Im Juni 2018 erteilte die 3GPP im kalifornischen La Jolla neuen Funkspezifikationen für 5G-NR (New Radio) sowie Standalone (SA) in RAN#80 die Zulassung und vervollständigte damit die Funkspezifikationen für 5G-NR Phase-1 (3GPP Release 15). Dies ist ein entscheidender Schritt hin zur Kommerzialisierung von 5G und zugleich ein Meilenstein für das 5G-Ökosystem.
5G, NB-IOT UND LTE-M
Prinzipiell müssen Technologielösungen, die in Normenorganisationen (Standards Development Organisations, SDOs) spezifiziert sind, die minimalen IMT-2020-Anforderungen der International Telecommunication Union (ITU) nach deren Bewertungen erfüllen. Allerdings ist 5G schon heute in einem viel größeren Zusammenhang, mit einem umfangreichen Spektrum an Diensten und Anwendungen, angelegt. Zukünftige Wireless-Technologien sollen dabei helfen, diese zu ermöglichen.
Die Mitglieder der ITU haben Mindestanforderungen an die technische Leistung von 5G-IoT und Massive-Machine-Type-Communications (5G-mMTC) aufgestellt: eine Gerätebatterielaufzeit von mindestens zehn (vorzugsweise 15) Jahren, 20 dB Coverage-Enhancement und eine Unterstützung von einer Million Geräte pro Quadratkilometer.
Weiterhin informierte die 3GPP die ITU Anfang dieses Jahres, NB-IoT- und LTE-M-Technologien als mögliche 5G-Lösungen einzureichen, um die IMT-2020-5G-mMTC-Anforderungen zu erfüllen. Beide Technologien sind also voraussichtlich als zentrale Bestandteile von 5G geplant. Ferner fassten die Verantwortlichen den Entschluss, dass LPWA-Anwendungsfälle (Low-Power-Wide-Area) auch in Zukunft durch Weiterentwicklung von NB-IoT und LTE-M im Rahmen der 5G-Spezifikationen Berücksichtigung finden sollen (Bild 1). Damit sind sowohl NB-IoT als auch LTE-M als Teil des 5G-Standard bestätigt.
Es gibt zwei wichtige Gründe für diese Entscheidung: die Investitionsrendite und die lange Lebensdauer installierter LPWA-Geräte.
Die Investitionsrendite ist bedeutend, da die Branche ihre bereits heute getätigten LPWA-Netze weltweit nutzen und die Investitionsrendite maximieren muss. Laut GSMA sind weltweit bereits mehr als 60 kommerzielle LPWA-Netze in Betrieb gegangen. Daher besteht ein berechtigtes Interesse an maximaler Lebensdauer der Netze, Infrastrukturen und Geräte.
Als zweites lassen sich die meisten LPWA-Geräte wahrscheinlich länger als 10 Jahre betreiben und mitunter an schwer zugänglichen Orten wie in Schächten (für Wasserzähler), an abgelegenen Orten (für Alarme oder zur Überwachung von Umweltbelastungen), im Fahrzeugchassis (Alarmanlagen) oder in der intelligenten Landwirtschaft installieren. Daher ist es wichtig, LPWA-Geräte in 5G-Stammnetzwerken zu unterstützen, um langlebige IoT-Dienste zu gewährleisten. Im Rahmen von Release 16 untersucht die 3GPP Optionen für das 5G-Kernnetz, um die Funkzugangsnetze NB-IoT und LTE-M zu unterstützen. Dies soll sicherstellen, dass NB-IoT und LTE-M neben NR in den 5G-NR-Frequenzbändern koexistieren können. Beispielsweise soll die Flexibilität gegeben sein, in einem NR-Carrier NB-IoT und LTE-M zu implementieren. Dies soll einen reibungsloseren Migrationspfad zu 5G für die heute installierten LPWA-Geräte ermöglichen. Bei Bedarf wäre für eine Migration lediglich ein Software-Upgrade notwendig. Dies bestätigt einmal mehr den längerfristigen Status von NB-IoT und LTE-M als Teil der 5G-Standards.
5G und das IIoT
In der ersten Phase von 5G-NR ging es vorrangig um ein verbessertes mobiles Breitband. Dennoch war es nötig, bestimmte Funktionen zu ergänzen, um Kollisionen zwischen NR und LTE-M beziehungsweise NB-IoT zu vermeiden, wie zum Beispiel Netzanpassung der Unterträger (sowohl für den Uplink als auch den Downlink), reservierte Ressourcenkonfiguration und flexible Planungseinheiten. 5G-NR-Phase-2 (Release 16) soll jedoch Konnektivitätslösungen für eine Reihe von Branchen, einschließlich der Industrie-, Fertigungs-, Automotive- und Satellitensektoren, mit sich bringen. Die meisten stellen höchste Anforderungen an Datendurchsatz, Zuverlässigkeit, niedrige Latenz, Verfügbarkeit und dichte Anbindung. 5G-NR-Phase-2 konzentriert sich auf mMTC und URLLC (Ultra-Reliable-Low-Latency-Communications).
