Auf den digitalen Marktplätzen von Supplyframe wie www.findchips.com finden Entwickler und Hersteller von Elektronik-Komponenten zusammen. Das war Siemens 700 Millionen Euro wert.

Auf den digitalen Marktplätzen von Supplyframe wie www.findchips.com finden Entwickler und Hersteller von Elektronik-Komponenten zusammen. Das war Siemens 700 Millionen Euro wert. (Bild: Siemens)

Herr Incorvaia, warum hat Siemens Supplyframe übernommen?

Supplyframe hat eine einzigartige und führende Position in der globalen Elektronik-Wertschöpfungskette. Über 10 Millionen Engineering- und Einkaufs-Experten arbeiten weltweit mit den SaaS-Lösungen, Suchmaschinen und nutzen die Komponenten-Eigenschaften von Supplyframe, um damit schnelle Innovationen voranzutreiben. Um noch eine Zahl zu nennen: Mehr als 120 Milliarden US-Dollar an jährlichen Ausgaben im Elektronikbereich werden auf dieser Plattform von Supplyframe-Nutzern mittels der zur Verfügung gestellten Entscheidungshilfen optimiert.

Können Sie uns sagen, wer Supplyframe genau ist und was das Unternehmen anbietet?

Supplyframe ist ein Pionier und Marktführer im Design-to-Source Intelligence (DSI)-Ökosystem, der weltweit umfangreichsten Wissens-Ressource für die Elektronikindustrie. Wie gesagt, über 10 Millionen Engineering- und Supply-Chain-Experten nutzen das Supplyframe DSI-Ökosystem, um die Art und Weise zu verändern, wie ihre Unternehmen Produkte in der globalen Elektronik-Wertschöpfungskette entwerfen, beschaffen, vermarkten und verkaufen.

Die Supplyframe DSI-Lösungen umfassen dabei ein breites Spektrum: Für globale Hersteller sind das New Product Introduction (NPI) und Sourcing SaaS-Anwendungen. Lieferanten und Distributoren erhalten aktuelle Informationen, Medien-Zugriff und direkten Kontakt zu Käufern. Konfiguration, Preisgestaltung und Angebotserstellung (CPQ) nutzen sie als SaaS-Anwendung. Lieferketten-Verantwortliche bekommen Informationen über Komponenten-Verfügbarkeiten, vierteljährliche Darstellung der Dynamik des Marktes, von Preisen, Vorlaufzeiten, Nachfrage, Nutzung in neuen Designs sowie darauf beruhende Alarmfunktionen.

A.J. Incorvaia, Vice President, Electronic Board Systems EDA, Siemens Digital Industries Software
"Supplyframe ermöglicht Siemens den Eintritt in den schnell wachsenden Markt für die globale Elektronik-Wertschöpfungskette." A.J. Incorvaia, Vice President, Electronic Board Systems EDA, Siemens Digital Industries Software (Bild: Siemens)

Welche Vorteile verspricht sich Siemens von dem Kauf?

Supplyframe ermöglicht eine Beschleunigung auf dem Weg zur Vision des digitalen Marktplatzes von Siemens und ergänzt und erweitert das Siemens-Ökosystem digitaler Services, Software- und Plattformangebote. Die SaaS-Lösungen von Supplyframe sind beispielsweise optimal dafür geeignet, um die Kluft in der Wertschöpfungskette zwischen Bauteilherstellern, Elektronikdesignern und Montage- beziehungsweise Fertigungs-Gruppen zu überbrücken. Das gilt sowohl für die Käufer von Komponenten als auch auf der Angebotsseite und führt zu Kostenoptimierung, erhöhter Agilität sowie fundierteren Entscheidungen. Supplyframe erweitert zudem die Siemens EDA-PCB-Tool-Landschaft um neue SaaS-Lösungen. Das Unternehmen wird der Kern der globalen digitalen Marktplatzstrategie von Siemens werden.

Können Sie bei der Beschleunigung der Strategie zum digitalen Marktplatz konkreter werden?

