Umspannstationen sind zeitkritische Systeme, die hochpräzise Echtzeit-Überwachung, -Datenübertragung und -Steuerung erfordern. Geräte für diese Umgebung müssen dementsprechend extrem zuverlässig arbeiten und Echtzeit-Überwachung mit deterministischen Reaktionszeiten ermöglichen. Speziell für die IEDs (Intelligent Electronic Device) und weitere industrielle I/O-Systeme kommen Scada-Lösungen (Supervisory Control and Data Acquisition) zum Einsatz, die per MMS (Manufacturing Message Specification) kommunizieren – diese Protokollwelt findet ihre Standardisierung in der IEC 61850.

Bei SNMP kommuniziert die Manager-Applikation mit dem Managed Object über fünf Botschaften, um Daten aus der MIB (Management Information Base) des Managed Object abzufragen oder zu ändern. Bei unerwarteten Ereignissen sendet das Managed Object einen Trap.

Bei SNMP kommuniziert die Manager-Applikation mit dem Managed Object über fünf Botschaften, um Daten aus der MIB (Management Information Base) des Managed Object abzufragen oder zu ändern. Bei unerwarteten Ereignissen sendet das Managed Object einen Trap.Achim Leitner

In den Feldebenen der Umspannstationen kommen heute allerdings vermehrt IT-Produkte zum Einsatz, sei es als Netzwerk-Switch oder Embedded-Computer. Für das Netz- und Systemmanagement hat sich in dieser Branche SNMP etabliert: das Simple Network Management Protocol. Interessanterweise weist SNMP zwar einige Parallelen zu MMS auf, jedoch nutzen beide eine komplett andere Datenstruktur.

Da MMS zumindest teilweise für die Automatisierung von Umspannstationen entwickelt wurde, ist es in dieser Anwendung auch unverzichtbar. IT-Produkte verstehen hingegen kein MMS, sondern nur das für sie ausgelegte SNMP. Wer nun Geräte aus beiden Welten gemischt einsetzt, verkompliziert das sowieso komplexe Thema Netzmanagement und Netzüberwachung weiter, was die Gesamtbetriebskosten in die Höhe treibt: Letztlich muss er ein Scada-System für die IEDs und weitere industrielle I/O-Systeme einsetzen sowie ein Netzmanagementsystem (NMS) für die IT-Produkte – also den doppelten Aufwand treiben.

So lässt sich das MMS-Protokoll im klassischen OSI- Modell (Open Systems Interconnection) darstellen. Auch bei MMS über TCP/IP lassen sich die Schichten zuordnen.

So lässt sich das MMS-Protokoll im klassischen OSI- Modell (Open Systems Interconnection) darstellen. Auch bei MMS über TCP/IP lassen sich die Schichten zuordnen.Wikipedia

Es ist klar, dass SNMP und MMS in den Umspannstationen Seite an Seite weiter existieren werden. Die Lücke zwischen beiden zu schließen kann manchmal teuer und zeitaufwändig sein. Für einen Konstrukteur von elektrischen Umspannstationen ist IT-Equipment, das beide Protokolle unterstützt, eine gute Alternative, um beide Welten zu vereinen. Die Integration von MMS in Ethernet-Switches und weitere IT-Hardware (wie Embedded-Computer und Server auf Stationsebene) gibt den Ingenieuren volle Kontrolle über ihr Netzwerk in einem Scada-System, erzielt eine gründliche Automationsintegration und senkt die Installationskosten.

Schnelle Veränderungen

Seit dem Einsatz der IEC 61850 ist MMS der internationale Datenübertragungsstandard für intelligente elektronische Geräte (IEDs) in Umspannstationen und andere Hochspannungs-Hardware für Feld- und Prozessautomation. Die Entwicklung des branchenweiten Standards brachte mit seinen Datenmodellen MMS, Generic Object-Oriented Substation Events (Goose) und Real-time Sampled Measurement Values (SMV), die zusammen eine umfassende Gruppe von protokollunabhängigen (und insofern zukunftssicheren) Diensten in Umspannstationen bilden, einen Dienst, mit dem alle IEDs und andere Hochspannungs-Steuerungs- und Überwachungs-Hardware konform sein müssen. Unglücklicherweise ist der Standard längst nicht in allen Geräten implementiert, die heutzutage in Umspannstationen zu finden sind.

Auf einen Blick

Längst hat sich ein bunter Zoo an IT-Hardware in allen Ebenen von Umspannwerken eingenistet. Eines der Probleme dabei: Während in der Automatisierung des Umspannwerks normalerweise MMS als Management-Protokoll zum Einsatz kommt, verstehen IT-Produkte nur SNMP. Die IEC erweitert derzeit ihre Norm IEC 61850, so dass
die Regeln auch für IT-Produkte gelten, die in Umspannwerken verbaut werden. Kluge Entwickler setzen bereits heute auf eine duale MMS/SNMP-Funktionalität, um dem Anwender die Integration wesentlich zu erleichtern.

