Effizienzsprung durch Wide-Bandgap-Halbleiter

Die Vorteile von SiC-MOSFETs gegenüber IGBTs in Motorumrichtern

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Three-phase asynchronous electric motor and control panel
Welche Vorteile bieten SiC-MOSFETs gegenüber IGBTs in Motorumrichtern? Höhere Effizienz, kompaktere Designs und geringere Verluste gehen mit dem Wechsel auf SiC einher.

Industrielle Motorumrichter stehen im Fokus der Effizienzsteigerung. SiC-MOSFETs eröffnen neue Möglichkeiten: geringere Schaltverluste, höhere Frequenzen und kompaktere Designs machen sie zur zukunftsweisenden Alternative gegenüber klassischen IGBTs.

Industrielle Elektromotoren sind bedeutende Energieverbraucher. Laut ZVEI entfallen in Deutschland rund 70 Prozent des Stromverbrauchs der Industrie auf den Energieverbrauch elektronisch angetriebener Systeme [1]. In der Praxis werden viele dieser Antriebe für Spitzenlasten ausgelegt. Die meisten Betriebsstunden werden sie jedoch unter Teillastbedingungen betrieben. Gerade unter diesen Gegebenheiten ist die Effizienz des Antriebssystems von entscheidender Bedeutung für den Energieverbrauch und die Betriebskosten. Die Internationale Energieagentur (IEA) weist auf ein erhebliches Energieeinsparpotenzial hin, das durch die Umstellung auf effizientere Motorsysteme, einschließlich drehzahlvariabler Antriebe (Frequenzumrichter), erreicht werden kann. Dabei sind Energieeinsparungen von bis zu 70 Prozent möglich. In der Europäischen Union schaffen gesetzliche Vorgaben wie das Netto-Null-Industriegesetz (NZIA [2]) und das Fit-for-55-Klimapaket [3] verbindliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Energiepraktiken in der industriellen Produktion. Industrieunternehmen und Systementwickler ziehen dabei an einem Strang, um die europäischen Klimaziele zu verwirklichen.

Dies führte zu einer Verlagerung hin zu einer präziseren Optimierung von Motoren in Bezug auf Betriebslasten sowie zur Verwendung von Umrichtern, die besonders im Teillastbetrieb die höchste Effizient aufweisen. Neue Technologien wie der Einsatz von Siliziumkarbid (SiC) helfen hier und gelten als Alternative zu Insulated-Gate-Bipolar-Transistoren (IGBTs) für Motorumrichter der nächsten Generation, da sie eine höhere Effizienz und einen geringeren Energieverbrauch in industriellen Anwendungen ermöglichen.

SiC MOSFETs – die zentralen Bauteile

Seit langem sind IGBTs die bevorzugten Schaltbauteile für Wechselstrom-Motorumrichter. Sie unterstützen Industrie- und Energieumwandlungs-Anwendungen mit Nennspannungen von 300 V bis über 6000 V und Strömen von wenigen Ampere bis zu Kiloampere. Strukturell ähneln sie bipolaren Transistoren, verfügen jedoch über ein MOSFET-ähnliches Gate und arbeiten effizient bei Schaltfrequenzen bis zu 30 kHz.

In der Vergangenheit kamen bei Anwendungen über 600 V vorwiegend IGBTs zum Einsatz. Durch die Hinzufügung von Kelvin-Source-Pins konnte ihr Schaltverhalten kontinuierlich verbessert werden, was eine effizientere Ansteuerung und geringere elektromagnetische Emission ermöglicht. Mit dem Aufkommen von SiC-MOSFETs mit großer Bandlücke (Wide Bandgap; WBG) eröffnen sich Entwicklern neue, effizientere Designalternativen.

Gegenüber IGBTs bieten SiC MOSFETs drei wesentliche Vorteile:

  • geringere Schaltverluste
  • höhere Schaltfrequenzen
  • bessere Wärmeleitfähigkeit

SiC-MOSFETs zeichnen sich durch ein erheblich schnelleres Abschalten und einen kürzeren Schweifstrom (Tail Current) aus. Dadurch können die Schaltverluste eines Systems um 60 Prozent oder mehr reduziert werden, wenn die IGBTs gegen SiC-MOSFETS ausgetauscht werden (Bild 1).

