Die PC-Hersteller verwendeten in den 1990er Jahren MOSFETs in SO8-Gehäusen (Bild 1) als Leistungsschalter für die Mikroprozessoren von Computern. Im Vergleich zu aktuellen Gehäusen ist das SO8 (small outline, 8 Pins) in seiner Wärmeableitung eingeschränkt, denn auf der Unterseite hat es noch kein freiliegendes Kupferpad. Außerdem haben die innen verwendeten dünnen Bonddrähte einen relativ hohen ohmschen Widerstand was sie recht ineffizient macht.
In den 90er Jahren war dies jedoch noch kein großes Problem: Aufgrund der technologischen Grenzen der damaligen Halbleiterverarbeitungstechnologie stellte der Widerstand des Siliziumchips den Hauptfaktor für den Gesamt-RDS(on) eines MOSFETs dar. Die Anzahl der Transistoren und die Betriebsfrequenz von Mikroprozessoren stieg stetig an, was zu einem höheren Strombedarf führte, während die erforderliche Versorgungsspannung auf unter 1 V sank. Somit mussten die MOSFET-Leistungsschalter bald in der Lage sein, Spitzenströme von bis zu 120 A, 190 A und mehr zu schalten. Bei diesen Stromstärken war das SO8-Gehäuse nicht mehr in der Lage, die durch die internen I2R-Verluste entstehende Wärme adäquat abzuleiten. Aus diesem Grund wechselte die Industrie zum DPAK-Gehäuse (Bild 2), das auf der Unterseite über eine Kupferplatte verfügt, um die Wärmeübertragung vom Gehäuse auf die Leiterplatte zu verbessern. Das DPAK (Decawatt Package) benötigte allerdings eine viel größere Grundfläche als SO8. Als die zu versorgenden Mikroprozessoren immer größer und schneller wurden, benötigten sie größere, mehrphasige Stromversorgungen, um den Betriebsstrombedarf zu decken. Dies machte mehrere, parallele MOSFET-Schalter notwendig. Die Notwendigkeit eines deutlich kleineren Gehäuses als DPAK mit sehr guter thermischer Leistung wurde offensichtlich.
Dieser Bedarf nach mehr Leistung bei gleichzeitiger Beibehaltung einer kompakten Grundfläche der Stromversorgung inspirierte die Entwicklung der nächsten Generation von MOSFET-Gehäusen. Diese kombinieren die beliebten Dimensionen des SO8-Gehäuses mit einem freiliegenden Kupferpad wie beim DPAK. Die internen Bonddrähte des Standard-SO8-Gehäuses waren dabei die größte Herausforderung, da sie die thermische Leistung enorm einschränkten. Um die Leistung des großen DPAK in der Größe des SO8 zu ermöglichen wurden die Bonddrähte durch einen großen Kupferclip ersetzt. Dieser ist an der Source-Metallisierung auf der Oberseite des Chips befestigt und senkt sowohl den Wärmewiderstand zwischen Chip und Umgebung als auch den elektrischen Einschaltwiderstand (RDS(on)) des Bauteils erheblich.
Und so kam 2002 das „verlustfreie Gehäuse (loss-free package)“ auf den Markt: Ein 25-V-MOSFET im LFPAK56 Gehäuse (Bild 3), benannt nach den Abmessungen – 5 mm × 6 mm. Mit vier Pins auf einer Seite – wie beim SO8 – und einer einzigen großen Lasche auf der gegenüberliegenden Seite hatten diese MOSFETs einen vergleichbaren RDS(on) und maximalen Drainstrom zu ähnlichen Bauteilen, die bereits im deutlich größeren DPAK auf dem Markt waren. Trotz einer mehr als halbierten Grundfläche von nur 30 mm2, (DPAK: 70 mm2) steht die thermische Leistung von LFPAK-MOSFETs den DPAK-Bauteilen in nichts nach.
Die Sicht der Branche wandelt sich
Die Reaktion des Marktes auf diese Innovation war eher verhalten. Wie ein Gehäuse die gleiche thermische Leistung wie ein doppelt so großes könne, war eine häufig gestellte Frage. Skepsis gab es auch hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Clipbefestigung, die mit dem Source-Anschluss verlötet ist. Doch tatsächlich ist der Kupferclip zuverlässiger, weil er Bereiche mit hoher Stromdichte und Temperatur-Hotspots an den Befestigungsstellen der Bonddrähte eliminiert (Bild 4).
Zuverlässigkeits- und thermische Leistungstests zeigten schnell, dass LFPAK die angegebene Leistung erbringt. Der wirkliche Durchbruch aber kam, als LFPAK56 die AEC-Q101-Rev D-Qualifizierung für den Einsatz in Automobilanwendungen erhielt. Die Erfüllung der anspruchsvollen Standards dieser Branche gab Anwendern große Sicherheit für den Einsatz in anderen Applikationen.
