Nachfrage nach manipulationsfreier Elektronik steigt
productronica 2025 fokussiert auf sichere Mikroelektronik
Auf der Weltleitmesse productronica geht es in diesem Jahr vor allem um sichere und vertrauenswürdige Mikroelektronik.
Messe München
Von 18. bis 21. November 2025 trifft sich die Elektronik-Branche auf der productronica in München unter dem Motto „the pulse of innovation“. Eines der drei Leitthemen ist in diesem Jahr sichere und vertrauenswürdige Mikroelektronik.
Im November 2025 versammelt die productronica als Weltleitmesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik wieder mehr als 1.400 Aussteller und bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Veranstaltungen wie Panel-Diskussionen, Fachvorträge oder Networking-Events. Die parallel stattfindende Semicon Europa in den Hallen B1, C1 und C2 bringt Besuchern die komplette Wertschöpfungskette der Halbleiterindustrie näher. Ideeller und fachlicher Träger der Messe ist die Fachabteilung VDMA Productronic.
Ein Leitthema dieses Jahr ist sichere und vertrauenswürdige Mikroelektronik. Denn in kritischen Infrastrukturen wie Medizintechnik, Transportwesen, Energieversorgung oder Telekommunikation sind manipulationsfreie Bauteile ebenso essenziell wie für Maschinenbauer als Anwender. Vertrauenswürdige Mikroelektronik reicht dabei von sicheren Microcontrollern (MCUs) über transparente Lieferketten bis hin zu Security by Design. Aktuelle Anforderungen kommen aus Gesetzen wie dem Cyber Resilience Act oder dem Trusted Foundry Program.
Globale Konflikte schüren Bedarf
Wie eine Studie von Custom Market Insights zeigt, wächst der Markt an sicheren Microcontrollern von 27,6 Mrd. US-Dollar im Jahr 2025 auf geschätzte 80,7 Mrd. US-Dollar im Jahr 2034, bei einer jährlichen Wachstumsrate von 12,5 %. Ein wichtiger Wachstumstreiber ist dabei der Verteidigungssektor, denn hier steigt der Bedarf an vertrauenswürdiger Mikroelektronik aufgrund zunehmender globaler Konflikte stark an. Sogenannte Military-Grade-Komponenten müssen extremen Umgebungsbedingungen wie hohen Temperaturen oder Strahlung standhalten und beinhalten viele Bauteile, die unter Sicherheitsaspekten entwickelt werden. Wie wichtig den Regierungsverantwortlichen vertrauenswürdige Elektronikbauteile sind, zeigt das Beispiel USA: Die Regierung vergab laut dem Nachrichtenportal Reuters 2024 bis zu 3 Mrd. US-Dollar Fördermittel an Intel für das Entwickeln eines Secure Enclave, um eine vertrauenswürdige Fertigung für Chips in sicherheitskritischer Anwendungen zu etablieren.
IP bereits beim Design schützen
Im Gegensatz zu Software ist Hardware nur schwer vor unerlaubten Zugriffen zu schützen: Einmal gefertigt, sind Redesigns nicht mehr möglich oder teuer. Aus diesem Grund kommen vermehrt offene Architekturen wie RISC-V zum Tragen. So entwickelt beispielsweise das Fraunhofer IZM mit der Airisc-Familie eine Hardware für Sensorik-Applikationen und Embedded-KI mit besonderem Augenmerk auf den Schutz der enthaltenen IP.
Mit Security-by-Design setzen Entwicklungsingenieure dagegen bereits beim Entwickeln der IP an: Safe-SiP-Prozessoren (Secure Authentication Framework for System-in-Package) bieten eine Mischung von Bausteinen verschiedener Hersteller, was die Angriffsfläche durch eine größere Komplexität deutlich reduziert. Auch das Entwickeln der Secure Enclave verfolgt diesen Ansatz: Ingenieure schützen besonders volatile Bereiche innerhalb eines Prozessors, in denen sensible Daten und Berechnungen isoliert von der restlichen Hard- und Software verarbeitet werden.
Hinsichtlich der Supply-Chain-Sicherheit besteht laut der Forschungsfabrik Mikroelektronik die größte Herausforderung im Vertrauen über verschiedene Hersteller und Produktionsschritte hinweg, insbesondere bei Logistik- oder Testprozessen. Eine sichere Lieferkette voranzutreiben ist Inhalt unter anderem des EU Chips Acts und des IPCEI-Programms (Important Project of Common European Interest) in Europa sowie des Trusted Foundry Programs der USA.
Innovationen von Mikroelektronik bis Produktionsumgebung
Besucher der productronica können sich selbst ein Bild aktueller Innovationen rund um das Thema vertrauenswürdige Mikroelektronik machen. Unter anderem präsentiert Phoenix auf der Special-Exhibit-Fläche des VDMA ein mikrooptisches System aus Glassubstrat, das abhörsichere Telekommunikation ermöglicht. Daneben bietet das Unternehmen Segger Microcontroller eine Reihe von Produkten für die Sicherheit von Embedded-Systemen – insbesondere zum Schutz von Firmware, IP sowie für sicheres Programmieren und Entwickeln. Darunter etwa J-Link Debug Probes zum Überprüfen des Codes oder Software-Sicherheitsbibliotheken wie emSecure oder emSSL.
Bosch Manufacturing Solutions (BMG) dagegen zeigt Lösungen für sichere industrielle Produktionsumgebungen, ein wesentlicher Baustein für vertrauenswürdige Mikroelektronik auf Fertigungsebene. Hierbei unterstützt BMG Unternehmen vor allem mit verschlüsselter und gesicherter Datenkommunikation, Echtzeit-Transparenz und digitaler Überwachung sowie Remote-wartungssicheren Systemen mit Zugriffschutz.
Am Stand von VDMA-Mitaussteller Chipdesign Germany erhalten Besucher einen kompakten Einblick in das deutsche Netzwerk für Chipentwicklung und können den Entwicklungsprozess digitaler integrierter Schaltungen nachvollziehen – von der Idee über das Design bis hin zur fertigen Hardware. Exponate wie Wafer, Masken und Chips machen die einzelnen Schritte greifbar und lassen sich unter einem Digitalmikroskop direkt betrachten.
Das Rahmenprogramm der productronica thematisiert vertrauenswürdige Mikroelektronik unter anderem auch in den Foren. Am Mittwoch, 19. November, findet im Innovation Forum eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Mikroelektronik für sicherheitsrelevante Technologien – welche Maßnahmen sind für sichere Lieferketten notwendig?“ statt.
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