Mit der FEM-Software ANSYS Maxwell lassen sich neue Designs für BLDC/PMSM-Motoren entwickeln oder bestehende Motoren analysieren und überarbeiten.

Mit der FEM-Software ANSYS Maxwell lassen sich neue Designs für BLDC/PMSM-Motoren entwickeln oder bestehende Motoren analysieren und überarbeiten. (Bild: Moteon)

Die Zahl der von Elektromotoren angetriebenen Kraftfahrzeuganwendungen nimmt von Jahr zu Jahr zu. Es kommen neue Anforderungen auf, etwa für die exakte Regelung von Geschwindigkeit, Rotorposition oder Motordrehmoment sowie bei der Verbesserung von Effizienz, Leistung und Performance. Parallel dazu hat sich aber auch die Leistung von Halbleitern enorm verbessert, was Effizienz, Funktionalität und Preis angeht.

Die Leistungsfähigkeit moderner Microcontroller bieten die Möglichkeit, elektrische Parameter während des Motorbetriebs zu messen und die für die Kommutierung benötigte Rotorposition zu bestimmen. Somit kann auf zusätzliche Sensoren verzichtet werden, was die Zuverlässigkeit erhöht und die Kosten des Systems reduziert. Zudem können verschiedene Arten der Kommutierung umgesetzt und zwischen ihnen gewechselt werden, beispielsweise field-oriented-control, field-weakening und Start-/Stopp-Rampen. Des Weiteren stellen die Kunden anspruchsvolle Forderungen zur Reduzierung der Geräuschemission oder der Qualität der Stromwelligkeit (elektromagnetische Verträglichkeit). Diese Ziele können nur durch eine sinusförmige Energieumwandlung erfüllt werden.

Um die Entwicklungskosten niedrig zu halten, passen Kunden bereits bestehende Antriebe oftmals an neue Aufgaben an, was zu erheblichen Schwierigkeiten für die Controller-Software und zusätzliche Zeitaufwände führen kann, wenn die Motoren an ihre physikalischen Grenzen kommen. Um diese Grenzen des Motors und seine Eigenschaften genau zu erkennen, ist deshalb eine Untersuchung und Analyse des existierenden magnetischen Systems sehr wichtig. Moteon als Entwicklungsdienstleister legt deshalb Wert darauf, mit eigener Messtechnik diese Eigenschaften sicher und genau bestimmen zu können.

Um die Entwicklung eigener Kommutierungsalgorithmen zu unterstützen, hat das Unternehmen einen Permanentmagnet-Synchronmotor (PMSM) als Referenzdesign mit einer sinusförmigen induzierten Generatorspannung (Back-EMF) entworfen und davon zwei Induktivitätsvarianten abgeleitet: ein Design mit ausgeprägter (salienter) Induktivitätsdifferenz zwischen d- und q-Achse, und ein Design mit nahezu konstanter (nicht-salienter) Induktivität zwischen d- und q-Achse.

Funktionsprinzip eines Motors

Elektromotoren beruhen auf einem von zwei physikalischen Effekten, oder einer Kombination von beiden: der Lorentzkraft und der Reluktanzkraft. Aufgrund von Weiterentwicklungen bei den Dauermagnetwerkstoffen wurde es preislich immer interessanter, diese auch in Anwendungen mit Leistungen unter 1000 W einzusetzen. Mit zunehmender Stärke der Dauermagnete kann die Drehmomentdichte von Elektromotoren deutlich erhöht werden. Das ist bei Automobilanwendungen sehr vorteilhaft, da hier die Einbauräume sehr begrenzt sind. Umgekehrt können starke Dauermagnetmaterialien in schwächeren, aber sehr kostengünstig herstellbaren kunststoffgespritzten Bauteilen verwendet werden.

Ein großer Vorteil von Rotoren mit Dauermagneten ist, dass sie keine elektrische Verbindung besitzen und somit verschleißfrei sind. Zudem ist es möglich, eine hermetische Medientrennung zwischen dem elektrischen Teil (Stator, Elektronik) und dem mechanischen Teil (Rotor) zu realisieren, ohne dass eine mechanische Dichtung erforderlich ist. Ein dazu erforderlicher größerer Luftspalt verringert zwar die elektromagnetische Kopplung von Rotor und Stator, die Vermeidung einer sonst benötigten mechanischen Dichtung entfernt aber eine Fehler- und Versagensquelle im System und erhöht die Zuverlässigkeit.