MMS entwickelt sich noch weiter und wird wohl für lange Zeit der Standard in der Datenübertragung für Umspannstationen bleiben. Aus Sicht von Moxa ist SNMP deutlich unterlegen: Dies stellt Automatisierungsingenieure vor die schwierige Aufgabe, IT-Hardware in die Steueranlagen von Umspannstationen zu integrieren. Derzeit teilt die Industrie ihre Gerätschaften einfach in zwei Domänen: SNMP für die Überwachung von IT-Geräten, MMS für alles andere. Beide Welten über eine einheitliche Schnittstelle zu steuern, würde eine dritte Meta-Management-Ebene erfordern, die ihrerseits das Scada-System und das NMS steuert.

Architekturen in Umspannstationen

Innerhalb der Umspannstation ähneln die drei konzeptionellen Ebenen der technischen Architektur denen des Maschinenbaus, der Automatisierung und der IT relativ stark. Die Stationsebene wird fast ausschließlich mit IT-Hardware ausgestattet (primär Switches, Router und Computer, die den Scada-, HMI-Datenbank- und Automationsnetzwerk-Systemen dienen), während die Feldebene primär mit IEDs und Datenerfassungsgeräten ausgestattet wird, neben ein paar wenigen IT-Switches und Geräte-Gateways. Die Prozessebene schließlich wird primär mit industrieller Hardware für Umspannstationen ausgestattet, wie Switches, Schutzschalter, Spannungs-Überspannungssensoren und weitere E/A-Geräte, umfasst jedoch auch einige IEDs, serielle Geräteserver und vielleicht auch RTUs (Remote Terminal Units).

Je nachdem, wie hoch entwickelt die Primärausstattung ist, wie weit die Automatisierung fortgeschritten ist und welche Ebene ausgestattet werden soll, sind SNMP oder MMS mehr oder weniger passend. Die Entscheidung für eine Vorgehensweise hängt von der Höhe der Investition des Eigners der Umspannstation ab sowie davon, inwieweit er seine Umspannstation zukunftssicher gestalten will und inwieweit die neueste Technik gemäß dem Zweck der Umspannstation notwendig ist.

Da Stations-, Feld- und Prozess-Domains üblicherweise nur eine minimale mechanische Überschneidung aufweisen, benötigten Kommunikations- und Steuerungsprotokolle bisher keine volle Integration. Es wurden einfach zwei unabhängige Management-Systeme eingesetzt, eines zur Überwachung SNMP-kompatibler Subsysteme, das andere für MMS-kompatible Themen. Dieser Weg der Integration zweier Systeme nutzt eine Menge spezifisch entwickelter Software. Zu der Zeit, als der größte Teil der Hardware in Umspannstationen noch aus IEDs und entsprechender mechanischer oder E/A-Ausstattung bestand, war diese Art der Integration kein Problem. Je tiefer jedoch das IT-Switching und Computing in die Produktions- und Verteilungsbereiche der Umspannstationen eingedrungen sind, desto schwerfälliger wurde sie.

Es ist für die Ingenieure oftmals schwierig, im Auge zu behalten, welche der Switches und Computer innerhalb der IT/NMS-Hierarchie in der MMS/GSE-Hierarchie platziert sind – und umgekehrt. Außerdem sind Warnungen innerhalb eines der Datenübertragungssysteme nicht automatisch in dem anderen ersichtlich. Offensichtlich spricht vieles dafür, beide Systeme in einer gemeinsamen Übersicht zu kombinieren.

Per Norm zum MMS

Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Norm IEC 61850 für die Schutz- und Leittechnik in elektrischen Anlagen künftig IT-Hardware mit eingliedern. Das zwingt die Hersteller, MMS-Unterstützung in ihre Produkte zu integrieren. Das nächste Update wird die IEC TR 61850-90-4 sein, die bereits IT-Switching umfasst. Es wird erwartet, dass künftige Versionen auch Embedded-Computer und Server auf Stationsebene (für HMI, Scada und Datenbanken) einschließen. Der Trend geht zur Eliminierung von Inkompatibilität durch die Subsummierung aller Echtzeit-Datenübertragungssysteme unter MMS, gekoppelt mit dem GSE-Modell (Goose und GSSE) für die Steuerung, beide getragen von TCP/IP.

Der Screenshot von der Management-Konsole des Powertrans PT-7528 zeigt den aktuellen Zustand der einzelnen Ports. In dieser Version lässt sich der Switch neben SNMP auch über MMS verwalten.

