Europa verfügt über eine veraltete installierte Basis von 277 Millionen Stromzählern. Die größte Markteinführung intelligenter Stromzähler läuft derzeit in Italien: Hier geht es um 33 Millionen Stück. Schweden und die übrigen nordischen Länder haben ihre Markteinführungen weitgehend abgeschlossen, Spanien ist mittendrin. Insgesamt sind in Europa annähernd 50 Millionen digitale Stromzähler installiert. In Großbritannien verzögert sich die Umstellung und das Investment von 13 Milliarden Euro soll erst bis zum Herbst 2015 zum Tragen kommen, auch Frankreich braucht noch länger. Dieser Ausflug in die Marktlage erklärt, wie hoch die technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen tatsächlich sind, aber auch wie groß die Chancen.
In der Folge sind die Hersteller digitaler Stromzähler weiter auf der Suche nach optimalen Zulieferteilen, vor allem wenn kritische Funktionen betroffen sind. Eine wichtige Komponente, die manchmal erst gegen Ende des Designzyklus bedacht wird, ist das bistabile Relais zum Ein- und Ausschalten der Hauptstromkreise: Die Fernabschaltfunktion in einem Smart-Meter ist eine Anforderung der Smart-Grid-Initiative der Elektrizitätswirtschaft. Um Stromzähler mit niedrigstem Eigenverbrauch zu entwickeln, ist ein bistabiles elektromechanisches Relais mit höchsten elektrischen Anforderungen in einem kompakten Gehäuse wünschenswert (Bild 1). Im Allgemeinen finden sich bistabile Relais in Energiemanagement-Anwendungen wie dem Lastmanagement, der Tarif-Umschaltung sowie der Ein-/Ausschaltfunktionen beim Vorauszahlungsverfahren.
Smart-Meter
Das Gesetzgebungsverfahren durch die Europäische Union ist derzeit der wichtigste Treiber für die Einführung intelligenter Messsysteme in allen Mitgliedsstaaten. In der Folge ist das Geschehen rund um Smart-Meter in einigen Ländern in eine dynamische Phase eingetreten: Die Gesetzgeber müssen ihre Rechtsvorschriften im Energiebereich an das dritte EU-Energiebinnenmarkt-Paket und die Energy-Services-Richtlinien 2009/72/EG und 2006/32/ED anpassen.
Die Länder sind sehr aktiv dabei, auf moderne elektronische Energiemessung umzustellen um die Stromnetze zu modernisieren sowie den Gehalt und die Qualität von Informationen für Netzbetreiber und Verbraucher zu verbessern. Diese Modernisierung der Stromnetze ist notwendig für die Integration variabler Stromquellen wie Sonnen- und Windenergie. Ein intelligentes Netz optimiert die Stromerzeugung durch das Austarieren von Angebot und Verbrauchernachfrage. Im Zuge der Smart-Meter-Markteinführung in Europa durchdenken einige Länder, darunter Deutschland, die Kosten-Nutzen-Analyse einer nationalen Markteinführung, während andere die Absicht verfolgen, wenigstens 80 % der geforderten Markteinführung bis 2020 zu erreichen.
Last-Gebrauchskategorie
Für Schütze und Hilfsschütze legen die IEC 947-4-1 und IEC 947-5-1 verschiedene Gebrauchskategorien fest. Für besondere Anforderungen bei Wirkverbrauchszählern (Klassen 1 und 2) fordert die IEC (International Electrotechnical Commission) nach IEC62055-31 eine Lebensdauer von mindestens 15 Jahren. IEC62055 wurde erst kürzlich eingeführt; sie ist eine Erweiterung der IEC 62052-11 und entsprechender Standards. Eines der Merkmale der IEC 62055-31 sind die Leistungsanforderungen an das Lastschaltvermögen als Teil eines Zahlungssystems. Diese Anforderungen hängen von der Gebrauchskategorie ab, die der Hersteller wählt.
Auf einen Blick
Smart-Meter müssen besondere Anforderungen erfüllen – das beginnt bei der Sicherheit gegen Überspannung, dem Schutz vor Manipulationen und der Langlebigkeit. All das wirkt sich auf die Relais aus, die den Strompfad auch abschalten können. Sie dürfen nicht ausfallen, sich nicht erhitzen und keinesfalls mit simplen Magneten von außen schalten lassen. Omron stellt seine Lösung hierfür vor.
