Elektromechanische Verbindungen in höchster Präzision
Christel KiechleChristelKiechle
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(Bild: pb tec solutions)
Die Meisten kennen „Bonden“ als Überbegriff für verschiedene Prozesse in der Aufbau- und Verbindungstechnik. Die bekanntesten Beispiele sind Drahtbonden, Chipbonden, Waverbonden oder anodisches Bonden. Thermisches Bonden hingegen ist als Oberbegriff für Verfahren wie „Hot Bar Soldering“ oder „ACF Bonding“ bislang eher weniger bekannt. Dabei wird es in unterschiedlichsten Anwendungen immer häufiger zur Verbindung elektrischer Komponenten eingesetzt, wie z.B. FPCs (Flexible PCBs), Displays und PCBAs als Alternative zur herkömmlichen, elektromechanischen Steckverbindertechnik.
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Nicht selten werden einzelne Funktionseinheiten moderner Fahrerassistenzsysteme, zum Beispiel in den Außenspiegeln eingebaute Totwinkelassistenten, komplexe Sensoren, Kameras oder Displays und Steuereinheiten im thermischen Bondverfahren elektrisch verbunden. Als Verbindungselemente dienen dabei häufig sogenannte FPCs (Flexible Printed Circuits) oder FFCs (Flat Flexible Cables).
(Reflow) Hot Bar Soldering
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(Reflow) Hot Bar Soldering gehört als thermisches Bondverfahren zu den selektiven Lötverfahren. Dabei werden die beiden Komponenten an den elektrisch zu verbindenden, vorverzinnten und mit Flussmittel vorbenetzten Kontaktflächen übereinandergelegt. Danach werden sie mittels eines unter dosiertem Druck aufgesetzten Heizelementes (auch Hot Bar oder Thermode genannt) bis zum Schmelzpunkt des Lotmittels erhitzt und anschließend kontrolliert bis zum Erstarren des Lotes abgekühlt.
Auf diese Weise erzielt man in einem einzigen Prozessschritt auch bei großflächigen, vielpoligen Fine-Pitch-Verbindungen, wie bei Flex on Board (FOB) oder Flex on Flex (FOF), elektromechanisch hochstabile und zuverlässige Lötverbindungen. Der konstante mechanische Druck, den das Heizelement gleichzeitig auf alle zu verbindenden Kontaktstellen ausübt, verhindert nämlich die im klassischen Reflow Lötprozess gefürchteten mechanischen Bewegungen der Komponenten bzw. ihrer Kontaktflächen während des Lötprozesses.
Abhängig von der Aufgabenstellung kommt dabei eine ausgeklügelte, applikationsangepasste Thermodentechnologie zum Einsatz.
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Darstellung einer Thermodepb tec solutions
Pulse Heat System TM-100PR-MKIV von Cherusalpb tec solutions
Die Ansteuerung dieses resistiven Heizelementes erfolgt in der Regel im Pulsbetrieb, dem sogenannten „Pulse Heat“ Verfahren. Dieses ermöglicht eine für diesen Prozess unabdingbare, hochgenaue Temperaturregelung. Die grafische Darstellung zeigt den typischen, aus den vier Phasen „Vorheizen“, „Aufheizrampe“, „Reflow Temperaturplateau“ und „Abkühlung“ bestehenden Prozessablauf:
Diese Phase dient der Flussmittelaktivierung und unterstützt die Beseitigung von Verunreinigungen und die Vorbenetzung.
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B) Aufheizrampe
Abhängig von der Wärmekapazität und der Temperatur-Schockempfindlichkeit der zu verbindenden Komponenten erfolgt in diesem Prozessschritt die lineare Aufheizung von der Vorheiz- bis zur Reflowtemperatur. Die Steigung der Aufheizrampe und der erforderliche Reflow-Temperaturwert lassen sich in hoher Auflösung und Genauigkeit programmieren und regeln.
C) Reflow Temperaturplateau
Dieser auf den Schmelzpunkt des Lotes einzustellende Temperaturwert wird über eine ebenfalls programmierbare, von der Lötapplikation abhängige Zeit konstant gehalten. In dieser Phase erfolgt der eigentliche Reflowlötprozess unter gleichzeitigem Anpressdruck durch die Thermode.