Hinsichtlich der Leitungs- und Diodenverluste ergeben sich Vorteile eines Umrichters bestückt mit SiC MOSFETs unter Teillastbedingungen. Im Vergleich zu den Ein- und Ausschaltverlusten sind die Leitungsverluste ansonsten gering.

Bild 1: Vergleich der Schaltverluste eines SiC-MOSFET (links) und eines IGBT (rechts).
Bild 1: Vergleich der Schaltverluste eines SiC-MOSFET (links) und eines IGBT (rechts).

SiC-MOSFET-Umrichter können mit höheren Frequenzen als IGBT-Designs geschaltet werden. Sie arbeiten einwandfrei zwischen 50 und 200 kHz in handelsüblichen Designs. Dies hat direkte Auswirkungen auf passive Komponenten wie den DC-Zwischenkreiskondensator. Da dieses Bauteil allein 20 bis 50 Prozent des Volumens eines Umrichters ausmachen kann, ermöglichen bereits geringe Verbesserungen der Schaltfrequenz kompaktere und leichtere Designs.

Mit der steigenden Nachfrage nach kompakteren Umrichtern treten jedoch vermehrt thermische Probleme bei Umrichtern mit IGBTs auf. Im Vergleich hierzu sind SiC-MOSFETs mit ihren geringeren Verlusten für die Entwicklung kompakterer, dichterer Designs besser geeignet.

Gate-Treiber – vom IGBT zu SiC-MOSFET

Die Prinzipien des für IGBTs verwendeten Gate-Treiber-Designs lassen sich auch auf SiC-MOSFETs übertragen. Aufgrund der zunehmenden Standardisierung der Pinbelegung von Gate-Treibern ist es vergleichsweise einfach, vor der Entscheidung für das optimale Bauteil verschiedene Alternativen zu testen. Allerdings müssen Entwickler bei ihrer Auswahl eventuell einige der Treiberspezifikationen prüfen. So sind neben höheren Schaltfrequenzen unter Umständen auch anspruchsvollere Anstiegsraten, Senken-/Quellenströme und Laufzeitverzögerungen zu berücksichtigen. Die Verwendung eines SiC MOSFETs mit Kelvin-Pin verringert den Einfluss der Induktivität im Lastpfad. Dies verbessert bei entsprechend optimalem Routing des Gate Kreises die Effizienz und das EMV-Verhalten des Gesamtsystems.

Um eine individuelle Steuerung des Ein- und Ausschaltverhaltens des SiC MOSFETs zu ermöglichen, können dem Gate-Pfad eine oder zwei Dioden hinzugefügt werden. Zusätzlich kann eine Widerstand/Kondensator-Kombination zur Masse hinzugefügt werden, um das Risiko eines parasitären Einschaltens zu verringern (Bild 2).

Bild 2: Grundlegender Aufbau einer Gate-Schaltung für einen SiC-MOSFET mit isoliertem Gate-Treiber.
Bild 2: Grundlegender Aufbau einer Gate-Schaltung für einen SiC-MOSFET mit isoliertem Gate-Treiber.

SiC-MOSFETs der 3.Generation

Aufbauend auf den Erfahrungen mit früheren SiC MOSFET Generationen hat Toshiba seine SiC-MOSFETs der dritten Generation auf den Markt gebracht. Diese verbessern die Schaltleistung und vereinfachen das Design. Zu den wichtigsten Verbesserungen gehören:

  • Reduzierung der RDS(ON)-Änderung im Laufe der Lebensdauer
  • Niedriger RDS(ON) × Qgd
  • Breiter VGSS-Betriebsbereich (-10 V bis +25 V)
  • Hohes und schmales VTH Schwellenspannungs-Fenster (+3 bis +5 V)

Die Besonderheit bei Toshibas SiC MOSFETs ist die Integration einer Schottky-Barrier-Diode (SBD) parallel zur parasitären Body Diode direkt mit dem MOSFET auf dem Die. Sie ist für den gleichen Strom wie der MOSFET ausgelegt und hat einen niedrigen VF-Wert von etwa 1,35 V für die 1200-V-Bauteile, der zu geringen Verlusten beim Kommutieren in der Totzeit führt. Da der Rückstrom durch die SBD und nicht durch die Body-Diode fließt, wird die Entstehung von Kristalldefekten im MOSFET-Bereich vermieden. Dies sorgt für eine verbesserte Robustheit und einen stabilen RDS(ON) über die gesamte Betriebsdauer des Inverters hinweg.

