Roboter feiern Weihnachten, haben ihren eigenen "Love-your-Robot-day" und erobern die Landwirtschaft. Kurzgesagt, Roboter gehören immer mehr zum Alltag. Das trifft natürlich auch auf die Industrie zu. Der weltweite Bestand an einsatzfähigen Robotern hat mit rund 3,5 Millionen Einheiten einen neuen Rekord erreicht – der Wert der Installationen wird auf 15,7 Milliarden US-Dollar geschätzt. „Roboter spielen eine grundlegende Rolle bei der Erfüllung der sich ändernden Anforderungen von Herstellern auf der ganzen Welt“, fasst Marina Bill, Präsidentin der International Federation of Robotics diesen Trend zusammen.
Was der IFR für die Robotik und Automatisierung im Jahr 2023 erwartet, zeigen diese 5 Trends:
Roboter-Trend 1: Energieeffizienz
Energieeffizienz ist laut IFR der Schlüssel zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Zeiten steigender Energiekosten. Der Einsatz von Robotern trägt in vielerlei Hinsicht zur Senkung des Energieverbrauchs in der Produktion bei. Im Vergleich zu herkömmlichen Fließbändern können durch die geringere Erwärmung erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden. Gleichzeitig arbeiten Roboter mit hohen Geschwindigkeiten und erhöhen so die Produktionsraten, wodurch die Fertigung zeit- und energieeffizienter wird.
Heutige Roboter sind so konstruiert, dass sie weniger Energie verbrauchen, was zu niedrigeren Betriebskosten führt. Um die Nachhaltigkeitsziele für ihre Produktion zu erreichen, setzen Unternehmen Industrieroboter ein, die mit energiesparender Technologie ausgestattet sind: Die Robotersteuerungen sind beispielsweise in der Lage, kinetische Energie in Strom umzuwandeln und in das Stromnetz einzuspeisen. Diese Technologie reduziert den Energiebedarf für den Betrieb eines Roboters erheblich. Ein weiteres Merkmal ist der intelligente Energiesparmodus, der die Energieversorgung des Roboters während des Arbeitstages bedarfsgerecht steuert. Da Industrieanlagen bereits heute ihren Energieverbrauch überwachen müssen, werden sich solche vernetzten Stromsensoren voraussichtlich zu einem Industriestandard für Roboterlösungen entwickeln.
Roboter-Trends 2: Reshoring
Resilienz ist zu einem wichtigen Treiber für Reshoring in verschiedenen Branchen geworden: Automobilhersteller investieren beispielsweise stark in kurze Lieferketten, um Prozesse näher an ihre Kunden zu verlagern. Diese Hersteller setzen Roboterautomation ein, um Hochleistungsbatterien für ihre Elektrofahrzeugprojekte kostengünstig und in großen Mengen herzustellen. Diese Investitionen machen den Transport schwerer Batterien überflüssig. Dies ist wichtig, da immer mehr Logistikunternehmen den Transport von Batterien aus Sicherheitsgründen ablehnen.
Ein weiterer Reshoring-Trend ist die Rückverlagerung der Mikrochip-Produktion in die USA und nach Europa. Da die meisten Industrieprodukte heute einen Halbleiterchip benötigen, um zu funktionieren, ist die Lieferung in die Nähe des Kunden entscheidend. Roboter spielen bei der Chipherstellung eine entscheidende Rolle, da sie die extremen Präzisionsanforderungen erfüllen. Speziell entwickelte Roboter automatisieren die Herstellung von Siliziumwafern, übernehmen Reinigungs- und Säuberungsaufgaben oder testen integrierte Schaltkreise. Jüngste Beispiele für Reshoring sind die neuen Chipfabriken von Intel in Ohio oder die kürzlich angekündigte Chipfabrik des Chipherstellers Wolfspeed und des Automobilzulieferers ZF im Saarland.
Roboter-Trends 3: Roboter sind leichter zu bedienen
Die Programmierung von Robotern ist einfacher geworden und auch für Nichtfachleute zugänglich. Anbieter von softwaregesteuerten Automatisierungsplattformen unterstützen die Unternehmen, indem sie es den Anwendern ermöglichen, Industrieroboter ohne vorherige Programmiererfahrung zu bedienen. OEMs arbeiten Hand in Hand mit Low-Code- oder sogar No-Code-Technologiepartnern, die es Anwendern aller Qualifikationsstufen ermöglichen, einen Roboter zu programmieren.
