oft unnötig komplizierte, unpraktische oder schlicht ­überflüssige Produkte, Services und Funktionalitäten, die sich nicht am Markt durch­setzen. Die Basis für die Entwicklung ­relevanter digitaler Angebote sollten Bedürfnisse, Pain Points und Use Cases der ­Ziel­gruppen eines Unternehmens bilden. ­Dazu müssen Unternehmen ­diese in der Tiefe ­analysieren. Mit Hilfe von beispielsweise ­Design Thinking können nah am Kunden und gemeinsam mit ihm iterativ Ideen und ­Prototypen entwickelt werden.

4. Mehrwert vor Business Case
Disruptive Geschäftsmodelle starten nicht mit einem Business Case. Im Mittelpunkt sollte ­zunächst die Suche nach ungelösten großen Problemen stehen. Erst danach sollten Unternehmen sich Gedanken zur Monetarisierung machen. Während viele erfolgreiche digitale Angebote in den USA und Asien auf diesem Weg entstanden sind, steht hierzulande leider allzu oft der kurzsichtige Amortisierungszwang im Weg.

5. Sicherheit geht vor
Bei einer schnellen Markteinführung unter ­Berücksichtigung von Budgetrestriktionen schenken viele Unternehmen der IT-Sicherheit im IoT-Umfeld zu wenig Aufmerksamkeit. Wenn Mindeststandards der Cybersecurity wie eine End-to-End-Verschlüsselung, die se­parate Speicherung von Nutzer- und Betriebsdaten oder die eindeutige Vergabe von Geräte-Kennungen nicht erfüllt werden, machen Unternehmen Hackern das Eindringen leicht – mögliche Folgen: verheerende Imageschäden, Produktionsausfälle oder Datenverluste.

Kerstin Janke

Fachjournalistin aus Berlin

(ml)

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