Außerdem wurde das RDS(ON) × Qgd Produkt gegenüber der vorherigen Bauteilgeneration um 80 Prozent verbessert. Die dadurch verbesserten Schalt- und Gate-Ansteuerverluste ermöglichen bessere Effizienzen im Teillastbetrieb.

Eine weitere Verbesserung betrifft den VGSS-Betriebsbereich. Dank des großen Spannungsbereichs von -10 V bis +25 V ist das Gate weniger empfindlich gegenüber Über- und Unterschwingungen. In Verbindung mit dem kleinen Fenster für die Schwellenspannung (Vth) von +3 bis +5 V sind die Designs weniger anfällig für fehlerhaftes Einschalten in einem Brückenzweig, insbesondere in Anwendungen mit schnellem und hartem Schalten.

In der dritten Generation der 650-V-SiC-MOSFET-Reihe (Bild 3) sind Bauteile mit einem RDS(ON) von 123 bis 15 mΩ erhältlich. Sie werden in TO-247- bzw. TO-247-4L(X)-Gehäusen sowie TOLL- und 8 × 8 mm²-DFN-Gehäuse angeboten. Im 1200-V-Bereich sind SiC-MOSFETs mit einem RDS(ON) von 140 bis 15 mΩ erhältlich. Für beide Spannungsklassen ist eine Kanaltemperatur von bis zu 175 °C spezifiziert. Drei der vier Gehäusevarianten sind mit Kelvin-Source Anschlüssen ausgestattet: dazu gehören TO-247-4L(X), TOLL und DNX8×8. Das TO-247-4L(X) hat zusätzlich zum Standard TO-247 noch eine Kerbe, welche höhere Anforderungen an die Kriechstrecke zwischen Drain und Source erfüllt.

Bild 3: Übersicht über die erhältlichen SiC-MOSFETs der dritten Generation mit VDSS von 650 und 1200 V.
Bild 3: Übersicht über die erhältlichen SiC-MOSFETs der dritten Generation mit VDSS von 650 und 1200 V.

EPTS 2025 – Konferenz für Produktionstechnologien in der E-Mobilität

Am 8. und 9. Oktober 2025 treffen sich in der Messe Karlsruhe über 300 Fachleute, um sich zu sieben zentralen Themenfeldern der Elektromobilitätsproduktion auszutauschen – darunter Batterie- und Brennstoffzellentechnologie, Leistungselektronik, Energieübertragung und Lifecycle Assessment. Neben Fachvorträgen erwartet die Teilnehmenden ein Abendprogramm, Networking-Möglichkeiten und eine begleitende Fachausstellung

Am 8. und 9. Oktober 2025 treffen sich in der Messe Karlsruhe über 300 Fachleute, um sich zu sieben zentralen Themenfeldern der Elektromobilitätsproduktion auszutauschen – darunter Batterie- und Brennstoffzellentechnologie, Leistungselektronik, Energieübertragung und Lifecycle Assessment. Neben Fachvorträgen erwartet die Teilnehmenden ein Abendprogramm, Networking-Möglichkeiten und eine begleitende Fachausstellung. Jetzt hier klicken und anmelden.

Integration von SiC MOSFETs in einen Umrichter für Drehstrommotoren

Um die Leistung der SiC-MOSFETs der dritten Generation zu bewerten, wurde ein 400-V-Frequenzumrichter für Drehstrommotoren mit Summenstrommessung entwickelt, für den normalerweise IGBTs verwendet werden. Die Plattform RD220 unterstützt die Verwendung drei- und vierpoliger SiC-MOSFETs wie den TW045x120C zusammen mit einem optisch isolierten Gate-Treiber TLP5774H (Bild 4). Im Einschaltpfad wird ein 33-Ω-Widerstand verwendet, während der Ausschaltpfad mit einer einzelnen Diode ausgestattet ist.

