Induktivitäten neu gedacht für mehr Effizienz

Verlustarme Induktivitäten optimieren Leistungswandler

Steigende Leistungsdichten, regulatorische Anforderungen und Miniaturisierung fordern energieeffiziente Stromversorgungslösungen. Moderne Induktivitäten leisten dabei einen entscheidenden Beitrag zur Optimierung des Gesamtwirkungsgrads.

Aufgrund der fortschreitenden Miniaturisierung von Endgeräten, steigender Leistungsdichten und zunehmender regulatorischer Anforderungen an aktuelle elektronische Systeme ist die verlustarme Energiewandlung zu einem zentralen Schwerpunkt der aktuellen Forschung und Entwicklung geworden. Die stetig steigenden Anforderungen haben dazu geführt, dass der Wirkungsgrad nicht nur ein Optimierungsparameter, sondern ein primäres Designziel bei der Entwicklung elektronischer Systeme ist. Die Basis für energieeffiziente Geräte wird wesentlich durch das Einbaunetzteil beeinflusst. Während in der Vergangenheit häufig Linearregler eingesetzt wurden, sind heute Schaltnetzteile in der Leistungselektronik Stand der Technik. Diesen Übergang treiben nicht die ständig sinkenden Spannungen digitaler Schaltungen, sondern auch Fortschritte in der Halbleitertechnologie voran. Schaltregler auf der Basis von Galliumnitrid- (GaN) und Siliziumkarbid- (SiC) Transistoren ermöglichen den Betrieb mit deutlich höheren Schaltfrequenzen im Megahertz-Bereich. Höhere Schaltfrequenzen wiederum erlauben den Einsatz kleinerer passiver Bauteile wie Induktivitäten und Kondensatoren, was zu kompakteren und leichteren Stromversorgungen führt. Darüber hinaus weisen GaN- und SiC-Bauelemente geringere Schaltverluste und ein verbessertes thermisches Verhalten auf, was den Gesamtwirkungsgrad erhöht. Die höhere Schaltgeschwindigkeit verbessert auch das Einschwingverhalten und die Stabilität des Netzteils und erfüllt damit die hohen Anforderungen an Leistung und Größe aktueller elektronischer Systeme.

Energieeffizienz als zentrales Designziel

Der Wirkungsgrad  η eines Leistungswandlers ist definiert als das Verhältnis der Ausgangsleistung zur Eingangsleistung:

­  η = Pout/Pin

Dieses Verhältnis ist ein Schlüsselparameter für die Bewertung der Leistung und der Kosteneffizienz von elektronischen Systemen. Die Leistung, die nicht vom Eingang zum Ausgang übertragen wird, ist als Leistungsverlust definiert. Erhöhte Leistungsverluste – verursacht durch nicht ideale Schaltelemente, magnetische Komponenten und parasitäre Effekte – werden als Wärme in die Umgebung abgeführt. Diese Verluste können die maximale Leistungsdichte eines Systems begrenzen, zusätzliche Kühlung erforderlich machen und die Lebensdauer sowie die Zuverlässigkeit elektronischer Komponenten erheblich beeinträchtigen. Daher sind energieeffiziente Leistungswandler für die Schonung der Ressourcen und die Verringerung der Umweltauswirkungen von entscheidender Bedeutung. Je effizienter die Elektronik ist, desto länger hält die Batterie mobiler Geräte, und in großen Industrie- und Serveranlagen mit Tausenden von Lasten lässt sich der Energiebedarf deutlich reduzieren.

Warum sind Induktivitätsverluste entscheidend für den Wirkungsgrad?

Der effiziente Betrieb aktueller Leistungswandler erfordert ein optimiertes Zusammenspiel aller Komponenten. Neben den Halbleiter-Schaltverlusten spielen die Induktivitätsverluste eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Gesamtwirkungsgrads eines Systems. Die Verluste einer Leistungsinduktivität ergeben sich aus Kernmaterialverlusten und Wicklungsverlusten:

  • Kernverluste werden durch magnetische Hysterese und Wirbelströme innerhalb des Kernmaterials verursacht. Diese Verluste hängen von den Materialeigenschaften wie dem elektrischen Widerstand und der magnetischen Flussdichte sowie von den Betriebsbedingungen wie der Umgebungstemperatur, dem Ausgangsstrom und der Schaltfrequenz des Leistungswandlers ab.
  • Zu den Wicklungsverlusten gehören die Gleichstromverluste, die durch den Leitungswiderstand der Kupferwicklungen bestimmt werden, sowie die AC-Verluste, die durch Skin- und Proximity-Effekte entstehen.

