Single Board Computer wie der Raspberry Pi oder Arduino ermöglichen es, künstliche Intelligenz ganz einfach in Embedded-Systeme zu implementieren.

Single Board Computer wie der Raspberry Pi oder Arduino ermöglichen es, künstliche Intelligenz ganz einfach in Embedded-Systeme zu implementieren. (Bild: AdobeStock 379086362, Marta Sher)

Für viele Unternehmen können die Investitionen, die für den Aufbau von Know-how in den sich schnell entwickelnden Bereichen KI und ML erforderlich sind, eine Herausforderung darstellen. Doch das Hinausschieben der Bereitstellung von KI und ML in Embedded-Systemen ist risikoreich, denn die Konkurrenz schläft nicht.

KI als riesiger Vorteile für die Fertigung

KI hat das Potenzial, in vielen Branchen einen Mehrwert zu schaffen. Doch einige der wichtigsten Bereiche, die wahrscheinlich von dieser Technologie profitieren werden, sind das Lieferketten-Management und die aktuelle Fertigung. Schätzungen eines Berichts von McKinsey zufolge, könnte KI einen Wert in Höhe von 1,2 bis 2 Billionen US-Dollar für Unternehmen, die sie nutzen, und deren Kunden generieren.

Bei der Fertigung liegt das größte Potenzial von KI in der vorausschauenden Wartung, indem anhand von Sensordaten Anomalien festgestellt werden und sich vorhersagen lässt, wann ein Motor oder eine Prozessanlage eine Prüfung benötigt, sodass Ausfälle verhindert werden.

Untersuchungen anderer Analysten unterstreichen diese guten Nachrichten. Ein Bericht von Accenture hat gezeigt, dass die Fertigung einer der wichtigsten Profiteure der KI-Revolution sein wird. Da KI-betriebene Systeme ständig von Prozessen lernen, ist es nicht länger notwendig, dass sich Wartungstechniker um fehlerhafte Maschinen und Leerlauf kümmern. Gleichzeitig können schnelle Prototypenerstellung und Ressourcenzuweisungen die Markteinführungszeit und die Kosten reduzieren. Alle diese Verbesserungen werden zu einem prognostizierten Rentabilitätsanstieg um 39 Prozent führen.

In einem weiteren Bericht von Accenture wurde festgestellt, dass 71 Prozent der Führungskräfte in der Industrietechnikbranche der Meinung sind, dass KI einen erheblichen Einfluss auf ihre Organisation haben wird, wobei 78 Prozent angaben, dass die Technologie einen erheblichen Einfluss auf den gesamten Sektor haben wird. Der gleiche Bericht hat allerdings auch gezeigt, dass die Industrietechnikbranche bei der KI-Reife hinterherhinkt.

Ein gutes Beispiel dafür, was dies in der Praxis bedeuten kann, ist die Halbleiterindustrie. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, haben Halbleiterunternehmen mit hohen Kapitalinvestitionen versucht, die Produktlebenszyklen zu verkürzen und sich verstärkt auf Innovationen zu konzentrieren. Da jede neue Generation von Chips die Größe der Grundstrukturen reduziert, sind die Entwicklungs- und Herstellungskosten in die Höhe geschossen. Bei diesen Unternehmen haben KI und ML das Potenzial, die Kostenbasis der Branche zu transformieren, indem sie die Produktivität in allen Phasen von der Forschung über das Chipdesign bis zur Fertigung steigern. ML-basierte Systeme lassen sich auch so trainieren, dass sie Wafer-Defekte automatisch erkennen und klassifizieren, wodurch die Ausbeute weiter gesteigert wird.

Geringer Zuspruch für KI

Industrie- und IoT-Anwendungen basieren heute häufig auf Einplatinencomputern (SBCs), wobei etwa 50 Prozent der von Farnell befragten Entwickler diese Entwicklungsboards in ihren Designs verwenden. Obwohl leistungsstarke KI zu den häufigsten Verbesserungsvorschlägen bei SBCs gehört, nutzen nur 20 Prozent der Entwickler weltweit die Vorteile von KI und ML in ihren SBC-Anwendungen.

Die Gründe für diese geringe Nachfrage bleiben unklar, aber die Umfrage von Farnell hat gezeigt, dass Entwickler die Verkürzung der Markteinführungszeit ihrer Entwicklungen als ein zentrales Anliegen ansehen. Trotz der Benutzerfreundlichkeit, die mit SBCs verbunden ist, nehmen Entwickler KI und ML möglicherweise als Hindernis wahr und glauben, dass sich die Implementierungstechniken zur Nutzung dieser Technologien negativ auf das Projektbudget und die Zeitpläne auswirken würden.

