Trendradar 2026: Halbleiter und Emerging Technologies

Wie sich Halbleiter wandeln und warum Photonik unvermeidlich wird

Die Halbleiterindustrie tritt 2026 in eine neue Phase ein: Speicher wird strategisch, Packaging systemkritisch, Photonik unvermeidlich – und Quantenhardware rückt näher an praktische Anwendungen. Wohin geht die Reise in genau? Unternehmen geben Antwort.

3 min
Halbleiterdesign im Wandel, Speicher als strategisches Bauelement und aufkommende Technologien treten in die Praxis ein. Die Trends 2026 im Überblick.
Halbleiterdesign im Wandel, Speicher als strategisches Bauelement und aufkommende Technologien treten in die Praxis ein. Die Trends 2026 im Überblick.

Die Trends der Elektoindustrie 2026

Wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit Trends in verschiedenen Bereichen der Elektrotechnik beschäftigt und diese journalistisch eingeordnet. Dazu haben wir bei zahlreichen Unternehmen nachgefragt, um aktuelle Einschätzungen und technische Entwicklungen direkt aus der Praxis zu erhalten. Die folgenden Beiträge geben einen Überblick über die bisher erschienenen Artikel – weitere folgen in den kommenden Wochen.

Produktive KI: 2026 wird zum Wendepunkt für die Elektronik

Wie sich Halbleiter wandeln und warum Photonik unvermeidlich wird

Speicher wird zum strategischen Architektur-Baustein

Die Rolle des Speichers verändert sich in 2026 fundamental. Swissbit betont, dass NAND und DRAM längst keine austauschbaren Komponenten mehr sind, sondern integrale Elemente moderner Systemarchitekturen. KI-, Edge- und Hybrid-Cloud-Workloads verlangen Speicher, der modular, leistungsstark und energieeffizient ist und sich nahtlos in datengetriebene Designs einfügt. Funktionen wie Data-at-Rest-Schutz, Firmware-Integrität und durchgängiges Lifecycle-Management werden zunehmend zu Differenzierungsmerkmalen, weil sie langlebige und vertrauenswürdige Systeme ermöglichen.

Gleichzeitig verschärft sich die Marktlage dramatisch. Swissbit beschreibt den Beginn eines „Memory Supercycle“: NAND und DRAM geraten parallel in eine der größten Allokationskrisen seit Jahrzehnten. Hersteller priorisieren HBM und High-End-NAND, während ältere 2D-SLC/MLC-Generationen schneller abgekündigt werden. Für 2026 gilt: Die Kapazitäten sind weitgehend ausverkauft, die Preise steigen massiv und selbst zahlungsbereite Kunden müssen mit knapper Zuteilung rechnen. Damit wird Speicher nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich zu einem zentralen Engpassfaktor.

Halbleiterdesign wird softwaredefiniert

Craig Johnson, VP Strategy bei Siemens EDA
Craig Johnson, VP Strategy bei Siemens EDA

Mehr Komplexität in Software und Systemintegration verändert auch die Art, wie Chips entstehen. Craig Johnson, VP Strategy bei Siemens EDA, beschreibt den Wandel: „Der traditionelle Ansatz, Chips mit Hardware als Ausgangsbasis zu entwerfen, verliert zunehmend an Bedeutung. Heutige Halbleiter müssen von Anfang an so geplant werden, dass sie den Softwareanforderungen gerecht werden.“

Virtuelle Chipmodelle erlauben es Entwicklerteams, Software und Hardware frühzeitig gemeinsam zu optimieren. Das spart Zeit, Kosten und reduziert Risiken, was ein entscheidender Vorteil angesichts steigender Komplexität darstellt.

Siemens setzt auf einen vollständigen digitalen Zwilling, der Mechanik, Elektrik, Software, Fertigung und realen Einsatz verknüpft. Dieser End-to-End-Ansatz geht über klassische Teilmodelle hinaus und ermöglicht es, Chips über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern. Parallel gewinnt 3D-IC-Design an Gewicht, denn Chiplets und vertikale Integration überwinden Grenzen des Moore’schen Gesetzes. Fortschrittliches Packaging wird damit zu einem klaren Wettbewerbsvorteil, der domänenübergreifende Optimierung und robustes Supply-Chain-Management erfordert.

Hochgeschwindigkeitsverbindungen für KI-Rechenzentren

Advanced-Packaging-Technologien wie z. B. Chiplets gewinnen 2026 zunehmend an Bedeutung.
Advanced-Packaging-Technologien wie z. B. Chiplets gewinnen 2026 zunehmend an Bedeutung.

Im KI-Zeitalter wird die Datenrate zum dominierenden Systemparameter. Molex hebt hervor: „Schnelle Verbindungen sind nach wie vor unerlässlich, um die Geschwindigkeit und Dichte liefern zu können, die für KI-Workloads und Workloads maschinellen Lernens in modernen Hyperscale-Rechenzentren nötig sind.“

Innerhalb eines Servergehäuses müssen GPUs, KI-Beschleuniger und Steuerlogik über Backplane- und Board-to-Board-Lösungen angebunden werden, die 224 GBit/s PAM-4 unterstützen. Ergänzt wird dies durch steckbare Hochgeschwindigkeits-I/Os, die heute 400/800 GBit/s ermöglichen und bereits den Weg zu 1,6 Tbit/s ebnen. Ohne diese Bandbreite lassen sich moderne Trainings- und Inferenz-Cluster kaum mehr skalieren.