Die Gebrauchskategorie definiert die Überstrombelastbarkeit eines Bauteils, die es bestehen muss, bis die eingesetzten Schutzschalter oder Sicherungen auslösen. Erfahrungen mit gelegentlichen Überströmen, ob absichtlich oder versehentlich erzeugt, haben gezeigt, wie wichtig es für Stromzähler ist, diesen Lasten zu widerstehen und einen tatsächlich sicheren Betrieb zu gewährleisten. Die Messgerätehersteller wählen die Gebrauchskategorie (UC, Utilization Category) nach Anforderungen ihrer jeweiligen Kunden und integrieren das entsprechend mit ihrem eigenem Design. Die IEC 62055-31 nennt folgende Gebrauchskategorien für Zähler zur Kostenerfassung:
- UC1: Basisanforderungen definiert in IEC 62052 part11
- UC2: 2,5 kA Überlaststrom (dreimal am selben Muster)
- UC3: 3,0 kA Überlaststrom (dreimal am selben Muster)
- UC4: 4,5 kA Überlaststrom (dreimal am selben Muster)
Die Kontakte müssen dabei nach jedem Versuch öffnen, jegliches Verschweißen ist unzulässig. Als kritische Komponente im Strompfad muss auch das bistabile Relais zur jeweiligen UC-Gebrauchskategorie passen. Der Zählerentwickler oder -hersteller wird seine Forderungen mit dem Relaishersteller diskutieren, um eine geeignete gemeinsame Gebrauchskategorie zu bestimmen. Die UC-Fähigkeit eines Relais hängt von Faktoren wie optimalem Design, guter Verarbeitung und hochwertiger Materialien ab.
Geringe Strompfadimpedanz
Innerhalb der Leistungsrelaisstruktur (Bild 2) spielt der eigene integrierte Relais-Strompfad eine große Rolle. Das Federsystem, das Kontaktdesign (die Form) und die Art des Materials sollte man daher als ein gesamtes Stromflusssystem betrachten. Die zu diesem Zweck entwickelte und optimierte Kontaktstruktur trägt wesentlich zur allgemeinen Belastbarkeit und Langlebigkeit bei. Standard-Leistungsrelais sind aus diesem Grund nicht einsetzbar, denn sie verfügen nicht über die entsprechenden Anker und mechanischen Kontaktsysteme, welche eine optimale Stromführung und Abschaltleistung von hohen Wechselströmen ermöglichen.
Ein sehr geringer und stabiler (also wiederholbarer) Kontaktwiderstand ist höchst wünschenswert um die Eigenerwärmung so gering wie möglich zu halten. Um das zu erreichen, müssen thermisch bedingte Auswirkungen sowie Oxidation und Korrosion vermieden werden. Ein entsprechendes Design verlängert auch die Lebensdauer des Relais, während es seine allgemeine Charakteristik beibehält. Omron verwendet typischerweise ein Design, welches eine gut leitende Kupferschiene nutzt um den beweglichen Kontakt, mit doppelter Feder, zu verbinden und zu fixieren. Diese ist in kurzem Abstand zum benachbarten festen Teil des Schließerkontakts angeordnet, so dass sich nach Spulenimpulserregung die Kontakte verbinden können.
Die Kupferschiene wird mit der Kontaktfeder vor der Montage vorgeformt. Sie muss gewisse Toleranzen einhalten um den richtigen Kontaktdruck sowie das volle Durchziehen zu gewährleisten. Andernfalls könnte es zu Kontaktstörungen kommen.
Weniger Teile für mehr Leistung
Die Konstruktion im Strompfad, mit einer einzelnen Kontaktpille und wenigen Teilen, entweder geschweißt oder genietet, hilft die Impedanz niedrig zu halten. Ein Kontaktniet füllt perfekt die innere Oberfläche des gestanzten Lochs aus, wodurch eine gasdichte Verbindung entsteht. Dies ist die beste Lösung um eine niedrige Impedanz zu erzielen. Außerdem tragen vernietete Kontakte zu einer gleichförmigen Stromführung bei. Besondere Vorsicht kommt den festen und beweglichen Kontaktsitzen sowie deren Anordnung zu. Durch zu niedrige Kontaktkräfte können Kontakte vibrieren, was zum Abbrennen führen kann.