Bild 1: Viel Unterstützung zur Implementierung von Embedded-KI erhalten Entwickler durch SBCs wie den Raspberry Pi, hier im Bild der Pi Pico.
Bild 1: Viel Unterstützung zur Implementierung von Embedded-KI erhalten Entwickler durch SBCs wie den Raspberry Pi, hier im Bild der Pi Pico. (Bild: Farnell)

Künstliche Intelligenz in Aktion

Was KI in der Praxis betrifft, ist vorausschauende Wartung einer der wichtigsten Anwendungsfälle in der Industrie. Der Elektronik-Distributor Avnet unterstützt Hersteller und Entwickler bei der Umsetzung von IoT-Lösungen für verschiedene Branchen. Avnet hat beispielsweise mit einem großen Hersteller von Elektrofahrzeugen zusammengearbeitet, um Anomalien in der Funktionsweise seiner Fertigungsroboter festzustellen. ML-Techniken und statistische Fehleranalysen haben es ermöglicht, Anomalien in Echtzeit zu erkennen und Maßnahmen gegen Ausfälle zu ergreifen.

Auch die Asset-Überwachung stellt eine große Chance dar. Ein in den USA ansässiger Hersteller von Erdbewegungs- und Baumaschinen, der Maschinen und Geräte tage- oder monatsweise zur Miete anbietet, nutzte die intelligente Asset-Überwachung, um zu einem Product-as-a-Service-Modell überzugehen. Dies ermöglichte es dem Unternehmen, Geräte basierend auf der tatsächlichen Nutzung zu vermieten, anstatt Kunden ganze Tage oder Monate in Rechnung zu stellen.

Bildverarbeitung und Gesichtserkennung sind klassische Anwendungsfälle von KI und ML. In der Fertigung lassen sie sich einsetzen, um Mitarbeitern sicheren Zutritt zu ermöglichen, die Anwesenheit zu verfolgen und Betrug sowie Diebstahl zu verhindern. Als weiteres Beispiel hat das UK Technology Center von Sony die Bildverarbeitung als Teil eines Projekts eingeführt, durch das Produktvariationen und -qualität in der Fertigungsstätte mittels KI-Technologie überwacht werden. Mit mehr als 150 Raspberry-Pi-SBCs und Raspberry-Pi-High-Quality-Kameras wurden Prozesse wie die Montage von Teilen auf einzelnen Platinen überprüft, sodass Konsistenz sichergestellt wurde.

Künstliche Intelligenz in Embedded-Designs – einfacher als gedacht

Die Bereitstellung von KI und ML in Embedded-Systemen ist einfacher, weniger zeit- und kostenintensiv als zunächst von vielen Entwicklern vermutet. Single-Board-Computer sind inzwischen so leistungsfähig, dass die Implementierung weniger komplex wird – und es gibt jede Menge Unterstützung: Tools wie TensorFlow Lite helfen dabei, Modelle auf mobilen, Embedded- und IoT-Geräten auszuführen. Zusätzlich können Entwickler von der Erfahrung cloudbasierter Dienste wie Azure Sphere, AWS und Caffe profitieren. Das hohe Potenzial von KI und ML macht den Einzug der Technologie in Embedded-Systeme unvermeidlich.

Es ist gar nicht so schwer – TensorFlow Lite

Auch wenn KI und ML zunächst als schier nicht machbar erscheinen mögen, so mischen hier doch große Plattformhersteller mit und machen es Elektronik- und Embedded-Entwicklern leichter, die Vorteile der Technologie zu nutzen. SBCs werden immer leistungsfähiger, sodass KI-Algorithmen wie Bildklassifizierung, Objekt- und Gestenerkennung mit Tools wie TensorFlow Lite auf der Platine ausgeführt werden können.

TensorFlow Lite ist für das maschinelle Lernen auf Geräten optimiert und hilft Entwicklern, Modelle auf mobilen, Embedded- und IoT-Geräten auszuführen. Das Tool geht einige der wichtigsten Einschränkungen von SBCs an: Es beseitigt die Latenz, indem es keine Daten an einen Server sendet; es gewährleistet den Datenschutz, da keine personenbezogenen Daten das Gerät verlassen; es erfordert keine Internetverbindung, bietet eine reduzierte Modellgröße und minimiert den Stromverbrauch.

TensorFlow Lite bietet mehrere vortrainierte Modelle an, die für industrielle oder fertigungstechnische Anwendungsfälle geeignet sein könnten. Diese „Rezepte“ erleichtern die Bereitstellung von KI-Lösungen zur Durchführung von Funktionen wie Bildklassifizierungsmodellen, mit denen Hunderte von Objekten einschließlich Personen und Aktivitäten identifiziert werden können, die natürliche Beantwortung von Fragen und die Gestenerkennung. Es gibt viele weitere Bibliotheken, die die Entwicklung von integrierten KI-Verarbeitungslösungen auf der Platine ermöglichen, und obwohl dies die Anforderungen an das Know-how reduziert, besteht immer noch Bedarf an erfahrenen KI-Spezialisten.

Bild 2: Cloudbasierte Dienste können eine einfache Bereitstellung von KI ermöglichen. Viele Entwickler sind erfahrene Benutzer dieser Plattformen.
Bild 2: Cloudbasierte Dienste können eine einfache Bereitstellung von KI ermöglichen. Viele Entwickler sind erfahrene Benutzer dieser Plattformen. (Bild: AdobeStock 418845747, Tada Images )

Erfahrung aus der Cloud

Der Zugriff auf cloudbasierte Dienste über verbundene Geräte stellt sicher, dass Daten analysiert werden können, ohne dass dafür eine große Menge an Rechenleistung auf der Platine selbst erforderlich ist. Cloudbasierte Dienste können eine einfachere Bereitstellung von KI ermöglichen, und es gibt einen viel größeren Pool von Entwicklern, die erfahrene Benutzer dieser Plattformen sind.

