Bild 1: Eine typische Hochfrequenz-Signalkette. Sie kann eine große Vielfalt an diskreten Komponenten enthalten, z.B. Dämpfungsglieder, Schalter, Verstärker und Synthesizer.

Bild 1: Eine typische Hochfrequenz-Signalkette. Sie kann eine große Vielfalt an diskreten Komponenten enthalten, z.B. Dämpfungsglieder, Schalter, Verstärker und Synthesizer. (Bild: Analog Devices)

Es gibt eine Vielzahl an Spezifikationen, die zur Charakterisierung von kompletten HF-Systemen und ihren diskreten Bausteinen genutzt werden. Abhängig von der Anwendung oder dem Einsatzgebiet sind einige dieser Eigenschaften von größerer Bedeutung, während andere weniger wichtig oder gar irrelevant sind. Im Folgenden gibt der Beitrag eine umfassende Übersicht über die üblichsten HF-Leistungsmerkmale wie sie in einer typischen HF-Signalkette, wie in Bild 1 dargestellt, auftreten.

Fundamentale Eigenschaften: Die S-Matrix

Die Streumatrix (oder S-Matrix) ist der grundlegende Begriff, um das Verhalten eines HF-Systems zu beschreiben. Eine S-Matrix erlaubt es, selbst die komplexesten HF-Netzwerke als eine einfache Black-Box mit N-Ports darzustellen. Ein gängiges Beispiel eines HF-Netzwerks mit zwei Ports (zum Beispiel ein Verstärker, Filter oder Dämpfungsglied) ist in Bild 2 dargestellt, in dem V+ die komplexe Amplitude der eingehenden Spannungswelle am Port n ist und V– die komplexe Amplitude, der an Port n reflektierten Welle darstellt. Wenn alle Ports mit angepassten Lasten abgeschlossen sind, beschreibt dieses Netzwerk über die Streumatrix, welche Elemente - oder S-Parameter-  bestimmen, wie sich die HF-Energie im System, in Bezug auf dem Verhältnis zwischen diesen Spannungswellen ausbreitet.

Bild 2: Ein durch seine S-Matrix beschriebenes Hochfrequenz-Netzwerk mit zwei Ports.
Bild 2: Ein durch seine S-Matrix beschriebenes Hochfrequenz-Netzwerk mit zwei Ports. (Bild: Analog Devices)

S21 entspricht dem Übertragungs-Koeffizienten von Port 1 zu Port 2 für den Fall, dass das Netzwerk abgeglichen ist (S12 kann entsprechend definiert werden). Seine Größe |S21| im logarithmischen Maßstab beschreibt das Verhältnis der Ausgangsleistung zur Eingangsleistung, was auch als Verstärkung oder skalare logarithmische Verstärkung bezeichnet wird. Dieser Parameter ist die Schlüsseleigenschaft eines Verstärkers und weiterer HF-Systeme, bei denen er auch negative Werte annehmen kann. Eine negative Verstärkung zeigt immanente oder durch Fehlanpassung hervorgerufene Verluste an, ausgedrückt durch ihre reziproke Größe, bekannt als Einfügedämpfung (insertion loss = IL), welche eine typische Eigenschaft von Dämpfungsgliedern und Filtern ist.

Bei Betrachtung der einfallenden und reflektierten Wellen am gleichen Port lassen sich S11 und S22 wie in Bild 2 gezeigt definieren. Diese Begriffe entsprechen dem Reflexions-Koeffizienten |Γ| am korrespondierenden Port, für den Fall, dass der andere Port mit einer angepassten Last abgeschlossen ist. Mit der Gleichung RL = -20 log (|Γ|) lässt sich die Größe des Reflexions-Koeffizienten ins Verhältnis zur Rückflussdämpfung (RL = return loss) setzen. 

Die Rückflussdämpfung beschreibt das Verhältnis der in den Port eingespeisten Leistung zur Leistung, die an die Quelle zurück reflektiert wird. Abhängig davon, an welchem Port dieses Verhältnis bestimmt wird, lässt sich zwischen Eingangs- und Ausgangs-Rückflussdämpfung unterscheiden. Die Rückflussdämpfung ist nie negativ und zeigt an, wie gut die Eingangs- oder Ausgangsimpedanz der Netzwerke an die Impedanz an dem Port angepasst ist, der mit der Quelle verbunden ist. 

