Trendradar 2026: Software, SDV und Cybersecurity

Wie Software 2026 Systeme, Fahrzeuge und Sicherheit prägt

2026 verschieben sich die Grundlagen der Elektronikindustrie: Software definiert Systeme, Fahrzeuge werden zu Softwareplattformen, RISC-V und Rust verändern Toolchains und Cybersecurity wird durch neue Regularien zum Pflichtbestandteil jeder Entwicklung.

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Der Übergang zu softwaredefinierten Systemen verändert nahezu jede Technologiedisziplin.
Der Übergang zu softwaredefinierten Systemen verändert nahezu jede Technologiedisziplin.

Die Trends der Elektronikindustrie 2026

Wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit Trends in verschiedenen Bereichen der Elektrotechnik beschäftigt. Dazu haben wir bei zahlreichen Unternehmen nachgefragt, um Einschätzungen und technische Entwicklungen direkt aus der Praxis zu erhalten. Hier ein Überblick über die bisher erschienenen Artikel – weitere folgen in den kommenden Wochen.

RISC-V, Rust und die wachsende Bedeutung offener Softwarearchitekturen

Der Wandel hin zu stärker modularen, offenen Systemen beginnt bereits auf der Architekturebene. Anders Holmberg, CTO bei IAR, beschreibt diesen Umbruch so: „Auf der Architekturseite entwickelt sich RISC-V von der Nische zum Mainstream. Dies bedeutet nicht nur eine technische Veränderung, sondern ist eine grundlegende Veränderung unserer Sichtweise hinsichtlich Flexibilität und Offenheit in der Datenverarbeitung.“

Damit wird deutlich, dass sich die Industrie stärker in Richtung frei konfigurierbarer, anpassungsfähiger Architekturen bewegt. Parallel nähert sich die Programmiersprache Rust ihrer produktiven Phase. Holmberg betont: „Die Hype-Phase ist vorbei, und die Realität setzt ein: Die neue Sprache wird Sicherheitsprobleme nicht auf magische Weise lösen, aber sie hat ihren Wert. Dennoch braucht es Zeit, bis Teams sich damit vertraut gemacht haben.“

Offene ISA-Modelle wie RISC-V und moderne Sprachen wie Rust schaffen neue Spielräume – jedoch nicht ohne Lernkurve und strukturelle Veränderungen in den Entwicklungsprozessen.

Von Hardware zu Software: Der Aufstieg softwaredefinierter Systeme

Die zunehmende softwareseitige Steuerung von Funktionalitäten in Embedded- und Echtzeitsystemen verändert ganze Branchen. Dr. Matthias Traub, Managing Director bei Vector Informatik, beschreibt den Paradigmenwechsel:

„Die Elektronikbranche bewegt sich weg von Hardware-zentrierten Architekturansätzen hin zu flexiblen, Software-orientierten Lösungen. Fahrzeuge, Industrieanlagen, Medizintechnik und IoT-Geräte werden zunehmend durch Software definiert.“

Software wird damit nicht nur Funktionslieferant, sondern strategischer Differenzierungsfaktor. Traub ergänzt: „Wir sehen einen klaren Trend hin zu ‚Software-defined Systems (SDS)‘ in allen Branchen. Dies bedeutet konkret: Software wird zum zentralen Treiber für Innovation, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit – sie ist der Schlüssel für die Zukunft jeder Technologiebranche.“

Dieser Wandel verlangt ein neues Verständnis von Entwicklungsprozessen, Wertschöpfung und Systemarchitektur – und erklärt zugleich, warum Plattformlösungen 2026 zu einem der wichtigsten Bausteine werden.

Plattformlösungen als Basis skalierbarer Software-Ökosysteme

Die wachsende Bedeutung vernetzter Softwarelandschaften zeigt sich besonders in der Industrialisierung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Vector sieht Plattformdenken als zentrale Zukunftsstrategie: „Plattformen sind die Basis für skalierbare, vernetzte Software-Ökosysteme. Sie ermöglichen die Integration verschiedener Anwendungen, vereinfachen Entwicklungsprozesse und bilden die Basis für neue Geschäftsmodelle.“

Kerneigenschaften erfolgreicher Plattformen sind Offenheit, Modularität, Skalierbarkeit und die Fähigkeit, Entwicklung und Betrieb gleichermaßen zu unterstützen. Für Unternehmen entsteht dadurch die Grundlage, Software schneller und wirtschaftlicher über Produktgenerationen hinweg zu nutzen.

