Lütze_Aufmacher

Bild 1: Blick in den Schaltschrank der Draht- und Rohrbiegemaschine FTX mit den zehn Temperaturmesspunkten zur Erfassung der Temperaturverteilung im Schaltschrank während des Maschinenbetriebes. Unten auf dem Boden steht das Messgerät. (Bild: Friedrich Lütze)

Ein Praxistest hat dies gezeigt. Beruhigend für Schaltschrank-Konstukteure ist zudem, dass die zugehörige Simulations-Software die Temperaturverteilung im Schaltschrank treffsicher berechnet hat.

In Zusammenarbeit mit dem französischen Maschinenbau-Unternehmen Numalliance hat der Automatisierungshersteller Friedrich Lütze die Temperaturen in einem Schaltschrank mit seinem Verdrahtungssystem Airstream (Bild 1) unter realistischen Bedingungen – im Maschinenbetrieb – gemessen. Das Ziel war, das volle Potenzial des eingesetzten Verdrahtungssystems ausschöpfen zu können. Die Techniker von Lütze ermittelten dazu kontinuierlich die Innentemperaturen an mehreren Punkten im Schaltschrank einer FTX-Draht- und Rohrbiegemaschine (großes Bild) von Numalliance. Diese Maschine verfügt über sieben Servomotoren. Sie biegt Draht, Flachrohr oder Federdraht mit Durchmessern zwischen 3 und 16 mm zu dreidimensionalen Bauteilen.

Eck-Daten

  • Der Praxistest im Schaltschrank einer Rohrbiegemaschine belegt, dass der Airstream-Verdrahtungsrahmen eine spürbare Entwärmung und Homogenisierung des Klimas im Schaltschrank bewirkt.
  • Dadurch werden die eingebauten elektrischen und elektronischen Komponenten vor einem schleichenden Hitzekollaps bewahrt.
  • Zudem verlängert sich durch die moderaten Temperaturen im Schaltschrank die Lebenserwartung der Komponenten.
  • Vor Kurzem hat der Hersteller eine Kompakt-Variante dieses Verdrahtungssystem auf den Markt gebracht, die sich in kleineren Schaltschränken einsetzen lässt.

Große Packungsdichte im Schaltschrank

In den heutigen Schaltschränken werden immer mehr Komponenten einschließlich der Leistungselektronik untergebracht. Kein Wunder, denn diese Komponenten werden immer kleiner. Weil sich aber die Wärmeverlustleistung vieler Komponenten nicht oder nicht wesentlich verringert hat, nimmt die Wärmeentwicklung bezogen auf das Schaltschrankvolumen stetig zu. Die Hersteller von Schaltschrank-Klimageräten haben daher die Effizienz ihrer Kühlsysteme in den letzten Jahren deutlich verbessert – aber auch wegen der stetig steigenden Energiekosten. Das Schaltschrank-Verdrahtungssystem Airstream unterstützt den Weg der Schaltschrank- und Klimagerätehersteller zu höherer Energieeffizienz, indem es die Klimaregulation im Schaltschrank durch seine Konstruktion so verbessert, dass die aktiv erforderliche Kühlleistung minimiert wird.

Anders als beim konventionellen Schaltschrankaufbau mit Montageplatte wird bei dem Verdrahtungssystem Airstream die Aufbauebene von der Verdrahtungsebene getrennt. So werden strömungstechnisch ungünstige, querstehende Kabelkanäle vermieden. Dadurch kann sich ein vertikaler Kamineffekt ausbilden: Auf der Hinterseite der Verdrahtungsebene befinden sich zudem keine Wärmequellen (Schaltschrank-Komponenten) und fällt die Luft von selbst nach unten und an der wärmeren Vorderseite steigt sie wieder nach oben. Auf diese Weise bildet sich von selbst eine permanente und gleichmäßige Luftzirkulation (Konvektion) um das Verdrahtungssystem im Schaltschrank.

Die Draht- und Rohrbiegemaschine FTX von Numalliance verfügt über sieben Servomotoren; die Schaltschrankverdrahtung stammt von Friedrich Lütze

Die Draht- und Rohrbiegemaschine FTX von Numalliance verfügt über sieben Servomotoren, die Draht, Flachrohr und Federdraht mit einem Durchmesser zwischen 3 und 16 mm zu dreidimensional geformten Metallteilen verarbeitet. Friedrich Lütze

Maschine und Schaltschrank

Numalliance aus Saint Michel sur Meurthe in den Vogesen ist ein Marktführer bei CNC-Maschinen für die Kaltumformung von Draht-, Rohr- und Flachmaterial. Mit ihnen werden beispielsweise gebogene Rohrverbindungen für Klimaanlagen und zur Kraftstoffversorgung von Motoren hergestellt oder Gestelle und Gitter für Kühlschränke und Einkaufswagen.

