Dem Doppelschichtkondensator haftet der Ruf einer Low-Tech-Komponente an. Erst seit kurzer Zeit rückt diese Technik wieder in den Fokus, denn sie besitzt Eigenschaften, welche als vorteilhaft gegenüber anderen Energiespeichern zu sehen sind. Die Technologie des Doppelschichtkondensators basiert auf der Ladungsspeicherung in der namensgebenden Doppelschicht. Der Grundstein hierzu hat Hermann von Helmholtz schon 1853 gelegt, aber erst über ein Jahrhundert später gelang es, die ersten Doppelschichtkondensatoren massentauglich zu produzieren und zu vermarkten. Heute sind sie unter verschiedenen Namen bekannt (zum Beispiel Superkondensatoren oder Ultrakondensatoren), doch ihre physikalische Basis ist immer die gleiche.
Der Aufbau eines EDLC (Electric Double-Layer Capacitor) ist simpel, aber effektiv. Zwei Elektroden bilden die Basis der Konstruktion. Das Elektrodenmaterial (meist Aktivkohle, Graphenstrukturen oder Kohlenstoffnanomaterialien) ist auf einen elektrisch kontaktierbaren Kollektor aufgebracht und bildet beide Elektroden der Kondensatoren. Eine Membran, auch Separator genannt, trennt jene voneinander und schützt sie dadurch vor Kurzschlüssen. Der Separator ist durchlässig für die Ionen des meist flüssigen Elektrolyten. Der Elektrolyt fungiert als Ionenlieferant, welche die Träger des elektrischen Stroms im EDLC (Bild 1) darstellen.
Eck-Daten
Als technischer Exot fristete der Doppelschichtkondensator lange Zeit ein Nischendasein als Low-Tech Bauelement. Im letzten Jahrzehnt sorgten zahlreiche Verbesserungen bei den Materialien und der Prozessführung dafür, dass die Technologie sich weiterentwickelte und größere Verbreitung in verschiedenen Anwendungen fand. Technologisch stößt der Doppelschichtkondensator mittlerweile jedoch an die physikalischen Grenzen. Deshalb werden auch Weiterentwicklungen wie der Lithium-Ionen Kondensator immer wichtiger. Denn als neuer Zweig der Superkondensator-Familie weisen Hybridkondensatoren ein größeres Potenzial auf als die Doppelschicht.
Sobald eine Spannung angelegt ist, wandern die positiv und negativ geladenen Ionen jeweils spiegelbildlich zu den Elektroden. Dort sammeln sie sich an den Phasengrenzen zwischen der festen Elektrode und dem flüssigen Elektrolyten und bilden eine Doppelschicht. Es stehen sich also Ionen aus dem Elektrolyten und die Ionen der Elektrode gegenüber, auch Gegenionen genannt. Das wirkende elektrische Feld polarisiert dann die Lösungsmittelmoleküle, die die Ladungen voneinander trennen. Die Doppelschicht fungiert wie ein Plattenkondensator; in der Gesamtheit wirken daher zwei in Reihe geschalteten Kondensatoren (Bild 2).
Die Elektrode macht den Unterschied
Eine Voraussetzung zur Bildung einer Doppelschicht ist ein geeignetes Elektrodenmaterial. Vor etwa 60 Jahren führten Wissenschaftler die ersten Untersuchungen zu neueren Speichermethoden und Materialen durch, und schon zu Beginn kam Aktivkohle als Elektrodenmaterial zum Einsatz. Im zeitlichen Verlauf untersuchten die Forscher weitere Materialien auf ihre Eignung für den Einsatz in Doppelschichtkondensatoren und entwickelten diese auch weiter. Das heute gebräuchlichste Elektrodenmaterial ist Aktivkohle, die als eher mäßig elektrisch leitfähiges Material jedoch eine hohe Porosität aufweist, die zu einer großen Oberfläche relativ zum Volumen führt (Bild 3).