Es ist wichtig anzumerken, dass dieser einfache Zusammenhang von IL und RL zu den S-Parametern nur für den Fall gilt, dass alle Ports korrekt mit der angepassten Impedanz abgeschlossen sind, was die Hauptbedingung für die Definition der S-Matrix ist. Ist das Netzwerk nicht angepasst ändern sich seine immanenten S-Parameter nicht, aber es ändern sich dann die Reflexions-Koeffizienten an seinen Ports und damit auch die Übertragungs-Koeffizienten zwischen ihnen.

Frequenzbereich und Bandbreite

All die fundamentalen Größen ändern sich kontinuierlich über den Frequenzbereich, der die grundlegende Charakteristik für alle HF-Systeme ist. Er definiert die Frequenzen, bei denen diese Systeme arbeiten können und führt zu einem weiteren wichtigen Leistungsmerkmal – der Bandbreite (bandwidth = BW).

Obwohl sich dieser Begriff ausschließlich auf Signaleigenschaften beziehen kann, kommen einige seiner Formen auch zum Einsatz um zu beschreiben, wie HF-Systeme Signale verarbeiten. In der allgemeinen Definition ist die Bandbreite ein Frequenzbereich, begrenzt durch bestimmte Kriterien. Sie kann jedoch unterschiedliche Bedeutung haben, die abhängig vom spezifischen Anwendungsfall sind.

  • Die 3-dB-Bandbreite ist der Frequenzbereich, in dem der Pegel der Signalleistung über der Hälfte seines maximalen Wertes liegt.
  • Die Echtzeitbandbreite (IBW =instantaneous band width) definiert die maximale kontinuierliche Bandbreite, die ein System generieren, oder erfassen kann, ohne neu abgestimmt werden zu müssen.
  • Die belegte Bandbreite (OBW = occupied band width) ist der Frequenzbereich, der einen spezifizierten Prozentanteil der integrierten Gesamtsignalleistung enthält
  • Die Auflösungsbandbreite (RBW = resolution band width) beschreibt in ihrer allgemeinen Bedeutung die minimale Trennung zweier Frequenzkomponenten, die noch auflösbar sind. In Spektrumanalysatoren ist dies z.B.  die Bandbreite der letzten Filterstufe.

Es gibt nur wenige Beispiele unterschiedlicher Bandbreitendefinitionen, jedoch wird die Bandbreite einer HF-Signalkette, unabhängig von ihrer Bedeutung, größtenteils von ihrem analogen Front-End sowie von der Abtastrate und Bandbreite der schnellen Analog/Digital- und Digital/Analogwandler bestimmt.

Nichtlinearitäten

Die charakteristischen Eigenschaften eines HF-Systems variieren nicht nur bei unterschiedlichen Frequenzen, sondern auch mit unterschiedlichen Leistungspegeln eines Signals. Die zuvor beschriebenen Eigenschaften sind typisch für Kleinsignal-S-Parameter, die keine Auswirkungen von Nichtlinearität zeigen. In einem allgemeinen Fall, bei dem kontinuierlich ansteigende Leistungspegel durch ein HF-Netzwerk fließen, resultiert dies häufig in einer deutlicheren Ausprägung von Nichtlinearitäten, welche letztendlich seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Dabei gibt es einige Schlüsselkennzahlen, anhand derer sich das nichtlineare Verhalten eines HF-Systems quantifizieren lässt.

Der erste Parameter definiert den Punkt, bei dem ein allgemeiner Baustein vom linearen in den nichtlinearen Betrieb übergeht: der Ausgangs-1dB-Kompressionspunkt (OP1dB). Dort liegt der Ausgangsleistungspegel, an dem die Verstärkung des Systems um 1 dB sinkt. Dies ist eine essenzielle Charakteristik eines jeden Leistungsverstärkers, der den Betrieb des Bausteins in Sättigung, definiert von der Ausgangssättigungsleistung (PSAT), bestimmt. Leistungsverstärker gehören im Allgemeinen zur Ausgangsstufe einer Signalkette und deshalb definieren ihre Parameter üblicherweise den Ausgangsleistungsbereich eines HF-Systems.

