Die am weitesten verbreitete Technologie in Bildverarbeitungssystemen sind nach wie vor Industriekameras mit Farb- und Monochrom-CMOS-Sensoren, die sichtbares Licht im elektromagnetischen Spektrum von etwa 400 nm bis 700 nm erkennen. In den letzten Jahren hat die Bildverarbeitungsindustrie jedoch ein wachsendes Interesse an Industriekameras gezeigt, die in der Lage sind, auch Photonen jenseits des sichtbaren Lichtspektrums zu erkennen. Darunter fallen etwa Kameras mit Indium-Gallium-Arsenid (InGaAs)-Sensortechnologie, die kurzwellige Infrarotwellen (SWIR) von etwa 1050 bis 2500 nm erkennen können und so viele interessante Anwendungsmöglichkeiten bieten (siehe Kasten).
Was SWIR-Licht so besonders macht
- Im Vergleich zu sichtbarem Licht zeigt SWIR-Licht ein anderes physikalisches Verhalten bei der Wechselwirkung mit Materialien. SWIR-Licht kann sowohl in organisches als auch in nicht-organisches Material eindringen, wo die Lichtphotonen bei der Wechselwirkung mit den Molekülen im Material absorbiert werden. Der Grad der Absorption hängt von der chemischen Struktur des Materials ab. Wassermoleküle zum Beispiel haben einen hohen Absorptionsgrad für SWIR-Licht bei Wellenlängen zwischen 1.450 und 1.500 nm.
- Dies macht die SWIR-Bildgebung für Anwendungen wie die Inspektion von Obst und Gemüse nützlich: Frühe Fäulnis und Druckstellen (typischerweise Bereiche mit höherem Wassergehalt) sind im SWIR-Spektrum deutlicher zu erkennen, da sie auf den Kamerabildern als Bereiche mit höherem Kontrast zu guten Stellen erscheinen. Dadurch können Artikel mit diesen Mängeln leichter identifiziert und vor dem Verpacken vom Förderband entfernt werden.
- Eine weitere Stärke der SWIR-Bildgebung ist die Erkennung von Fremdkörpern. Bei der Lebensmittelverarbeitung beispielsweise müssen Gegenstände wie Steine, Metall und Plastik sicher erkannt und vor der Weiterverarbeitung effizient entfernt werden. Bei der Inspektion von frischem Gemüse sind solche Fremdkörper mit sichtbarem Licht häufig schwer zu erkennen. Auf SWIR-Bildern erscheinen sie jedoch als dunklere Objekte im Vergleich zu den Lebensmitteln. Sie können daher von den Softwarealgorithmen erkannt und durch einen automatisierten Auswurfmechanismus vom Förderband entfernt werden.
- Da SWIR-Licht durch für Menschen undurchsichtiges Plastik und Glas „hindurchsehen“ kann, lässt sich diese Technik auch zur Kontrolle von Verunreinigungen in Verpackungen und Behältern sowie zur Überprüfung der korrekten Füllstände von Flüssigkeiten oder Schüttgütern einsetzen.
- In Inspektionsanlagen, die die Qualität von Halbleitern überprüfen, kann SWIR dabei helfen, Defekte auf und unter der Oberfläche von Siliziumwafern zu finden, da SWIR-Licht durch Silizium ebenfalls „hindurchsehen“ kann.
- Bei Anwendungen wie der Textil- und Holzinspektion kann die SWIR-Bildgebung eingesetzt werden, um zu prüfen, ob gefärbte Textilien trocken genug für die Weiterverarbeitung sind oder ob geschnittenes Holz verborgene Mängel aufweist. Weitere Anwendungen sind die Müllsortierung verschiedener Kunststoffarten, die Sortierung von Mineralien, die Inspektion von Batterien sowie land- und forstwirtschaftliche Anwendungen.
