Bild 2: Auf Applikationen angepasste Silikonfolien liefern ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance.

Bild 2: Auf Applikationen angepasste Silikonfolien liefern ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance. (Bild: Fischer Elektronik)

Eine auf die Applikation zugeschnittene Berechnung des thermischen Widerstandes führt oftmals zur Auswahl eines geeigneten Entwärmungskonzeptes. Neben der thermischen Gesamtauslegung der Wärmesenke, ob passiv, aktiv oder mit Flüssigkeit gekühlt, gilt es nun ebenfalls, die zu entwärmenden elektronischen Bauteile fachgerecht auf der Entwärmungskomponente zu kontaktieren. Um das umzusetzen, bieten Thermal-Interface-Materialien (TIM) verschiedene Lösungsansätze. Die Wirksamkeit der verschiedenartigen Entwärmungslösungen können Entwickler anhand der Wärmeleitung des thermischen Pfades einer elektronischen Baugruppe ermitteln.

Der thermische Widerstand gibt bei gegebener Verlustleistung die Temperaturdifferenz zwischen Anfang und Ende des Wärmepfades an. Der thermische Gesamtwiderstand setzt sich aus einer Addition der einzelnen abschnittsbezogenen Einzelwiderstände des thermischen Pfades zusammen, die der Wärmestrom überwinden muss: Je kleiner der einzelne Wärmübergangswiderstand, desto besser die Wärmeleitung und desto geringer der thermische Gesamtwiderstand. Infolgedessen ist es bei der Auslegung geeigneter Entwärmungskonzepte wichtig, Engpässe im thermischen Pfad so früh wie möglich zu analysieren und diese wärmetechnisch zu optimieren. Wichtig hierbei ist vor allem der Wärmeübergang, insbesondere die wärmetechnische Kontaktierung des elektronischen Bauteils auf der Wärmesenke.

Fülle an Materialien

Bevor Anwender mit einer Auswahl von Wärmeleitmaterialien beginnen, sollten sie zunächst die mechanischen Gegebenheiten und Toleranzen der Kontaktpaarung betrachten. Je größer die zu kontaktierenden Oberflächen sind, desto mehr müssen Entwickler Konvexität, Konkavität und auch die Torsion berücksichtigen. Grundsätzlich gilt die Regel, dass bei der Kontaktierung von zwei flachen Oberflächen, beispielsweise eines Transistors auf einem , ohne jegliche mechanische Nachbearbeitung, die effektive Kontaktfläche nur zwei bis fünf Prozent beträgt. Die verbleibende Fläche ist entweder ein Luftpolster oder besteht aus Zwischenräumen, in denen die Luft als thermischer Isolator fungiert. Gegenüber dem Material Aluminium mit einer Wärmeleitfähigkeit von 200 W/m·K liegt die der Luft gerade einmal bei 0,026 W/m·K und beeinträchtigt hierdurch den Wärmeübergangswiderstand signifikant.

Eckdaten

Zur Kühlung elektronischer Bauteile und Baugruppen steht Entwicklern eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Verfügung. Die Auswahl reicht dabei von Wärmeleitpasten über Folien aus verschiedenen Materialien zu Glimmerscheiben. Jedoch eignet sich nicht jedes Produkt als Universalmittel für sämtliche Anwendungsgebiete. Um das richtige Kühlungsmaterial zu finden, müssen Entwickler die Materialeigenschaften berücksichtigen und dementsprechend eine Entscheidung treffen.

