Nahaufnahme von Zahncreme mit eingebetteten winzigen Transistoren, moderne Badezimmer-Ästhetik im Hintergrund

Forscher haben ein Zahncreme-Pigment zu einem essbaren Transistor weiterentwickelt. Diese Technologie soll eine sichere Überwachung im Körper ermöglichen und könnte die Medizin ein Stück weiter bringen. (Bild: Dalle / OpenAI)

Ein Team von Forschern am Center for Nano Science and Technology, Istituto Italiano di Tecnologia, hat erstmals Kupfer(II)-Phthalocyanin (CuPc), ein häufig in Zahnpasta verwendetes Pigment, als Material für essbare Transistoren eingesetzt. CuPc erweist sich laut der Veröffentlichung als vielversprechend, da es täglich konsumiert wird und stabile elektronische Eigenschaften aufweist. Diese Entwicklung bietet Potenzial für Anwendungen in der Diagnostik und Lebensmittelindustrie.

Welche technischen Herausforderungen mussten bewältigt werden?

Die Integration eines Zahnpastapigments in Transistoren erforderte technologische Neuentwicklungen. Um CuPc in essbaren Transistoren einzusetzen, wurden innovative Methoden zur Dünnfilmbeschichtung angewandt. Dabei galt es, mehrere Herausforderungen zu bewältigen:

  1. Filmqualität und Stabilität: Damit die Elektronik in einem biologischen Umfeld stabil bleibt, mussten die Forscher CuPc in gleichmäßig dünne Schichten auftragen. Dies erfolgte durch thermische Verdampfung und durch Anpassungen der Wachstumsbedingungen, um die Struktur der Moleküle zu optimieren.

  2. Elektrische Leistungsfähigkeit bei niedriger Spannung: Essbare Transistoren dürfen nur bei niedrigen Spannungen (<1 V) arbeiten, um physiologische Prozesse im Körper nicht zu beeinflussen. Hierfür entwickelten die Forscher Elektrolytschichten auf Basis von Chitosan-Glycerin, die stabile Ströme in biologischen Umgebungen ermöglichen.

  3. Verwendbarkeit auf essbaren Substraten: Standardmaterialien wie Poly(chlor-p-xylene)-C (parylene-C) mussten durch essbare, auf Ethylcellulose basierende Alternativen ersetzt werden, um die Verträglichkeit zu gewährleisten. Um eine effektive Beschichtung zu erzielen, wurden Substrat-Oberflächen und Kristallstrukturen der CuPc-Schichten detailliert analysiert und angepasst.

a) CuPc-Molekularstruktur. b) Histogramm, das die Literaturdaten zur CuPc-Aufnahme, ausgedrückt in mg pro Tag, aufgrund der versehentlichen Einnahme von Zahnpasta zeigt. c) Schrittfolge des Simulationsexperiments zur Quantifizierung der Menge an CuPc, die sich auf dem Zahnschmelz ablagert, um die Aufhellungswirkung zu erzielen. 250 mg einer CuPc-reichen Zahnpasta werden auf die Zahnbürste gegeben, um 28 echte Zähnen zu putzen. Die Zähne wurden innerhalb von zwei Tagen viermal gebürstet und nach dem Abspülen mit deionisiertem Wasser in eine 40 ml große Wasserlösung getaucht. Schließlich wurde mittels Atomabsorptionsspektrometrie die Menge an Cu in der Wasserlösung bestimmt, die mit der Menge an CuPc korreliert, die schließlich vom Zahnschmelz abgelöst und folglich aufgenommen wird.
a) CuPc-Molekularstruktur. b) Histogramm, das die Literaturdaten zur CuPc-Aufnahme, ausgedrückt in mg pro Tag, aufgrund der versehentlichen Einnahme von Zahnpasta zeigt. c) Schrittfolge des Simulationsexperiments zur Quantifizierung der Menge an CuPc, die sich auf dem Zahnschmelz ablagert, um die Aufhellungswirkung zu erzielen. 250 mg einer CuPc-reichen Zahnpasta werden auf die Zahnbürste gegeben, um 28 echte Zähnen zu putzen. Die Zähne wurden innerhalb von zwei Tagen viermal gebürstet und nach dem Abspülen mit deionisiertem Wasser in eine 40 ml große Wasserlösung getaucht. Schließlich wurde mittels Atomabsorptionsspektrometrie die Menge an Cu in der Wasserlösung bestimmt, die mit der Menge an CuPc korreliert, die schließlich vom Zahnschmelz abgelöst und folglich aufgenommen wird. (Bild: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/advs.202404658)

Ein weiterer Clou von Zahnpasta: Wärmeleitpaste

In welchen Anwendungsgebieten könnte essbare Elektronik eingesetzt werden?