Numalliance und Lütze haben ihre ersten Geschäftsbeziehungen vor 25 Jahren begonnen, vor allem mit dem Vorgängersystem der Schaltschrank-Verdrahtung Airstream. Dadurch konnte Numalliance die begrenzten Platzverhältnisse in den Schaltschränken besser nutzen. Im Laufe der Jahre ergaben sich mit der Forschungsabteilung des Maschinenbauers zahlreiche weitere Projekte – von anfangs lose gelieferte Steg-Profilen zur Selbstmontage der Verdrahtungssysteme bis hin zu fertig montierten und sofort verdrahtungsfertigen Rahmen seit 2007.

Tabelle 1: Die räumliche Lage der Temperatur-Messpunkte im Schaltschrank der Rohrbiegemaschine FPX Friedrich Lütze

Tabelle: Die räumliche Lage der Temperatur-Messpunkte im Schaltschrank der Rohrbiegemaschine FPX Friedrich Lütze

In den heute gefertigten Schaltschränken für Numalliance-Maschinen kann die Temperatur aufgrund der sehr hohen Dichte der Installationen und der vorhandenen Komponenten prinzipiell leicht bis in den kritischen Bereich steigen. Zudem werden viele Maschinen in Länder mit heißem Klima geliefert, in denen die Umgebungstemperatur häufig 40 °C übersteigt. Eine Überhitzung im Schrank – vor allem durch Hot Spots – birgt jedoch die Gefahr, dass die elektrischen beziehungsweise elektronischen Komponenten überhitzen und dadurch einen Maschinenstillstand verursachen. Daher ist die Schaltschrank-Konstruktion für diesen Maschinenbauer von hohem Interesse.

Microsoft Word - AirSTREAM_Numalliance_D_sauber[1].docx

Bild 2a: Temperaturprofil im Schaltschrank an den verschiedenen Messstellen in der Anlaufphase der Biegemaschine; diese Phase dauert etwa 30 Minuten. Friedrich Lütze

Messung und Ergebnis

Für die Messungen an der Rohrbiegemaschine wurden in dem Schaltschrank mit Klimagerät zehn Temperatursensoren installiert (Bild 1 und Tabelle). Die Messungen fanden unter realen Bedingungen statt, also während der Produktion. Die Temperaturmessungen im Schaltschrank zeigen, dass es keine einzige, auch nur näherungsweise kritisch erhitzte Stelle im Schaltschrank gibt. Außerdem wurde aus den Messergebnissen ersichtlich, dass die eingesetzte Kombination aus Klimagerät und gezielter Kühlluftführung um den Verdrahtungsrahmen herum eine Temperatur zwischen 34 °C und 44 °C im gesamten Schrank sicherstellt. Lediglich am Lüfterausgang des Frequenzumrichters wurde eine maximale Temperatur von 44 °C gemessen; dies zeigt die orangefarbene Linie (Messpunkt 4, über dem Frequenzumrichter) in den Bildern 2a/2b. Dieser punktuelle Wärmeeintrag mit höherer Temperatur hat jedoch keine wesentliche Auswirkung auf das Gesamtklima im Schrank. Oder anders gesagt: Dieser Wärmeeintrag wird im Schaltschrank homogenisiert, sodass sich die Temperaturen im Schaltschrank auf ein mittleres, völlig unkritisches Niveau einpendeln.

Temperaturverläufe im Schaltschrank einer Rohrbiegemaschine nach dem Einschalten des Klimagerätes für etwa 3 Minuten.

Bild 2b: Temperaturverläufe im Schaltschrank nach dem Einschalten des Klimagerätes für etwa 3 Minuten . Die orangefarbene Temperaturlinie (= Messpunkt 4 über dem Frequenzumrichter) zeigt die Temperatur am Luftaustritt des Frequenzumrichters – mit 44 °C die höchste Temperatur in Schaltschrank. Ansonsten pendeln sich die Temperaturen zwischen 34 und 38 °C ein. Die hellbeige Linie ganz unten zeigt den Ausgang am Klimagerät. Das Gerät schaltet sich ein, sobald 35 °C überschritten werden und wieder aus, wenn die Temperatur unter 30 °C sinkt. Friedrich Lütze

Zur Erklärung: Direkt an beziehungsweise in den Schaltschrank-Komponenten können grundsätzlich höhere Temperaturen auftreten – diese werden aber durch die konstruktionsbedingte gute Vermischung der Luftschichten bei der Airstream-Verdrahtung aufgelöst und homogenisiert.

