Beispiel einer Hochvolt-Verteiler-Box

(Bild: Sumitomo)

Wie im 12-V-Bordnetz nimmt auch im Hochvolt-Bordnetz die Zahl der Komponenten durch neue Funktionen stetig weiter zu. Gleichzeitig gilt es die Energieversorgung sowie die Absicherung gegen Kurzschluss dieser Komponenten mit wenigen Versorgungsleitungen und geringem Bauraumbedarf möglichst effizient zu halten.

Zwei verschiedene Verteilkonzepte

Bild 1: Typische Problematik im Fahrzeug: Verteilung von elektrischer Leistung im HV-Bordnetz

Typische Problematik im Fahrzeug: Verteilung von elektrischer Leistung im HV-Bordnetz. Sumitomo

Eckdaten

Die Verteilung elektrischer Leitungen im Hochvolt-Bordnetz kann je nach Anwendungen entweder mit einem HV-Splice oder einer HV-Verteiler-Box erfolgen. Splice bieten sich bei zwei bis vier Leitungsabgängen an, Verteiler-Boxen hingegen bei vielen Lastabgängen. Beide Varianten müssen aber für den Einsatz im Hochvolt-Bordnetz erhöhte Anforderungen an Isolation, elektromagnetische Verträglichkeit sowie Dichtigkeit erfüllen.

Viele Autobauer verwenden deshalb im 12-V-System ihrer Fahrzeuge schon seit langem Verteilerdosen (Sicherungs- und Relaisboxen), was es möglich macht viele Lasten gleichzeitig an die Hauptversorgungsleitung anzuschließen. Bei wenigen und kleineren Verbrauchern kann alternativ auch eine einfache Leitungsverzweigung, ein sogenannter Splice, zum Einsatz kommen. Aufgrund der zusätzlichen EMV-Schirmung und Isolationsschutz lassen sich die beiden Verteilkonzepte jedoch nicht direkt auf das Hochvolt-Bordnetz übertragen.

Sumitomo Electric Bordnetze (SEBN) entwickelt deshalb Lösungen zur Leistungsverteilung im Hochvolt-Bordnetz. Je nach Topologie und Anforderungsprofil können entweder kompakte Hochvolt-Splice mit zwei bis vier Leitungsabgängen oder auch Verteilerboxen mit Abschirmgehäusen für viele Lastabgänge zum Einsatz kommen. Welche technischen Anforderungen für beide Leistungsverteiler-Typen gelten und für welche Anwendungen sie sich am besten eignen, wird nachfolgend dargestellt.

Spezielle Anforderungen im Hochvolt-Bordnetz

Zu den neuen Komponenten in Hybrid- und Elektrofahrzeugen gehören nicht nur Hochvolt-Batterie oder Elektromotor, sondern auch der Leitungssatz des Hochvolt-Bordnetzes. Dabei werden spezielle Anforderungen an Isolation (Hochvolt-Sicherheit), elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und Dichtigkeit gestellt. Generell sorgt das Hochvolt-Bordnetz für die sichere und verlustarme Verteilung der elektrischen Energie von der Batterie oder der Leistungselektronik an die Verbraucher. Dazu zählen beispielsweise Elektromotoren oder auch elektrisch betriebene Komponenten wie etwa Klimakompressor oder Heizelemente. In Zukunft werden voraussichtlich noch weitere mit Hochvolt betriebene Komponenten hinzukommen.

Bisher mussten Techniker dazu die elektrischen Verbraucher sternförmig von der Quelle aus mit einzelnen Leitungen verbinden. Zwar kann eine solche Verkabelung bei wenigen Verbrauchern noch sinnvoll sein, bei einer steigenden Anzahl von Verbrauchern erweist sie sich jedoch als nicht mehr effizient. Hinzu kommt, dass diese Lösung viel Bauraum im Fahrzeug benötigt und zudem sehr kostenintensiv ist. Daher bietet sich alternativ eine Verschaltung über lokale Verteilelemente an.

Zwei verschiedene Verteilelemente

Im konventionellen Niedervolt-Bordnetz sind diese Verteilelemente entweder Verteiler-Boxen für eine größere oder Splice für eine kleinere Anzahl von Leitungen. Während Splice kostengünstig herzustellen sind, gestaltet sich der Aufbau von Verteiler-Boxen durch die Integration von Steckverbinder-Schnittstellen im Gehäuse als deutlich aufwendiger.