Abbildung 3 zeigt die schwammartige Struktur der Aktivkohle in 80.000-facher Vergrößerung. Mit einer Dichte von bis zu 0,5g/cm³ und einer theoretischen Oberfläche zwischen 1000m²/g und 2000m²/g lässt sich eine große Oberfläche in einem geringen Volumen erreichen. Zusammen mit ihren relativ günstigen Herstellungskosten ist Aktivkohle daher weiterhin das gebräuchlichste Material für Doppelschichtkondensatoren. Die größte Stärke des Materials ist zugleich ihre größte Schwäche: Die Poren der Aktivkohle liegen in unterschiedlichen Größen vor und begrenzen abhängig von ihrer Größe die zur Verfügung stehende Fläche zur Ausbildung einer Doppelschicht. Die an der Bildung der Doppelschicht beteiligten Ionen sind solvatiert, das heißt umhüllt von Lösungsmittelmolekülen aus dem Elektrolyten. Mit dieser Hülle können sie nur langsam in kleinere Poren eindringen, die Folge ist ein erhöhter ESR. Gleichzeitig reduzieren die Mikroporen die für die Doppelschicht zur Verfügung stehende Oberfläche, was wiederum zu einer reduzierten Kapazität führt (Bild 4).
Die Kohlenstoffstrukturen sind entlang der Kristallstrukturen der wabenförmig angeordneten Kohlenstoffatome elektrisch leitfähig, während die Leitfähigkeit zwischen den Gitterstrukturen relativ schlecht ist. Durch die ungeordnete makroskopische Struktur der Aktivkohle ist auch ihre Leitfähigkeit begrenzt, was sich in einem ebenfalls erhöhten ESR wiederspiegelt.
Elektrisch hoch leitfähige Polymere können hier Abhilfe leisten. Diese lassen sich als Binder in die Aktivkohle einbringen und erhöhen ihre Leitfähigkeit durch Elektronenleitungen. Hier liegt auch ein Schwerpunkt der aktuellen Forschung: über verbesserte Polymere als Binder soll nicht nur die Stabilität gewährleistet sein, sondern sich auch die Leitfähigkeit weiter steigern lassen. Eine geeignete Prozessführung bei der Herstellung der Aktivkohleelektroden ermöglicht es, gezielt bestimmte Porengrößen zu erzeugen. Dies führt zu einer guten Ausnutzung der Oberfläche in der Aktivkohle.
Ein weiterer Faktor, den der Hersteller kontrollieren muss, ist die Schichtdicke der Aktivkohle: Während eine zu dicke Aktivkohleschicht zu einer Abnahme der Leistungsdichte führt, sorgt eine zu dünne Schicht zur Abnahme der Energiedichte.
Langes Leben und Zyklenfestigkeit
Wenn die Rede von Doppelschichtkondensatoren ist, dann denken viele oft an eine hohe Anzahl der Lade- und Entladezyklen sowie einer lange Betriebszeit. Grundsätzlich hat der EDLC auch die Voraussetzung dazu, denn bei der Bildung der Doppelschicht gibt es keine chemischen Verbindungen, anders als es zum Beispiel in einer Lithium-Ionen Batterie der Fall ist. Im EDLC findet lediglich eine Adsorption von Ionen statt, welche auf der Oberfläche der Elektrode haften. Trotz dieses theoretisch unbegrenzt wiederholbaren Prozesses, gilt es einige Parameter bei dem Betrieb von Doppelschichtkondensatoren zu beachten.
Die Spannung ist Freund und Feind zugleich: Eine höhere Spannung bewirkt zwar auch eine höhere Ladung und Kapazität, resultiert aber in hohen elektrischen Feldstärken innerhalb des Bauteils. Ab einer gewissen Spannung zersetzt sich der Elektrolyt beim Laden teilweise. Die zersetzen Bestandteile lagern sich in den Poren der Bauteile an und verstopfen diese regelrecht. Die wirksame Oberfläche reduziert sich, wodurch die Kapazität sinkt. Der Zersetzungsprozess führt zu einer endlichen Lebensdauer, die durch die Anzahl der möglichen Lade- und Entladezyklen definiert ist. Elektrolyte mit einer höheren Zersetzungsspannung können die Zyklenzahl erhöhen, führen aber zu einer geringeren Kapazität und höheren ESRs.
Von entscheidender Bedeutung ist auch die Umgebungstemperatur während des Betriebes, denn höhere Temperaturen beschleunigen nicht nur die Zersetzungsprozesse sondern auch den Verlust von Elektrolyt durch Austrocknung, was auch die Lebensdauer des Kondensators begrenzt.
