Benjamin Lee und Tobias Schlichtmeier im Gespräch auf der embedded world 2025.

Benjamin Lee und Tobias Schlichtmeier im Gespräch auf der embedded world 2025 über robuste Tablet- und Handheld-Geräte und den Zugang zu weltweiten Märkten. (Bild: Tobias Schlichtmeier)

Herr Lee, können Sie mir erklären, wie RuggON strukturiert ist und auf welche Produkte sich das Unternehmen fokussiert?

Benjamin Lee: RuggON ist seit 2017 Teil von Ubiqconn, das wiederum Teil des taiwanesischen Mutterkonzerns FICG mit Sitz in Taipei, Taiwan, ist. Mit Ubiqconn können wir uns als RuggON auf ein starkes Technologie-Unternehmen als Konzernmutter verlassen, das Endkunden und OEMs individuelle All-in-One-Services und -Produkte für das IIoT anbietet.

Bei RuggON entwickeln und produzieren wir vor allem Rugged Tablet Computer und Handheld-Geräte für verschiedene industrielle Bereiche wie Logistik, Automation, Transportfahrzeuge, Bergbau, zudem für Verwaltung und Landwirtschaft. Alle unsere Geräte sind mit einem industrietauglichen Touch-Panel ausgestattet, was ideal für mobile Anwendungen und Fahrzeuge geeignet ist. Wir fokussieren uns hauptsächlich auf die Systemintegration und assemblieren Produkte auf Systemebene für den Endkunden. Daneben bieten wir auch Produkte „von der Stange“ an. Dabei bedienen wir vor allem vertikale Märkte und fokussieren uns auf die Herausforderungen dieser bestimmten Zielgruppe mit individuell angepassten Produkten. Neben der Hardware bieten wir unseren Kunden außerdem Treiber oder Software Development Kits (SDKs) an, damit diese sofort mit der Anwendungsentwicklung starten können.

Können Sie ein konkretes Anwendungsbeispiel eines Produktes beschreiben?

Lee: Nehmen wir ein Warenlager für die Logistik. Hier entwickeln wir ein Komplettsystem für einen Gabelstapler, bei dem wir Komponenten für die Umgebungserfassung oder Datenbusse für das Flottenmanagement integrieren. In diesen Anwendungsfällen ist KI ein immer größeres Thema – wir versuchen, uns Feedback vom Kunden zu holen, um immer mehr KI-Funktionen in das System zu integrieren. Manchmal reicht eine einfache Überwachung oder Identifizierung von Personen oder Objekten aus, manchmal sind die Algorithmen komplexer. Bei komplexeren KI-Applikationen wie sie in Driver Management Systemen (DMS) oder Advanced Driver Assistance Systemen (ADAS) zum Einsatz kommen, arbeiten wir mit Partnerunternehmen zusammen.

Das ‚PX501‘ ist mit USB-Typ-C-Funktionen ausgestattet. Somit ist es für schnelles Laden prädestiniert und für den Benutzer standardisiert ausgeführt.
Das ‚PX501‘ ist mit USB-Typ-C-Funktionen ausgestattet. Somit ist es für schnelles Laden prädestiniert und für den Benutzer standardisiert ausgeführt. (Bild: RuggON)

Auf welche Märkte konzentrieren Sie sich bei Ihren Investitionen?

Lee: Wir entwickeln viele Applikationen für die Lagerhaltung und Logistik, weil diese oft ADAS für das autonome Fahren benötigen, ebenso Maschinen im Bergbausektor. Hier steigen die Anforderungen immer weiter an – besonders auf Druck der Versicherungsgesellschaften – was uns neue Geschäftsfelder erschließt. Gerade ältere Busse, Bergbaumaschinen oder Traktoren besitzen noch keine fortschrittliche Technologie, die aber zunehmend nötig ist. Hier können wir unsere modernen Geräte nachrüsten.

Mit welchen Alleinstellungsmerkmalen Ihrer Produkte heben Sie sich von der Konkurrenz ab?

