Von der Dampfmaschine bis zur Künstlichen Intelligenz: immer wieder haben technologische Fortschritte die Automatisierung vorangetrieben. Wir stellen die Köpfe vor, die hinter den Erfindungen standen.

Von der Dampfmaschine bis zur Künstlichen Intelligenz: immer wieder haben technologische Fortschritte die Automatisierung vorangetrieben. Wir stellen die Köpfe vor, die hinter den Erfindungen standen. (Bild: Adobe Stock / Mdisk)

Von Zeitgenossen wird er als zurückhaltend, bescheiden und freundlich beschrieben: der schottische Mechaniker und Ingenieur James Watt (1736 bis 1819). Mit der Ertüchtigung der Dampfmaschine für eine industrielle Nutzung war er mit Sicherheit einer der wichtigsten "Helden der Automatisierung".

Watt wird 1736 in der schottischen Hafenstadt Greenock geboren. Sein Vater ist Schiffsausstatter und Hersteller von nautischen Instrumenten. Das prägt den kränklichen Jungen von Kindesbeinen an. Er zeigt Talent für Mathematik, die Eltern hoffen auf eine akademische Karriere. Daraus wird nichts, denn geschäftlicher Misserfolg lässt die Familie verarmen. Eine Mechanikerlehre in London bricht er vorzeitig ab: Er ist der Meinung, dass er dort nichts mehr lernen kann.

Die Radierung von James Scott zeigt James Watt bei seinen Experimenten zur Verbesserung der Dampfmaschine.
Die Radierung von James Scott zeigt James Watt bei seinen Experimenten zur Verbesserung der Dampfmaschine. (Bild: Creative Commons (CC BY 4.0))

Er kehrt zurück nach Schottland, kann aber wegen der abgebrochenen Ausbildung keine eigene Werkstatt eröffnen. Stattdessen bekommt er 1757 eine Stelle als Instrumentenmacher an der Universität von Glasgow - vielleicht der entscheidende Wink des Schicksals im Leben von James Watt. Denn seine kleine Werkstatt entwickelt sich schnell zum Treffpunkt von Professoren und Studenten. Zu den Freunden, die er dort fand, gehörte auch der Ökonom Adam Smith.

Doppelt so effizient wie Pferdepumpen

1764 soll James Watt das Modell einer atmosphärischen Dampfmaschine reparieren, die der britische Schmied Thomas Newcomen zum Abpumpen von Grundwasser aus Bergwerken um 1710 entwickelt hat. Bei ihnen entsteht durch die Abkühlung des Dampfes im Zylinder ein Unterdruck, der einen Kolben bewegt. Ein klarer Fortschritt - in mehrfacher Hinsicht - zu den von Pferden angetriebenen Pumpen, die das Wasser nur aus halb so tiefen Schächten an die Oberfläche befördern können.

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Doch Newcomens Maschinen brauchen große Mengen an Kohle, sind wenig effizient und vor allem unzuverlässig. Das muss auch Watt feststellen. Er, ein stiller Perfektionist, sieht die vielen Probleme von Newcomens Konstruktion - und macht sich an die Arbeit. Und zwar auf seine ganz typische Art: Um wissenschaftliche Schriften zur Wärmetheorie lesen zu können, lernt Watt sogar Deutsch.

Genialer Konstrukteur, mieser Geschäftsmann

Die Arbeit trägt Früchte: Um das ineffiziente wechselweise Aufheizen und Abkühlen des Zylinders zu vermeiden, fügt Watt einen zusätzlichen externen Behälter zur Kondensation des Dampfes hinzu, den Kondensator. Zugleich wird der heiße Dampf in einem "Steam-Jacket" zunächst um den Zylinder herumgeführt, um diesen zu beheizen. Beseelt von seinen Fortschritten gibt er die Arbeit an der Universität auf, um sich ganz der Arbeit an der Dampfmaschine zu widmen. Doch so genial Watt als Ingenieur ist, so schlecht ist er als Geschäftsmann. Ihm wird der Satz zugesprochen: : „Ich will mich lieber vor eine geladene Kanone stellen, als Rechnungen aufstellen und Geschäfte
machen.“

Diese Folge von Terra X auf Youtube zeigt die Geschichte von James Watt und der Dampfmaschine

Obwohl er nebenbei als Feldvermesser arbeitet, häuft er schnell große Schulden an. Das Blatt wendet sich erst 1769, als er in dem Eisenfabrikanten John Roebuck einen Förderer findet, der ihm die Anmeldung des Patents Nr. 913 „A New Invented Method of Lessening the Consumption of Steam and Fuel in Fire Engines.“ ermöglichte.

Im gleichen Jahr wird sein Sohn James geboren. Er ist das einzige von vier Kindern von Watt und seiner Jugendliebe Margaret Miller, das überlebt.

Kanonenrohrtechnik für Dampfzylinder

Nach einer Insolvenz von Roebuck übernimmt zum Glück der Industrielle Matthew Bolton dessen Anteile an Watts Erfindung. Es kommt zur Gründung des Unternehmens  Boulton & Watt.  1776 wird die erste einsatzfähige Dampfmaschine nach dem Design von James Watt in der Fabrik von John Wilkinson installiert. Mit seiner Bohrtechnik für Kanonenrohre optimiert Wilkinson auch die Herstellung von Dampfmaschinenzylindern.

Auch Watt hört nicht auf damit, die Dampfmaschine zu verbessern:

  • 1781 entwickelt er das Kreisschubgetriebe - ein Planetengetriebe, das den Kolbenhub in eine Drehbewegung umwandelt.
  • 1784 erfindet er das Wattsche Parallelogramm, das er selbst als seine größte Erfindung ansah: Ein Koppelgetriebe zur Umwandlung einer rotatorischen Schwenkbewegung in der Ebene in eine angenähert geradlinige Bewegung. Mit seiner Hilfe konnte der Zylinder seiner Maschine nacheinander von beiden Seiten mit Dampf angeströmt werden.
  • 1788 adaptiert er den schon bei Windmühlen eingesetzten Fliehkraftregler für die Verwendung mit der Dampfmaschine.

Durch seine Erfindungen konnte Watt den Wirkungsgrad der Dampfmaschine verdreifachen ... von 1 auf 3 Prozent.

Während sich Watt im Jahr 1800 aus dem Unternehmen zurückzieht und in seinem Landhaus bei Birmingham an neuen Erfindungen tüftelt, tritt die von ihm optimierte Dampfmaschinen ihren weltweiten Siegeszug an und wird zur Triebfeder der Industriellen Revolution. James Watt stirbt im August 1819.

Der Autor: Peter Koller

Peter Koller
(Bild: Hüthig)

Gelernter Politik-Journalist, heute News-Junkie, Robotik-Afficionado und Nerd-Versteher. Peter Koller liebt den Technik-Journalismus, weil es das einzige Themengebiet ist, wo wirklich ständig neue Dinge passieren. Treibstoff: Milchschaum mit Koffein, der ihn bei seiner neuen Aufgabe als Chefredakteur der IEE unterstützt.

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