Unter Vernachlässigung des Absaugbereichs des Klimageräts und unter Berücksichtigung der Homogenisierung der Umrichter-Abluft, herrscht im gesamten Schaltschrank ein Temperaturunterschied von 4 °C. Dieses Ergebnis zeigt einerseits die hohe Qualität der Schaltschrankplanung von Numalliance, nämlich dass die verschiedenen Komponenten im Schaltschrank nach thermischen Gesichtspunkten bestens positioniert sind und dass die Größe des Schaltschrankes richtig gewählt ist. Zum anderen zeigt das Ergebnis auch, dass das passive Konzept der Airstream-Technologie aufgeht: eine bessere Klimatisierung beziehungsweise Entwärmung der Schaltschrank-Komponenten durch eine möglichst ungehinderte, gleichmäßige Luftzirkulation zu erreichen, vor allem indem man vertikale Kabelkanäle vermeidet, die die Luftströmung im Schaltschrank be- oder verhindern.

Klima-Simulation für einen Schaltschrank von Lütze mit der Airtemp-Software für den Schaltschrank einer Rohrbiegemaschine.

Bild 3: Ergebnisseite der Klima-Simulation mit der Airtemp-Software für den Schaltschrank der Biegemaschine: Die Temperaturberechnung zeigt, dass Temperaturen im klimatisierten Schaltschrank zwischen 35,8 und 38,6 °C liegen, wenn es in der Umgebung draußen 42 °C hat. Friedrich Lütze

Durch das Lüftersystem Airblower, das sich auf dem Rahmen des Verdrahtungssystems integrieren lässt, kann die Entwärmung bestimmter Komponenten im Schaltschrank weiter verbessert werden. Oft ist die Wärmeentwicklung von einzelnen Komponenten so groß, dass eine rein passive Entwärmung durch die sich von selbst bildende Luftströmung (ohne Lüfter oder Kühlung) nicht groß genug ist. Mithilfe der Luftleitelemente Airblade lässt sich die Luftströmung im Schaltschrank gezielt auf mögliche Hot Spots lenken; so lässt sich die Temperaturschichtung im Schaltschrank weiter verbessern.

Temperatur-Simulation zeigt gute Übereinstimmung

Die Messungen zeigten ebenfalls, dass die mithilfe der Simulations-Software Airtemp berechneten Temperaturen im Schaltschrank (Bild 3) gegenüber den gemessenen Temperaturen nahezu gleich waren. Somit zeigt diese Industrieanwendung, dass das zugrundeliegende Simulationsmodell für das Airstream-Konzept Ergebnisse liefert, die mit den realen Verhältnissen im Schaltschrank sehr gut übereinstimmen.

Modellvariante für kleine Schaltschränke

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Das Verdrahtungssystem Airstream Compact eignet sich speziell für kleine Schaltschränke. Friedrich Lütze

Mit dem Verdrahtungssystem Airstream Compact hat Lütze jetzt zusätzlich eine kleinere Modellvariante entwickelt, die auf kleinere Schaltschränke zugeschnitten ist. Das kleine System besitzt die gleichen Vorzüge wie das große: Der Verdrahtungsrahmen ermöglicht eine kompakte und flexible Verdrahtung sowie eine konstruktiv bedingte, bessere Luftzirkulation, weil querstehende Kabelkanäle vermieden werden. Das kompakte Verdrahtungssystem eignet sich vor allem für Schränke mit wenig Tiefe oder für Sonderschränke, die in der Anlage verbaut sind. Der Verdrahtungsrahmen kann in der Tiefe variabel angepasst werden. Durch den Wegfall von Kabelkanälen bietet das System mehr Platz und Flexibilität im Schaltschrank. So können beispielsweise Bauteile mit hoher Wärmeabgabe entzerrt verbaut werden. Dies trägt wesentlich zu ausgewogenen, nicht zu hohen Temperaturen im Schaltschrank bei.

Michael Bautz

ist Produktmanager Cabinet bei Friedrich Lütze in Weinstadt.

(dw)

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