Auf dem Markt gibt es für die wärmetechnische Kontaktierung von elektronischen Bauteilen verschiedene Produkte und Thermal-Interface-Materialien, die sich für heutige Entwärmungsmöglichkeiten eignen. Diese bieten mehr Eigenschaften, als nur Lufteinschlüsse während der Montage zu eliminieren. Das Produktangebot beinhaltet:

  • Wärmeleitpasten und -kleber
  • silikonhaltige und -freie Elastomere
  • Schaum- und GEL-Folien
  • Grafit- und Aluminiumfolien
  • Phasen veränderndes Wärmeleitmaterial
  • einseitig- und doppelseitig klebende Wärmeleitfolien
  • Kapton- und Glimmerscheiben
  • Aluminiumoxydmaterialien

Zur Findung einer auf die Applikation zugeschnittenen Lösung müssen Entwickler die unterschiedlichen Thermal-Interface-Materialien unter Beachtung deren technischer Eigenschaften evaluieren und auswählen. Einfluss gebende Faktoren für die Auswahl von Wärmeleitmaterialien sind etwa die mechanischen Toleranzen der Kontaktpaarung (Eben- und Rauheit), der thermische Widerstand, die thermische , die Wärmeleitfähigkeit, die elektrische Isolierung oder Leitfähigkeit, der Temperaturbereich, die Durchschlagsfestigkeit, die Umweltverträglichkeit sowie die Shore-Härte und -Zugfestigkeit. In der Praxis zeigt sich auch, dass Kunden eine unkomplizierte Handhabung, eine gute Alterungsbeständigkeit und eine lange Lebensdauer anfragen und auch fordern.

Unterschiedliche Materialeigenschaften

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Bild 1: Zu viel aufgetragene Wärmeleitpaste kann aufgrund der elektrisch-leitfähigen Füllstoffe nach dem Abtrocknen Kurzschlüsse auf der Leiterkarte verursachen. Fischer Elektronik

Um Wärmeübergangsschichten zwischen etwa einer Wärmesenke und einem elektronischen Bauelement zu erzeugen, verwenden Entwickler häufig silikonhaltige oder silikonfreie Wärmeleitpasten. Wärmeleitpasten eignen sich zwar dafür, kleinere Lufteinschlüsse zu vermeiden, jedoch sind sie nicht dafür konzipiert, größere Bauteilabstände der Kontaktpaarung zwischen Wärmequelle und Wärmesenke zu überbrücken. Die maximale Schichtstärke der aufgetragenen sollte nur rund 50 µm betragen. Das korrekte Auftragen von Wärmeleitpasten ist in Fachkreisen umstritten, allerdings verfolgen alle Lösungsansätze das Ziel, die Schichtstärke so gering wie möglich zu halten. In der Praxis neigen Anwender dazu, übermäßig viel Paste zu verwenden (Bild 1). Jedoch ist ein allzu sparsames Auftragen oft kritischer, da hierdurch weiterhin die Gefahr besteht nicht alle Lufteinschlüsse auszugleichen. Klassische Wärmeleitpasten enthalten hauptsächlich Silikonöl oder andere synthetische, silikonfreie Mineralölester und Zinkoxid, hochpreisige Varianten hingegen sind mit anderen Metalloxyden wie beispielsweise Kupfer, Keramik, Silber oder Aluminium vermengt.

Eine Weiterentwicklung der genannten Wärmeleitpasten sind Phase-Change-Materialien (PCM). Diese besitzen als Plattenmaterial eine durchgehende Schichtdicke und ermöglichen hierdurch eine direkte und saubere Montage auf der Wärmesenke. PC-Materialien zeichnen sich weiterhin durch ihre Phasenänderungstemperatur aus. Bei einem Temperaturbereich von etwa 45 bis 55 °C ändert sich deren Konsistenz von fest in weich und fließt somit in alle Zwischenräume der beaufschlagten Bauteile und Kühlkörper.

Bei einer Unterschreitung der jeweiligen Phasenänderungstemperatur in der Applikation kehrt das Medium in den festen Ursprungszustand zurück, ohne allerdings die Verbindung zu den Kontaktstellen zu verlieren. Wichtig ist es hierbei allerdings, die Gesamtapplikation zu prüfen, ob es sich um eine Feder- oder Schraubmontage des Bauteils auf dem Kühlkörper handelt. Bei einer Schraubmontage müssen Entwickler aufgrund des Aufschmelzens des Materials und der damit verbundenen geringeren Schichtstärke die Schraubverbindung nachziehen.

