Datenerfassung, unterstützte Bewertung und Verbesserung durch automatisiertes Lernen.

Bild 1: Datenerfassung, unterstützte Bewertung und Verbesserung durch automatisiertes Lernen. (Bild: Yamaha)

Die Ausrüstungshersteller treiben die Integration von KI in ihre Lösungen intensiv voran. Auch die Fertigungsunternehmen arbeiten daran, die Technologie rasch in ihre Prozesse einzubinden. In der hochautomatisierten Oberflächenmontage von Elektronik-Baugruppen eröffnet die künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten, maschinelle Geschwindigkeit und Wiederholgenauigkeit auf anspruchsvollere Aufgaben auszuweiten – Aufgaben, die Lernfähigkeit, Urteilsvermögen und Anpassungsfähigkeit erfordern. Ein Beispiel hierfür ist die automatische optische Inspektion (AOI).

Die Bildklassifizierungsfähigkeiten der KI, die bereits erfolgreich in Anwendungen wie der Krankheitsdiagnose, dem autonomen Fahren und der Inhaltsmoderation eingesetzt werden, bieten auch großes Potenzial für die industrielle Qualitätskontrolle, insbesondere für die AOI. Herkömmliche AOI-Ansätze sind in hohem Maße vom Bewertungsvermögen von Spezialisten abhängig, wenn es darum geht, das System einzurichten, neue Produkte einzuführen und anschließend während der laufenden Produktion Bilder von mutmaßlichen Fehlerbereichen zu prüfen.

KI wurde erstmals in kommerzieller AOI-Software eingeführt, um die Einrichtung und den Betrieb der Systeme zu unterstützen. Dazu gehört der automatische Abgleich von Bauteilbibliotheken, der mithilfe von Deep Learning Bauteiltypen aus Bildern identifiziert und so die automatische Auswahl der optimalen Bibliothek ermöglicht. Darüber hinaus wird KI zur Unterstützung der 3D-Vermessung von Bauteilen eingesetzt, um Daten für Bauteile zu generieren, die in keiner bestehenden Bibliothek zu finden sind.

Wie KI sekundäre Bewertungen verbessert

Ursprünglich vereinfachte und beschleunigte KI vor allem die Verwaltung von Bibliotheken. Heute jedoch bietet die Technologie den Anwendern von AOI-Systemen einen erheblichen Mehrwert: Die Lern- und Klassifizierungsfähigkeiten der KI werden gezielt eingesetzt, um die Inspektionsgenauigkeit an der Produktionslinie weiter zu steigern. Das Einstufen potenzieller Defekte – etwa als tatsächliche Fehler oder als falsch-positive bzw. falsch-negative Befunde – kann zeitaufwendig sein und zu Schwankungen im Fertigungsprozess führen. Während offensichtliche Defekte, wie fehlende oder extrem schlecht ausgerichtete Bauteile und erhebliche Lötfehler, leicht zu erkennen sind, gestaltet sich die Identifizierung weniger klarer Fehler oft schwierig, da diese nicht immer eindeutig von den geltenden Abnahmerichtlinien abweichen.

Wenn die Bewertung menschlichen Experten überlassen wird, können die einzelnen Mitarbeiter je nach Erfahrungsstand und Meinung zu unterschiedlichen Bewertungen gelangen. Die Inspektion kann langwierig sein, da sorgfältige Bewertungen Zeit erfordern. Einzelne Fehler können übersehen werden, während andererseits zu strenge Bewertungen zu falsch-positiven Ergebnissen führen können, die unnötige Nacharbeit verursachen. Die Einführung von KI zur Unterstützung dieser sekundären Bewertungen bietet die Möglichkeit, die Abhängigkeit von Experten zu verringern sowie Ungenauigkeiten zu beseitigen und damit die Produktivität zu erhöhen.