Die Statorspulen bei BLDC/PMSM sind dauerhaft und somit zuverlässig und verschleißfrei mit der Elektronik verbunden. Auf diese Weise wurde das Prinzip des bürstenbehafteten Gleichstrommotors zunächst durch blockkommutierte Motoren mit Dauermagneten im Rotor abgelöst (Brushless Direct Current Motor, BLDC). Für anspruchsvollere Anwendungen wird eine sinusförmige Kommutierung angewendet. Der Rotor läuft dabei synchron mit dem rotierenden Stator-Feld – aus diesem Grund wird dieses Motorprinzip als „Permanentmagnet-Synchronmotor“ (PMSM) bezeichnet (Bild 1).

Bild 1. Prinzip des BLDC- und PMSM-Motors mit einer B6-Brückenschaltung.
Bild 1. Prinzip des BLDC- und PMSM-Motors mit einer B6-Brückenschaltung. (Bild: Moteon)

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

In diesem Themenschwerpunkt „E-Mobility“ dreht sich alles um die Technologien in Elektrofahrzeugen, Hybriden und Ladesäulen: Von Halbleitern über Leistungselektronik bis E-Achse, von Batterie über Sicherheit bis Materialien und Leichtbau sowie Test und Infrastruktur. Hier erfahren Sie mehr.

Topologie eines PMSM

Die Topologie eines BLDC/PMSM besteht typischerweise aus einem Vielfachen von elektrischen Drei-Phasen-Elementen im Stator und einem Vielfachen von zweipoligen Magneten im Rotor. Für einen Motor sind aber nur einige dieser Kombinationen sinnvoll nutzbar. Insbesondere der Verlauf der induzierten Spannung, der für die Kommutierungselektronik entscheidend ist, wird durch die Kombination und das geometrische Design der Stator- und Rotor-Pole bestimmt. Einige Kombinationen erzeugen eine eher trapezförmige induzierte Spannung (BLDC), andere eine eher sinusförmige (PMSM). Außerdem bestimmt die Anordnung der Magnete auf der Oberfläche oder ihre Integration in den Rotor den Verlauf der induzierten Spannung. Die Entscheidung, ob ein Innen- oder Außenläufer geeigneter ist, wird vor allem durch die jeweilige Anwendung beeinflusst.

Die induzierte Spannung hängt auch von der Ausführung der Spulen ab. Durch verteilte Wicklungen über mehrere Statorzähne kann der sinusförmige Verlauf der Spannung optimiert werden. Aus Kostengründen werden jedoch konzentrierte Wicklungen bevorzugt, besonders bei kleineren Motoren. Hierbei ist eine Spule um jeweils einen Zahn gewickelt.

Design eines neuen Motors mit der Finite-Elemente-Methode

Mit der FEM-Software ANSYS Maxwell lassen sich neue Designs für BLDC/PMSM-Motoren entwickeln oder bestehende Motoren analysieren und überarbeiten. Ein optimiertes Design wird hauptsächlich von den Kundenanforderungen hinsichtlich Luftspalt, Drehmoment, Drehzahl und Bauraum beeinflusst.

Ein erstes Ziel ist es, eine möglichst hohe elektrische Kommutierungsfrequenz zu erreichen (magnetische Polpaarzahl), denn diese bedeutet eine hohe Drehmomentdichte, niedriger Materialverbrauch und geringer Bauraumbedarf. Je kleiner die Struktur des Systems wird, desto mehr nehmen aber auch negative Einflüsse zu, etwa zunehmende magnetische Streuflüsse und höhere Fertigungsaufwände. Im Designprozess geht es darum, ein Gleichgewicht von Aufwand und Nutzen für die gewünschte Anwendung zu evaluieren.

Bei den Produkten der Kunden handelt es sich oft um hochintegrierte mechatronische Anwendungen. Ein optimales Design wird darum nur durch die Einbeziehung der mechanischen, magnetischen und elektronischen Aspekte in den Entwicklungsprozess erreicht – mit anderen Worten, ein mechatronischer Ansatz ist das Ziel, das Moteon gemeinsam mit seinen Kunden verfolgt.

PMSM als Referenzdesign

Der intern von Moteon entwickelte PMSM ist für eine elektrische Eingangsleistung von 100 W ausgelegt. Ziel der Entwicklung war ein idealer sinusförmiger Verlauf der induzierten Spannung bei einem Motor mit salienter und nicht-salienter Charakteristik der Induktivitäten in d- und q-Achse. Beide Varianten erzeugen ein Nenndrehmoment von 0,22 Nm bei 3600 U/min.