In aktuellen Umrichtern, die mit hohen Schaltfrequenzen arbeiten, werden die Wechselstromverluste einer Induktivität immer dominanter. Die Minimierung dieser Verluste erfordert eine sorgfältige Auswahl von Spulengeometrien und Kernmaterialien. Daher ist die genaue Bestimmung der Verluste ein entscheidender Schritt bei der Auswahl der geeigneten Komponente. Um den Temperaturanstieg vorhersagen zu können, müssen die AC-Verluste zunächst genau quantifiziert werden. Würth Elektronik hat ein Verlustmodell entwickelt, das in der Lage ist, die Gesamtverluste in Induktivitäten zuverlässig zu berechnen. Dieses Modell basiert auf empirischen Daten, die mit einem Echtzeit-Anwendungsaufbau gewonnen wurden. Dabei teilen sich die Gesamtverluste der Induktivität in AC- und DC-Verluste auf. Die empirischen Daten stammen aus Messungen an einem DC/DC-Wandler. Eine gepulste Spannung wird an die Induktivität angelegt, wobei die Eingangsleistung und die Ausgangsleistung gemessen werden. Bild 1 zeigt den schematischen Aufbau des DC/DC-Wandlers, der für die Messung der Verluste der getesteten Induktivität eingesetzt wurde.

Bild 1 : Aufbau des DC/DC-Wandlers zur Bestimmung der Verluste.

Auf der Grundlage dieser Messungen wird die Gesamtverlustleistung als 𝑃𝑙𝑜𝑠𝑠 = 𝑃𝑖𝑛 − 𝑃𝑜𝑢𝑡 berechnet und die AC-Verluste der Spule 𝑃𝐴𝐶 davon getrennt. Anhand dieser empirischen Daten ergibt sich ein Modell zur Berechnung der AC-Verluste in Abhängigkeit von den Testbedingungen:

PAC=f(ΔI, freq, DC, k1, k2)

Bild 2: AC- und DC-Verluste einer 2,2µH-Induktivität (WE-MXGI) in einem Abwärtswandler mit 24 V Eingangsspannung, 6 V Ausgangsspannung, 8 A Ausgangsstrom und 1 MHz Schaltfrequenz.

Das Online-Tool REDEXPERT unterstützt den Ingenieur bei der Auswahl einer geeigneten Induktivität für die jeweilige Anwendung und ermöglicht den Vergleich und die Auswahl der Komponenten innerhalb kürzester Zeit. Bild 2 zeigt ein Beispiel der REDEXPERT-Oberfläche für einen Abwärtswandler. Spezifische Anwendungsparameter – wie Eingangs- und Ausgangsspannung, Schaltfrequenz, Tastverhältnis und Ausgangsstrom – werden eingegeben, während die entsprechenden Induktivitätsverluste und der Temperaturanstieg berechnet und angezeigt werden. Die beiden unteren Diagramme veranschaulichen, wie die Verlustleistung mit der Eingangsspannung und der Schaltfrequenz variiert, so dass Ingenieure die Effizienz einer ausgewählten Induktivität unter verschiedenen Bedingungen bewerten können.

Was unterscheidet kristalline, amorphe und nanokristalline Materialien?

In den letzten Jahren haben verpresste Leistungsinduktivitäten auf der Basis von feinem Metallpulver mit einem verteilten Luftspalt an Popularität gewonnen. Das Material des Pulvers besteht aus reinem Eisen oder einer Eisenlegierung, die mit einem dünnen Isoliermaterial beschichtet ist. Das Pulver wird unter hohem Druck mit isolierendem Kunstharz als Bindemittel um die emaillierte Kupferwicklung gepresst. Die Pulverteilchen haben typischerweise eine kristalline Struktur, in der die Eisen- oder anderen Metallionen in einer bestimmten Gitterform angeordnet sind. Der verteilte Luftspalt sorgt für eine gleichmäßige Verteilung des magnetischen Flusses, was hohe Sättigungsströme und geringere Kernverluste ermöglicht. Bild 3 zeigt eine mikroskopische Ansicht der Pulverstruktur einer verpressten Induktivität.

Während kristalline Pulver eine zuverlässige Leistung erbringen, können ihre magnetischen Eigenschaften weiter verbessert werden. In letzter Zeit haben amorphe und nanokristalline Materialien aufgrund ihrer Fähigkeit, hocheffiziente Designs zu ermöglichen, an Aufmerksamkeit gewonnen. Amorphe Metalle weisen eine völlig ungeordnete atomare Struktur auf, während nanokristalline Werkstoffe aus kristallinen Körnern von 10 - 100 nm Größe bestehen, die in eine amorphe Matrix eingebettet sind. Dieses Gefüge verleiht dem Kern eine hohe magnetische Permeabilität, eine sehr niedrige Koerzitivfeldstärke und minimale magnetische Verluste im Vergleich zu herkömmlichen kristallinen Magnetlegierungen. Aufgrund ihrer geeigneten weichmagnetischen Eigenschaften sind nanokristalline Legierungen zu einem beliebten magnetischen Material für eine neue Generation von Power-Molding-Induktivitäten geworden, die in der Hochfrequenzelektronik eingesetzt werden.