Ein besonders interessantes Beispiel ist die Fabrik der Zukunft, die den Herstellungs-, Versand- und Wartungsprozess für den gesamten Lebenszyklus von Produkten revolutioniert. Drahtloskonnektivität ist hierbei entscheidend, um das notwendige Maß an Flexibilität, Mobilität, Vielseitigkeit und Ergonomie bereitzustellen, und einer der wichtigen Anwendungsfälle bei der Entwicklung von NR-IIoT in Release 16.
NR-IIoT (New Radio Industrial IoT) ist eine neue Funktion, die es in der 3GPP zu untersuchen gilt, um neue IIoT-Anwendungsfälle zu ermöglichen, insbesondere für die Werksautomatisierung, Stromverteilung und im Transportsektor. Das System kann kurze Transmission-Time-Interval-Strukturen (TTI) für eine niedrige Latenz sowie Verfahren für eine höhere Zuverlässigkeit gemäß Release-15-URLLC nutzen. Time-Sensitive-Networking (TSN) ermöglicht dann wichtige Dienste, die für die Werksautomatisierung, einschließlich Zeitsynchronisierung und exakter Referenzzeitbestimmung notwendig sind. Sowohl FR1 (Frequenzbereich 1, 450 MHz bis 6 GHz) als auch FR2 (24,25 GHz bis 52,6 GHz) finden Berücksichtigung.
Darüber hinaus will die Telekommunikationsbranche Plattformen für die Automobilindustrie ausbauen und Konnektivitätslösungen für V2X (Vehicle-to-Everything: Vehicle-to-Vehicle, Vehicle-to-Infrastructure, Vehicle-to-Network, Vehicle-to-Pedestrian) auf Band 47 (5,9 GHz) und darüber hinaus bieten. Erste Standards zur Unterstützung von (nicht sicherheitskritischen) V2X-Basisdiensten existieren bereits seit Release 14 und 15. Experten erwarten, dass in der 5G-Ära der Fokus auf komplexen Anwendungsfällen, einschließlich Fahrzeug-Platooning, erweiterter Sensoren, oder Advanced und Remote Driving liegt. Diese erfordern alle ein hohes Leistungsniveau im Hinblick auf Zuverlässigkeit, Latenz und Verfügbarkeit. Hierzu beschäftigt sich zurzeit die 3GPP-Initiative im Rahmen der Untersuchung zu NR-V2X.
Veränderungen mit Release 16
Release 13 führte NB-IoT und LTE-M ein und stellte so die wesentlichen und grundlegenden Narrowband-Funkschnittstellen für LPWA-Geräte extrem niedriger Komplexität zur Verfügung. Damit ist die Verbindung vieler Geräte mit sehr langen Batterielaufzeiten unter abdeckungstechnisch schwierigen Bedingungen möglich. Mehrere Verbesserungen und weitere Funktionen wurden in Release 14 und 15 umgesetzt (Bild 2).
In Release 14 ging es um die Senkung des Stromverbrauchs (wie etwa die Einführung des Release- Assistance-Indicator) und die Erweiterung der Anwendung. Für Letzteres kamen neue Funktionen hinzu, einschließlich Unterstützung für Positionierung, Multicast, Mobilität im Connected-Mode, höhere Datenraten und Support für Endgeräte (User Equipment, UE) der Leistungsklasse 6 (14 dBm), um den Einsatz von Batterien mit kleinem Formfaktor und begrenzter Spitzenstromfähigkeit zu ermöglichen.
Gemeinsame Merkmale für NB-IoT und LTE-M in Release 15 beinhalten eine weitere Reduzierung der Latenz und des Stromverbrauchs (in Form von NWUS und MWUS, den Wake-up-Signalen für NB-IoT beziehungsweise LTE-M) sowie eine weitere Reduzierung der Aufstartzeit des Systems. NB-IoT hat darüber hinaus Time-Division-Duplex (TDD) und Support für Kleinzellen hinzugefügt.
Die laufenden Arbeiten an Release 16 für NB-IoT und LTE-M befassen sich mit dem Netzbetrieb und Effizienzverbesserungen (zum Beispiel Wake-up-Signal für UE-Gruppen) sowie mit der Vorbereitung einer reibungsloseren Migration zu 5G-Kernnetzen.
Mit der Weiterentwicklung der Technologien für IoT in den nächsten Jahren sollen immer mehr Geräte die Liste der „Dinge“ ergänzen und neue IoT-Ökosysteme in den Branchen entstehen lassen. Es ist zu erwarten, dass NB-IoT- und LTE-M-Technologie auch in Zukunft eine wichtige Rolle im 5G-Zeitalter spielen.
(aok)