Eine so große Innovation sorgte – vor allem wegen der großen Platzeinsparung – selbstverständlich für große Beliebtheit des LFPAK56 bei Herstellern von Subsystemen für Automobil-OEMs. Bei den jüngsten Tests für die AEC-Q101-Rev D-Qualifizierung übertraf LFPAK die Anforderungen in allen Tests – die Spezifikation für den Highly Accelerated Stress Test (HAST) übertraf es sogar um das 17-fache. Bei einigen Tests war es fast unmöglich, einen einzelnen Geräteausfall zu verursachen, da die Testplatinen noch vor den zu testenden Bauteilen ausfielen!
Mit den kontinuierlichen Fortschritten in der Halbleiterprozesstechnologie ist der chipfreie Gehäusewiderstand zu einem immer wichtigeren Faktor geworden, der den RDS(on) des gesamten Bauelements bestimmt. LFPAK wird dadurch immer beliebter, denn der niedrige ohmsche Widerstand ermöglicht es Herstellern, die überlegene Leistung der neuesten ICs zu nutzen.
Was kann LFPAK heute?
Auf das LFPAK56 folgten schon bald das LFPAK88 mit einer Größe von 8 mm × 8 mm und das LFPAK33 mit einer Größe von 3 mm × 3 mm. Diese machten die elektrischen und thermischen Leistungsvorteile der neuesten Gehäusetechnologie für Bauelemente mit einer großen Bandbreite an Spannungs- und Stromwerten verfügbar.
Heute kann ein einzelner MOSFET in LFPAK88 einen RDS(on) von nur 0,55 mΩ aufweisen und einen maximalen Strom von 500 A verarbeiten. Darüber hinaus bieten duale LFPAK-Module, die zwei einzelne MOSFET-Chips in einem Gehäuse vereinen, eine zusätzliche platzsparende Option für Designer. Besonders beliebt ist diese Methode bei Anwendungen im Automobilbereich.
Und das gilt nicht nur für MOSFETs. Viele bipolare Leistungstransistoren sind neben anderen Standard-Leistungsgehäusen natürlich auch in LFPAK im Angebot. Damit ist LFPAK eine Erfolgsgeschichte: 2021 lieferte Nexperia mehr als 1,7 Milliarden MOSFETs aus, wobei rund 90 Prozent dieser Produktpalette inzwischen auf LFPAK basieren.
Die Zukunft von LFPAK
Die Industrie ist ständig dabei, neue Anwendungen für die Vorteile von niedrigem RDS(on)-Leistungs-MOSFETs zu finden. Automobilhersteller konnten so herkömmliche Einweg-Batteriesicherungen mit einer elektronischen Lösung ersetzen. Diese koppeln die Batterie im Falle eines Kurzschlusses ab, um die elektrischen Systeme des Fahrzeugs zu schützen. So kommen die Hersteller dem umständlichen und teuren Austausch der Einwegteile zuvor. Die hohe Strombelastbarkeit eines Kupferclip-Gehäuses ermöglicht den Bau von automatisch rücksetzbaren E-Sicherungen, die im Normalbetrieb einen Dauerstrom von 400 bis 600 A und einen Stoßstrom von über 1000 A bewältigen können, und das mit einer relativ geringen Anzahl von MOSFETs. So könnte ein geeignetes Sicherungsmodul zum Beispiel vier oder fünf MOSFETs in LFPAK88 oder ein Paar in CCPAK1212 (Copper Clip Package, Bilder 5 und 6) enthalten, einem neuen Gehäusetyp, der mit der für LFPAK entwickelten Kupferclip-Technologie arbeitet. Darüber hinaus kann die E-Sicherung entsprechend gesteuert werden, um den Einschaltstrom, der zu Starkverbrauchern fließt, zu begrenzen. Das hilft auch dabei, den Kabelbaum dünner und leichter zu konzipieren, was der Wirtschaftlichkeit und Reichweite zugutekommt.
Die hohe thermische Leistung, Energieeffizienz und Strombelastbarkeit von LFPAK-MOSFETs macht sie auch zu einer guten Wahl für viele neue Anwendungen mit Elektromotoren. Dazu gehören auch aktive Federungssysteme, die nicht nur den Fahrerkomfort verbessern, sondern auch als Sicherheitssysteme zum Einsatz kommen, um die Auswirkungen von Kollisionen auf die Fahrzeuginsassen zu minimieren. Darüber hinaus verlängern LFPAK-MOSFETs die Akkulebensdauer in kabellosen Elektrowerkzeugen und Gartengeräten und wurden kürzlich sogar in einem neuartigen, elektrisch betriebenen Surfbrett eingesetzt, das Surfen ohne Wellen ermöglicht. Und wer weiß, wo sie in den nächsten Jahren noch auftauchen! (na)