Im Hochvolt-Bordnetz können beide Verteilelemente aus dem Niedervolt-Bereich zum Einsatz kommen. Sollte das der Fall sein, so erfordert das zusätzliche Anforderungen an die Spannungsfestigkeit und die EMV. Bild 1 zeigt eine typische Situation, bei der ein Verteilelement eine effektivere Verkabelung der Hochvolt-Komponenten Klimakompressor, Heizelement und induktiver Ladeeinheit ermöglicht. Ohne das Verteilelement wäre es nötig, mehrere einzelne Versorgungsleitungen vom Hinterwagen zum Vorderwagen zu ziehen, während hier eine einzige Leitung ausreicht. Mit dem Hochvolt-Splice hat SEBN eine neue Komponente entwickelt, die für wenige Leitungsabgänge von mittlerem Querschnitt eine sehr kompakte und effektive Verteillösung bietet.

 

Der Aufbau der Verteiler-Box

Bild 2 zeigt ein typisches Beispiel einer Hochvolt-Verteiler-Box. Das Gehäuse besteht aus Aluminium-Druckguss, in dessen Wänden Stiftleisten zum lösbaren Anschluss von externen Bordnetz-Steckern sowie Durchführungen zur festen Verbindung mit dem Bordnetz integriert sind. Während das Gehäuse wegen der elektromagnetischen Abschirmung aus Metall gefertigt sein muss, ist in seinem Inneren ein Isolierkörper aus Kunststoff montiert, auf dem mittels Kupferschienen die interne Verschaltung der angeschlossenen Leitungen realisiert wird. Hier lassen sich auch zusätzliche Komponenten wie Sicherungen und Relais unterbringen.

Die Aufgabe der Gehäuse-Schnittstellen liegt zum einem darin, die stromführenden Leitungen ins Innere zu führen. Zum anderen sollen sie die Kabelschirme elektrisch mit dem Gehäuse verbinden. Bestehende Stiftleisten, die mit dem Gehäuse verschraubt sind, agieren dabei teilweise als Gegenstecker. Zusätzliche Kabeldurchführungen sind bei untrennbaren und festen Leistungsverbindungen nötig, da für diese viele Einzelteile zu montieren sind (Bild 2). Die maximal auftretenden Spannungswerte (Luft- und Kriechstrecken) erfordern es zudem, dass ausreichende Isolierabstände vorhanden sind. Zusätzlich muss die Verteiler-Box wasserdicht (IP6K9) sein.

Je nach Funktion lassen sich in dem Verteiler-Box-Konzept fast beliebig viele Leitungen mit unterschiedlichen Querschnitten anschließen. Abhängig von der Position im Fahrzeug ist auch eine Potenzialausgleichsleitung zum Schutz gegen Stromschläge notwendig.

Beträchtlicher Bauraum erforderlich

Hochvolt Splice in zwei Konfigurationen als dreifach bzw. vierfach Verteiler

Hochvolt Splice in zwei Konfigurationen als dreifach beziehungsweise vierfach Verteiler. Sumitomo

Bei der Auslegung der Verteiler-Box ist zu berücksichtigen, dass der Kabelkonfektionär die Box als Teil des Kabelsatzes montieren kann. Besonders im Inneren des Gehäuses muss daher ausreichend Platz vorhanden sein, damit die elektrischen Verbindungen mit fertigungsgerechten Werkzeugen wie etwa elektrischen Schraubern oder Schweißelektroden hergestellt werden können.

Insgesamt ist die Verteiler-Box zwar reparaturfreundlich, flexibel und ermöglicht viele unterschiedliche Konfigurationen, wie eine unterschiedliche Anzahl von Anschlussleitungen mit unterschiedlichen Querschnitten sowie zusätzliche Komponenten wie Sicherungen und Schaltrelais. Der benötigte Bauraum ist jedoch nicht unbeträchtlich, weshalb er im Vorfeld reserviert werden muss. Außerdem ist eine Verteiler-Box komplex und aus vielen Einzelteilen aufgebaut, die ein Konfektionär montiert und mit den anzuschließenden Leitungen verbindet. Die vielen Einzelteile machen die Box zudem anfällig für Fehlfunktionen, die bei unsachgemäßer Montage nach Einbau im Fahrzeug während der Nutzdauer auftreten können.