Beim Blick in die Zukunft eröffnet die essbare Elektronik innovative Perspektiven für den Einsatz in Medizin, Lebensmitteltechnologie und Diagnostik. Als Beispiele nennen die Forscher;

  1. Intelligente Nahrung und Tags für Lebensmittelsicherheit: Mit den Transistoren könnten intelligente Etiketten in Lebensmitteln integriert werden, die Lagerungsbedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit überwachen. Verbraucher würden so in Echtzeit über die Haltbarkeit und Sicherheit von Produkten informiert.

  • Punktuelle Diagnostik und "Smart Pills": Im medizinischen Bereich könnten essbare Transistoren zur Überwachung des Magen-Darm-Trakts eingesetzt werden. Diese „Smart Pills“ könnten Messungen ohne ärztliche Aufsicht vornehmen, z.B. zur Überwachung des pH-Werts oder der Temperatur, und bieten damit Einblicke in Verdauungsgesundheit und Stoffwechselprozesse.

  • Patienten-Compliance und Medikamentenverabreichung: Essbare elektronische Systeme könnten auch in der Dosierung und Überwachung der Medikamenteneinnahme unterstützen. Die Transistoren könnten dabei als Sensoren agieren, die sicherstellen, dass Medikamente korrekt eingenommen wurden, und dem Arzt relevante Daten zur Verfügung stellen.

  • a) 3D-Skizze des TGBC-Transistors mit ineinandergreifenden, tintenstrahlgedruckten Goldkontakten mit B = 27 mm und L = 20 µm auf Parylene-C (450 nm). b) Mittlere I-U-Übertragungseigenschaften mit Standardabweichung der OFET-Bauelemente mit CuPc-Dünnschichten von 20, 45 und 60 nm auf sieben Bauelementen pro Dicke, gemessen bei Vds = -40 V. c) Mittlere Feldeffekt-Mobilitätskurven im Sättigungsbereich (Vds = -40 V) mit Standardabweichung für jede CuPc-Dicke auf sieben Bauelementen pro Dicke. d) Ausgangscharakteristik eines repräsentativen OFET-Bauelements mit einer CuPc-Dicke von 20 nm mit zunehmender angelegter Gate-Spannung bis zu Vgs = -40 V.
    a) 3D-Skizze des TGBC-Transistors mit ineinandergreifenden, tintenstrahlgedruckten Goldkontakten mit B = 27 mm und L = 20 µm auf Parylene-C (450 nm). b) Mittlere I-U-Übertragungseigenschaften mit Standardabweichung der OFET-Bauelemente mit CuPc-Dünnschichten von 20, 45 und 60 nm auf sieben Bauelementen pro Dicke, gemessen bei Vds = -40 V. c) Mittlere Feldeffekt-Mobilitätskurven im Sättigungsbereich (Vds = -40 V) mit Standardabweichung für jede CuPc-Dicke auf sieben Bauelementen pro Dicke. d) Ausgangscharakteristik eines repräsentativen OFET-Bauelements mit einer CuPc-Dicke von 20 nm mit zunehmender angelegter Gate-Spannung bis zu Vgs = -40 V. (Bild: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/advs.202404658)

    Warum Kupfer(II)-Phthalocyanin?

    Kupfer(II)-Phthalocyanin (CuPc) ist als stabiler, blauer Farbstoff bereits weit verbreitet und wird oft in Zahnpasta als Aufhellungspigment verwendet. Diese Studie zeigt, dass das Pigment auch als Halbleitermaterial in essbaren Transistoren geeignet ist, da es sicher verzehrt werden kann und eine langanhaltende Stabilität aufweist. Schon heute nehmen wir größtenteils unabsichtlich CuPc über Zahnpasta auf, wobei geschätzt wird, dass Kinder und Erwachsene täglich zwischen 0,02 und 2 mg des Pigments zu sich nehmen. Diese Mengen sind weit unter den Mengen, die für die Herstellung essbarer Transistoren notwendig sind.

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