Tesla kündigt an, 75% weniger SiC einzusetzen

75% weniger SiC: das war eine Ankündigung, die Tesla auf seinen Investor Days 2023 machte. Auch an anderer Stelle will der Autobauer sparen. (Bild: https://www.youtube.com/live/Hl1zEzVUV7w?feature=share&t=4636)

Allein der Name weckte große Erwartungen: Als Masterplan Part III hatte der Tesla-CEO den Investor Day 2023 angekündigt. Doch am Ende gab es außer langen Gesichtern wenig. Das Teslamag spricht sogar von einem Misserfolg.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen gab es weder ein neues Tesla-Modell noch wirklich neue Technologien. Zum anderen sorgten die Aussagen des Vice President Powertrain Engineering, Colin Campbell, auch andernorts für negative Schlagzeilen. Mit der Ankündigung, künftig 75 Prozent weniger Siliziumkarbid (SiC)-Chips einsetzen zu wollen, verloren die Aktien der Zulieferer an Wert. So fiel der Aktienkurs von Wolfspeed von einem Tag auf den anderen um fast 9%. Das Unternehmen hat sich auf SiC-Halbleiter spezialisiert und kürzlich beschlossen, gemeinsam mit ZF eine eigene SiC-Fabrik im Saarland zu bauen. Die Ankündigung von Musk ist auch deshalb überraschend, weil SiC mit seinem hohen Wirkungsgrad als die Power-Technologie schlechthin gilt. Zudem hatten sich 2022 Unternehmen wie Stellantis, Jaguarund BorgWarner SiC-Kapazitäten gesichert, eben bei Wolfspeed, aber auch bei Infineon.

Eine Erklärung könnte sein, dass Tesla der erste Automobilhersteller war, der 2017 ein komplettes SiC-Leistungsmodul in sein Model 3 integrierte. Das heißt, Tesla hat mit SiC bereits viele Erfahrungen gesammelt. Laut Campbell ist SiC nämlich schwer skalierbar und teuer. Zudem hätten sie eine Lösung gefunden, um mit weniger SiC auszukommen. Eine Möglichkeit wären beispielsweise SiC-Silizium-IBGT-Hybride.

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Auf welche Motoren Tesla setzt

Zunächst ein kurzer Blick in die Geschichte: Die ersten Fahrzeuge von Tesla, darunter das ursprüngliche Model S und Model X, nutzten einen Induktionsmotor mit einem Kupfer- oder Aluminiumkäfig auf dem Rotor (dem rotierenden Teil des Motors). Mit der Einführung des Model 3 im Jahr 2017 wurde ein Permanentmagnetmotor (PM-Motor) eingeführt, bei dem starke Magnete das Magnetfeld auf dem Rotor erzeugen. Während für den Sekundärantrieb weiterhin ein Asynchronmotor verwendet wird (der bei Bedarf für zusätzliche Beschleunigung sorgt), ermöglichte der Wechsel zum PM-Design eine höhere Effizienz und Leistungsdichte. Nach Angaben von IDTechEx werden PM-Motoren im Jahr 2022 mehr als 80 % des Marktes für Elektrofahrzeuge ausmachen.

Seltene Erden sind ein Problem für Permanentmagnetmotor

Der Nachteil von PM-Motoren sind die Materialien, die für die Herstellung der Magnete verwendet werden, nämlich Seltene Erden. Dazu gehören Materialien wie Neodym und Dysprosium, die sehr teuer sind und eine geografisch eingeschränkte Lieferkette haben. Der überwiegende Teil der weltweiten Produktion entfällt nämlich auf China, was in der Vergangenheit zu schwankenden Preisen geführt hat. Im Jahr 2011 schränkte China die Ausfuhr von Seltenen Erden ein, woraufhin die Preise für Neodym und Dysprosium um etwa 750 % bzw. 2000 % stiegen. Gegen Ende des Jahres 2020 begannen die Preise wieder zu steigen, wobei der Preis im Jahr 2022 im Durchschnitt etwa 2,6-mal so hoch sein wird wie im Jahr 2017.

Neben den Preisbedenken gibt es auch Umweltbedenken. Beim Abbau von Seltenen Erden können Abwässer entstehen, die den umliegenden Boden und das Grundwasser versauern lassen. Radioaktive und schwermetallhaltige Abfälle sind ein weiteres gefährliches Nebenprodukt des Seltenerdbergbaus.

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Auf welchen Motorentyp andere OEMs setzen

Einige Hersteller wie Audi und Mercedes haben sich für Induktionsmotoren entschieden, um Probleme mit elektrostatischer Entladung zu vermeiden, und BMW und Renault haben sich für eine gewickelte Rotorkonfiguration entschieden. Diese Konstruktionen sind in der Regel schwerer und insgesamt weniger effizient, aber es wurden große Fortschritte erzielt, um diese Nachteile zu minimieren.

Tesla hat angedeutet, dass sein neuer Motor frei von Seltenen Erden sein wird, aber es handelt sich immer noch um einen PM-Motor. Einige Hersteller, darunter auch Tesla, haben den Gehalt an Seltenen Erden, insbesondere an schweren Seltenen Erden, in PM-Motoren kontinuierlich reduziert. Um frei von Seltenen Erden zu sein, sind jedoch alternative Magnetmaterialien wie Ferritmagnete oder andere Legierungen erforderlich. Diese haben in der Regel ein wesentlich schwächeres Magnetfeld, was zu einem Motor mit geringerer Leistungsdichte führt.

Wie Tesla den Einsatz Seltener Erden verringen will

Es gibt mehrere Strategien, die Tesla für diesen Übergang weg von Seltenen Erden hätte anwenden können. Laut IDTechEx ist eine Kombination aus der Entwicklung von magnetischen Legierungen zur Verbesserung der Feldstärke und der Vergrößerung des Motors zur Erzielung einer ähnlichen Leistung ohne Beeinträchtigung der Leistungsdichte wahrscheinlich. Die Fahrer würden dies nicht bemerken, es sei denn, es würde sich auf die Leistung oder den Laderaum auswirken.

Die genauen Details des neuen Designs oder der verwendeten Materialien werden erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben, aber es wird interessant sein zu sehen, ob der Rest des Elektrofahrzeugmarktes diesem Beispiel folgen wird (und kann). Angesichts der nach wie vor enormen Präsenz von Tesla auf dem Markt für Elektrofahrzeuge (EV) könnte dies eine bedeutende Veränderung für das Design und die Nachhaltigkeit von Elektromotoren bedeuten. Der Verzicht von Tesla auf Seltenerdmagnete allein könnte sich zwar auf die Gesamtnachfrage auswirken, aber wenn andere Automobilhersteller eine ähnliche Strategie verfolgen, könnte dies eine bedeutende Marktverschiebung hin zu einer nachhaltigeren und weniger preisempfindlichen Alternative zu Seltenerdmagneten bedeuten.

Zugegeben, die Pläne von Tesla wurden von anderen Automobilherstellern gerne als Schnapsidee belächelt. Deshalb sollte man nicht zu früh abwinken, wenn solche Ankündigungen aus Austin kommen.

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