Ist ein System einmal im nichtlinearen Modus, beginnt es störende Frequenzanteile oder Verzerrungen (spurs) zu produzieren. Verzerrungen werden relativ zum Pegel eines Trägersignals in dBc gemessen und lassen sich in Harmonische und Intermodulationsprodukte einteilen (Bild 3).

Bild 3: Verzerrungen werden relativ zum Pegel eines Trägersignals in dBc gemessen und lassen sich in Harmonische und Intermodulationsprodukte einteilen.
Bild 3: Verzerrungen werden relativ zum Pegel eines Trägersignals in dBc gemessen und lassen sich in Harmonische und Intermodulationsprodukte einteilen. (Bild: Analog Devices)

Eine Harmonische ist ein Signal, das bei ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz zu finden ist (z.B. die Harmonischen H1, H2, H3). Im Gegensatz dazu sind Intermodulationsprodukte Signale, die auftreten, wenn zwei oder mehr Signale in einem nichtlinearen System vorhanden sind. Wenn das erste Grundsignal die Frequenz f1 hat und das zweite f2, dann liegen die Intermodulationsprodukte 2.Ordnung bei ihren aufsummierten Frequenzen f1 + f2 und ihrer Differenzfrequenz f2 – f1 sowie auch f1 + f1 (2f1) und f2 + f2 (2f2) (letztere sind auch als H2-Harmonische bekannt).

Diese Kombination von Intermodulationsprodukten 2. Ordnung und den Grundsignalen resultiert in Intermodulationsprodukten 3. Ordnung, von denen zwei (2f1 – f2 und 2f2 – f1) als besonders kritisch gelten, da sie nahe an den originalen Signalen liegen und sich deshalb nicht so einfach herausfiltern lassen. Das Ausgangsspektrum eines nichtlinearen HF-Systems mit Störfrequenzanteilen zeigt einen Intermodulationsverzerrungspegel (IMD = intermodulation distortion), ein wichtiger Begriff zur Beschreibung der Nichtlinearität des Systems.

Störanteile im Zusammenhang mit den Intermodulationsverzerrungen 2. Ordnung (IMD2) und 3. Ordnung (IMD3) verursachen eine Interferenz mit dem gewünschten Signal. Die Schlüsselkennzahl, die verwendet wird, um das Ausmaß der Störwirkung zu quantifizieren ist der Schnittpunkt (IP = intercept point). Unterschieden wird hier zwischen dem Schnittpunkt 2. Ordnung (IP2) und 3. Ordnung (IP3). Wie in Bild 4 dargestellt, definieren sie hypothetische Punkte für die Leistungspegel der Eingangs- (IIP2, IIP3) und Ausgangssignale (OIP2, OIP3), bei denen die korrespondierende Leistung der Störkomponenten den gleichen Pegel erreichen würde, wie die Grundanteile. Obwohl dieser Schnittpunkt eine rein mathematische Größe ist, ist er doch das wichtigste Maß für die Toleranz eines nichtlinearen HF-Systems auf nichtlineare Effekte.

Bild 4: Definition der nichtlinearen Charakteristik in der HF-Signalkette.
Bild 4: Definition der nichtlinearen Charakteristik in der HF-Signalkette. (Bild: Analog Devices)

Rauschen: SNR und Rauschzahl

Der Begriff Rauschen beschreibt eine Schwankung in einem elektrischen Signal, das viele verschiedene Aspekte umfasst. Abhängig von seinem Spektrum und der Weise, wie es ein Signal beeinträchtigt und den Mechanismen die es verursachen, lässt sich Rauschen in viele unterschiedliche Typen und Formen einteilen.

