Effizienz als Treiber: Wege zu schnellen Entwicklungszyklen
Petra GottwaldPetraGottwaldPetra GottwaldChefredakteurin Elektronik-Titel
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Wenn die Zeit drängt entscheidet die Effizienz in der Prototypenfertigung oft über den Projekterfolg. Eine Inhouse-Prototypingstrategie kann Entwicklungszeiten deutlich verkürzen, Know-how im Unternehmen aufbauen und langfristig Kosten senken.
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Seit 35 Jahren beschäftigt sich Paggen Werkzeugtechnik mit der Ausstattung von Entwicklungslaboren und Prototypinglinien. Als Nachfolgerin und Geschäftsführerin dieses Familienunternehmens ist es mir wichtig, nicht nur Maschinen zu verkaufen, sondern unseren Kunden bei der Auswahl, Umsetzung und Optimierung ihrer Prozesse beratend zur Seite zu stehen. Dabei begegnen mir immer wieder ähnliche Fragen, Herausforderungen und auch typische Fehlerquellen – höchste Zeit also, die wichtigsten Erkenntnisse zu teilen.
Was bedeutet eigentlich „Prototyping“?
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Der Begriff „Prototyp“ wird in der Praxis sehr unterschiedlich verwendet. Für manche bedeutet er ein einzelnes Funktionsmuster, für andere eine Serie von 50 oder sogar 100 Baugruppen. Entsprechend breit ist das Spektrum der Anforderungen: von der sporadischen, manuell gefertigten Baugruppe bis hin zur regelmäßig wiederholten Vorserie auf hohem technischem Niveau.
In unserer täglichen Arbeit sehen wir beides. Auf der einen Seite steht die kompakte Laborlinie mit manuellem Drucker, manuellem Bestückgerät und Schubladenofen. Auf der anderen Seite hochautomatisierte Linien mit multifunktionalen Bestückautomaten, Lagersystemen und Durchlauföfen. Beide Szenarien haben ihre Berechtigung – entscheidend ist, dass die Ausstattung zu den tatsächlichen Anforderungen passt.
Das halbautomatische SMD-Bestückungssystem Expert II eignet sich besonders für Prototypen und Kleinserien. (Paggen
Warum Inhouse-Prototyping?
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Die Gründe, warum sich Unternehmen für eine eigene Fertigungslinie entscheiden, sind vielfältig:
Schnelligkeit: Durch kürzere Reaktionszeiten lässt sich die Time-to-Market deutlich verkürzen.
Unabhängigkeit: Bei Engpässen im EMS-Markt ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Know-how-Aufbau: Die Rückkopplung aus der Fertigung kann die Entwicklung wesentlich verbessern.
Kostenkontrolle: Insbesondere bei häufigen Iterationen oder kleinen Serien kann sich eine Inhouse-Fertigung schnell amortisieren – zum Beispiel mit Hilfe von Förderprogrammen wie der Innovationsprämie.
Gerade bei Startups oder in Entwicklungsabteilungen, in denen bisher mit Pinzette und Lötkolben gearbeitet wurde, ist der Schritt zur teilautomatisierten Fertigung oft ein echter Gamechanger.
Wie lassen sich Prozesse im Prototyping optimieren?
Der erste Schritt zum erfolgreichen Prototyping passiert bereits in der Entwicklung: wenn die Fertigung dort gleich mitgedacht wird, lassen sich viele Stolpersteine vermeiden. Zum Beispiel sollte auch bei Prototypen bereits darauf geachtet werden, dass Passermarken und Testpunkte vorhanden sind und dass man nicht das komplette Spektrum der Bauteilbibliothek verwendet, um später ein möglichst schnelleres Rüsten zu ermöglichen. Wer Prototypen im eigenen Haus fertigen möchte, muss sich ansonsten natürlich mit denselben Prozessen auseinandersetzen, die auch in der Serie relevant sind. Auch wenn hier vieles manuell oder teilautomatisiert erfolgt, gelten die gleichen Prinzipien.
Eignet sich für die meisten Einsteiger - der Schablonendrucker mit Rakelführung.Paggen
Pastenauftrag: der unterschätzte FehlerfaktorRund 60 % aller Fertigungsfehler entstehen bereits beim Pastenauftrag. Trotzdem wird dieser Prozess in vielen Laboren stiefmütterlich behandelt. Dabei ist gerade hier ein solides Fundament entscheidend.Für den Einstieg empfehlen wir in den meisten Fällen einen manuellen Schablonendrucker mit Rakelführung. Diese Systeme sind erschwinglich, einfach zu bedienen und liefern bei richtiger Anwendung eine reproduzierbare Qualität. Wer höhere Genauigkeit oder eine größere Anzahl an Boards benötigt, kann über halbautomatische Systeme mit Kameraunterstützung nachdenken. Alternativ kann auch das Dispensen sinnvoll sein – vor allem bei häufigen Designänderungen oder wenn sonst Stufenschablonen notwendig sind, können sie einen echten Vorteil bringen. Der Nachteil: höhere Prozesskosten und längere Taktzeiten.