Sichtbares und SWIR-Licht in einer Kamera kombiniert
Auch wenn SWIR-Kameras den Weg zu mehr Effizienz im Inspektionsprozess ebnen können, benötigen viele Bildverarbeitungsanwendungen zusätzliche Kameras, die mit normal sichtbarem Licht arbeiten, um Größe und Form zu prüfen, Farbnuancen von Objekten zu analysieren oder Etiketten oder andere Aufdrucke zu kontrollieren. Daher kann die SWIR-Bildgebung als eine gute Ergänzung zu den normalen Prüfroutinen mit sichtbaren Lichtwellen betrachtet werden. Inzwischen werden in vielen Anwendungen sowohl sichtbare als auch nicht sichtbare Bildgebungsverfahren in der gleichen Fertigungslinie benötigt, um die Anforderungen an die Qualitätsprüfung zu erfüllen.
Bisher wurden Prüfstationen für sichtbares Licht und SWIR- oder NIR-Licht (Nahinfrarot) in der Regel als separate Prüfschritte in die Fertigungslinie integriert, wobei separate Kameras, Beleuchtungen, Objektive und deren Befestigungen die Einrichtung komplexer, größer und teurer machten. Um den Aufwand zu reduzieren, hat der Industriekamerahersteller JAI eine neue Multisensor-Kameratechnologie auf den Markt gebracht: Mit einer einzigen Kamera werden gleichzeitig Bilder im sichtbaren und SWIR-Licht aufgenommen.
Dieses neueste Produkt von JAI ist eine Farbzeilenkamera der Serie Sweep+, die über ein Prisma drei CMOS-Zeilensensoren mit einer Auflösung von jeweils 4.096 Pixeln und einen InGaAs-Zeilensensor mit einer Auflösung von 1.024 Pixeln kombiniert. Die fortschrittliche Prismentechnologie und dichroitische Filter teilen in der Kamera das einfallende Licht in vier verschiedene Kanäle auf, um gleichzeitig rotes, grünes und blaues sichtbares Licht auf den drei CMOS-Sensoren zu erfassen, während der InGaAs-Sensor SWIR-Lichtwellen auffängt. Mit nur einer Inspektionsstation ist es dann möglich, Bilddaten für die Überprüfung sehr feiner Farbnuancen zu liefern und gleichzeitig eine bessere Methode zur Lokalisierung versteckter Defekte oder unerwünschter Objekte über die SWIR-Bilddaten zu bieten.
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Automatische Anpassung der beiden Bilder
Die Zeilenkamera verfügt über eine Reihe fortschrittlicher Funktionen, wie eine integrierte Farbraumkonvertierung, die die Bild-Ausgabe in spezifische Farbräume wie HSI, CIE XYZ, sRGB und Adobe RGB umwandeln kann. Zur Verbesserung der Bildhelligkeit und Farbbalance ist es möglich, die Belichtungszeit für alle R-G-B- und SWIR-Kanäle individuell einzustellen und so für die verschiedenen Wellenbereiche zu optimieren. Auch die analoge und digitale Verstärkung kann für die vier Kanäle individuell eingestellt werden. Die maximale Zeilenrate für die R-G-B-Kanäle beträgt 20 kHz bei einer Auflösung von 4096 Pixeln und für den SWIR-Kanal 39 kHz bei einer Auflösung von 1024 Pixeln. Die physische Pixelgröße beträgt 7,5 x 7,5 µm2 für die R-G-B-Kanäle und 25 x 25 µm2 für den SWIR-Kanal.
Um das Sichtfeld (Field of View, FOV) und die Zeilenrate der R-G-B- und SWIR-Sensoren in Übereinstimmung zu bringen, verfügt die Kamera über eine spezielle Pixel-Reskalierungsfunktion namens Xscale. Mit der Xscale-Funktion wird die Pixelgröße der RGB-Sensoren (in Kombination mit den Region-of-Interest-Einstellungen) an die des InGaAs-Sensors angepasst und die Sensorbreite der RGB-Sensoren von 30,72 mm auf 25,6 mm verringert, was der Breite des SWIR-Sensors entspricht. Gleichzeitig steigen die R-G-B-Scanraten von 20 kHz auf 39 kHz, was der SWIR-Scanrate entspricht.
In Kürze
- Die parallele Erfassung von sichtbarem und kurzwelligem Infrarotlicht optimiert die Qualtiätskontrolle in vielen Branchen.
- JAI kombiniert die beiden Erfassungsmethoden in einer Kamera.
- RGB- und SWIR-Bild werden automatisch aneinander angepasst.