Supplyframe hat ein einzigartiges Ökosystem im Bereich der Elek-troniklieferkette aufgebaut. Es bietet Zugang sowohl zur Buy-Side (Hersteller) als auch zur Sell-Side (Distributoren und Komponentenlieferanten) sowie zu globalen Engineering- und Lieferketten-Profis in 70 vertikalen Plattformen, Communities und E-Commerce-Features. Siemens plant, dieses Ökosystem zu nutzen. Mit Supplyframe wird Siemens beispielsweise in der Lage sein, sein PCB-Portfolio mit neuen marktorientierten Design-to-Source-Funktionen zu erweitern. Unseren Kunden bietet das neue Einblicke, die ihnen helfen, sich in Märkten mit intensivem Wettbewerb zu differenzieren und Anteile zu gewinnen.

Welchen anderen Herausforderungen im Elektronikbereich wollen Sie in der Zukunft angehen?

Seit Jahren diskutiert die Elektronikbranche die Notwendigkeit, die gesamte Wertschöpfungskette zu integrieren – von der Komponentenbeschaffung über das Design bis hin zur Fertigung. Wie wir in letzter Zeit bei den Engpässen in der Lieferkette gesehen haben, sind diese Verknüpfungen noch kritischer geworden. Mit Supplyframe kann Siemens einen digitalen Faden von Beschaffung, In-Design und Fertigungswissen liefern, den es in der Branche bisher nicht gibt.

Wie ist Supplyframe mittlerweile in das Siemens-Angebot integriert?

Mit dem Abschluss der Akquisition sind wir nun in der Lage, die Syn-ergien, die Supplyframe-Lösungen zur Stärkung der Elektronik-Wertschöpfungskette bieten, von der Beschaffungsintelligenz über das Design bis hin zur Fertigung zu erforschen und zu nutzen. Mit der Einführung von Part Quest Supply Chain haben wir kürzlich die erste dieser Integrationen für unsere Xpedition- und Pads Professional-Kunden vorgenommen. Dabei werden Lieferketten-Daten einschließlich aktueller Preise und Teile-Verfügbarkeit in die Tools eingebunden. Der Clou: die Daten basieren auf den Supplyframe-Aggregationsdiensten für über 80 Komponentenlieferanten weltweit.

Was ändert sich nun für Siemens-Kunden?

Wie bereits erwähnt, haben wir unsere Integration von Supplyframe bereits mit der Veröffentlichung der Part Quest Supply Chain-Anwendung begonnen. In den kommenden Monaten werden wir weitere Roadmaps vorstellen. Am Ende des Prozesses wollen wir eine schnellere Reaktionsfähigkeit bieten, was unseren Kunden und deren Endkunden einen Wettbewerbsvorteil verschaffen soll.

Wird Siemens durch diese Akquisition auch neue Kundentypen oder Marktsegmente ansprechen können?

Supplyframe ermöglicht Siemens den Eintritt in den schnell wachsenden Markt für die globale Elektronik-Wertschöpfungskette. Dadurch wollen wir früher in Produktinnovationen einen Nutzen bringen und die Position von Siemens im Elektroniksektor weiter stärken.

Inwiefern hat die aktuelle Komponentenknappheit (z.B. Chips) die Kaufentscheidung beeinflusst?

Da Elektronik heute in nahezu jedem Produkt steckt, hat der weltweite Chipmangel große Auswirkungen auf viele Branchen. Experten sagen, dass diese Krise noch einige Zeit andauern wird. Eine Strategie für die Resilienz der Lieferkette für Transparenz und Anpassung angesichts ständiger Veränderungen und Verfügbarkeit ist daher ein großer Wettbewerbsvorteil. Wir glauben, dass die einzigartige Technologie, die Supplyframe mit seiner Design-to-Source-Intelligence-Umgebung entwickelt hat, es Elektronik-Design-Profis ermöglichen wird, die Herausforderungen durch die Volatilität des Marktes zu meistern – heute und in der Zukunft.

Warum zahlt Siemens 700 Millionen Dollar für ein Unternehmen mit einem Umsatz von 70 Millionen Dollar?

Der Umsatz von Supplyframe weist softwaretypische zweistellige Margen auf. Die SaaS-Angebote von Supplyframe sind in den letzten Jahren um ca. 40% pro Jahr gewachsen, eine Rate, die sich voraussichtlich mittelfristig fortsetzen wird. Der Kaufpreis und das Umsatz-Vielfache liegen daher innerhalb der Norm für Softwareunternehmen.

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