Einfach zu bedienende Software, gepaart mit einer intuitiven Benutzerführung, ersetzt mancherorts die aufwändige Programmierung von Robotern und eröffnet neue Möglichkeiten der Roboterautomatisierung: Software-Start-ups drängen mit spezialisierten Lösungen für die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen in diesen Markt. Ein Beispiel: Ein herkömmlicher, schwerer Industrieroboter kann mit Sensoren und einer neuen Software ausgestattet werden, die ein kollaboratives Einrichten ermöglicht. Dadurch wird es für die Arbeiter einfacher, die schweren Maschinen an verschiedene Aufgaben anzupassen. Unternehmen erhalten so das Beste aus beiden Welten: robuste und präzise Industrieroboter-Hardware und modernste Cobot-Software.
Einfach zu bedienende Programmierschnittstellen, die es den Kunden ermöglichen, die Roboter selbst zu konfigurieren, treiben auch das neue Segment der Low-Cost-Robotik voran. Viele neue Kunden haben auf die Pandemie 2020 reagiert, indem sie Roboterlösungen ausprobiert haben. Die Roboterhersteller haben diese Nachfrage erkannt: Einfache Einrichtung und Installation, zum Beispiel mit vorkonfigurierter Software für Greifer, Sensoren oder Steuerungen, unterstützen den kostengünstigen Einsatz von Robotern. Solche Roboter werden häufig über Webshops vertrieben, Programmroutinen für verschiedene Anwendungen können in einem App-Store heruntergeladen werden.
Roboter-Trend 4: Künstliche Intelligenz und digitale Automatisierung
Angetrieben von Fortschritten in der digitalen Technologie bieten Roboterhersteller und Systemintegratoren neue Anwendungen und verbessern bestehende Anwendungen in Bezug auf Geschwindigkeit und Qualität. Vernetzte Roboter verändern die Fertigung. Roboter werden zunehmend als Teil eines vernetzten digitalen Ökosystems arbeiten: Cloud Computing, Big Data Analytics oder 5G-Mobilfunknetze bilden die technologische Grundlage für optimierte Leistung. Der 5G-Standard wird eine vollständig digitalisierte Produktion ermöglichen und Kabel in der Fertigung überflüssig machen.
Künstliche Intelligenz (KI) birgt ein großes Potenzial für die Robotik und bietet eine Reihe von Vorteilen in der Fertigung. Das Hauptziel des Einsatzes von KI in der Robotik besteht darin, besser mit Schwankungen und Unvorhersehbarkeiten in der äußeren Umgebung umzugehen, und zwar sowohl in Echtzeit als auch offline. Daher spielt die KI, die das maschinelle Lernen unterstützt, eine immer wichtigere Rolle in Softwareangeboten, von denen laufende Systeme profitieren, z. B. durch optimierte Prozesse, vorausschauende Wartung oder visionsbasiertes Greifen.
Diese Technologie hilft Herstellern, Logistikdienstleistern und Einzelhändlern, die mit häufig wechselnden Produkten, Aufträgen und Beständen zu tun haben. Je variabler und unvorhersehbarer die Umgebung ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass KI-Algorithmen eine kosteneffiziente und schnelle Lösung bieten - zum Beispiel für Hersteller oder Großhändler, die mit Millionen verschiedener Produkte zu tun haben, die sich regelmäßig ändern. KI ist auch in Umgebungen nützlich, in denen mobile Roboter zwischen Objekten oder Personen unterscheiden und unterschiedlich reagieren müssen.
Roboter-Trend 5: Ein zweites Leben (Second Life) für Industrieroboter
Da ein Industrieroboter eine Lebensdauer von bis zu dreißig Jahren hat, bieten neue technische Geräte eine gute Gelegenheit, alten Robotern ein "zweites Leben" zu geben. Industrieroboterhersteller wie ABB, Fanuc, Kuka oder Yaskawa betreiben spezialisierte Reparaturzentren in der Nähe ihrer Kunden, um gebrauchte Geräte ressourceneffizient zu überholen oder aufzurüsten. Diese "Prepared-to-Repair"-Strategie für Roboterhersteller und ihre Kunden spart ebenfalls Kosten und Ressourcen. Das Angebot von Langzeitreparaturen für Kunden ist ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.