Hat ein Leistungsschalter das Ende seiner Lebensdauer erreicht, kann dies zu Fehlfunktionen im Wechselrichter eines E-Autos führen. Deshalb ist z. B. die Überwachung der Gate-Schwellenspannung des Bauteils wichtig.

Hat ein Leistungsschalter das Ende seiner Lebensdauer erreicht, kann dies zu Fehlfunktionen im Wechselrichter eines E-Autos führen. Deshalb ist z. B. die Überwachung der Gate-Schwellenspannung des Bauteils wichtig. (Bild: AdobeStock_67849893_gustavofrazao)

Autokäufer gehen beim Erwerb eines Elektrofahrzeugs davon aus, dass bei dessen Design alles Notwendige getan wurde, um ein sicheres Produkt hervorzubringen. Damit insbesondere mit Blick auf die ISO-Norm 26262 das erforderliche Sicherheitsniveau erreicht wird, müssen die im Fahrzeug enthaltenen Subsysteme, zu denen auch der Traktionswechselrichter zählt, mit geeigneten Diagnose- und Schutzfunktionen ausgestattet sein, die bei der Aufdeckung etwaiger Ausfallmechanismen helfen.

Eines der Subsysteme innerhalb des Wechselrichters, dem eine Menge Aufmerksamkeit zuteil wird, ist die Leistungsstufe. Neben dem eigentlichen Power-Modul enthält dieser Funktionsabschnitt integrierte Halbleiterbausteine, zu denen die isolierte Bias-Stromversorgung sowie Gatetreiber und Leistungsschalter zählen. Das Schaltschema des Moduls sorgt dafür, dass der aus der Traktionsbatterie entnommene Gleichstrom in einen Wechselstrom umgewandelt wird, mit dem der Traktionsmotor des Elektrofahrzeugs effizient und zuverlässig betrieben werden kann. Es gibt mehrere Gründe, den Betriebszustand der angesteuerten Leistungsschalter zu überwachen, wofür wiederum unterschiedliche Methoden in Frage kommen.

Schutz- und Diagnosefunktionen von Leistungsschaltern

Da die Power-Module auf der Basis von SiC-MOSFETs (Siliziumkarbid) oder IGBTs (Insulated-Gate Bipolar Transistors) von zentraler Bedeutung für die Funktionalität und die Effizienz eines Elektrofahrzeugs sind, ist genau zu überlegen, wie diese korrekt angesteuert werden. Damit unter dem Strich ein funktionssicheres und zuverlässiges Produkt entsteht, bedarf es zunächst einer umfassenden Analyse der Ausfallmechanismen.

Die Liste der Ausfallszenarien, mit denen ein Wechselrichtersystem zurechtkommen muss, ist lang. Zum Beispiel kann ein Kurzschluss in einem Leistungsschalter ein Indiz dafür sein, dass dieser Schalter das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat. Steigt der Strom in dem Schalter über den vorgesehenen Wert hinaus an, kann es infolge der übermäßigen Verlustleistung sowie der damit einhergehenden Wärmeentwicklung dazu kommen, dass nicht nur der Schalter selbst, sondern das gesamte Wechselrichtersystem zerstört wird. Es kommt also darauf an, eine solche Situation so schnell wie möglich zu erkennen und zu bereinigen, damit der Leistungsschalter nicht außerhalb seines sicheren Arbeitsbereichs betrieben wird.

Desat-Schutz im Gatetreiber

Die gängigste Schutzschaltung, mit der ein solcher Fehler detektiert werden kann, wird als Entsättigungs- oder auch Desat-Schutz bezeichnet und lässt sich direkt in den Gatetreiber integrieren. Bild 1 zeigt die praktische Umsetzung einer typischen Desat-Schaltung, welche die Kollektor-Emitter-Spannung (VCE) eines IGBT oder die Drain-Source-Spannung (VDS) eines SiC-MOSFETs daraufhin überwacht, ob ein bestimmter vorgegebener Grenzwert (VDESAT) unterschritten wird. Sobald VCE oder VDS größer ist als VDESAT, spricht die Desat-Schaltung an, woraufhin der Gatetreiber den IGBT bzw. den SiC-MOSFET geordnet abschaltet, um das Entstehen von Schäden zu vermeiden.

Ein weiteres Fehlerszenario liegt vor, wenn der Ausgang des Gatetreibers nicht zu seinem Eingangssignal passt. Eine solche Unregelmäßigkeit muss ebenfalls umgehend erkannt werden, damit das Wechselrichtersystem koordiniert abgeschaltet werden kann. Die Einbeziehung einer Funktion, die überwacht, ob die Gatespannung dieselbe Höhe hat wie das in den Ausgangs-Chip hineinkommende Eingangssignal, kann bei der Aufdeckung von Fehlern helfen, die auf dem Übertragungsweg oder in der Isolationsbarriere auftreten können. Insgesamt trägt also die Implementierung ausgefeilter Schutz- und Diagnosefunktionen dazu bei, im Fahrzeug ein hohes Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit zu realisieren.