Lee: Einige unserer Produkte sind gemäß den militärischen Standards MIL-STD-810G/H sowie MIL-STD-461G zertifiziert. Um unsere Geräte am europäischen Markt vertreiben zu können, sind diese zudem mit dem E-Kennzeichen für Fahrzeuge und Fahrzeugteile nach europäischen Richtlinien (e1) zertifiziert – was für einen Hersteller aus Taiwan ein Alleinstellungsmerkmal ist. Hinzu kommt, dass alle unsere Geräte nicht nur die Norm einhalten, sondern on-top mit Zertifikaten von Drittlabors und entsprechenden Gutachten ausgestattet sind. Zudem sind unsere Geräte kompakt, robust und widerstandsfähig gemäß verschiedene IP-Schutzarten, zum Beispiel IP65, ausgelegt. Hinzu kommt der große Betriebstemperaturbereich von -25 bis +60 °C, was weit über den Anwendungsbereich von Konsumgütern hinausreicht. Besonders stolz sind wir auf unsere kapazitiven Toch-Displays, die wir standardmäßig auf allen Geräten verbaut haben.

Woher kommt es, dass Sie Ihre Geräte für den europäischen Markt zertifizieren? Für ein Unternehmen aus Taiwan ist das ziemlich ungewöhnlich.

Lee: Das liegt daran, dass wir uns sehr auf den US-amerikanischen und europäischen Markt konzentrieren, weil der asiatische Markt nicht so groß beziehungsweise hart umkämpft ist. Im Moment erreichen wir viele Unternehmen in West- und Nordeuropa, aber wir wollen in nächster Zeit auch nach Osteuropa expandieren. Dort gibt es eine große Nachfrage nach fortschrittlicher Technologie, weil dort viel in die Infrastruktur und den öffentlichen Nahverkehr investiert wird.

Wie schaffen Sie es, die hohen Anforderungen an Schock und Vibration für die E1-Zertifizierung einzuhalten?

Lee: Das fängt bei den internen Algorithmen an und hört bei der Mechanik auf. Zudem muss man nach Anforderungen für Produkte für Virtual Machine Container (VMC) und Data Management Center (DMC) unterscheiden. Für VMC verwenden wir in der Regel On-Board-RAM für die Speicherung, das heißt, der Speicher ist fest auf der Platine verlötet. Es handelt sich nicht um Steckplatzspeicher, so kann er nicht herausfallen. Die meisten unserer Entwürfe verwenden On-Board-Lösungen, sogar die CPU ist fest auf der Platine installiert. Für alle anderen Anwendungen verwenden wir mechanische Befestigungen mittels Schrauben, zudem gibt es Heatpipes für eine ausreichende Kühlung der Elektronik. Um die Geräte in staubigen Umgebungen wie den Bergbau einzusetzen, sind alle unsere Geräte lüfterlos ausgeführt.

 

Lassen Sie uns noch über Hardware-Schnittstellen und Prozessoren sprechen. Verwenden Sie beispielsweise USB 4.0 für Ihre Geräte und auf welche CPUs setzen Sie?

Lee: Ja, viele unserer Module implementieren USB-Typ-C-Funktionen, zudem Ladefunktionen mit USB 3.0. Unser neues Modell, das ‚PX501‘ ist beispielsweise mit USB-Typ-C-Funktionen ausgestattet, das die volle Thunderbolt-Funktionalität bietet.

Als Haupt-CPU fungiert meist ein Intel-Chip, zum Beispiel die 13. Generation Core i5 oder i7 CPU. Für anspruchsvolle KI-Berechnungen integrieren wir zudem einen KI-Prozessor von Hailo oder Nvidia. Für uns und viele unserer Kunden ist KI jedoch noch sehr neu – für Märkte wie Logistik, Lagerhaltung oder Militär ist KI im Moment teilweise noch nicht nötig.

Zum Schluss möchte ich noch wissen, ob Sie bei RuggON eine bestimmte Partnerschaftsstrategie verfolgen, um Ihr Geschäft zu erweitern?

Lee: Unsere aktuelle Strategie ist, lokale Partner beispielsweise für den Vertrieb zu finden. So können wir in den vertikalen Märkten die wichtigsten Akteure jeder Region identifizieren und ansprechen. Einige unserer Vertriebskanäle fokussieren sich zum Beispiel auf die Logistik, andere auf die Infrastruktur. Im Vergleich zu großen Playern wie Panasonic sind wir jedoch spät in den Markt eingetreten, diesen Verzug können und wollen wir nicht aufholen. Stattdessen konzentrieren wir uns lieber auf die vertikalen Märkte und versuchen diese, so gut es geht zu bedienen und uns darin einen entsprechenden Kundenstamm aufzubauen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lee.

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