Der Screenshot von der Management-Konsole des Powertrans PT-7528 zeigt den aktuellen Zustand der einzelnen Ports. In dieser Version lässt sich der Switch neben SNMP auch über MMS verwalten.Moxa

Mit diesen Änderungen der IEC 61850 im Hinterkopf ist es klar, dass die nächste Generation spezieller IT-Switches für Umspannstationen am besten nicht nur mit SNMP, sondern auch gleich mit voller MMS-Fähigkeit konstruiert wird. Dies wird es den Ingenieuren erlauben, IT-Switches in derselben Übersicht wie der für Scada/HMI mit einzuschließen, direkt neben den Stations-IEDs und weiterer Hardware für die Verteilung. In einigen Automatisierungsumgebungen, in denen IT-Switches derzeit die einzige ­SNMP-kompatible Hardware sind, kann der gesamte Stationsbetrieb sogar dadurch rationalisiert werden, dass man die SNMP-Unterstützung vollständig entfernt. Die gesamte Bandbreite des Betriebs (ob auf Stationsebene oder bei lokalen HMIs auf Feld- und Pro­zess­ebene) lässt sich dann die ganze Umspannstation hindurch in einem einzigen Softwaresystem konsolidieren. Das verbessert die Kommunikation, senkt Installationskosten und vermeidet eine ganze Reihe potenzieller Wartungsthemen und Wartungskosten. Des Weiteren müssen die Ingenieure in Umspannstationen sich nur auf einen Satz Werkzeuge und Fähigkeiten fokussieren.

Viele Umspannstationen haben heute schon Embedded-Computer installiert, und dieser Trend dürfte sich in der Zukunft noch schneller durchsetzen. Die Embedded-Rechner fungieren als Miniatur-Geräteserver oder maßgeschneiderte IEDs und werden eher als Teil der Ebenen in Feld- und Umspannstation angesehen, statt als Teil der Server und Datenbanken, die auf der Stationsebene betrieben werden. Der Bedarf für die Entwicklung einer einzigen Technologie ist für diese Art von Set-Up umso größer. Glücklicherweise sind bereits maßgeschneiderte MMS-Ausführungen für die Computing-Technologie verfügbar, und es gibt Computerhersteller, die über Erfahrung im Portieren von MMS zu IT und Computing-Systemen verfügen.

Für Systemhersteller ist es eine Kleinigkeit, kundenspezifische MMS-Versionen in ihrer Hardware einzuführen. Da Netzwerk-Server und andere Computer-Hardware noch nicht im MMS-Standard (IEC 61850) eingeschlossen wurden, gibt es nur kleine Pflichten für eine solche Lösung. Die IEC ist aber entschlossen, Hersteller in diese Richtung zu zwingen. Der nächste Entwurf, IEC TR 61850-90-4, wird wahrscheinlich noch in 2013, spätestens Anfang 2014 veröffentlicht, und Switches sind hier bereits eingeschlossen. Künftige Versionen werden die Gültigkeit sicher auf andere Geräte erweitern, so dass Hersteller SNMP/MMS-Inkompatibilität durch den Einbau von Echtzeit-Datenübertragungsfähigkeiten und -Überwachungskommunikation mit MMS und Goose über TCP/IP in ihren Geräten ausschließen müssen.

MMS für alle

Den Powertrans PT-7528, einen modularen Managed Ethernet-Switch mit 28 Ports, hat Moxa speziell für die Anforderungen von Automatisierungssystemen in Umspannstationen (IEC 61850-3, IEEE 1613) entwickelt. Daher ist neben SNMP auch MMS implementiert.

Den Powertrans PT-7528, einen modularen Managed Ethernet-Switch mit 28 Ports, hat Moxa speziell für die Anforderungen von Automatisierungssystemen in Umspannstationen (IEC 61850-3, IEEE 1613) entwickelt. Daher ist neben SNMP auch MMS implementiert.Moxa

Sobald IEC 61850 IT-Hardware im vollen Umfang mit einschließt, werden entsprechende Revisionen für Betriebssysteme und Firmware sehr schnell kommen. Unklar ist aber, ab wann die IEC so weit ist; dieser Prozess kann viele Jahre dauern. Wer dennoch heute schon auf MMS konsolidiert, spart auch in der Zwischenzeit schon bei Personal-, Installations- und Wartungskosten. Jedoch erfordert die vollständige Integration aller Geräte derzeit noch deutlichen Aufwand bei der spezifischen Anpassung an bestimmte Scada-Umgebungen. Daher ist es für die Betreiber von Umspannstationen wichtig, diesen Übergang Schritt für Schritt vorzunehmen, und die IT-Hardware gemäß der in der IEC 61850 spezifizierten Phasen ins MMS-Netzwerk zu überführen.

Manche Betreiber mögen in der Lage sein, die IEC-61850-Integration komplett zu umgehen, indem sie SNMP, Modbus oder andere Umgehungslösungen einsetzen. Zukunftssicherer ist jedoch der Einsatz IEC-61850-konformer Geräte mit dualer MMS/SNMP-Funktionalität. Moxas neue Switch-Serie Powertrans IEC 61850 ist voll MMS-kompatibel, mit einer kompletten Umsetzung der IEC-61850-Datenmodellierung und eingebautem MMS-Server. Sie verfügen über Moxas SNMP-Unterstützung mit kundenspezifischen MIB-Files (Management Information Base), darüber hinaus fertigt Moxa die Switches auch kundenspezifisch.

Kyle Pearson

ist Technical Writer bei Moxa.

Alan Harris

ist Field Application Engineer bei Moxa.

(lei)

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