Grundsätzlich spielt der eingesetzte Elektrolyt eine entscheidende Rolle für die Zyklenfestigkeit, die Kapazität, den ESR und letztlich für die mögliche Lebensdauer des Kondensators. Der Elektrolyt muss chemisch inert sein, darf also nicht mit dem Elektrodenmaterial reagieren. Er sollte eine hohe Zersetzungsspannung besitzen und ein guter Ionenlieferant für die Doppelschicht sein. Die Wahl des passenden Elektrolyten ist somit ebenso wichtig wie die Auswahl des Elektrodenmaterials. Eine korrekte Verwendung und das Einhalten der vom Hersteller festgelegten Grenzen für die Betriebsparameter sind unerlässlich für eine lange Lebensdauer der Kondensatoren.
LiC versus Superkondensator
Der Doppelschichtkondensator blickt auf eine lange Vergangenheit in der Forschung und Entwicklung zurück, während die kommerzielle Serienfertigung erst seit wenigen Jahrzehnten existiert. Erst im letzten Jahrzehnt wurde das hohe Potenzial der Technologie erkannt und hat die weitere Entwicklung von Superkondensatoren in Fahrt gebracht.
Auf den ersten Blick lassen die aus ihm entstandenen Lithium-Ionen Kondensatoren den Doppelschichtkondensator überflüssig erscheinen. Jedoch verfolgen die Entwicklungen beider Technologien unterschiedliche Zielsetzungen: Während die Entwicklung der Lithium-Ionen-Kondensatoren den Fokus auf hohe Energiedichten legt, zielt der EDLC auf große Leistungsdichten. Dadurch unterscheiden sich auch die Zielapplikationen der beiden Technologien, so dass sie nicht in einem unmittelbaren Wettbewerb stehen, sondern sich komplementär ergänzen.
Die EDLC-Technologie besticht durch ihre besonders hohe Leistungsdichte. Der hohe Anteil an Doppelschichtkapazität ermöglicht es, den Kondensator sehr schnell auf- und wieder zu entladen. Hierbei ist er dem Elektronentransfer des Lithium-Ionen Kondensators überlegen. In der Konsequenz kann ein EDLC höhere Ströme aufnehmen und wieder abgeben. In der Tabelle sieht man die spezifischen Parameter des EDLC im Vergleich zum Lithium-Ionen Kondensator (LiC) und der Lithium-Ionen Batterie (LiB) (Tabelle 1).
Deutlich höher ist die Laderate der EDLCs im Vergleich zu den anderen Technologien. Mit dieser Eigenschaft eignet sich ein EDLC zur Aufnahme großer Ladeströme, zum Beispiel von Bremsströmen. Er kommt daher häufig zum Einsatz, um die Rekuperation von Energie bei Elektrofahrzeugen zu realisieren. Dies schont zudem das Leben der Batterien und führt gleichzeitig zu einer Energieersparnis. In Windkraftanlagen sorgen EDLC für die Speisung des Notfall-Neigungssteuerungssystem, das bei einem Netzausfall oder überhöhten Windgeschwindigkeiten die Anlage sicher abschaltet. Dies schützt die Turbine vor mechanischer Beschädigung. Zuvor kamen hier viele Jahre lang Bleibatterien zum Einsatz, welche eine geringere Lebensdauer als EDLC besitzen und dadurch den Wartungsaufwand erhöhten. Doppelschichtkondensatoren helfen durch ihre Langlebigkeit und hohe Zyklenfestigkeit, den Wartungsaufwand zu minimieren und somit die Betriebskosten zu reduzieren.
Auch wenn der Doppelschichtkondensator derzeit schon in vielen Applikationen Einzug gehalten hat, ist er nicht immer die optimale Wahl. Ein Beispiel dafür ist eine mobile EDLC-Applikation, die On Board Unit des Toll Collect Systems. Hier stellen EDLC die Energie für den kurzen, aber intensiven Sendeimpuls bereit. Nachteilig für dieses Einsatzgebiet ist der große Leckstrom der Doppelschichtkondensatoren, denn oft ist dieser größer, als der Ladestrom. Einen deutlich geringeren Leckstrom weisen jedoch die Lithium-C Kondensatoren auf. In Kombination mit Batterien oder einem Photovoltaikpanel lässt sich der Kondensator laden, ohne die Ladung wieder zu verlieren. Dieselbe Thematik spiegelt sich im Bereich Energy-Harvesting wieder, weshalb Lithium-Ionen auch hier die überlegenere Technologie gegenüber EDLC ist.
(aok)