Trendradar 2026: Halbleiter und Emerging Technologies
Wie sich Halbleiter wandeln und warum Photonik unvermeidlich wird
Die Halbleiterindustrie tritt 2026 in eine neue Phase ein: Speicher wird strategisch, Packaging systemkritisch, Photonik unvermeidlich – und Quantenhardware rückt näher an praktische Anwendungen. Wohin geht die Reise in genau? Unternehmen geben Antwort.
Halbleiterdesign im Wandel, Speicher als strategisches Bauelement und aufkommende Technologien treten in die Praxis ein. Die Trends 2026 im Überblick.xiaoliangge - stock.adobe.com
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Die Trends der Elektoindustrie 2026
Wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit Trends in verschiedenen Bereichen der Elektrotechnik beschäftigt und diese journalistisch eingeordnet. Dazu haben wir bei zahlreichen Unternehmen nachgefragt, um aktuelle Einschätzungen und technische Entwicklungen direkt aus der Praxis zu erhalten. Die folgenden Beiträge geben einen Überblick über die bisher erschienenen Artikel – weitere folgen in den kommenden Wochen.
Speicher wird zum strategischen Architektur-Baustein
Die Rolle des Speichers verändert sich in 2026 fundamental. Swissbit
betont, dass NAND und DRAM längst keine austauschbaren Komponenten mehr sind,
sondern integrale Elemente moderner Systemarchitekturen. KI-, Edge- und
Hybrid-Cloud-Workloads verlangen Speicher, der modular, leistungsstark und
energieeffizient ist und sich nahtlos in datengetriebene Designs einfügt.
Funktionen wie Data-at-Rest-Schutz, Firmware-Integrität und durchgängiges
Lifecycle-Management werden zunehmend zu Differenzierungsmerkmalen, weil sie
langlebige und vertrauenswürdige Systeme ermöglichen.
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Gleichzeitig verschärft sich die Marktlage dramatisch.
Swissbit beschreibt den Beginn eines „Memory Supercycle“: NAND und DRAM geraten
parallel in eine der größten Allokationskrisen seit Jahrzehnten. Hersteller
priorisieren HBM und High-End-NAND, während ältere 2D-SLC/MLC-Generationen
schneller abgekündigt werden. Für 2026 gilt: Die Kapazitäten sind weitgehend
ausverkauft, die Preise steigen massiv und selbst zahlungsbereite Kunden müssen
mit knapper Zuteilung rechnen. Damit wird Speicher nicht nur technologisch,
sondern auch wirtschaftlich zu einem zentralen Engpassfaktor.
Craig Johnson, VP Strategy bei Siemens EDASiemens EDA
Mehr Komplexität in Software und Systemintegration verändert
auch die Art, wie Chips entstehen. Craig Johnson, VP Strategy bei Siemens
EDA, beschreibt den Wandel: „Der traditionelle Ansatz, Chips mit Hardware als
Ausgangsbasis zu entwerfen, verliert zunehmend an Bedeutung. Heutige Halbleiter
müssen von Anfang an so geplant werden, dass sie den Softwareanforderungen
gerecht werden.“
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Virtuelle Chipmodelle erlauben es Entwicklerteams, Software
und Hardware frühzeitig gemeinsam zu optimieren. Das spart Zeit, Kosten und
reduziert Risiken, was ein entscheidender Vorteil angesichts steigender
Komplexität darstellt.
Siemens setzt auf einen vollständigen digitalen Zwilling,
der Mechanik, Elektrik, Software, Fertigung und realen Einsatz verknüpft.
Dieser End-to-End-Ansatz geht über klassische Teilmodelle hinaus und ermöglicht
es, Chips über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern. Parallel
gewinnt 3D-IC-Design an Gewicht, denn Chiplets und vertikale Integration
überwinden Grenzen des Moore’schen Gesetzes. Fortschrittliches Packaging wird
damit zu einem klaren Wettbewerbsvorteil, der domänenübergreifende Optimierung
und robustes Supply-Chain-Management erfordert.
Hochgeschwindigkeitsverbindungen für KI-Rechenzentren
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Advanced-Packaging-Technologien wie z. B. Chiplets gewinnen 2026 zunehmend an Bedeutung.xiaoliangge - stock.adobe.com
Im KI-Zeitalter wird die Datenrate zum dominierenden
Systemparameter. Molex hebt hervor: „Schnelle Verbindungen sind nach wie vor unerlässlich, um
die Geschwindigkeit und Dichte liefern zu können, die für KI-Workloads und
Workloads maschinellen Lernens in modernen Hyperscale-Rechenzentren nötig
sind.“
Innerhalb eines Servergehäuses müssen GPUs, KI-Beschleuniger
und Steuerlogik über Backplane- und Board-to-Board-Lösungen angebunden werden,
die 224 GBit/s PAM-4 unterstützen. Ergänzt wird dies durch steckbare
Hochgeschwindigkeits-I/Os, die heute 400/800 GBit/s ermöglichen und bereits den
Weg zu 1,6 Tbit/s ebnen. Ohne diese Bandbreite lassen sich moderne Trainings-
und Inferenz-Cluster kaum mehr skalieren.