Bild 1: Typische Implementierung einer Desat-Schaltung zur Überwachung der Funktion von Leistungsschaltern.
Bild 1: Typische Implementierung einer Desat-Schaltung zur Überwachung der Funktion von Leistungsschaltern. (Bild: Texas Instruments)

Überwachung der Gate-Schwellenspannung

Die mit dem Wechselrichtersystem verbundenen Zielsetzungen und Anforderungen legen letztendlich fest, mit welchen Diagnose- und Schutzfunktionen es bestückt wird. Die Ausstattung des Designs mit einer Funktion zur Überwachung der Gate-Schwellenspannung (VGTH) ist in jedem Fall eine wichtige Maßnahme, die bei der Feststellung des Betriebszustands des Power-Moduls während seiner gesamten Lebenszeit beiträgt. Syed Huzaif Ali und Bilal Akin haben in ihrem Fachartikel „Analysis of Vth Variations in IGBT under Thermal Stress for Improved Condition Monitoring in Automotive Power Conversion Systems“ nachgewiesen, dass eine deutliche Änderung des VGTH-Werts über die Zeit ein frühes Indiz für einen bevorstehenden Ausfall des Leistungsschalters ist.

In Bild 2 sind zwei Bauelemente zu sehen, die bei hoher Temperatur fortlaufend ein- und ausgeschaltet werden. Sobald der mit der roten Kurve dargestellte Baustein einer erhöhten Temperatur ausgesetzt wird, fällt er aus und die Schwellenspannung steigt drastisch an. Zwar erfolgt diese Spannungszunahme hier erst im Moment des Ausfalls, aber bereits die allmähliche Veränderung der Schwellenspannung mit der Zeit kann zu einem unerwünschten Schaltverhalten (z. B. zu erhöhten Schaltverlusten) führen, was ein Anzeichen dafür sein kann, dass eine Wartungsmaßnahme am Fahrzeug notwendig ist. Ganz allgemein hilft die Überwachung von VGTH bei der Vermeidung katastrophaler Ausfälle.

Bild 2: Prozentuale Änderung der Gate-Schwellenspannung nach mehreren tausend Schaltzyklen. Die rote Linie zeigt den drastischen Anstieg der Gate-Schwellenspannung beim Ausfall eines Bauteils.
Bild 2: Prozentuale Änderung der Gate-Schwellenspannung nach mehreren tausend Schaltzyklen. Die rote Linie zeigt den drastischen Anstieg der Gate-Schwellenspannung beim Ausfall eines Bauteils. (Bild: Syed Huzaif Ali, Bilal Akin)

Überwachungsmethode

Der ISO-26262-konforme isolierte Gatetreiber UCC5870-Q1 von Texas Instruments ist mit einer neuartigen Funktion zur VGTH-Überwachung ausgestattet, mit welcher der Gatetreiber den einwandfreien Zustand des zugehörigen Leistungsschalters überprüft. Die Integration dieser Diagnosefunktion direkt in den Gatetreiber trägt dazu bei, die Abmessungen, das Gewicht und die Kosten gegenüber einer diskreten Implementierung zu reduzieren.

Die VGTH-Überwachungsfunktion misst beim Einschalten der Versorgungsspannung die Gate-Schwellenspannung des Leistungstransistors. Hierzu wird die Gatekapazität (CG) des Leistungsschalters mithilfe einer Konstantstromquelle aufgeladen, wodurch die Gatespannung (VG) langsam ansteigt. Sobald der Kanal leitend wird, verbleibt VG von sich aus auf dem Niveau der Schwellenspannung (VGTH), während der Leistungsschalter als Diode wirkt.

Nachdem eine bestimmte Austastzeit (tdVGTHM) verstrichen ist, erfasst der integrierte A/D-Wandler den VG-Wert und legt das Resultat in einem Register ab. Der Mikrocontroller wiederum nutzt diesen Messwert, um den Zustand des Leistungsschalters zu beurteilen. Somit hilft die Überwachung von VGTH dabei, die Zuverlässigkeit der Leistungsstufe nachzuweisen.

Fazit

Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb sind für die Konsumenten noch ungewohnt, sodass möglicherweise Bedenken gehegt werden, ob die neuen Hybrid- und Elektrofahrzeuge tatsächlich sichere und zuverlässige Alternativen zu Autos mit Verbrennungsmotor darstellen. Vor diesem Hintergrund hilft die Einbeziehung hinreichender interner Diagnose- und Schutzfunktionen sicherzustellen, dass ein Fahrzeug für die Markteinführung und den praktischen Einsatz im Verkehr geeignet ist. (na)

Nosa Egiebor

Product Marketing Engineer, High-Voltage Power, bei Texas Instruments

Sie möchten gerne weiterlesen?