Dem Markt für Güter der Elektro- und Digitalindustrie in Russland schreibt der deutsche Branchenverband ZVEI für 2020 ein geschätztes Gesamtvolumen von von 62,7 Mrd. Euro zu. Damit ist Russland der zehntgrößte Elektronik-Markt der Welt. Seit 2010 ist dieser Markt allerdings leicht rückläufig, als Ursachen nennt der Elektronikindustrie-Verband vor allem die Entwicklung des Ölpreises, aber auch die zunehmenden internationalen Wirtschaftssanktionen gegen Russland seit der Annexion der Krim im Jahr 2014.
Automatisierung macht ein Viertel der Elektro-Exporte nach Russland aus
Angesichts der aktuellen Eskalation des Konfliktes um die Ukraine werden diese Sanktionen sicher noch stärker ins Gewicht fallen: Für die deutschen Anbieter sind die Exporte nach Russland in den letzten 20 Jahren prozentual stärker gewachsen als die Exporte insgesamt – relativ gesehen hat der russische Markt damit an Bedeutung gewonnen. 2020 hatten die deutschen Elektronik-Exporte nach Russland einen Wert von rund 4 Mrd. Euro, was einer Verdreifachung gegenüber dem Referenzjahr 2000 entspricht. Mit 0,96 Mrd. Euro fällt fast ein Viertel dieser Exporte in den Teilbereich Automation. Dieser hohe Anteil ist wenig überraschend, angesichts der enormen Bedeutung des russischen Marktes für den deutschen Großanlagenbau und dessen Bedarf an Automatisierungslösungen.
Von den wirtschaftlichen Einbrüchen der Corona-Pandemie erholt sich die deutsche Elektronikbranche zwar auch bei den Exporten, die 2021 insgesamt um mehr als 10 % zulegten. Exporte nach Russland schrumpften dagegen um gut 7,4 %. Den Importen aus Russland schreibt der ZVEI bei einem Volumen von nur 200 Mio. Euro „nur eine geringe Rolle“ zu. Anders sieht es wiederum bei der Bedeutung als Investitionsstandort aus: Laut ZVEI beträgt der Bestand an Direktinvestitionen der deutschen Elektroindustrie in Russland 1,6 Mrd. Euro. Damit sei das Land der sechstgrößte ausländische Investitionsstandort der Branche, mit einem Anteil von 3,2 % an den gesamten Direktinvestitionen der Elektroindustrie von 50,7 Mrd. Euro.
Exporte in Ukraine von „turbulenter jüngerer Geschichte“ geprägt
In die Ukraine exportierte die deutsche Elektronikindustrie 2021 dagegen rund 2,5 % mehr als im Vorjahr, mit Waren im Wert von 589 Mio. Euro. Damit handelt es sich im Vergleich zu Russland zwar um einen kleinen, aber dennoch vielversprechenden Zukunftsmarkt, der durch die derzeitigen Entwicklungen erneut gefährdet ist. Für die letzten 20 Jahre beschreibt der ZVEI die Marktentwicklung mit der Ukraine als „volatil“ und „nicht zuletzt von der turbulenten jüngeren Geschichte des Landes geprägt“. Zwar haben sich die Exporte in die Ukraine von 2000 bis 2020 mehr als verdreifacht, jedoch liegen sie heute nur halb so hoch wie vor der Finanzkrise 2008. Weitere Einbrüche erfolgten 2014 durch den Konflikt mit Russland und zuletzt durch die Corona-Pandemie. Auch bei den Exporten in die Ukraine stellen Automatisierungslösungen mit 17 % den größten Einzelposten dar.