Die Stromschiene innerhalb der Zähler selbst ist in der Regel angepasst konstruiert und kann über zusätzliche Abschnitte aus Kupfer oder Messing verfügen, die vernietet oder verschweißt sind. Auch die Stromschienenkonfiguration hat einen Einfluss auf die Eigenerwärmung und dadurch auf Lebensdauer und Kosten. Es empfiehlt sich daher, dass sich Smart-Meter-Entwickler und -Hersteller mit dem ausgewählten Relaislieferanten frühzeitig in ihrer Entwicklungsphase zusammensetzen.
Omron verwendet einen Dreh-Anker mit einer Linearbewegung auf die Ankerplatte, welche die elektrische Energie der Spule auf die vorgespannte, mechanische Kontaktanordnung überträgt. Der Dreh-Anker ist symmetrisch justiert. Dank seiner wirksam zentrierten Masse ist er etwa im Gleichgewicht sowohl mit der Schwerkraft (statisch) als auch mit den beschleunigenden Kräften (dynamisch). Solch ein System hat weniger beschleunigende Kräfte im Betrieb und den zusätzlichen Vorteil, dass es sehr robust gegen Stöße und Vibrationen ist.
Manipulationsfestigkeit
Nach den Code of Praxis (Verfahrensregeln) für besondere Gestaltung und andere Merkmale von Wechselstromzählern für Wirkverbrauchszähler (MID-Genauigkeitsklasse A und B) für den Einsatz in Großbritannien (BS7856:2013) soll beispielsweise ein externer Magnet keinen Schaltvorgang des bistabilen Relais auslösen können. Um in der Praxis eine Schalthandlung auszuführen, beabsichtigt oder unbeabsichtigt, ist eine sehr große Menge an konzentriertem Magnetismus erforderlich. Ein elektromechanisches Relais ist unter solchen Umständen immer gefährdet. Der Relaishersteller optimiert daher das Spulensystem und unternimmt Schritte, um magnetische Wechselwirkungen zu reduzieren, die unter normalen Nutzungsbedingungen zu erwarten sind.
Der beste Ansatz zur Minimierung der elektromagnetischen Störungen ist die sorgfältige Prüfung bei der Anordnung innerhalb der Gehäuseabmessungen. Bei der Wahl der Befestigung relativ zum inneren Rand des Gehäuses sollte ein Magnetfeld von 200 mT wahrscheinlich ausreichend sein. Allerdings wird es für Entwickler von Stromzählern praktischer sein, mit dem Relaishersteller dessen Leitlinien für die magnetische Auswirkung auf das gewählte Relais zu nutzen, um eine optimale Anordnung festzulegen und eine Lösung gemeinsam zu erarbeiten.
Abmessungsfragen
Moderne intelligente elektronische Stromzähler sind in der Regel halb so groß wie die auslaufenden elektrodynamischen Modelle (Bild 3). Die Entwickler legen daher verstärkt Wert darauf, kompakte bistabile Relais einzusetzen. Als Hersteller integriert Omron einige platzsparende Eigenschaften, die größere Schaltleistung in kleineren Gehäusen ermöglichen. Der Trend zu immer kleineren bistabilen Relais hat in der letzten Zeit dazu geführt, Relais horizontal als auch vertikal zu entwickeln, mit einem minimalen Verlust von Leiterplattenfläche. Die Realisierung solcher Abmessungen ist nicht ungewöhnlich: 100 A in Packungsgrößen mit 38 x 30 x 11 mm.
Da sich die Smart-Meter-Markteinführung in Europa weiter beschleunigt, sind bald Smart-Meter-Designs einer zweiten und dritten Generation mit erhöhter Funktionalität zu erwarten, die dem Wunsch nach Export, Lagerung und anderweitige Zusatznutzung von Energie entgegenkommen.
Der Trend zu erneuerbaren Energien aus Sonne und Wind lassen neue Anforderungen an Funktionen und Anschlusstechnologien erwarten. Hier sind elektromechanische Relais einzigartig aufgestellt um diesen Herausforderungen zu begegnen. Kein halbleiterbasiertes Schaltelement ist in der Lage, die sehr harten nicht-kontrollierten Umwelt- und Betriebsbedingungen mit gleichwertig hoher Spannungsfestigkeit, hoher Überlastfähigkeit und hohen Fehlerströmen beim Schalten ohne teure zusätzliche Schutzmaßnahmen standzuhalten.
Steve Drumm
(lei)