Testkontaktierung in der Elektronikfertigung

Warum klassische Pogo-Pins an ihre Grenzen stoßen

Bei der In-Circuit- und Funktionstestprüfung moderner High-End-Elektronik geraten konventionelle Teststifte zunehmend an ihre Grenzen: Elektronikentwickler fordern immer präzisere und robustere Spezifikationen, während Fertiger – insbesondere mit Kunden aus der Automobilindustrie – den Durchsatz steigern und ihre Linien produktiver machen müssen.

4 min

Zu den fest verankerten, nicht mehr aufzuhaltenden disruptiven Kräften, die die Automobilin-dustrie verändern, gehört die Elektrifizierung. Marktanforderungen sowie Sicherheits- und Umweltvorschriften führen dazu, dass Fahrzeuge – vom Einstiegs- bis zum Premiummodell – immer intelligenter, stärker fahrerunterstützend, besser vernetzt und ressourcenschonender werden. Um dies zu erreichen, rüsten Automobilhersteller ihre Modelle mit mehr Sensorik, Rechenleistung und Kommunikationsfunktionen aus und elektrifizieren zunehmend Teilsysteme – von Wasserpumpen und Servolenkungen bis hin zum gesamten Antriebsstrang.

Pogo-Pins lassen nur eine begrenzte Toleranz zu, um sicherzustellen, dass die Pins mit den Kontaktpunkten verbunden werden

Dieser Trend eröffnet Herstellern elektronischer Komponenten und den Fertigungsbetrieben in der automobilen Lieferkette neue Chancen. Gleichzeitig steigen jedoch Qualitätsansprüche und Stückzahlen deutlich an. Das erfordert schnelle und hochpräzise Testverfahren, die einwandfreie von fehlerhaften Einheiten zuverlässig unterscheiden – mit minimalen Fehlalarmen und ohne zeitaufwendige erneute Prüfungen zur Korrektur falschnegativer Ergebnisse.

Kontaktierung auf Hochdichte-PCBs

Kontakt-Testlösungen für hochentwickelte Geräte, die mit klassischen Prüfspitzen arbeiten, geraten an Grenzen: die Testpads werden immer kleiner, liegen dichter beieinander und sind mit herkömmlichen, federnden Testsonden zunehmend schwer erreichbar (Bild 1). Hinzu kommt, dass eine Kontaktierung des Prüflings über nur einen einzelnen Punkt eine potenziell unzuverlässige Verbindung darstellt.

Betroffen sind praktisch alle Arten elektronischer Geräte – von Halbleiterwafern bis hin zu Steuergeräte-Modulen (ECUs) –, da die Bauteilgeometrien schrumpfen und Leiterplatten immer dichter bestückt werden. Zusätzlich erschweren komplex aufgebaute, vibrationsfeste Steckverbinder, wie sie insbesondere in der Automobilindustrie eingesetzt werden, den Prüfspitzen die sichere Kontaktherstellung, sobald das Bauteil in der Prüfvorrichtung positioniert ist (Bild 2).

Grenzen klassischer Pogo-Pins

Probleme mit Pogo-Pins – also Federkontaktstiften – sind in der Praxis längst weit verbreitet. Häufig stellen die Stifte keinen sicheren Kontakt zum Testpunkt her. Aktuellen Untersuchungen zufolge werden nur in etwa 80 % der Fälle, in denen mit Standard-Pogo-Pins getestet wird, die Prüflinge korrekt klassifiziert. Die Folge sind hohe Fehlalarmraten, die zusätzliche Analysen und Wiederholungsprüfungen nach sich ziehen. Hinzu kommt: Die typische Nennlebensdauer eines Pogo-Pins liegt bei rund 100.000 Schaltspielen. Bei Stückzahlen, wie sie in der automobilen Großserienfertigung üblich sind, führt das zu häufigen Stillständen für den Austausch. Ungenaue Messergebnisse und regelmäßige Unterbrechungen bremsen die Produktivität und können Liefertermine gefährden.

Vibrationsbeständige Steckverbinder sind für die Inspektion eine Herausforderung.

Auch der Kontaktwiderstand ist aufgrund der klassischen Pogo-Pin-Konstruktion oft uneinheitlich und liegt typischerweise nicht unter 70 mΩ. Damit stoßen Tests an Grenzen, bei denen ein sehr niedriger Kontaktwiderstand gefordert ist. Ein allgemein akzeptierter, praktikabler Mindestdurchmesser herkömmlicher Federstifte liegt derzeit bei etwa 0,35 mm. Eine weitere Verkleinerung erschwert den zuverlässigen Kontakt zu den Testpads, da die Prüfspitzen bruchempfindlich werden – mit entsprechend häufigeren Ausfällen und mechanischen Schäden. Gleichzeitig werden für künftige Generationen von Baugruppen noch kleinere Teststifte benötigt. Um trotz schrumpfender Geometrien eine effiziente, schnelle und präzise Kontaktprüfung sicherzustellen, ist daher eine Alternative zur klassischen Pogo-Pin-Technologie erforderlich.

Mechanische Schwächen federnder Stifte

Herkömmliche Pogo-Pins sind so ausgelegt, dass sie geringe Positionierungsabweichungen tolerieren und mit einer definierten Federkraft gegen den Testpunkt des Prüflings drücken, um eine robuste elektrische Verbindung mit niedrigem ohmschen Widerstand herzustellen.

Dieser Mechanismus erhöht jedoch die konstruktive Komplexität und ist störanfällig: Beim Platzieren des Prüflings in die Vorrichtung kann es zum Verklemmen oder anderen Fehlfunktionen kommen. Wird der Stift falsch positioniert oder zu stark belastet, besteht die Gefahr, dass er bricht oder die Feder ausfällt. Eine weitere Miniaturisierung – erforderlich, um engere Abstände auf hochdicht bestückten Leiterplatten abzudecken – macht die Stifte zusätzlich empfindlicher und steigert das Risiko eines Bruches.