Die erste Leiterplatte des RD220 ist der Dioden-basierte AC/DC-Umsetzer (B6U), der eine Gleichstrom-Zwischenkreisspannung von 530 bis 670 V liefert. Auf der zweiten Leiterplatte befindet sich der Umrichter, der je nach Eingangsspannung eine dreiphasige Ausgangsspannung von 360 bis 440 VAC bei bis zu 15 A erzeugen kann.

Bild 4: Übersicht über das komplette RD220 SiC-Motorumrichter-Referenzdesign.
Bild 4: Übersicht über das komplette RD220 SiC-Motorumrichter-Referenzdesign.

Fehlererkennung für jede Motorphase (U, V, W), Busüberstrom- und Überspannungsbedingungen sowie Übertemperatur-Überwachung mittels eines TC75W95FU-Komparators sind ebenfalls integriert (Bild 5). Der Umrichter kann mittels Konvektion oder Zwangsbelüftung gekühlt werden.

Bild 5: Blockdiagramm des 400-V-Umrichters mit SiC-MOSFETs der dritten Generation, isolierten Gate-Treibern und isolierten Verstärkern.
Bild 5: Blockdiagramm des 400-V-Umrichters mit SiC-MOSFETs der dritten Generation, isolierten Gate-Treibern und isolierten Verstärkern.

Mit einer Schaltfrequenz von 5 kHz erreicht der Motorumrichter einen Wirkungsgrad von 98,6 Prozent, bei einem maximalen Drehmoment von 11,6 Nm beim Antrieb eines Motors mit einer Nennleistung von 2,2 kW (Bild 6).

Bild 6: Wirkungsgrad eines Dreiphasen-Wechselstrom-Motorumrichters mit 400 V.
Bild 6: Wirkungsgrad eines Dreiphasen-Wechselstrom-Motorumrichters mit 400 V.

Derzeitige Übergangsphase zu SiC

Klar ist, dass wir uns derzeit in einer Übergangsphase von IGBTs zu SiC-MOSFETs befinden, die deutliche Vorteile in bestimmten Anwendungen bietet. Für diejenigen, die die Baugröße ihres Umrichters wesentlich verbessern oder auf ein konvektionsgekühltes Design umsteigen möchten, sind die höheren Betriebstemperaturen von SiC, die bessere Wärmeleitfähigkeit und die höheren möglichen Schaltfrequenzen attraktive Eigenschaften. Die Verbesserungen von Toshiba an seinen SiC-MOSFETs der dritten Generation erleichtern den Übergang von IGBTs zu SiC MOSFETs, da das Gate-Treiber-Design vereinfacht wurde – auch bei vorhandenen induktiven Lasten.

In manchen Fällen kann der aktuelle Gate-Treiber für den in einem früheren Design verwendeten IGBT beibehalten werden. Falls jedoch eine Änderung erforderlich ist, stehen für diese MOSFETs eine Reihe isolierter Gate-Treiber zur Verfügung, die die Anforderungen an die Anstiegsrate sowie die Laufzeitverzögerung erfüllen und gleichzeitig den Kanalversatz („Channel Skew“) begrenzen. Referenzdesigns [4] wie das RD220, dessen komplette Dokumentation auf dem Referenzdesigncenter von Toshiba gefunden werden kann, sind auch ein hervorragender Ausgangspunkt für all jene, die die Vorteile von SiC für das Design von Wechselstrom-Motorumrichtern nutzen und erste Schritte in Richtung SiC machen möchten. (na)

[1] https://www.zvei.org/fileadmin/user_upload/Presse_und_Medien/Publikationen/2017/November/Energieeffizienz_mit_elektrischen_Antrieben/ZVEI_BR_Energieeffizienz_Antriebe_NEU6.12.17_DOWNLOAD.pdf

[2] https://single-market-economy.ec.europa.eu/industry/sustainability/net-zero-industry-act_en

[3] https://www.consilium.europa.eu/en/policies/green-deal/fit-for-55/

[4] https://toshiba.semicon-storage.com/eu/semiconductor/design-development/referencedesign/detail.RD220.html