Advanced Packaging zur Systemarchitektur wird

Alexander Gerfer, CTO bei Würth Elektronik EiSos
Alexander Gerfer, CTO bei Würth Elektronik EiSos

Mit klassischen Skalierungsansätzen stößt die Industrie an physikalische Grenzen. Alexander Gerfer, CTO von Würth Elektronik EiSos, beschreibt die Bedeutung neuer Packaging-Techniken: „Advanced Packaging ermöglicht, immer mehr Funktionen und Rechenleistung auf kleinstem Raum unterzubringen (3D-Stacking, Chiplets), reduziert Latenzen und Energieverbrauch zwischen CPU, GPU, Speicher und Spezialchips und wird zum ‚System Design auf Package-Ebene‘.“

Die Technologie wird damit zum Enabler für Hochleistungs-KI, 6G und Edge-Hardware. Statt Chips auf Boards zu verbinden, wandern komplette Systeme ins Package – inklusive Interconnects, thermischer Optimierung und Energiepfaden. Dieser Trend setzt die Weichen für kompakte, energieeffiziente und hochperformante Elektronik der nächsten Generation.

Quantentechnologie: Sensorik und Computing werden praxistauglich

Marie-Pierre Ducharme, Vice President EMEA Marketing & Business Development bei Mouser,
Marie-Pierre Ducharme, Vice President EMEA Marketing & Business Development bei Mouser,

Neben klassischen Halbleitern rückt 2026 auch Quantentechnologie weiter in den Vordergrund. Marie-Pierre Ducharme von Mouser erläutert: „Die Quantentechnologie wird auch 2026 ein großes Thema sein, da sie sich in zwei Bereichen weiterhin stetig aus dem Labor herausbewegt. Der erste Bereich sind kompakte, robuste Quantensensoren … Gleichzeitig beginnt das Quantencomputing, erste kommerzielle Arbeitslasten zu bewältigen..“

Quantum-Sensoren erreichen erste reale Einsatzfelder – etwa in der medizinischen Diagnostik, der Navigation oder beim Umweltmonitoring. Parallel beginnt Quantencomputing, erste kommerzielle Workloads zu übernehmen. Laut Branchenanalysten hat sich das weltweite Investment in Quantencomputing, Kommunikation und Sensorik im ersten Quartal 2025 mehr als verdoppelt, was zeigt, dass die Technologie die Schwelle zu anwendungsreifen Plattformen überschreitet.

Photonik und Optoelektronik: So wird Licht zur Hochleistungs-Schnittstelle

Die steigenden Datenraten in KI-, Cloud- und Kommunikationssystemen lassen sich mit Kupfer kaum noch bewältigen. Photonik wird daher zur Schlüsseltechnologie – mit mehreren Treibern:

Co-Packaged Optics (CPO) für KI-Cluster

Molex erwartet eine deutliche Zunahme von CPO-Lösungen, die GPU-zu-GPU-Verbindungen direkt im Package ermöglichen. Die höhere Bandbreitendichte, der geringere Energieverbrauch und die reduzierten Signalverluste machen CPO zum logischen Architekturbaustein für Hyperscaler und KI-Cluster.

Spezialfaseroptik für Medizin, Raumfahrt und Verteidigung

Faseroptik wird aufgrund ihrer EMI-Immunität zunehmend in MRT-, CT- und Lasertherapie-Systemen eingesetzt. In Satelliten- und Raumfahrtsystemen ermöglicht sie Datenübertragung über große Distanzen, ohne dass Signalqualität verloren geht.

Optoelektronik setzt auf Laser, LEDs und Detektoren

Wie Alexander Gerfer erklärt: „Optoelektronik wächst durch Lidar, AR/VR-Displays, Kamerasensorik und Medical Devices – Licht wird immer öfter zur Schnittstelle zwischen physischer Welt und Elektronik.“

Optoelektronik kombiniert Elektronik und Photonik auf einem Chip oder Board und schafft kompakte, energieeffiziente Sensorsysteme für Automotive, Industrie und Consumer.

Photonik entlastet Rechenzentren

Silicon Photonics ermöglicht extrem hohe Datenraten bei niedrigerem Energieverbrauch pro Bit – unverzichtbar für KI-Training, Cloud-Backbones und kommende 6G-Netze. Zusätzlich entstehen neue Mess-, Sensor- und Imaging-Verfahren, die klassische Elektronik allein nicht leisten kann.

Zusammenfassung

Die Halbleiterwelt durchläuft 2026 einen tiefgreifenden technologischen Wandel. Speicher wird strategisch, Software definiert Chiparchitekturen, Packaging wird zur Systemebene, Photonik übernimmt die Datenraten – und Quantentechnologie nähert sich realen Anwendungen. Die Branche setzt damit neue Grundlagen für eine vernetzte, KI-getriebene Elektronikgeneration.