Welche Rolle moderne Toolchains für komplexe Architekturen erfüllen

Christoph Herzog, Co-CEO und CTO von Tasking
Christoph Herzog, Co-CEO und CTO von Tasking

Die zunehmende Softwarezentrierung bleibt nicht ohne Folgen für Entwicklungstools. Christoph Herzog, Co-CEO und CTO von Tasking, formuliert es so: „2026 wird sich die Branche weiter in Richtung softwaredefinierter Embedded-Geräte entwickeln, insbesondere im Automotive-Bereich angetrieben durch die Elektrifizierung und die Forderung nach einer stets aktuellen Software.“

Je heterogener Architekturen werden, desto höher die Anforderungen an Toolchains. Herzog betont: „Die Zukunft gehört Toolchains, mit denen Entwickler in einem zunehmend komplexen Ökosystem schnell und zuverlässig Innovationen vorantreiben können.“

Sicherheitskritische Compliance, KI-gestützte Workflows und leistungsfähige Analysefunktionen werden damit zu selbstverständlichen Bestandteilen moderner Entwicklungsprozesse.

Wie Software das Automobil der Zukunft definiert

Kaum ein Sektor zeigt den Einfluss softwarezentrierter Architekturen so deutlich wie die Automobilindustrie. Cyril Clocher, Senior Director SoC Division High Performance Computing bei Renesas, beschreibt: „Der Automobilmarkt entwickelt sich rasant, … von hardwarezentrischen zu softwaredefinierten Fahrzeugen.“

Die zentralisierten E/E-Architekturen der kommenden Generation verlangen deutlich höhere Rechenleistung. Clocher erläutert: „Unsere R-Car Gen 5 … bieten bis zu 2000 TOPS Leistung und unterstützen aktuelle KI-Workloads … auf einer skalierbaren Plattform, die nahtlose Software-Wiederverwendung ermöglicht.“

Diese Entwicklungen verkürzen Innovationszyklen und ermöglichen es Herstellern erstmals, Software über Fahrzeugflotten hinweg konsistent zu betreiben und weiterzuentwickeln.

Auch Infineon unterstreicht die Geschwindigkeit des Wandels: „Die Automobilindustrie wird in den kommenden fünf Jahren mehr Veränderungen erleben als in den vergangenen fünfzig – getrieben durch Konnektivität, Elektrifizierung und Automatisierung.“

Der EU Cyber Resilience Act macht Security-Features zum Pflichtprogramm.
Der EU Cyber Resilience Act macht Security-Features zum Pflichtprogramm.

Die Kombination aus zonaler Architektur, skalierbaren Hardwareplattformen, funktionaler Sicherheit und Cybersicherheit wird zur Voraussetzung für konkurrenzfähige SDV-Konzepte. Infineon unterstützt OEMs mit System-Know-how und Tools, um die wachsende Komplexität beherrschbar zu machen.

Cybersecurity wird zum strukturellen Pflichtbestandteil jeder Elektronik

Sicherheitsanforderungen steigen nicht nur wegen wachsender Vernetzung, sondern auch aufgrund verschärfter regulatorischer Rahmenbedingungen. IAR-CTO Anders Holmberg betont: „In 2026 wird einmal mehr Security im Mittelpunkt stehen. Mit dem Inkrafttreten von CRA und NIS2 ist Compliance nicht mehr optional.“ Security-by-Design rückt damit in den Mittelpunkt der Produktentwicklung. 

Auch Swissbit bestätigt diesen Trend. Silvio Muschter, Group CTO, erklärt: „Der EU Cyber Resilience Act macht Security-Features wie Secure Boot, Verschlüsselung und Firmware-Integrität zum Pflichtprogramm.“

Patch-Management, sichere Update-Prozesse und Hardware-Root-of-Trust werden zu zentralen Qualitätskriterien, die über Marktzugang und Ausfallsicherheit entscheiden.

Silvio Muschter, Group CTO von Swissbit
Silvio Muschter, Group CTO von Swissbit

Stefan Schneider, Geschäftsführer der TQ-Group, betont die steigende Nachfrage nach Sicherheitslösungen: „Das Bedürfnis nach Sicherheit äußert sich aktuell in vielen Branchen … neue Regularien wie der Cyber Resilience Act (CRA) und die Radio Equipment Directive (RED) stellen hohe Anforderungen an die Cybersecurity.“

Stefan Schneider, Geschäftsführer der TQ-Group
Stefan Schneider, Geschäftsführer der TQ-Group

Sektoren wie Medizintechnik, Luftfahrt und Verteidigung sind dabei besonders betroffen. Vector Informatik fasst die Konsequenzen zusammen: „Mit der zunehmenden Vernetzung von Fahrzeugen, Industrie und Smart Devices steigt die Angriffsfläche dramatisch. Sicherheit ist kein Add-on (mehr), sondern Grundvoraussetzung jeder Elektroniklösung.“

Damit wird Cybersecurity zu einer Kernfunktion, die jedes SDS- und SDV-System erfüllen muss – nicht als Erweiterung, sondern als unverzichtbarer Bestandteil der Architektur.

Offene Architekturen und sichere Systeme prägen 2026

Der Übergang zu softwaredefinierten Systemen verändert nahezu jede Technologiedisziplin. Offene Architekturen, leistungsfähige Toolchains, skalierbare Plattformen und neue Sicherheitsanforderungen prägen 2026 die Elektronikentwicklung. Ob SDV, Industrieanlagen oder IoT – Software wird zum Gestaltungselement für Funktionalität, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit.