
Warum sind Deuterium und Tritium so wichtig für die Kernfusion? Und wie läuft die Gewinnung, welche Herausforderungen gibt es und wie sieht die Zukunft der Kernfusionsbrennstoffe. Hier die Antworten. (Bild: Patrick Helmholz – Adobe Stock)
In der Einführung zur Kernfusion haben wir die grundlegenden Prozesse beschrieben, bei denen leichte Atomkerne verschmelzen und dabei Energie freisetzen. Doch wie jede andere Energiequelle benötigt auch die Fusion spezielle Brennstoffe. Deuterium und Tritium, beides Isotope (also Kerne mit mehr Neutronen) des Wasserstoffs, sind die beiden wichtigsten Elemente, die für diesen Prozess verwendet werden. Dieser Beitrag untersucht, warum gerade diese beiden Isotope so bedeutsam sind, wie sie gewonnen werden und welche Herausforderungen die Forschung noch meistern muss, um eine stabile und nachhaltige Versorgung zu gewährleisten.
Die Bedeutung von Deuterium und Tritium für die Kernfusion
Deuterium und Tritium sind die Hauptbrennstoffe, die in der Fusionsforschung verwendet werden. Deuterium ist ein Wasserstoffisotop und kommt in großen Mengen im Meerwasser vor, was es leicht zugänglich und kostengünstig macht. Das radioaktive Tritium hingegen ist auf der Erde nur in sehr geringen Mengen verfügbar und muss daher auf andere Weise erzeugt werden. Derzeit wird Tritium in Kernspaltungsreaktoren als Nebenprodukt gewonnen, doch da diese Reaktoren in vielen Ländern nach und nach abgeschaltet werden, wird die Verfügbarkeit in Zukunft eingeschränkt sein.
Deuterium & Tritium als Fusionsmaterial in ASDEX Upgrade und W7X | Hartmut Zohm
Herausforderungen bei der Erzeugung von Tritium
Um das Problem der Tritiumversorgung zu lösen, arbeiten Wissenschaftler daran, Tritium innerhalb der Reaktorwand aus Lithium zu erbrüten. Bei diesem Prozess werden Lithiumatome durch die Neutronenstrahlung der Fusionsreaktion in Tritium umgewandelt. Dieser Ansatz könnte helfen, den Brennstoffbedarf zukünftiger Fusionskraftwerke zu decken. Mehr über den Einsatz von Hochtechnologien wie dem Tokamak, die diesen Prozess unterstützen, lesen Sie hier hier.
So hat beispielsweise das Green-Energy-Unternehmen Gauss Fusion im Dezember 2024 eine Förderung in Höhe von 10 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gesichert. In Zusammenarbeit mit führenden Forschungseinrichtungen wie dem Forschungszentrum Jülich (FZJ) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie Industriepartnern nutzt Gauss Fusion diese Mittel, um ein skalierbares Modell für die Tritiumerzeugung zu entwickeln. Ziel ist es, sowohl die Effizienz der Brennstoffnutzung als auch die Recyclingmöglichkeiten zu verbessern.
Wie Gauss Fusion einen modularen Ansatz für die Tritiumgewinnung verwendet
Gauss Fusion verfolgt bei der Tritiumgewinnung einen modularen Ansatz: Tritium soll innerhalb der Reaktorwände erzeugt und in einem geschlossenen Brennstoffkreislauf recycelt werden. Dieser Ansatz ist flexibel und skalierbar, um auf verschiedene Kraftwerkskonzepte wie das geplante Gauss Giga-Kraftwerk angewendet zu werden. Durch präzise Diagnosen zur Tritiumbindung in den Reaktormaterialien werden Erkenntnisse über die Tritiummengen im Kreislauf gewonnen, die die Entwicklung neuer Technologien zur sicheren Produktion und Verwaltung vorantreiben.
Zusätzlich wird in Zusammenarbeit mit Kyoto Fusioneering ein fortschrittliches Tritium-Kontrollsystem in den Brennstoffkreislauf integriert, um höchste Sicherheits- und Regulierungsstandards zu erfüllen.
Gauss Fusion wurde 2022 von RI Research Instruments, Alsymex, ASG Superconductors, Bruker und IDOM gegründet. Das sind europäische Firmen, die seit Jahren Technologien für Fusionsexperimente entwickeln und liefern. Gauss Fusion vereint die Erfahrung und Expertise der europäischen Fusionsindustrie mit der Exzellenz renommierter Forschungseinrichtungen wie dem CERN, dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, dem KIT und der TU Eindhoven. Dieses Netzwerk ermöglicht es Gauss Fusion, innovative Technologien zu entwickeln und die Industrialisierung der Fusionsenergie in Europa maßgeblich voranzutreiben. Das Ziel: Führend bei der Kommerzialisierung von Fusionskraftwerken (FPP) als Innovator im Bereich der Fusion mit magnetischem Einschluss und als Architekt des ersten industrialisierten Kraftwerks der Gigawatt-Klasse (Gauss GIGA-Kraftwerk) bis 2045 werden.
Das Unternehmen ist Teil der neu gegründeten European Fusion Association (EFA), einer Initiative führender europäischer Unternehmen, die darauf abzielt, Europa eine unabhängige und nachhaltige Energiezukunft zu sichern. Mit dem Projekt „Fusion 2040“ und gezielten Investitionen von über 6 Milliarden Euro weltweit schreitet die Fusionstechnologie in großen Schritten Richtung Marktreife voran.
Alternative Brennstoffe und zukünftige Entwicklungen
Einige Forscher und Unternehmen untersuchen auch alternative Brennstoffe wie Bor-11, die keine Neutronen freisetzen und die Belastung der Reaktorwände verringern könnten.
Warum Bor die Kernfusion revolutionieren könnte
Auch Helium-3 gilt als vielversprechender alternativer Brennstoff für die Kernfusion und bietet einige potenzielle Vorteile gegenüber der herkömmlichen Deuterium-Tritium-Fusion. Einer der bedeutendsten Vorteile ist die saubere Reaktion: Bei der Fusion von Helium-3 entstehen hauptsächlich Protonen statt Neutronen. Dadurch wird die Radioaktivität im Reaktor deutlich reduziert, was wiederum die Materialbelastung verringert und die Langlebigkeit des Reaktors verbessert. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der direkten Stromerzeugung. Die bei der Fusion freigesetzten geladenen Teilchen könnten direkt in elektrische Energie umgewandelt werden, ohne den Umweg über Dampf und Turbinen. Schließlich bietet Helium-3 eine hohe Energieausbeute, die in etwa vergleichbar mit der von Deuterium-Tritium-Fusion ist. Diese Eigenschaften machen Helium-3 zu einem interessanten Kandidaten für zukünftige Fusionsreaktoren, insbesondere in Hinblick auf Effizienz und Umweltfreundlichkeit.
Diese alternativen Ansätze haben das Potenzial, die Effizienz zu steigern und die Technologie wirtschaftlicher zu machen. Mehr über private Initiativen und neue Fusionsansätze gibt es hier.
Der Autor: Dr. Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.