Advanced Packaging zur Systemarchitektur wird
Alexander Gerfer, CTO bei Würth Elektronik EiSosFrank Blümler, Frankfurt, Germany
Mit klassischen Skalierungsansätzen stößt die Industrie an
physikalische Grenzen. Alexander Gerfer, CTO von Würth Elektronik
EiSos, beschreibt die Bedeutung neuer Packaging-Techniken: „Advanced Packaging ermöglicht, immer mehr Funktionen und
Rechenleistung auf kleinstem Raum unterzubringen (3D-Stacking, Chiplets),
reduziert Latenzen und Energieverbrauch zwischen CPU, GPU, Speicher und
Spezialchips und wird zum ‚System Design auf Package-Ebene‘.“
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Die Technologie wird damit zum Enabler für Hochleistungs-KI,
6G und Edge-Hardware. Statt Chips auf Boards zu verbinden, wandern komplette
Systeme ins Package – inklusive Interconnects, thermischer Optimierung und
Energiepfaden. Dieser Trend setzt die Weichen für kompakte, energieeffiziente
und hochperformante Elektronik der nächsten Generation.
Quantentechnologie: Sensorik und Computing werden
praxistauglich
Marie-Pierre Ducharme, Vice President EMEA Marketing & Business Development bei Mouser,Mouser
Neben klassischen Halbleitern rückt 2026 auch
Quantentechnologie weiter in den Vordergrund. Marie-Pierre Ducharme von Mouser erläutert: „Die Quantentechnologie wird auch 2026 ein großes Thema sein, da sie sich in zwei Bereichen weiterhin stetig aus dem Labor herausbewegt. Der erste Bereich sind kompakte, robuste Quantensensoren … Gleichzeitig beginnt das Quantencomputing, erste kommerzielle Arbeitslasten zu bewältigen..“
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Quantum-Sensoren erreichen erste reale Einsatzfelder – etwa
in der medizinischen Diagnostik, der Navigation oder beim Umweltmonitoring.
Parallel beginnt Quantencomputing, erste kommerzielle Workloads zu übernehmen.
Laut Branchenanalysten hat sich das weltweite Investment in Quantencomputing,
Kommunikation und Sensorik im ersten Quartal 2025 mehr als verdoppelt, was
zeigt, dass die Technologie die Schwelle zu anwendungsreifen Plattformen
überschreitet.
Photonik und Optoelektronik: So wird Licht zur
Hochleistungs-Schnittstelle
Die steigenden Datenraten in KI-, Cloud- und
Kommunikationssystemen lassen sich mit Kupfer kaum noch bewältigen. Photonik
wird daher zur Schlüsseltechnologie – mit mehreren Treibern:
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Co-Packaged Optics (CPO) für KI-Cluster
Molex erwartet eine deutliche Zunahme von
CPO-Lösungen, die GPU-zu-GPU-Verbindungen direkt im Package ermöglichen. Die
höhere Bandbreitendichte, der geringere Energieverbrauch und die reduzierten
Signalverluste machen CPO zum logischen Architekturbaustein für Hyperscaler und
KI-Cluster.
Spezialfaseroptik für Medizin, Raumfahrt und Verteidigung
Faseroptik wird aufgrund ihrer EMI-Immunität zunehmend in
MRT-, CT- und Lasertherapie-Systemen eingesetzt. In Satelliten- und
Raumfahrtsystemen ermöglicht sie Datenübertragung über große Distanzen, ohne
dass Signalqualität verloren geht.
Optoelektronik setzt auf Laser, LEDs und Detektoren
Wie Alexander Gerfer erklärt: „Optoelektronik wächst durch Lidar, AR/VR-Displays,
Kamerasensorik und Medical Devices – Licht wird immer öfter zur Schnittstelle
zwischen physischer Welt und Elektronik.“
Optoelektronik kombiniert Elektronik und Photonik auf einem
Chip oder Board und schafft kompakte, energieeffiziente Sensorsysteme für
Automotive, Industrie und Consumer.
Photonik entlastet Rechenzentren
Silicon Photonics ermöglicht extrem hohe Datenraten bei
niedrigerem Energieverbrauch pro Bit – unverzichtbar für KI-Training,
Cloud-Backbones und kommende 6G-Netze. Zusätzlich entstehen neue Mess-, Sensor-
und Imaging-Verfahren, die klassische Elektronik allein nicht leisten kann.
Zusammenfassung
Die Halbleiterwelt durchläuft 2026 einen tiefgreifenden
technologischen Wandel. Speicher wird strategisch, Software definiert
Chiparchitekturen, Packaging wird zur Systemebene, Photonik übernimmt die
Datenraten – und Quantentechnologie nähert sich realen Anwendungen. Die Branche
setzt damit neue Grundlagen für eine vernetzte, KI-getriebene
Elektronikgeneration.