Microsoft ist führend in diesem Bereich und hat seine Azure-Sphere-IoT-Plattform eingeführt, die auch ein Linux-Kernel-OS für eingebettete Mikrocontroller (MCUs) bietet, die in IoT-Endpunkten zum Einsatz kommen. Typische Anwendungsfälle umfassen ein Pilotprojekt von Starbucks, bei dem Azure-Sphere-MCUs eingebettet wurden, um Telemetriedaten von Kaffeemaschinen in den Shops zu sammeln. Das Unternehmen erwartet, dass die erfassten Daten dazu beitragen, potenzielle Probleme vorherzusagen, bevor Kaffeebereiter und andere Geräte im Shop repariert werden müssen. Die Azure-MCUs sind kostengünstig, bieten eine Vielzahl von Konnektivitätsoptionen, einschließlich Mobilfunk und Ethernet, und werden von verschiedenen Entwicklungsboards und Starterkits unterstützt.

Eine weitere wichtige Cloud-Plattform ist Amazon Web Services (AWS). Die Plattform nutzt Edge-Computing und fortschrittliche Analysetools, um die Produktivität der Smart Factory durch die Erfassung und Analyse von Daten im Fertigungsbereich zu verbessern. Sie umfasst den Zugriff auf cloudbasierte KI und ML, die prädiktive Analysen in Echtzeit ermöglichen.

Ein weiterer Ansatz ist die Nutzung cloudbasierter Dienste neben Open-Source-Frameworks wie Caffe und TensorFlow. Caffe ist ein bekanntes Framework, das von einem Berkeley-Doktoranden namens Yangqing Jia entwickelt wurde, während die TensorFlow-Plattform vom Brain Team von Google stammt und eine umfangreiche Bibliothek von Tools, Bibliotheken und Community-Ressourcen bietet.

Closed-Source-Lösungen sind ebenfalls eine benutzerfreundliche Alternative. Arm bietet die Integration mit Watson über seine Mbed-IoT-Geräte-Entwicklungsplattform. Auch IBM hat direkte Schnittstellen zu seiner Watson-KI-Plattform für die Arbeit mit Entwicklungsboards wie dem Raspberry Pi bereitgestellt, wodurch es einfach ist, maschinelle Lernanwendungen zu prototypisieren, bevor eine endgültige Architektur festgelegt wird.

Bild 3: Der Arduino Portenta ist ein sehr leistungsfähiger SBC. Sein asymmetrischer Dual-Core ermöglicht es, gleichzeitig Hochsprachen-Code wie Protokoll-Stacks, ML oder sogar interpretierte Sprachen wie MicroPython oder Javascript auszuführen.
Bild 3: Der Arduino Portenta ist ein sehr leistungsfähiger SBC. Sein asymmetrischer Dual-Core ermöglicht es, gleichzeitig Hochsprachen-Code wie Protokoll-Stacks, ML oder sogar interpretierte Sprachen wie MicroPython oder Javascript auszuführen. (Bild: Farnell)

Singe Board Computer für KI

Farnell führt eine breite Palette von SBCs zur Unterstützung von Embedded-KI-Anwendungen. Dazu gehört der beliebteste SBC, der Raspberry Pi 4. Das Model B ist mit DDR4 RAM bis 8 GByte erhältlich.

Der Arduino Portenta ist ein sehr leistungsfähiger SBC. Sein asymmetrischer Dual-Core ermöglicht es, gleichzeitig Hochsprachen-Code wie Protokoll-Stacks, ML oder sogar interpretierte Sprachen wie MicroPython oder Javascript auszuführen.

Durch die Kopplung dieser leistungsstarken, benutzerfreundlichen Platinen mit gebrauchsfertigen Cloud-Plattformen gibt es keinen Grund, warum IoT-Geräteentwickler KI und ML nicht in ihren Projekten nutzen sollten. Für Anwender in der Fertigungsbranche sind die Vorteile klar und werden zu einer Notwendigkeit, um Produktqualität, Fertigungsproduktivität und viele weitere Parameter zu verbessern.

Die Zukunft von Embedded-KI

Mit der nachgewiesenen Verbesserung der Systemleistung ist eine verstärkte Einführung von KI und ML in Embedded-Anwendungen unvermeidlich. Obwohl die Technologie komplex ist, gibt es bereits Lösungen, die den Aufwand für die Integration und Bereitstellung von KI und ML deutlich reduzieren. Dass es wenig Ausreden für das Hinausschieben der Einführung gibt und die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Produkte der Konkurrenz die Zusatzvorteile dieser Technologien aufweisen, ist ein überzeugender Grund, heute KI- und ML-Technologien in Embedded-Systemen bereitzustellen. (na)

Cliff Ortmeyer

Global Head of Technical Marketing bei Farnel

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