Bild 3: Mikroskopische Analyse der Pulverstruktur einer verpressten Induktivität [Zoom: 5 µm].

Basierend auf diesen Erkenntnissen bietet Würth Elektronik die verpresste Leistungsinduktivität WE- MXGI an. Sie enthält ein Kernmaterial aus einer Metalllegierung, das eine maximale Leistungsdichte und eine hervorragende Strombelastbarkeit bei minimalen Verlusten ermöglicht. Bild 4 zeigt eine vergleichende Effizienzmessung auf einem Evaluation Board. Man beachte, dass die WE-MXGI im Vergleich zu ähnlichen Bauteilen auf dem Markt einen erstklassigen Wirkungsgrad über den Ausgangsstrom aufweist.

Neben der Wahl des Kernmaterials spielt auch das Wicklungsdesign eine wichtige Rolle bei den Gesamtverlusten einer Induktivität. In Hochfrequenzanwendungen kommen zunehmend Flachdrahtwicklungen zum Einsatz. Der große Leiterquerschnitt reduziert die Stromverdrängung und verteilt das elektrische Feld gleichmäßig, was die parasitäre Kapazität minimiert und die EMI-Effekte verringert (Bild 5). Durch die Verwendung von Flachdraht können niedrige RDC-Werte erreicht werden, was zu geringeren DC-Verlusten führt und folglich den Wirkungsgrad des Wandlers erhöht.

Mit den Performance-Serien WE- PMFI und WE-HXMI hat Würth Elektronik Induktivitäten vorgestellt, die eine optimierte Kernmaterialmischung mit der Flachdrahttechnologie kombinieren. Sie sind speziell auf geringe Verluste ausgelegt, um den Wirkungsgrad zu erhöhen und die Eigenerwärmung zu minimieren. Während sich die WE-PMFI Serie auf ultrakompakte Designs konzentriert und damit geeignet für elektronische Geräte mit geringem Platzangebot ist, deckt die WE-XHMI Performance Serie große Footprints ab, um die Anforderungen von Hochstromanwendungen zu erfüllen.

Bild 4: Messung des Wirkungsgrads über den Ausgangsstrom auf einem Evaluierungsboard von WE-MXGI im Vergleich zu einem vergleichbaren Referenzbauteil.

Wohin führen die aktuellen Entwicklungen bei Leistungsinduktivitäten?

Würth Elektronik investiert aktiv in die laufende Forschung und Prototypenentwicklung und erforscht magnetische Materialien und Fertigungstechnologien. Die Entwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess, den sich schnell ändernde Anforderungen dynamischer Märkte antreiben. Da die Schaltfrequenzen steigen und die Leistungsdichte zunimmt, müssen magnetische Komponenten einen höheren Wirkungsgrad und eine bessere thermische Leistung bei geringerer Baugröße bieten.

Bild 5: Flachdraht ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung des elektrischen Feldes, minimiert die parasitäre Kapazität und optimiert den EMV-Effekt an der Quelle.

Eine Technologie für Leistungsinduktivitäten basiert auf dem Prinzip der Kombination von Magnetpulver mit einem Bindemittelsystem aus Polymeren. Dieser Prozess ermöglicht die Herstellung mechanisch robuster und zuverlässiger Leistungsinduktivitäten mit einem hohen Grad an Miniaturisierung und Funktionsintegration. Aufgrund seiner hohen Designflexibilität eignet sich dieser Ansatz gut für Anwendungen mit strengen Größen- und Gewichtsbeschränkungen, wie kompakte DC/DC-Wandlerdesigns, bei denen eine hohe elektrische Leistung und ein effizientes Wärmemanagement erforderlich sind.

Ein weiterer Ansatz ist ein Fertigungsverfahren zur Herstellung thermisch stabiler, flacher Induktivitäten. Auf diese Weise können die Komponenten speziell für komplexe mehrphasige Stromversorgungsanwendungen entwickelt werden, zum Beispiel für Hochleistungs-Computerplattformen, elektronische Geräte mit geringer Bauhöhe und Stromversorgungsmodule in Rechenzentren und Automobilsystemen. Sie sind so konstruiert, dass sie niedrige Induktivitätswerte für ein schnelles Einschwingverhalten liefern und gleichzeitig hohe Sättigungsströme und einen minimalen Gleichstromwiderstand aufweisen. Diese Leistung wird durch die Integration des Magnetkerns und des Leiters in eine kompakte, monolithische Struktur erreicht. Das daraus resultierende Design gewährleistet eine hervorragende Strombelastbarkeit, geringe elektromagnetische Störungen (EMI) und eine stabile Leistung über einen breiten Betriebstemperaturbereich. (bs)

Annika Frankemölle

Junior Product Manager bei Würth Elektronik eiSos