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D) Abkühlung
Am Ende des Reflow Temperaturplateaus wird die Abkühlphase eingeleitet. Diese kann zugunsten der Taktzeit durch aktive Luftkühlung beschleunigt werden. Erst nach dem Erstarren des Lots kann der Anpressdruck der Thermode gelöst werden.
Was bedeutet ACF?
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Unter ACF Bonding versteht man ein alternatives thermisches Bondverfahren, das auf Basis der vorher beschriebenen Hot Bar Soldering Technologie realisiert werden kann. Typische Anwendungsgebiete sind dabei elektrische Verbindungen zwischen Chip On Glass (COG), Chip On Flex (COF) oder Flex on Glass (FOG).
Beispiel für ein Chip On Flex (COF)pb tec solutions
Anisotrop leitfähige Klebefolien (ACF = Anisotropic Conductive Film) sind im Volumen nicht elektrisch leitfähig. Die Leitfähigkeit der Klebeverbindung entsteht erst unter Einwirkung von Druck und Temperatur, wenn die Füllstoffpartikel jeweils beide Fügeteil-Oberflächen berühren. Die leitenden Füllstoffpartikel im ACF sind kleiner als 10 µm und müssen möglichst über die gesamte Auflagefläche gleichmäßig auf alle Pads übertragen werden. Zum Ausgleich der unvermeidlichen Höhen- und Planaritätsunterschiede werden thermisch leitfähige Elastomerfolien von ca. 200 µm Dicke zwischen Thermode und flexibler Leiterplatte eingebracht.
ACF Bonding ist immer in zwei Prozesse unterteilt:
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Der erste Prozess ist das sogenannte ACF Pre-Attachment. Hier wird das auf Rolle gelieferte ACF zugeschnitten und auf das Display oder Substrat aufgebracht. Im zweiten Prozess erfolgt dann das ACF Bonding, die Herstellung der eigentlichen Verbindung zwischen dem FPC (Flexible Printed Circuit) und dem Display oder Substrat. Auch bei diesem Verfahren sind eine feine Einstellbarkeit, hohe Regelgenauigkeiten und die Reproduzierbarkeit der Prozessparameter Druck, Temperatur und Zeit entscheidend für qualitativ hochwertige elektromechanische Verbindungen.
Ablauf des ACF Pre-Attachment
Schritt 1: Das LCD oder Substrat (z.B. PCB) wird auf die Halterung der Bonding Maschine geladen und per Vakuum fixiert.
Schritt 2: Das ACF wird gestrafft und in der richtigen Länge abgeschnitten. Die nicht benötigte Abdeckfolie des ACF wird vor der Bearbeitung der nächsten Komponenten auf einer Aufwickelrolle gesammelt.
Schritt 3: Das zugeschnittene ACF wird auf das Substrat laminiert. Der Heizblock wird dafür heruntergedrückt und für eine definierte Zeit gehalten. Silikon wird als Puffer für den Druckausgleich verwendet.
Schritt 4: Entnahme des Substrates aus der Halterung.
Schritt 5: Das Substrat wird in die Halterung des Pulse Heat Systems (zum Beispiel der Cherusal TM-100PR-MKIV) eingesetzt.
Schritt 6: Das FPC (Flexible Printed Circuit) wird in die gleiche Halterung eingelegt und mittels Passermarken manuell am Substrat ausgerichtet.
Anschließend wird der eigentliche ACF Bondprozess durchgeführt. Er ist vergleichbar mit dem bereits beschriebenen Hot Bar Soldering Verfahren. Es müssen lediglich auf die individuelle Anwendung und das ACF Verfahren angepasste Parameter-Einstellungen an der Bonding-Maschine vorgenommen werden.
Fertiges Produkt nach Hot Bar und ACFpb tec solutions
ACF Bonding hat diverse Vorteile gegenüber herkömmlichen Verbindungstechniken, wie elektromechanischen Steckverbindern oder klassischen Lötverfahren:
Zuverlässige Verbindungen auch im Fine Pitch Bereich <30µm
Stoßresistentere, da elastischere elektromechanische Verbindungen
Möglichkeit der Herstellung einer elektromechanischen Verbindung auch mit nicht lötbaren Legierungen
Bleifreier Prozess, ohne Flussmittel oder andere umweltbelastende Rückstände
Cherusal und pb tec solutions bieten eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme für thermisches Bonden an, unter anderem auch solche, die alle oben beschriebenen Prozesse in einem abdecken.