Bild 1 zeigt, wie KI die sekundäre Bewertung verbessern kann, indem sie dazu beiträgt, den Wert menschlicher Fähigkeiten zu erhöhen und zugleich die Auswirkungen menschlicher Fehler zu minimieren. Das AOI-System teilt die Bilder der erkannten Fehlerbereiche sowohl mit den Mitarbeitern als auch mit der KI-Bewertungs-Software, die maschinelle Lernmodelle enthält. Die menschlichen Experten bewerten die Art der Fehler. Ihre Einschätzungen werden dann an die KI-Software weitergeleitet. Durch wiederholte Anpassungen während der Erfassung der Expertenurteile eignet sich das Modell schnell die optimalen Beurteilungsfähigkeiten der Experten an und eliminiert menschliche Fehler. Wenn das Modell trainiert ist, fällt es Urteile, die es den Anwendern ermöglichen soll, sicherer und schneller zu arbeiten und ein gleichbleibend hohes Maß an Genauigkeit zu erreichen. So können die Mitarbeiter schließlich die Leistung erfahrener Inspektoren erzielen.

Die KI-gestützte Sekundärbewertung kann die Reproduzierbarkeit verbessern, um zu verhindern, dass fehlerhafte Einheiten das Werk verlassen und falsch-positive Ergebnisse schnell erkennen, um zu verhindern, dass fehlerfreie Baugruppen zu unnötigen Nacharbeiten weitergeleitet werden. So wird die Qualitätsleistung der Fabrik stabilisiert und die Produktivität gesteigert.

Die Analyse der Inspektion
Bild 2: Die Analyse der Inspektion – einschließlich der Bilder und des berechneten Anomalie-Indexes – unterstützt die sekundäre Bewertung und hilft ggf. bei einer erforderlichen Reparatur. (Bild: Yamaha)

Vertrauensindex

Yamahas KI-Bewertungs-Software für AOI bietet dem Bediener umfassende Informationen, die die Gut-/Schlecht-Entscheidungen der Software erklären, einschließlich Bildern, Tabellen und einem Vertrauensindex (Bild 2). Bei Lötfehlern, wie Lotbrücken oder Verunreinigungen, wird dieser Index in Form einer grafischen Heatmap und eines berechneten Anomalie-Indexes dargestellt. Die Beurteilung anderer Mängel, wie z.B. bei der Zeichenerkennung, wird mit einer Ähnlichkeitsquote bewertet. Die Software berichtet darüber hinaus auch über ihre eigene Leistung mit Berechnungen der Erkennungsrate von Anomalien und der Unterdrückung der Übererkennung. Durch wiederholte Datenerfassung und ‑analyse, einschließlich Rauschunterdrückung, und mit Werkzeugen zur Erstellung und Optimierung benutzerdefinierter KI-Modelle, ermöglicht die KI-Bewertungs-Software den Anwendern die Kontrolle über den Lebenszyklus des maschinellen Lernens und letztlich die Qualitätskontrolle ohne zusätzliche, professionelle Hilfe.

Der Weg zum autonomen AOI-System

Nach der KI-gestützten Sekundärbewertung durch Fachkräfte strebt die Entwicklung der automatisierten optischen Inspektion (AOI) eine vollständig autonome Lösung an, die konstant die Qualität und Präzision der besten Spezialisten erreicht. Yamahas KI-Bewertungssoftware ermöglicht eine direkte Anbindung an entfernte Reparaturstationen und tauscht KI-basierte Bewertungsergebnisse nahtlos mit Inline-AOI-Systemen aus, um die Prüfgenauigkeit fortlaufend zu steigern. Durch die Automatisierung der sekundären Bewertungen kann das System ohne manuelle Eingriffe dauerhaft laufen und eine hohe Durchsatzrate mit minimalen falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnissen erreichen – eine entscheidende Voraussetzung, um Fehler auszuschließen und Nacharbeit zu minimieren.

Fazit

Künstliche Intelligenz kann verschiedene Bereiche der AOI optimieren, darunter die schnellere Erstellung von Bibliotheken und die automatische Generierung fehlender Bauteildaten. Mit ihrer Bildklassifizierungsfähigkeit ist die KI dazu geeignet, die sekundäre Bewertung in der Produktionslinie zu unterstützen und mittelfristig zu automatisieren. Diese anspruchsvolle Aufgabe lag bisher in den Händen erfahrener Inspektoren, doch dank KI erreichen AOI-Bediener nun rasch ein vergleichbares Niveau. Die Entwicklungsstrategie zielt auf eine durchgängige Automatisierung – von der Bauteilmontage bis zur lernfähigen AOI – um die Qualitätssicherung weiter zu verbessern und die Produktivität zu steigern.

Oumayma Grad, Yamaha
(Bild: Yamaha)

Oumayma Grad

Marketing Communications Manager, Yamaha SMT & FA Sections, Robotics Division

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