Bestückung: Automatisierung ist nicht alles
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Ob ein manuelles Bestücksystem mit Kameraunterstützung oder ein kompakter Pick-and-Place-Automat – die Wahl hängt von Komplexität, Volumen und vorhandener Erfahrung ab. Viele unserer Kunden unterschätzen dabei die Bedeutung von Rüstzeit, Softwarebedienung und Platzbedarf. Gerade in Laboren mit wenig Raum oder leichter Bauweise ist das entscheidend. Ein intuitives Softwarekonzept ist besonders wichtig – denn oft bedienen die Maschinen keine Vollzeit-Fertiger, sondern Entwickler, die sich nur gelegentlich damit beschäftigen.
Löten: Dampfphase oder Reflow?
Kleinserienlöten in der Dampfphase: die VP-Two eignet sich für Platinen bis zu 300 x 335 mm und setzt damit den Kundenwunsch nach einem preiswerten Tischgerät mit hohem Bedienkomfort umPaggen
Beide Verfahren haben ihre Berechtigung in einer Prototypenfertigung und für beide Verfahren gibt es gute Laborsysteme. Die Dampfphase bietet eine sehr gleichmäßige Erwärmung und schützt durch das verwendete Medium vor Oxidation. Sie ist besonders bei thermisch sensiblen Bauteilen oder teuren Baugruppen im Vorteil. Allerdings müssen für die Dampfphase gewisse Design-Anpassungen gemacht werden. Der Reflow-Prozess hingegen ist näher an der Serienfertigung, oft schneller und günstiger im Betrieb – besonders, wenn kein Stickstoff erforderlich ist. Auch hier gibt es kompakte, labortaugliche Systeme mit solider Temperaturführung.
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Inspektion: Fehler erkennen, bevor sie teuer werden
Klassische Mikroskope sind nach wie vor weit verbreitet – und gerade bei Nacharbeit sehr praktisch. Digitale Systeme mit Kamera und Bildschirm bringen aber klare Vorteile: Schulungen lassen sich leichter durchführen, Fehler können dokumentiert und später analysiert werden. Wer die Fehlerursache kennt, kann sie in der nächsten Runde vermeiden – das spart Zeit und Geld.
Welche Fehlerquellen kosten Zeit und Geld?
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Wenn wir mit Entwicklungsteams sprechen, hören wir selten, dass die Technik das Problem sei. Viel öfter geht es um fehlende Abläufe, unklare Zuständigkeiten oder mangelnde Schulung:
Die Bauteile sind nicht auffindbar, weil sie irgendwo im Labor liegen.
Die Schablone war gereinigt – aber mit dem falschen Mittel.
Die Rüstung musste doppelt erfolgen, weil Feeder gefehlt haben.
Die Dokumentation fehlt – denn man hat „nur schnell“ etwas getestet.
Die Technik allein bringt also wenig, wenn Prozesse und Organisation nicht mitwachsen. Besonders im Prototyping ist Effizienz nicht gleichbedeutend mit Automatisierungsgrad, sondern mit klaren Abläufen, Verlässlichkeit und guter Schulung.
Mit dem Starterkit von Paggen kann der Einstieg in ein effizientes Prototyping gelingen.Paggen
Wann lohnt sich mehr Technik und wann weniger?
Paggen hat auch Mikroskop-Arbeitsplätzte im Angebot, die an die verschiedensten Bedürfnisse in der Elektronik angepasst sind.Paggen
Ein alter Leitsatz aus dem Maschinenbau lautet: „Nur so genau wie nötig – nicht so genau wie möglich.“ Das gilt im übertragenen Sinn auch für die Auswahl des am besten geeigneten Equipments für die Elektronikfertigung. Wer nur wenige Boards pro Monat fertigt, braucht keine High-End-Maschinen. Aber: Die gewählten Systeme müssen zuverlässig funktionieren, sich einfach bedienen lassen und sauber in bestehende Entwicklungsprozesse integriert werden. Wichtig ist auch die Dokumentation - gerade wenn im Prototyping improvisiert wird (was völlig legitim und durchaus erwünscht ist), sollte man am Ende nachvollziehen können, was funktioniert hat – und warum.
Fazit: Mit Augenmaß zur passenden Lösung
Effizientes Prototyping ist also keine Frage des Budgets, sondern der Planung. Wer seine Anforderungen kennt, seine Abläufe im Griff hat und passende Systeme auswählt, kann Entwicklungszyklen deutlich verkürzen – und dabei Know-how im Unternehmen aufbauen. Die Ausstattung muss nicht perfekt sein, aber sie muss zum Team passen - und zum Ziel.