Trotz der vielen unterschiedlichen Varianten von Rauschquellen ist es nicht notwendig, sich in ihre physikalischen Eigenschaften zu vertiefen, um ihre Auswirkungen auf die Systemleistung zu beschreiben. Es genügt ein vereinfachtes Rauschmodell eines Systems, das nur einen einzigen theoretischen Rauschgenerator verwendet, der durch seine Schlüsselkennzahl, bekannt als Rauschzahl (NF), beschrieben ist. Sie beschreibt die Verringerung des vom System verursachten Signal-Rauschabstands (SNR) und definiert als logarithmisches Verhältnis den SNR am Ausgang zum SNR am Eingang. Die in linearer Skalierung ausgedrückte Rauschzahl wird als Rauschfaktor bezeichnet. Dies ist die Schlüsseleigenschaft eines jeden HF-Systems, die seine Gesamtleistung steuern kann.

Im Falle eines einfachen linearen passiven Bausteins, ist seine Rauschzahl gleich seiner Einfügedämpfung, definiert durch |S21|. In komplexeren HF-Systemen, die aus mehreren aktiven und passiven Komponenten bestehen, die durch ihre individuellen Rauschfaktoren Fi, und Leistungsverstärkungen, Gj, definiert sind, läuft das Rauschen entsprechend der Frijs-Gleichung die Signalkette entlang (vorausgesetzt, dass die Impedanzen jeder Stufe angepasst sind).

Die Frijs-Gleichung definiert, wie das Rauschen entlang der Signalkette läuft.
Die Frijs-Gleichung definiert, wie das Rauschen entlang der Signalkette läuft. (Bild: Analog Devices)

Eck-Daten

Es gibt zahlreiche Eigenschaften und Leistungskennzahlen, die man für die Charakterisierung einer HF-Signalkette verwenden kann. Sie eignen sich für unterschiedliche Systemaspekte und ihre Bedeutung sowie Relevanz kann von einer Applikation zur nächsten variieren. Der Beitrag erklärt Entwicklern von HF-Systemen die wichtigsten Schlüsselanforderungen und -begriffe wie S-Matrix, Frequenzbereich, Bandbreite, Nichtlinearitäten, Rauschen, Phasenjitter und Phasenrauschen.

Phasenjitter und Phasenrauschen

Die ersten beiden Stufen einer HF-Signalkette tragen den Hauptanteil zur Rauschzahl des Systems insgesamt bei. Deshalben kommen im Front-End der Empfangs-Signalkette Komponenten mit der geringsten Rauschzahl zum Einsatz, z.B. rauscharme Verstärker.

Kommen Bausteine oder Systeme speziell für die Signalgeneration zur Charakterisierung ihres Rauschverhaltens zum Einsatz, ist es üblich, sich auf Signaleigenschaften zu beziehen, die von ihren Rauschquellen beeinflusst werden. Diese Eigenschaften sind Phasenjitter und Phasenrauschen. Der Phasenjitter zeigt die Signalstabilität im Zeitbereich an und das Phasenrauschen in der Frequenzdomäne. Welche Domäne bevorzugt wird, hängt normalerweise von der Applikation ab – in der HF-Kommunikation ist es üblich den Begriff Phasenrauschen zu benutzen, während in digitalen Systemen häufig den Begriff Jitter vorkommt.

Der Phasenjitter definiert kleine Schwankungen in der Phasenlage eines Signals, während das Phasenrauschen die spektrale Repräsentation beschreibt, die vom Leistungspegel des Rauschens relativ zum Träger in der 1-Hz-Bandbreite bei unterschiedlichen Offsets des Trägers charakterisiert ist. Zudem wird angenommen, dass das Signal bei dieser Bandbreite gleichmäßig ist (Bild 5).

Bild 5: Beispiel einer Phasenrausch-Charakteristik.
Bild 5: Beispiel einer Phasenrausch-Charakteristik. (Bild: Analog Devices)

Autor

Anton Patyuchenko
Anton Patyuchenko (Bild: Analog Devices)

Anton Patyuchenko ist Field Application Engineer bei Analog Devices.

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Analog Devices GmbH

Otl-Aicher-Straße 60-64
80807 München
Germany