Ende 2021 ist es soweit. Dann läuft die Frist dafür ab, die Whistleblower-Richtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen. Derzeit mehren sich die Stimmen, Unternehmen nicht mehr als unbedingt nötig zu belasten. Nachvollziehbar auf der einen Seite, rückwärtsgewandt auf der anderen.
Lassen Sie uns die Probe aufs Exempel machen: Wie wäre Dieselgate ausgegangen mit einem Gesetz zum Schutz von Informanten? Mit etwas Glück wären die „Vorkommnisse“, wie der damalige Volkswagen-CEO sie nannte, frühzeitig gemeldet und einer der größten Skandale der Automobilindustrie vermieden worden.
Auf jeden Fall hätte es eine Möglichkeit des Einschreitens gegeben, ohne den eigenen Job zu riskieren. Denn leider, so ist zu konstatieren, sticht ohne gesetzlichen Schutz immer noch der Ober den Unter – trotz aller Hochglanzbekenntnisse zu Integrität und Compliance. Auch das hat Dieselgate anschaulich gezeigt.
Es wird also Zeit, nach vorne zu schauen und individueller wie systemischer Mauschelei noch mehr als bisher den Kampf anzusagen. Das lohnt sich auch unternehmerisch, denn bekanntlich haben Lügen kurze Beine, mit denen man nicht weit kommt. Bisweilen braucht es zum Entlarven nur eine neue Generation von Messgeräten. Und das Whistleblower-Gesetz kürzt die Beine zukünftig nochmals erheblich.
Transparenz und Wahrhaftigkeit
Idealerweise jedoch wären Whistleblower gar nicht nötig, sondern die Unternehmenskultur auf Exzellenz ohne Schummeln ausgerichtet. Die folgenden Punkte tragen dazu bei.
Gute Fehler: Jeden Fehler, der vor der Markteinführung entdeckt wird, mit offenen Armen anzunehmen, ist die richtige Haltung – denn danach wird die Behebung exorbitant teuer. Das bedeutet, Reviews und Tests auch unter Druck konsequent durchzuführen, was nicht gang und gäbe ist.
Freies Sprechen: Führungskräften und Mitarbeitern muss es möglich sein, ohne Denk- und Sprechverbote zu sagen, was sie beobachten und davon halten, auch hierarchieübergreifend. Gängelung und subtiler Erwartungsdruck, wie oft üblich, sind kontraproduktiv.
Fähiges Verfolgen: Steuerkreise und Reviewgremien müssen einen exzellenten Job machen. Das braucht eine tiefgreifende Beurteilungs- und ausgewiesene Sozialkompetenz, um Schuldzuweisungen, Bashing, Greenwashing und das Vormachen eines X für ein U zu vermeiden. Klingt einfach, ist jedoch häufig nicht gegeben.
Transparenz und Wahrhaftigkeit zu fordern und auch zu leben, ist ein gutes Stück Arbeit. Eine klare Haltung, sichtbares Vorbildsein und das Sanktionieren von Zuwiderhandlung gehören dazu. Gibt es Alternativen? Keinesfalls, siehe oben. (av)