Bild 2. Magnetische Flussdichte von V-förmigen Magneten (IPM) mit salienter Induktivität (links) und mit Oberflächenmagneten (SPM) mit nicht-salienter Induktivität (rechts).
Bild 2. Magnetische Flussdichte von V-förmigen Magneten (IPM) mit salienter Induktivität (links) und mit Oberflächenmagneten (SPM) mit nicht-salienter Induktivität (rechts). (Bild: Moteon)

Die Motoren verfügen über zwölf Statorzähne und zehn magnetische Pole auf dem Rotor (fünf Polpaare). Die saliente Induktivitätscharakteristik (Ld ≠ Lq) wird durch eine V-förmige Anordnung der in das Rotorblechpaket integrierten Dauermagnete (Integrated Permanent Magnets, IPM) erreicht (Bild 2). Dadurch ergeben sich magnetisch leitfähige Pfade mit verschiedenen Widerständen (Reluktanzen) in der d- und q-Achse des Rotors (salienter Pol). Der Entwurf für den salienten Rotor wird so optimiert, dass er eine möglichst sinusförmige Induktivitätscharakteristik annimmt (Bild 3).

Bild 3. Verlauf der induzierten Spannung (links) und der Induktivität (rechts) beim salienten Motor.
Bild 3. Verlauf der induzierten Spannung (links) und der Induktivität (rechts) beim salienten Motor. (Bild: Moteon)

In einem zweiten Durchlauf wird ein Rotordesign mit nicht-salienter Charakteristik bestimmt. Hierfür wird das gleiche Statordesign verwendet. Die nicht-saliente Charakteristik wird durch oberflächenmontierte Magnete (SPM) erreicht, bei denen die Induktivität in d- und q-Achse nahezu konstant ist (Ld = Lq) (Bild 4).

Diese Ausführung ermöglicht eine stärkere magnetische Kopplung zwischen Rotor und Stator mit weniger magnetischen Kurzschlusspfaden. Es kann so ein magnetisch schwächeres kunststoffgebundenes Material verwendet werden, um den gleichen permanentmagnetischen Fluss zu erreichen.

 

Bild 4. Verlauf der induzierten Spannung (links) und der Induktivität (rechts) beim nicht-salienten Motor.
Bild 4. Verlauf der induzierten Spannung (links) und der Induktivität (rechts) beim nicht-salienten Motor. (Bild: Moteon)

Motordaten und Eigenschaften

Die Prototypen der Motoren werden bei Moteon gefertigt. Die Bauteile, wie Statorbleche, Rotorbleche, Magnete und Isolationsteile, kommen von externen spezialisierten Zulieferern. Nach dem Zusammenbau und den Tests werden die Motorparameter bestimmt, wobei insbesondere die Differenzen zwischen FEM-Entwurf und Messung interessant sind (Tabelle 1). Abweichungen ergeben sich vor allem aus der Summe der Geometrietoleranzen und den Schwankungen der Materialeigenschaften. Die Rotorstruktur ist mit zehn Magnetpolen aus 20 Magneten relativ kleinteilig (Statoraußendurchmesser 60 mm), sodass das Risiko von Abweichungen zur Auslegung zunimmt.

Tabelle 1. Ergebnisse der Auslegung und Vermessung
Tabelle 1. Ergebnisse der Auslegung und Vermessung (Bild: Moteon)

Der Salient-Motor mit integrierten Magneten (IPMs) hat einen schwächeren permanentmagnetischen Fluss als in der Auslegung berechnet (-16 Prozent). Der Grund liegt in höheren magnetischen Kurzschlüssen um die Magnetfenster des Rotors. Diese Abweichung kann durch ein etwas stärkeres Magnetmaterial ausgeglichen werden. Die Induktivitätswerte hingegen liegen recht gut in der Nähe der FEM-Auslegung (-8 Prozent).

Beim nicht-salienten Motor mit Oberflächenmagneten (SPMs) stimmen die gemessenen Werte und die FEM-Werte sehr gut überein (-0,4 Prozent). Es gibt eine kleine Abweichung der Induktivität zwischen d- und q-Achse, was zu einem kleinen Reluktanzanteil im Drehmoment führt.

 

Bild 5. Motor-Analysetools von Moteon mit Kennlinienfeld der beiden Motoren.
Bild 5. Motor-Analysistool von Moteon mit Kennlinienfeld der beiden Motoren. (Bild: Moteon)

Mit dem Moteon Analysetool können die Motorparameter überprüft und Kennlinien bei einer gewählten Versorgungsspannung dargestellt werden. Der saliente Motor zeigt eine deutliche Reluktanz-Drehmoment-Charakteristik (Strom in d-Achse), während der nicht-saliente Motor eine schwache Reluktanz-Drehmoment-Komponente aufweist. Ursache dafür ist die Differenz der Achsinduktivität (Bild 5). Aufgrund des niedrigeren permanentmagnetischen Flusses ist die Drehzahl des salienten Motors höher, während sein Drehmoment ein wenig niedriger ist. (neu)

 

Autor

Autor Frank Bussinger
(Bild: Moteon)

Frank Bussinger, Senior Staff Engineer Mechatronics

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