Fest statt flüssig

Für die wärmetechnische Kontaktierung eignen sich auch wärmeleitende Silikonfolien (Bild 2). Das Basismaterial Silikonkautschuk erzielt durch Beigabe verschiedener wärmeleitfähiger Füllstoffe wie Aluminiumoxyd oder Keramik ein solides Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance. Die weichen Materialien passen sich gut an die Unebenheiten der Oberflächen und Fertigungstoleranzen an. Wärmeleitfolien aus Silikonelastomer, aber auch silikonfreie Varianten bieten Hersteller standardmäßig in den dünneren Ausführungen von 0,1 bis zu 0,3 mm mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,9 bis 3 W/m·K.

Bild 2: Auf Applikationen angepasste Silikonfolien liefern ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance.

Bild 2: Auf Applikationen angepasste Silikonfolien liefern ein optimales Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance. Fischer Elektronik

Die unterschiedlichen Varianten einigen sich besonders für den Ausgleich von kleineren Fertigungstoleranzen und sind neben der Lieferform als Plattenmaterial ebenfalls als Rollen-, Kappen- und Schlauchmaterial erhältlich. Optional können Anwender die dünneren Kontaktmaterialien auch mit Glasfasern verstärken lassen, wodurch diese formstabil und druckbeständig werden. Eine direkte Montage der Wärmeleitfolien in der Applikation wie beispielsweise bei einer vertikalen Positionierung ist durch das Aufbringen einer Haftbeschichtung gegeben. Ein hoher Temperaturbereich, gute elektrische Durchschlagsfestigkeit, chemische Stabilität und Alterungsbeständigkeit zeichnen die Silikonfolien außerdem aus.

Bild 3: GEL-Folien liefern Anpassungsmöglichkeiten von Kontaktpaarungen mit größeren Fertigungstoleranzen und Bauteildifferenzen.

Bild 3: GEL-Folien liefern Anpassungsmöglichkeiten von Kontaktpaarungen mit größeren Fertigungstoleranzen und Bauteildifferenzen. Fischer Elektronik

Die dickeren Varianten dieser Silikonfolien, sogenannte Gap-Filler, haben üblicherweise Materialstärken von 0,5 bis 5 mm und bestehen ebenfalls aus weichen Silikonelastomeren. Die verschiedenartigen GEL-Folien finden häufig zum Ausgleich größerer Bauteildifferenzen Anwendung. Je nach Shore-Härte und aufgebrachtem Druck sind diese bis zu der Hälfte der Materialstärke komprimierbar. GEL-Folien weisen ein sehr geringes Kompressionsmodul auf und passen sich hierdurch an die Konturen der zu kontaktierenden Oberflächen an (Bild 3), sobald sie leicht zusammengedrückt oder mit Druck beaufschlagt werden.

Wärmeleitfolien als Thermal-Interface-Materialien

Bild 4: Herstellung von kundenspezifischen Zeichnungsteilen in Bearbeitungszentren. Fischer Elektronik

Die hierfür erforderlichen Drücke müssen groß genug sein, um eine Komprimierung des Materials zu erreichen und langfristig im gesamten Toleranzbereich der Applikation eine thermische Kontaktierung zu gewährleisten. Andererseits darf der aufgebrachte Druck nur so hoch sein, dass eine Beschädigung der , der Lötverbindungen oder sogar der Bauteile ausgeschlossen ist. Durch das richtige Zusammenspiel von Druck, Kompression, Materialdicke und auszugleichender Toleranz liefern Gap-Filler einen thermisch optimalen Wärmeübergangswiderstand. Kundenspezifische Ausführungen, Geometrien, Zuschnitte und Modifikationen sind aufgrund des elastischen Materials und dessen mechanischer Bearbeitbarkeit relativ einfach mit Stanzautomaten oder Schneidcutter herzustellen (Bild 4).

Jürgen Harpain

(Bild: Fischer Elektronik)
Entwicklungsleiter bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid

(prm)

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