EFC-Teststifte als Alternative

Eine Alternative zu entwickeln, die diese Einschränkungen überwindet und zugleich die weitere Miniaturisierung unterstützt, ist alles andere als trivial. Ein geeigneter Teststift muss zuverlässig seine Position am Testpunkt finden, dabei eine ausreichende und gleichmäßige Kontaktkraft aufbringen und zugleich deutlich robuster sein, um Ausfälle und Stiftwechsel zu minimieren. Nur so lassen sich Fehlklassifikationen durch schlechten elektrischen Kontakt oder schwankenden Kontaktwiderstand vermeiden.

Die Form und das Material des Stifts können optimiert werden, um eine hohe Belastbarkeit für die Prüfung von Hochfrequenzsignalen oder für die Durchführung von Hochstromprüfungen zu ermöglichen.

Ein neuartiger Teststifttyp, gefertigt aus einer speziell entwickelten elektrogeformten (EFC) Metalllegierung und mit einem angepassten Herstellverfahren, adressiert diese Anforderungen. Das kundenspezifische Material bietet mechanische Eigenschaften, die mit Edelstahl der Güteklasse 304 (SUS304/SS304) vergleichbar sind, und gleichzeitig elektrische Kennwerte mit einer Leitfähigkeit auf Kupferniveau. In Kombination mit dem speziellen Stiftdesign (Bild 3) entstehen einteilige Stifte, die weder den Größenbeschränkungen klassischer Federmechanismen unterliegen noch deren Blockierungsrisiko mit sich bringen.

Optimierte elektrische Parameter

Mit den EFC-Stiften lassen sich hochzuverlässige Testvorrichtungen mit Abständen bis zu 0,175 mm realisieren. Da die Stifte in über 99,8 % der Testvorgänge einen einwandfreien Kontakt zum Testpunkt herstellen, sinkt das Risiko falsch-negativer Ergebnisse durch schlechten Stiftkontakt erheblich. Je nach Anwendung und Ausführung erreichen sie zudem eine Lebensdauer von bis zu 500.000 Steckzyklen, was die Effizienz steigert und Stillstandzeiten für den Austausch reduziert. Das einteilige Design sorgt für stabile elektrische Kennwerte und einen sehr niedrigen Kontaktwiderstand von typischerweise rund 30 mΩ – ideal etwa für die Prüfung empfindlicher Produkte wie OLED-Panels. Darüber hinaus erlaubt die hohe Gestaltungsfreiheit bei Stiftgröße, -geometrie und -spitze eine präzise Anpassung an unterschiedlichste Anwendungen.

EFC-Pins für Highspeed und Highcurrent

EFC-Pins eignen sich sowohl für Pin-Blöcke als auch für komplette, kundenspezifische Sockel für Tests auf Leiterplattenebene. Zudem kommen sie in optimierten Vorrichtungen für IC- und andere Komponententests bis hin zu Gerätetests zum Einsatz. Sie wurden für die Prüfung von High-End-Modulen mit hohen Datenraten ebenso wie für Hochleistungselektronik entwickelt, bei der pro Pin Ströme deutlich über 2 A in einer speziellen Bündelstruktur gefordert sind – und erfüllen dabei höchste Anforderungen an die Prüfbeständigkeit.

Der schwimmende Kopfmechanismus der Steck-dose verhindert ein falsches Einstecken.

Das Standardprodukt – ein speziell ausgelegter Teststecker für USB-Type-C-Verbindungen – kombiniert EFC-Stifte mit Harz-Pinspitzen und einem speziellen Schwimmkopfmechanismus, der Positionsabweichungen von bis zu einem Grad in X- und Y-Richtung kompensiert (Bild 4). Der schwimmende Kopf ermöglicht ein schnelles, fehlerfreies Stecken und vermeidet Unterbrechungen im Testbetrieb, während die spezielle interne Stiftstruktur die Lebensdauer der Testbuchsen im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen deutlich verlängert.

Fazit: Mehr Zuverlässigkeit im Test

Pogo-Pins haben in der Elektronikprüfung eine lange und erfolgreiche Tradition und werden auch künftig in vielen Anwendungen sehr gute Dienste leisten. Bei Spitzentechnologien stoßen sie jedoch an Grenzen: Die Geometrien moderner Komponenten und Baugruppen werden für herkömmliche Stifte schlicht zu klein.

Die Entwicklung einer passenden Alternative erforderte sowohl materialwissenschaftliche Innovationen als auch Fortschritte in den galvanotechnischen Fertigungsprozessen. Die neuen einteiligen EFC-Stifte ermöglichen Testpunktabstände bis hinunter zu 0,175 mm, bieten

einen niedrigeren Kontaktwiderstand als klassische Pogo-Pins und verbessern zugleich Positionsgenauigkeit, Belastbarkeit und Langzeitzuverlässigkeit. Durch Sonderformen und optimierte Spitzenprofile erreichen sie selbst schwer zugängliche Bereiche, etwa im Inneren komplexer Steckverbinder, und eignen sich für anspruchsvolle Anwendungen wie Hochfrequenz- oder Hochstromtests.

Das Ergebnis: weniger Fehlalarme, weniger Vorrichtungsreparaturen und insgesamt eine höhere Effizienz, Produktivität und Lieferperformance in der Elektronikfertigung.

Autor

Gabriel Sikorjak, Strategic Marketing Manager – High Frequency Domain, Omron Electronic Components Europe