Splice als Alternative

Als Alternative für die Verteiler-Box hat SEBN einen HV-Splice entwickelt. Bild 3 zeigt schematisch den inneren Aufbau eines dreifach Splices. In diesem speziellen Beispiel sind drei geschirmte und aus vernetztem Polyethylen-Isolationsmaterial (x-PE) mit 2 x 4 mm² Kupfer-Querschnitt aufgebaute Mantelleitungen miteinander verbunden. Bei der Technologie verschweißt ein Techniker beim Einbau die einzelnen Adern miteinander und verbindet die Leitungsschirme an den Splice-Ausgängen elektrisch mit einem Schirmgehäuse aus Kupferlegierungen. Das Schirmgehäuse übernimmt die EMV-Abschirmung. Die Hochvolt-Isolierung sowie die wasserdichte Abdichtung erfolgt mit einem PUR-Gießharz (Polyurethan), das SEBN in der Innen- sowie Außenseite des Schirmgehäuses verteilt, was einen kompakten Aufbau des Splices möglich macht. Eine funktional äquivalente Verteiler-Box mit den gleichen Anschlussleitungen müsste wegen des Außengehäuses und der darin verbauten Steckerschnittstellen und Kabeldurchführungen wesentlich größer ausfallen. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Spezifikationen.

Auf vier Ausgänge erweiterbar

Schliffbild eines blasenfrei vergossenen HV-Splice

Schliffbild eines blasenfrei vergossenen HV-Splice. Sumitomo

Durch den Verguss mit Kunststoff realisiert SEBN eine zuverlässige und sichere Hochvolt-Isolierung, zugleich ist der Splice damit hermetisch abgedichtet. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass das Gießharz sowohl auf der Kabelisolierung als auch auf dem Schirmgehäuse gut haftet. Bild 4 zeigt einen Schnitt durch den vergossenen Splice. Der Innenraum ist dicht und blasenfrei gefüllt, was ein Test nach ISO-Normen nachwies. Mittels einer beheizbaren Aluminium-Form wird das Gießharz ausgehärtet. In der Produktion befüllen Maschinen mehrere Vergusswerkzeuge parallel und beheizen diese dann mit der Aushärtetemperatur. Dadurch verringert sich die Taktzeit in der Serienfertigung.

Der gezeigte dreifach Splice ist zudem auf vier Ausgänge erweiterbar, wobei es auch möglich ist, einfache Schmelzsicherungen im Splice zu integrieren. Für mehr als vier Leitungsabgänge ist der Splice allerdings nicht geeignet, weil dabei eine kompakte Geometrie nicht mehr möglich ist und viel mehr Vergussmaterial benötigt wird. Auch bei einer größeren Anzahl von zu integrierenden Komponenten wie etwa Sicherungen und Relais ist eine Verteiler-Box zu bevorzugen. Der Hochvolt-Splice ist also optimal für drei bis vier Leitungsabgänge mit kleineren Querschnitten von 2,5 mm², 4 mm² und 6 mm² einsetzbar.

Fazit

Auch in einem Hochvolt-Bordnetz können lokale Verteilelementen die Energie leiten. Geeignet dafür sind sowohl Verteiler-Boxen als auch Splice, sofern diese den besonderen Anforderungen an die Hochvolt-Sicherheit entsprechen. Sumitomo Electric Bordnetze entwickelt als Systemlieferant Lösungen für beide Verteilkonzepte, die in neuen Fahrzeuganwendungen vermehrt zum Einsatz kommen. Somit kann das neue Hochvolt-Bordnetz zusammen mit seinen Hochvolt-Verbrauchern wachsen.

Dr. Thomas Flottmann

(Bild: Sumitomo)
Leiter der Abteilung Zentrale Hochvolt-Systeme bei Sumitomo Electric Bordnetze

Ole Adam

(Bild: Sumitomo)
Konzeptentwickler in der Abteilung Zentrale Hochvolt-Systeme bei Sumitomo Electric Bordnetze

Björn Kern

(Bild: Sumitomo)
Konzeptentwickler in der Abteilung Zentrale Hochvolt-Systeme bei Sumitomo Electric Bordnetze

(prm)

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